Aus dem Französischen von
Dr. Gerhild Schulz und Bernadette Thimm
Alle Rechte vorbehalten.
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Copyright der Originalausgabe © by Éditions Le Passe-Monde
Titel der Originalausgabe: »Ces âmes qui nous quittent - 12 récits venus de l’Au-delà«, Éditions Le Passe-Monde (4. Quartal 2017)
Veröffentlicht in Partnerschaft mit Maurice Baldensperger und Francis Hoffmann GbR »Publish Vision«; info@publishvision.de, www.publishvision.de
Copyright der deutschen Ausgabe © 2019 Verlag »Die Silberschnur« GmbH
ISBN: 978-3-89845-609-8
eISBN: 978-3-89845-723-1
1. Auflage 2019
Übersetzung: Dr. Gerhild Schulz und Bernadette Thimm
Umschlaggestaltung: XPresentation, Güllesheim; unter Verwendung eines Motivs von © pixelliebe, www.stock.adobe.com
Verlag »Die Silberschnur« GmbH · Steinstraße 1 · D-56593 Güllesheim www.silberschnur.de · E-Mail: info@silberschnur.de
Für meine Schwester Jakobea – über Jahrtausende hinweg – für immer und ewig.
Für Virginie, die mit großem Mut einen schweren Schicksalsschlag bewältigt hat.
Für die wunderbare Feinfühligkeit meines Sohnes Julien.
Für meinen Vater auf der anderen Seite – und für meine Mutter auf dem Wege dahin.
Für Catherine mit den saphirblauen Augen, als ein Versprechen …
Für alle, die geliebte Menschen verloren haben und darunter leiden …
Für die Seelen, die mich baten, ihre Geschichte zu erzählen und für alle, die meine Hilfe brauchen …
Für all die Opfer grausamer Gewalt …
Im Sinne des obersten Ziels – der Heilung aller Verletzungen.
Für Daniel, meinen Liebsten – einst und jetzt, in Zukunft wie auch heute … für seine Geduld, seine Liebe und seine Fähigkeiten als Lektor.
Für meine Freunde und meine Schüler, die mir vertrauen und mich unterstützen.
Hier sind 12 Geschichten als Balsam gegen Trauer und Leid.
Ich danke Annie Lautner, Christophe Saulière,
Vincent Pompetti und Marie-Chantal Martineau, all meinen
befreundeten Künstlern und Künstlerinnen, für die freundliche
Genehmigung, ihre Werke hier abdrucken zu dürfen.
So manch ein Werk wurde speziell für dieses Buch geschaffen.
Annie Lautner: www.annie-lautner.com
Christophe Saulière: www.christophesauliere.com
Vincent Pompetti: www.pompetti.wordpress.com
Marie-Chantal Martineau: www.dauphinblanc.com
Vorwort
Prolog
Das Jenseits und seine Wohnungen
Kapitel ISimones Entscheidung
Kapitel IIDie schwarze Rose
Kapitel IIIEmmas Geschichte
Kapitel IVCindy
Kapitel VDer junge Rebell
Kapitel VIRückkehr …
Kapitel VIIDer Kokon
Kapitel VIIITragisches Ende einer Schwangerschaft
Kapitel IXSein Name war Francesco
Kapitel X“Ich will nicht sterben!”
Kapitel XIFünf Monate und weg bist du …
Kapitel XIIEin Herbstabend in Vancouver
Kapitel XIIIDer Tag, an dem mein Herz zu schlagen aufhörte …
Kapitel XIVWarum es wichtig ist, über seinen Tod sprechen zu können
Wie stellen Sie sich Ihren Tod vor und wie geht es danach wohl weiter? Berichte und Denkanstöße …
Über die Autorin
Als meine Frau mich darum bat, das Vorwort für ihr neues Buch zu schreiben, war ich zunächst unschlüssig. War das wirklich eine gute Idee? Kam wirklich ich dafür infrage, etwa aufgrund meiner Nähe zu ihr? Von den bissigen Kommentaren, die mein Beitrag auslösen könnte, einmal ganz abgesehen.
Doch dann konnte ich mich mit dem Gedanken langsam anfreunden. Warum auch nicht? Vielleicht war ich wirklich am besten dafür geeignet. Schließlich bekam ich ihre Erlebnisse ja hautnah mit, konnte deren Intensität und Authentizität ohne Weiteres bezeugen. Und das ist gerade in einem Bereich wichtig, in dem viele glauben, mitreden zu können, ohne jemals ein echtes Erlebnis gehabt, geschweige denn ernsthaft in diese Richtung geforscht zu haben.
Marie Johanne ist äußerst feinfühlig. Sie hat eine ganz besondere Wahrnehmung. Das ist in einem so sensiblen Bereich wie Sterbebegleitung von größter Wichtigkeit. Überdies ist sie ein sehr ehrlicher, uneitler Mensch, durch und durch integer, lebendig und spontan. Aufgrund ihrer Erlebnisse kann sie zu dem vorliegenden Thema wirklich etwas sagen. Sie ist in der Lage, bestimmte Dinge unmittelbar zu bezeugen, ohne auf vorgefertigte Begriffe von Psychologie, Parapsychologie und Aberglauben oder religiöse Denkschemata zurückgreifen zu müssen.
Darüber hinaus möchte ich ihr Engagement im Dienste der Seelen in Not hervorheben, das Gegenstand dieses Buches ist.
Der unerwartete Tod und die Geburt in den Himmel ist mehr als eine Sammlung von Geschichten über das Jenseits. Es hat eine ganz heilsame Ausstrahlung, die sich dem Leser ganz direkt mitteilt. Selbst äußerst schwierigen Situationen wird die tragische Spitze genommen. Die Lektüre dieser Geschichten lässt neuen Mut schöpfen, denn sie bergen eine Saat der Hoffnung, die auf unsere oft so gnadenlose Welt, in der Zynismus und Härte zunehmend um sich greifen, keimhaft wirkt.
Von einer kaltherzigen, realitätsfernen Analyse des Intellekts sind wir hier weit entfernt. Dieses Buch ist eine Frucht der inneren Stimmigkeit und Seelenfrische eines Menschen, der “gelebt hat”. Daher ist es allen Menschen zugänglich. So mag es als Grundlage weiterer Überlegungen dienen, die uns unmittelbar aus dem Herzen sprechen.
Beim Lesen der vorliegenden Geschichten wird so mancher Leser möglicherweise das Gefühl haben, “all das schon gewusst zu haben”… Wissen aber heißt nicht unbedingt kennen und schon gar nicht verstehen. Das leuchtet einem bald ein, wenn man miterlebt, wie hier mit dem Thema Tod umgegangen wird …
Die Kraft von Der unerwartete Tod und die Geburt in den Himmel liegt für mich eindeutig in der “Herzensschwingung”, in einer Sanftheit und Wahrhaftigkeit, die Seite um Seite ihren Zauber entfaltet und uns auf subtile Weise verwandelt. All das ist wahrscheinlich lehrreicher und gewichtiger als wir ahnen.
Äußerst zartfühlend und umsichtig führt Marie Johanne uns die Dringlichkeit vor Augen, mit Tod und Sterben völlig neu umzugehen. Darüber hinaus gibt sie uns den Impuls, darüber nachzudenken, welchen Raum wir dem Sinn unseres Lebens – aber auch unserer Lebensqualität – Tag für Tag einräumen möchten … Schließlich wird unser “Danach” das Abbild unseres “Davor” sein … das aber bestimmt nachhaltig unsere Gegenwart, jeden einzelnen Augenblick.
Die absolute Unbeweglichkeit, welche die abendländische Gesellschaft im Hinblick auf das Thema Tod an den Tag legt, überrascht mich immer wieder. Das hat fast schon etwas Mutwilliges – oder können wir einfach nicht anders? Man könnte meinen, jedes undogmatische, angstfreie Denken in diese Richtung wurde von bestimmten Kräften blockiert – Kräfte, die uns verborgen bleiben, zugleich aber von den meisten Mitgliedern unserer Gesellschaft geschürt werden. Gewiss steckt einfach Angst dahinter, Angst vor der Wahrheit … mit all ihren Folgen im Hinblick auf einen Wandel unseres Bewusstseins und Verhaltens.
Deshalb muss man über diese Dinge sprechen, sie immer wieder erzählen …, bis wir einmal genug davon haben, bis gleichsam unsere kollektive Hirnschale brüchig wird … unsere Dickköpfigkeit endlich nachlässt und unser Denken auf heilsame Weise in Bewegung kommt.
Indem es äußerst schwierige Todesfälle und die damit einhergehenden Seelenverletzungen schildert, leistet dieses Buch einen ganz besonderen Beitrag dazu. Es mag viele solcher Fälle geben – doch für die Betroffenen sind sie immer einzigartig.
Es wird hier nicht der Anspruch großer Offenbarungen erhoben. Marie Johanne möchte lediglich unser menschliches Herz berühren, ganz einfach und unmittelbar. Denn es enthält die Essenz aller Schönheit und all dessen, was unsere Seele erhebt.
Genau das macht dieses Buch so wertvoll. Der Leser wird es spüren, ganz tief in seinem Inneren, weitab von allen Theorien und jeglicher Berechnung. In aller Stille.
Diese Geschichten behaupten nie: “Ich weiß”… Sie erzählen: “Ich habe erlebt …”
Darin liegt ihre Kraft.
Daniel Meurois
Ich kann mich noch lebhaft an meine Geburt erinnern. Damit meine ich zunächst einmal die Ankunft im Bauch meiner Mutter und dann den Übergang in die Außenwelt. Eine Geburt ist keine leichte Sache, wenn man panische Angst vor der Frau hat, die einen in sich trägt.
Die fehlende Aufnahmebereitschaft meiner Mutter war eine schwere Prüfung für meine kleine Seele, die so schmerzlich unerwünscht war. Man muss sich nur ein kleines Wesen vorstellen, das im Bauch seiner Mutter zu gedeihen versucht, obwohl diese es aus Angst ablehnt und verabscheut …
Ein Embryo, und später auch der Fötus, spürt alles. Ja, wirklich alles! Meine Mutter hatte ihre Angst nicht im Griff. Diese rührte daher, dass ein Arzt ihr einmal gesagt hatte, sie könne keine Kinder kriegen … Zum Glück wurde ich von der Liebe meines Vaters getragen und kraftvoll unterstützt. Er war nicht nur mein Erzeuger, sondern auch so etwas wie eine “virtuelle Gebärmutter”. Ich spürte seine beruhigende Anwesenheit und seine liebenden Hände durch den Bauch hindurch, selbst wenn meine Mutter, erfüllt von der Angst, ein Monster zu gebären, weinte. Danke Papa!
Diese Bilder sind in meinem Gedächtnis noch so gegenwärtig und so schmerzvoll, dass es mir schwerfällt, all das wieder zu durchleben, um davon zu erzählen. Sie haben tiefe Wunden in meinem Herzen hinterlassen. Ich höre noch die Schreie meiner Mutter und spüre die übertriebene Aufregung des Arztes und des Anästhesisten. Ich kann fühlen, wie mich die Metallzange in eine Außenwelt zwingt, vor der ich panische Angst habe.
Dann ein kurzes, dumpfes Geräusch, intensive Kälte, der Geruch von Jod und Blut, ein blendendes Licht und schließlich … rutsche ich mit dem Kopf zuerst in eine Nierenschale aus Metall. Meinem Vater, der nervös im Flur gewartet hatte, wurde ich nur ganz kurz gezeigt. Die Krankenschwester hielt mich dabei in einer einzigen Hand.
Er erzählte mir später, ich sei nur ein winziger, durchscheinender Körper gewesen, mit zwei riesigen blauen Augen, die ihn intensiv anstarrten … Dann kamen vierzig Tage Brutkasten – der Kampf ums Überleben … Dieser Empfang wurde mir bei meiner Geburt auf Erden bereitet.
Ich bin als Frühgeburt im siebten Schwangerschaftsmonat zur Welt gekommen. Auf der Haut trug ich Symbole, die in einigen Kulturen als Zeichen einer besonderen Seele gelten, einer Seele mit einer speziellen Gabe. Die Plazentahülle verdeckte meinen Kopf und in meiner linken Hand war der Davidstern eingezeichnet. Die Bedeutung dieser Symbole erfuhr ich erst viel später durch den inzwischen verstorbenen Alex Tanous, ein begabtes Medium der 80er Jahre.
Im Alter von zwei Monaten wurde ich von einem heftigen Fieber befallen, das sieben Tage währte. Nachdem die Ursache geklärt war, wurde ich einer Notoperation unterzogen. Auf dem OP-Tisch hörte mein müdes Kinderherz auf zu schlagen. Es dauerte kaum länger als eine Minute, bis die Ärzte mich wiederbelebten. Meinem Vater sagten sie später lediglich, es seien während des Eingriffs Komplikationen aufgetreten, die mit meinem Herzen zusammenhingen, letztlich sei aber alles gut gelaufen … Ferner soll ein Arzt gesagt haben: “Sie ist zwar schmächtig, die Kleine, aber auch sehr widerstandsfähig! Trotzdem sollten Sie sie schnellstens taufen lassen … Man weiß ja nie. Die nächsten Tage sind kritisch.”
So wurde ich schon am nächsten Nachmittag getauft. Meine Mutter war nicht dabei. Sie war noch im Krankenhaus. Taufpaten waren meine Großeltern mütterlicherseits. Anschließend wurde ich gleich wieder in meinen Glaskäfig zurückgebracht, damit ich mich vollends entwickeln konnte. Es war ein künstlicher Ort ohne mütterliche Wärme …, aber gut geheizt.
Was kann das kleine Mädchen, zu dem ich heranwuchs, noch über seine Erfahrung jenseits des Schleiers während dieser kurzen NDE1 erzählen? Nichts … außer dass die Erfahrung der kurzen “Rückkehr ins Licht” sicherlich dazu beigetragen hat, seine Liebe zu Christus und den Engeln, sowie seine besondere Gabe später zu vervollkommnen.
Meine ganze Kindheit über war Christus mein imaginärer Freund … wie meine Eltern ihn oft mit einem Lächeln nannten. Sie waren eigentlich nicht gläubig. Heute ist Christus in meinem Herzen noch immer sehr lebendig und in meinem Leben präsent – wenn auch nicht so, wie die Kirchen es predigen.
Die folgenden Erzählungen sind reale Begebenheiten. Meine besondere Gabe hat dazu geführt, dass ich Seelenbegleiterin wurde. Ich gehe auf Verstorbene zu und helfe Seelen in Not jenseits des Schleiers. So erstaunlich – oder gar unwahrscheinlich – manche Geschichten in diesem Buch auch klingen mögen, so sie sind doch alle wahr. Ich möchte ausdrücklich betonen, dass ich sie mit großer Wertschätzung für die betroffenen Seelen aufgeschrieben habe, Seelen, welche die Erde oft ganz plötzlich und unerwartet verlassen mussten. Auf ihren Wunsch hin habe ich darüber Zeugnis abgelegt, nicht zuletzt um ihren Familien zu helfen.
Es ist gewiss nicht meine Absicht, unbedingt überzeugen zu wollen. Dennoch spüre ich tief in meiner Seele und meinem Bewusstsein, dass einige Passagen dieses Werks eine heilsame, aufklärende Wirkung auf Menschen haben werden, deren Angehörige unter schwierigen Umständen verstorben sind … So wird dem Gedächtnis dieser Seelen genüge getan – über Zeiten hinweg.
Helfen, heilen und lieben – das ist mein einzig gangbarer Weg.
Marie Johanne Croteau-Meurois
1) NDE: Near-death experience, auf Deutsch: Nahtoderfahrung.
Schon seit vielen Jahren helfe ich Verstorbenen und begleite sie beim Übergang in die andere Welt. Es ist einfach eine Gabe – eine Fähigkeit, die ich jedoch lange Zeit nicht recht annehmen konnte. “Mit den Geistern zu sprechen” machte mich einfach zu verletzbar. Ich war von jeher äußerst sensibel und empfänglich für feinstoffliche Energie, ganz gleich, ob sie leicht oder schwer ist. Daher wusste ich von Anbeginn, dass mein Weg nicht einfach war und ich oft der Kritik ausgesetzt sein würde. Doch schließlich konnte ich die Gabe, Verstorbene zu sehen und zu hören, als Geschenk der Lebensintelligenz annehmen. Es war mir in die Wiege gelegt. Schließlich gab es mir ja auch die Möglichkeit, Seelen zu helfen …, aber auch ihren Angehörigen, die mit der Situation oft überfordert waren.
Persönlich fühle ich mich eher zu Seelen hingezogen, die den Weg ins Licht nicht finden und in der Zwischenwelt umherirren. Ich denke dabei an Selbstmörder, Gewaltopfer, Opfer eines individuellen oder kollektiven Mordes, aber auch an Menschen, die in völliger Einsamkeit sterben, sowie an abgetriebene Embryos.
Natürlich helfe ich auch in einfacheren Fällen, etwa wenn eine Seele infolge einer langwierigen Krankheit oder aus irgendeinem anderen Grund im Jenseits Unterstützung braucht.
Manchmal schließe ich mich mit anderen Seelenbegleitern zusammen, um Verstorbenen zu helfen, die einen plötzlichen Gruppentod erlitten haben und nicht verstehen, was mit ihnen passiert ist. So zum Beispiel nach den Anschlägen in Frankreich, im Bataclan in Paris und auf der Promenade des Anglais in Nizza, und einem deutschen Weihnachtsmarkt, um nur die jüngsten Beispiele zu nennen.
Mal gehe ich auf die Seelen zu, mal kommen sie zu mir … Die Entscheidung liegt nicht immer bei mir. Gelegentlich werden mir die Seelen von einem Geistführer vorgestellt. In anderen Fällen bittet mich die Familie des Verstorbenen aufgrund meiner Fähigkeiten um Hilfe, wenn sie ihren Angehörigen in Schwierigkeiten vermutet. Durch meine Arbeit sollen die Seelen, die von uns gegangen sind, verstehen und vor allem akzeptieren, dass sie auf Erden zwar “tot” sind, in einer anderen Welt aber weiterleben, wenngleich auf andere Weise – “in einem anderen Land”. Das ist meine Aufgabe im Dienste der Menschheit.
Bevor wir uns gemeinsam auf den Weg machen, möchte ich einen kurzen Blick auf die Welten des Jenseits werfen, auf die vielfältigen Lebensräume, welche die Seelen, die von uns gehen jenseits des Schleiers aufnehmen … Wie sehen diese Räume aus, die sich den Verstorbenen eröffnen und ihnen verdeutlichen, dass ihr Tod gar kein Ende ist – vielmehr der Übergang in eine “andere Welt”, in der sie sich bis zur nächsten Inkarnation weiterentwickeln können?
Wie komme ich auf diese Fragen und wie kann ich sie beantworten? Ganz einfach durch unmittelbare Erfahrung mit den Welten des Jenseits im Rahmen meiner Arbeit für bedürftige Seelen, und auch weil ich wieder lebend zurückgekehrt bin, um darüber zu berichten.
Wie ging das vonstatten? Ich besitze die angeborene Fähigkeit, außerkörperliche Erfahrungen zu machen. Mein Bewusstsein ist also in der Lage, aus meinem Körper herauszutreten. Das ermöglicht es mir, das “Große Tor” in beide Richtungen zu passieren. Auf diese Weise kann mein feinstofflicher Körper sich zwischen den Welten bewegen.
Bin ich ein wenig “sonderbar” oder gar verrückt? Nun, so bin ich zumindest nicht die Einzige. Weltweit gibt es immer mehr Berichte über solche Erfahrungen … und seien sie auch nur punktuell! Früher hatte ich große Angst davor, von anderen verurteilt zu werden. Das hat mich immer sehr getroffen.
Inzwischen entlockt es mir nur noch ein Lächeln, denn ich habe keine Erwartungshaltung mehr und auch nichts zu beweisen. Ich erzähle einfach, was ich erlebe. Für Menschen, die es aufzunehmen vermögen, ist das oft hilfreich. Wenn wir unser Bewusstsein erweitern, uns wirklich weiterentwickeln und reifen wollen, müssen wir uns früher oder später über die Urteile von Skeptikern hinwegsetzen. Durch ihre ständige Verleugnung und ihre Art, alles “herunterzumachen”, engen sie das Leben ein und machen alle Hoffnungen zunichte. Sie stutzen uns die Flügel – ja, insgeheim nenne ich sie manchmal die “Flügelabschneider”.
Es kann für unsere Entwicklung nicht förderlich sein, gewisse Phänomene, die unseren Alltag gelegentlich durcheinanderwirbeln, rundweg abzustreiten. Im Gegenteil, es wirft uns eher zurück, indem es uns in einem krankhaften Geisteszustand gefangen hält. Die Auffassung eines Skeptikers lässt sich ohnehin nicht ändern. Er wird stets auf wissenschaftliche Beweisbarkeit pochen und danach trachten, an “geltenden Normen” zu messen, was schlichtweg nicht messbar ist! Um das zu fassen, bräuchten wir völlig neue Maßstäbe. Solange wir diese nicht haben, ist das eigene Erleben weitaus wichtiger als ein Beweis im Sinne von “a + b”. Nur das kann die Dinge in Bewegung bringen und wirklich etwas verändern.
Es ist doch höchst erstaunlich, dass die heutige Gesellschaft, die sich mit dem virtuellen Schnickschnack des digitalen Zeitalters und den Tricks der Science-Fiction-Filme zunehmend auf Ungreifbares zubewegt, die Möglichkeit der Existenz von Parallelwelten beharrlich ablehnt … vor allem wenn man sie “Jenseits” nennt.
Noch nie waren Greifbares und Ungreifbares in unserem Leben gleichzeitig so gegenwärtig. Dennoch hält unser kollektives Bewusstsein felsenfest an der Anschauung eines rein materiellen Universums fest.
Ist das nicht völlig widersinnig? Dieser Vorstellung zufolge würde außerhalb unserer Welt nichts existieren. Es gäbe kein “Davor” und kein “Danach” – weder ein Jenseits noch irgendetwas, das über den Weltraum hinausginge. Das Leben nach dem Tod wäre dann nichts weiter als ein Hirngespinst? Und die Seele? Gibt es sie überhaupt?
Wie stellen Sie sich die Seele vor? Besteht sie aus quantifizierbarer Materie in einem Körper aus Fleisch und Blut? Hat sie ein spezifisches Gewicht? Und vor allem – wohin geht sie … wohin gehen wir, wenn wir unseren letzten Atemzug getan haben? Das sind Fragen, die uns von jeher beschäftigen. Wer hätte sie sich noch nie gestellt? … Ein ganzes Meer von Fragen, die es zu erkunden gilt.
Haben Sie schon einmal einen Sterbenden in seinen letzten Tagen wirklich begleitet? Wenn ja, so hat er Ihnen möglicherweise von seltsamen Wahrnehmungen erzählt – etwa, dass er Personen gesehen hat, die bereits verstorben sind. Sie haben dann vielleicht gedacht, das sind nur Wahnvorstellungen, die auf Medikamente zurückgehen oder durch seinen Zustand bedingt Halluzinationen. Wie wir später sehen werden, ist das jedoch nicht der Fall. Diese Wahrnehmungen sind tatsächlich echt. Am ihrem Lebensende sind die Menschen schon halb in einer anderen Welt, in einem anderen Leben.
Fast immer kann man feststellen, dass Sterbende, einige Stunden vor ihrem Tod, zwischen unserer Welt und der Welt “jenseits des Schleiers” hin- und hergehen. Sie nehmen die Gegenwart von geliebten Personen wahr, die vor ihnen gestorben sind und sie jetzt “abholen” wollen. Auch geistige Führer, die sich bereit machen, bei ihrer Geburt “in den Himmel” aktiv zu assistieren – wie sie es auch bei ihrer Geburt auf Erden getan haben – finden sich an ihrer Seite.
Hätten Sie gedacht, dass im Zimmer eines Sterbenden “so viel los ist”? Und dass dieser alles wahrnimmt – Sie also auch hören kann?
Was erlebt jemand, der gerade von uns gegangen ist? Ich habe beobachtet, dass er im selben Zustand auf der anderen Seite ankommt, in dem er zum Zeitpunkt des Todes war. Stirbt man von Wut erfüllt, “erwacht man” auch wütend in seinem Lichtkörper, dem Astralleib. Man ist noch am Leben … nur anders.
Wir nehmen unsere letzten Sorgen und Ängste also mit, wenn wir gehen – Sorgen und Ängste, die uns ein Leben lang begleitet haben … Unsere Seele begegnet auf der “anderen Seite” vielem wieder, was auf Erden unerledigt blieb: All ihren Taten, ihren Fehlern und Mängeln, ihren Lügen und allem, worauf sie verzichten musste …, aber natürlich auch ihren Wünschen und Hoffnungen. Alles, was zu ihrem Bewusstseinsniveau gehört, bleibt erhalten – mit seinem ganzen Potenzial und seiner individuellen Prägung. Die Seele baut sich ihr eigenes Dekor mit ihren Alltagsgewohnheiten wieder auf. Sie braucht gleichsam einen vertrauten Raum mit bekannten Anhaltspunkten.
Das ist der klassische Vorgang einer Geburt in den Himmel … in einem neuen Körper, der nicht aus Fleisch und Blut besteht, sondern aus subtiler, lichtvoller Energie. Im Grunde ist es ganz einfach, zumindest sollte es so sein … Es kann allerdings passieren, dass der Lichtkörper infolge langer Krankheit oder eines Unfalls eine gewisse Zeit der Ruhe und des Schlafes benötigt. Zuweilen hält er sich für beschädigt oder ist es auch wirklich, zum Beispiel nach Drogenmissbrauch. Zu diesem Zweck gibt es in den feinstofflichen Welten Krankenhäuser, die solchen Seelen den Übertritt erleichtern. Sie sind meist oval oder haben die Form von Pyramiden. Dort wird der Seelenkörper von Ärzten aus dem Jenseits gepflegt, regeneriert und neu ausgerichtet.
Wenn eine Seele sich nur das Nichts vorstellen kann, wird sie dieses Nichts auf der anderen Seite auch finden. Sie wird es selbst erschaffen, weil sie in ihrem physischen Körper ein Leben lang daran glaubte. So kam ihr keine Hoffnung zu Hilfe, die ihre Grundschwingung – ich nenne es auch Seelenduft oder Seelenfarbe – gesteigert hätte. Das ist völlig einleuchtend. Sie hat sich ja mit ihrem eigenen Gepäck auf die Reise gemacht, hat also ihren eigenen Rhythmus … Daran wird sich nichts ändern, bis sie ihre inneren Augen aufschlägt und ihr eigenes Licht sieht. Denn jede Seele trägt zumindest eine kleine Flamme der Göttlichen Gegenwart in sich, ausnahmslos jede!
Jeder von uns muss also Hürden überwinden, die ihm durch seine Kultur – seinen religiösen Glauben oder seinen Atheismus – auferlegt sind. Man muss jedoch über diese Vorstellungen hinauswachsen. Je höher der Bewusstseinsgrad eines Wesens ist, desto leichter fällt ihm der Übergang in die andere Welt.
Manchmal ist die Bindung an die Erde aufgrund von Süchten oder unerfüllten Wünschen ausgesprochen stark. Solche Seelen habe ich oft zu sehen bekommen. Sie können das Licht nicht annehmen und irren meist in einem Raum umher, der dem irdischen Leben sehr ähnlich ist. Es ist ein schwerer, noch recht materieller Raum, den man niedere Astralebene nennt.
Von diesem Schwingungsraum aus suchen Seelen manchmal Menschen heim, die sie liebten, oder durchstreifen Orte, an denen sie litten oder intensive Bindungen eingegangen sind. Man nennt sie gemeinhin “Geister” oder “irrende Seelen”. Sie leben in einem ätherischen Lebensraum weiter und versuchen von dort aus in unseren physikalischen Raum einzugreifen oder Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Auf der Suche nach einem Ausweg senden sie so etwas wie Hilferufe zu uns, denn sie stecken in einem mentalen Gefängnis, dessen Ausgang sie nicht wahrnehmen können.
Diese Seelen haben freilich nichts mit dunklen Daseinsformen zu tun. Dieses Thema möchte ich hier gar nicht anschneiden. Es ist viel zu düster für ein Buch, das in erster Linie Verständnis und Hoffnung vermitteln möchte.
Seelen, die ein Bindungsproblem haben, wiederholen zumeist ständig dieselben Gesten und gehen immer wieder dieselben Wege, bis ein Seelenbegleiter oder ein geistiger Führer sie anspornt, “aufzuwachen” und in einen anderen Schwingungsraum überzutreten. Erst dort finden sie Licht und Hoffnung. Das kommt häufig vor im Falle eines gewaltsamen Todes. Verallgemeinern kann man es jedoch nicht.
Ich habe in der Tat beobachtet, dass Menschen, die ganz plötzlich verstorben sind, oft glauben, noch unter uns zu weilen. Angesichts dessen, was so jemand “um sich herum” wahrnimmt, kann es Unverständnis und Verwirrung bei ihm hervorrufen. Er fühlt sich lebendig an unserer Seite, wir aber sehen ihn einfach nicht. Die Ablösung fällt solchen Menschen sehr schwer, denn sie fühlen sich unserer Welt noch sehr nahe. Sie sind darin zu Hause und wollen weiter darin leben. Man sieht auch alles, was darin geschieht, jedoch ohne eingreifen zu können. Letztendlich sendet man mehr oder weniger bewusst einen Hilferuf.
Bei Mord verhält es sich meinen Beobachtungen zufolge ganz ähnlich. Wenn noch das Verlangen nach Vergeltung dazukommt, kann die Bindung an die Erde sogar länger dauern.
In jedem Fall muss die Seele erst einmal Hilfe annehmen wollen, bevor Seelenbegleiter oder geistige Führer sie bis zu einem gewissen Grad betreuen können. Bevor man in deren Begleitung zu den lichtvolleren Räumen gelangt, hält man sich zunächst auf verschiedenen Übergangsebenen auf, die dem eigenen Verständnisniveau entsprechen.
Eine Bindung an die Erde führt aber nicht zwingend zu der erwähnten niederen Astralebene. Sie kann auch die Pforten eines anderen Schwingungsraums öffnen, der Kamaloka genannt wird und dem berühmten Fegefeuer der Christen entspricht.
Man könnte sie als einen Bereich von “Nicht-Dasein” bezeichnen … Es ist ein dunkler Raum, in dem die Seele mit ihren Ängsten konfrontiert wird, also mit ihrer niederen Realität. Die Seelen befinden sich hier teilweise in einem Zustand des Halbbewusstseins oder des Schlafes. Sie werden von Lichtwesen betreut, die versuchen, so weit wie möglich beruhigend und stimulierend auf sie einzuwirken.
Sie entspricht der bereits beschriebenen Ebene, bei der Seelen zwischen den Welten feststecken, weil sie sich von der materiellen Welt nicht lösen können. Die Bindung ist dabei oft eine Folge von Schuldgefühlen oder von einem Mangel an Liebe und Selbstwertgefühl. Das habe ich oft beobachtet. Auch Alzheimer kann zu einem vorübergehenden Aufenthalt in einem solchen geistigen Raum führen.
Die Wände der “Wohnungen”, die sich die Seelen darin erschaffen, bleiben so lange undurchlässig, bis ein gewisser Sättigungsgrad erreicht ist und ihnen die Absurdität ihrer Aussichten deutlich wird. Dann wird die Existenz einer energetischen Schleuse für sie spürbar, die zu höheren, lichtvolleren Sphären führt.
An diesem Punkt ist der Einsatz eines Seelenbegleiters sehr hilfreich. Durch ein Gespräch mit dem Begleiter eröffnet sich für die leidende Seele ein Tor zum Licht. Dort übernehmen andere Seelenführer die Begleitung. Diese Arbeit kann sehr kurz sein, aber auch lange dauern. Es hängt ganz von der Bereitschaft des Einzelnen ab, sich zu öffnen. Ich werde in den folgenden Kapiteln darauf zurückkommen.
Das ist das eigentliche Kamaloka, wie wir es aus dem Orient kennen. In diesem Raum wiederholt die Seele ihre irdischen Verhaltensmuster mit all ihren Einschränkungen. In diesem Zustand ist es einem nicht unbedingt bewusst, dass man “die Grenze überschritten hat”. Manchmal hat man das Gefühl, sich ständig im Kreis zu drehen … Auf dieser Schwingungsebene kann man sein Leben Revue passieren lassen und Bilanz ziehen, um sich loszulösen.
Diese Übergangsphase müssen viele Menschen passieren. Nur wer eine höhere Vision hat, kann sie überspringen. Damit ist jedoch keinesfalls Glaube oder Zugehörigkeit zu irgendeiner Religion gemeint, sondern allein die Reinheit des Bewusstseins.
Ein Abschnitt des Buches “Il y a de nombreuses demeures”2 bietet eine recht gute Zusammenfassung des Kamaloka:
“Mit ‘Dimensionen des Fegefeuers’ meine ich nicht etwa seine geografische Ausdehnung … Die Seelenwelten lassen sich in unseren Begriffen nicht fassen. Sie sind ständig in Bewegung – ziehen sich zusammen oder dehnen sich aus – in Abhängigkeit von den Seelen, die sie erschaffen, darin leben und sich dort entwickeln. Der große Schwingungsraum – das sogenannte Kamaloka – ist in dieser Hinsicht besonders aufschlussreich. Fluktuation ist ganz typisch für ihn.
Wie sollte es auch anders sein? Schließlich führen die Seelen, die ihn bevölkern, ihr gewohntes Dasein mit all seinen Schwankungen und unbefriedigenden Seiten fort, nach wie vor ihren unersättlichen Trieben und ihrer Trägheit untertan, Sklaven all ihrer Unzulänglichkeiten. Selbst hier versuchen viele auf altbekannte Weise ihren Frust zu überwinden. (…)
Das ist weniger ein Leidenszustand als ein ‘Stillstand’. Die Seele dreht sich im Kreis. Indem sie Situationen herbeiführt, die ihr auf den ersten Blick richtig erscheinen, verharrt sie auf ein und demselben Schwingungsniveau; sie bleibt gleichsam stecken, spürt aber zugleich, dass es noch ‘etwas anderes’ gibt, zu dem sie keinen Zugang hat.
Über kurz oder lang wird sie aber Sehnsucht bekommen, ein Gefühl der Unzufriedenheit wird sich ihrer bemächtigen. Es ist ja, als würde sie ihr Leben auf Erden fortsetzen … nur ohne die Hindernisse, welche sie abblockt.
Gerade diese Unzufriedenheit erweist sich letztlich als rettende Kraft. Sie gibt den Anstoß zur Verwandlung, schafft Platz für den Lebensimpuls, der den abgekapselten Menschen aus seiner Isolation herausführt.”
Dieser Abschnitt verdeutlicht, dass das Fegefeuer kein klar umrissener Ort ist, sondern ein vorübergehender psychischer Zustand, eine Illusion, in der die Seele sich einnistet … Entsprechend gibt es ebenso viele Fegefeuer wie “Wahrnehmungsräume”…
Es ist ein Raum der Läuterung, welcher die Seele in gewisser Weise auch schützt. Hier hat sie die Möglichkeit, mit sich und ihrem individuellen Bewusstseinsstand ins Reine zu kommen und Rechenschaft abzulegen, um dann den Sprung auf eine höhere, lichtvollere Sphäre zu machen.
Die meisten Seelen unserer Menschheit leben noch in einem Bewusstseinszustand, den man als zwielichtig bezeichnen könnte – selbst diejenigen mit den besten Absichten. Entsprechend folgt ihnen ihre mangelnde seelische Reinheit auch in die andere Welt.
Eine Seele muss nicht unbedingt alle Zustände durchlaufen. Es ist ganz wichtig, das zu verstehen. Diese sind eigentlich nur Manifestationen mentaler und emotionaler Strukturen. Daran sieht man, wie wichtig es ist, »an sich zu arbeiten«, in jeder Hinsicht gesund zu leben, und vor allem reine Gedanken und eine liebende Haltung an den Tag zu legen. Wir können alle anderen täuschen …, aber nicht uns selbst.
Nun stellt sich natürlich die Frage des Suizids. Was geschieht mit Selbstmördern? Meinen Beobachtungen zufolge werden sie zunächst von den untersten Schichten des Kamaloka angezogen, also von der niederen Astralebene.
Das ist jedoch kein Ort der Bestrafung. Hier finden Verstorbene vielmehr Verständnis und Unterstützung auf ihrem inneren Weg. Die Seele wird unweigerlich so lange mit ihrem Zorn und alten Leid konfrontiert, bis sie diese aus einer anderen Perspektive betrachten und als Lernphasen annehmen kann.
Auch wenn wir “tot” sind, nehmen wir unser mentales und emotionales Gepäck mit auf die Reise, darüber sollten wir uns im Klaren sein. Suizid ist also keine Lösung. Natürlich ist jeder Selbstmord ein Einzelfall und hat seine eigene Geschichte. Es steht uns nicht zu, über jemanden, der sich umbringt, zu urteilen.
Unsere Aufgabe als Seelenbegleiter besteht vielmehr darin, solchen Seelen zu helfen. Bis sie sich selbst vergeben können, sich das Leben genommen zu haben, werden sie von uns geführt. So kommen sie langsam darüber hinweg, dass sie ihren Angehörigen unermessliches Leid zugefügt und ihre Lebensaufgabe nicht erfüllt haben – gleichsam ihr “Feld brach liegen ließen”.
Ja und nein … Sie ist nichts anderes als eine weitere holografische Raumblase, die viel dunkler ist als alle Schichten des Kamaloka. Man kann sie als virtuellen Kerker betrachten, in dem sich eine Seele unwissentlich eingesperrt hat, indem sie in ihrem Inneren eine besonders niedrige Schwingungsfrequenz zugelassen hat. Anders als viele Religionen uns weismachen wollen, ist dieser virtuelle, psychische Lebensraum nicht für die Ewigkeit … Auch diese düsteren Sphären werden früher oder später vom Licht berührt. Es lädt die leidende Seele in andere, hellere Bewusstseinssphären ein, wo sie Hoffnung schöpfen und sich wieder aufbauen kann.
Ausschlaggebend für die Entwicklung einer Seele ist nämlich stets ihr Bewusstseinsniveau, sowie die Fähigkeit zu wahrer geistiger Erhebung. In welcher Form der Tod uns auch immer ereilt – es ist in jedem Falle möglich, durch ein besseres Verständnis lange Irrwege zu vermeiden …
Nach einem mehr oder weniger langen Aufenthalt in den verschiedenen Bereichen des Kamaloka können die Seelen, die sich entsprechend entwickelt haben, eine weitere Schleuse passieren. Sie haben dann die Möglichkeit, zum sogenannten Devachan aufzusteigen. Dieser Lebensraum entspricht stets den jeweiligen Sehnsüchten aber auch Idealen der Seelen, die ihn bewohnen. Das Devachan beherbergt also eine immense Vielfalt an Welten, die jeweils auf die individuelle Schwingung unzähliger Seelen abgestimmt sind.
Es wird auch als mittlere Astralebene bezeichnet und umfasst zahlreiche seelische Sphären. Dort findet die Seele endlich Frieden und kann ihre eigene Vorstellung vom “Paradies” ausleben.
Nach ihrem zweiten Tod im Kamaloka ist die Seele im Wesentlichen von ihrer mentalen Abkapselung befreit und tritt in eine Phase wahrer Metamorphose ein. Das ist für sie ein großer Schritt nach vorne. Nun kann sie ihre eigene Vision verwirklichen, ihr Bedürfnis nach Liebe und ihre Hoffnungen neu definieren und den feinstofflichen Aufbau ihres neuen Lebens überdenken. Mit anderen Worten, sie erschafft eine neue virtuelle Welt – ein neues Hologramm –, das perfekt auf ihre individuellen Bedürfnisse und ihren Weg durch die Inkarnationen zugeschnitten ist. Im Devachan kann jede Seele ihr eigenes Potenzial entfalten und ihre Träume verwirklichen.
“Man kann das Devachan als einen Ort definieren, an dem die Seele, während sie sich verwandelt und ihren Weg der Selbstverwirklichung weitergeht, Ruhe und Glück findet … Allerdings darf man nicht vergessen, dass dieses ‘Paradies’, so angenehm es dort auch sein mag, nichts weiter als ein psychisches Konstrukt ist. Daher ist es auch stetigen Veränderungen unterworfen. Schließlich ist es ja ein Produkt des wandelnden Bewusstseins … Ich staune immer wieder über die Vorstellungen vieler Menschen vom Paradies, die an ein Leben nach dem Tod glauben. Meist machen sie sich ein sehr starres, kindliches Bild davon, das auch gängigen Gottesvorstellungen entspricht.
Meist stellt man sich darunter eine Welt vor, in der man sich pausenlos inmitten einer idyllischen Natur ausruht und die Seele, von Engeln umgeben, in süßen Müßiggang verfällt. Diese Vorstellung von Glück hat etwas Lähmendes. Sie kommt eher einer Erstarrung gleich … In Wahrheit sind die unterschiedlichen Ebenen des Devachan nicht einfach Orte des Friedens, sondern in erster Linie Lebensräume, in denen die Seelen auf ihr Erwachen vorbereitet werden.”3
Die Seele arbeitet in dieser vielgestaltigen Welt weiter an sich selbst und leistet so im endlosen Wandel des Lebens ihren Beitrag. Sie entwickelt sich, bildet sich entsprechend ihren Vorlieben aus und wird von verschiedenen Seelenführern auf die nächste Inkarnation vorbereitet … und zwar so lange, bis sie eines Tages von der Notwendigkeit der Inkarnation – im Sinne einer unumgänglichen Lebensschule – befreit wird. Und dann? Das ist eine andere Geschichte …
2) Il y a de nombreuses demeures – Daniel Meurois (Le Passe-Monde).
3) Il y a de nombreuses demeures – Daniel Meurois (Le Passe-Monde).
“Wer frei von Macht- und Besitzansprüchen liebt, begreift alsbald die absolute Einheit von allem. In ihm verwirklicht sich der Traum, den alle Dichter hegten. Er erfährt ihn am eigenen Leibe und gebärt ‘das Eine’ – Gott in sich.”
Vu d’En-Haut – Daniel Meurois
Wenn ich heute an Simone zurückdenke, wird mir bewusst, dass sie weit mehr für mich bedeutet hat als nur eine lehrreiche Erfahrung … Ohne sie wäre ich wahrscheinlich nicht zu dem Menschen geworden, der ich jetzt bin … Es gibt entscheidende Begegnungen im Leben. Zuweilen kommen sie ganz unbedeutend daher und sind doch Einladungen des Lebens … Alles, was wir erleben, ist im Grunde eine Verabredung, ein Rendezvous mit dem Leben, selbst wenn es nicht unmittelbar von einem großen Meister herrührt.
Innere Wandlung wird stets durch ganz schlichte Impulse angeregt und zum Erblühen gebracht. Innige Zärtlichkeit legt oft den Keim.
Ich war knapp sechzehn Jahre alt, als mir Simone zum ersten Mal auffiel … Ich begann gerade, mich aufzulehnen, durchlebte meine allererste Rebellion und so war sie für mich als Jugendliche damals einfach die nette Nachbarin mit dem freundlichen Lächeln und den gütigen Augen. So sah ich sie – eine Mutter von drei Kindern, verheiratet und absolut unaufdringlich.
Allerdings konnte ich nicht umhin, sie regelmäßig durch unser Esszimmerfenster zu beobachten … Ihr langes, hellbraunes Haar glänzte in der Sonne. Sie trug es offen und ihr Madonnengesicht weckte Erinnerungen in mir. Ja, Simone hatte definitiv etwas an sich, das die Seele berührte … eine Art “himmlische” Ausstrahlung, ein gewisses Etwas – das mich an die Jungfrau Maria erinnerte, die sie auch wirklich verehrte!
In meiner Wahrnehmung war sie von einem wunderschönen, smaragdgrünen Licht umgeben, das mich tief im Innersten berührte. Schon als ganz kleines Kind konnte ich dieses Leuchten um Menschen herum sehen … Erst viel später habe ich erfahren, dass man es Aura nennt.
Um ehrlich zu sein, hatte ich in dieser Lebensphase bereits den Glauben verloren. Auch mein imaginärer Freund aus der Kindheit hatte mich verlassen. Genau genommen war er schon noch da, aber ich konnte ihn nicht mehr hören. Das Studium der Existenzphilosophie, die Werke von Albert Camus, Jean-Paul Sartre und Friedrich Nietzsche, sowie das stundenlange Hören der Lieder von Léo Ferré in meinem Zimmer hatten mich durcheinandergebracht. All das tat mir nicht gut … Mein Herz war schwer, ich war unendlich traurig, zweifelte an der Menschheit und sehnte mich nach der Sonne.
“Der Mensch ist ein nicht festgestelltes Tier”, hat Nietzsche gesagt.
Umgekehrt fühlte sich auch Simone von mir “angezogen”. Sie war neugierig auf mich … Als ich einmal an einem Sommertag mit einem Philosophiebuch in der Sonne lag, sprach sie mich an – über den Erbsenstrauch hinweg, der unsere beiden Vorstadthäuser trennte.
– “Hallo!”, meinte sie fröhlich. “Die Sonne tut gut, nicht wahr? Heute Abend kommen ein paar Freundinnen zu mir. Ich würde dich gerne dazu einladen … Hast du Zeit?”
Ihre großen, blauen Augen strahlten liebevoll. Sie hatte ein bezauberndes, breites Lächeln, das mich ein bisschen an Julia Roberts erinnerte. Ich war überrascht, dass eine “Mutter”, die fast doppelt so alt war wie ich, mich zu sich und ihren Freundinnen einladen wollte.
– “Mich? Aber … warum? Wir kennen uns doch gar nicht … und Ihre Freundinnen kenne ich noch viel weniger. Ich würde mich bestimmt unwohl fühlen … Es wäre mir peinlich.”
– “Ich veranstalte einen Gebetskreis mit ‘Heilerinnen’ und ich denke, das dürfte dich interessieren. Wir helfen kranken Menschen.”
– “Heilerinnen? Ach so! … Aber warum dann mich?”
Sie überging meine Frage einfach, als wäre ohnehin alles klar.
– “Gut, dann erwarte ich dich heute Abend”, antwortete sie mit ihrem einzigartigen Lächeln … “Um 20 Uhr!”
Ich weiß nicht, warum ich überhaupt hingegangen bin … Diese Einladung war doch höchst merkwürdig! Ich sagte meinen Eltern, dass ich für ein paar Stunden zu einer Freundin ginge und es nicht spät würde. Wo ich wirklich hinging, wollte ich ihnen auf keinen Fall erzählen!
Ich war ganz durcheinander und ziemlich aufgewühlt. Mit einem mulmigen Gefühl stand ich dennoch zur vereinbarten Uhrzeit vor ihrer Tür.
Ohne es zu wissen, öffnete mir Simone an diesem Abend die Pforte zu einem Raum, der meiner Seele zunächst einen gewaltigen Schock versetzte. Ich wurde sofort von leichtem Schwindel ergriffen … Es roch gut nach Räucherstäbchen. Die gedämpfte Atmosphäre gefiel mir gleich. Sie verströmte etwas “Heiliges”. Zwar hatte ich diesen Aspekt meines Lebens mit acht Jahren ausgeklammert, doch er holte mich immer wieder ein.
Simone stellte mich kurz ein paar Frauen vor, die schon im Wohnzimmer saßen. Auf dem Boden war eine Baumwollmatte ausgebreitet. Dort lag jemand in eine hellblaue Mohair-Decke gehüllt. Es war ein junges Mädchen, ungefähr in meinem Alter. Ich kannte sie bereits von einem Kurs, den wir einige Jahre zuvor zusammen belegt hatten. Mein Blick fiel sofort auf ihren rechten Arm. Er steckte in einem Gipsverband.
Simone erklärte mir dann ganz unbefangen, dass die junge Ange-Marie – so hieß das Mädchen – Knochenkrebs hatte und wir ihr durch Gebet und Handauflegen gemeinsam helfen wollten. Auch ihre Mutter war unter den “Heilerinnen”. Sie bat mich, mich neben sie auf den Boden zu setzen. Die anderen taten das auch. Alsbald saßen wir alle um die kranke junge Frau herum.
Zuerst war ich sehr angespannt und fühlte mich unwohl, doch allmählich spürte ich, wie meine Seele reagierte und sich öffnete. Sie jubilierte geradezu! Sie hatte ihr Zuhause gefunden. Kein Wort, kein Geräusch … Da waren nur unsere zärtlichen Hände auf Ange-Maries Arm und unsere stillen Gebete. Ange-Marie hatte ihre schönen Augen geschlossen. In stiller Einkehr lag sie voller Dankbarkeit da.