STEUERTIPPS FÜR EXISTENZGRÜNDER UND JUNGUNTERNEHMER
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© 2019 Steuern aber lustig Verlag GmbH & Co. KG,
Römerstraße 50, 64401 Groß-Bieberau,
www.steuern-aber-lustig.de
5. Auflage
Andreas Görlich: Steuern, aber lustig.
Steuertipps für Existenzgründer und Jungunternehmer
Umschlaggestaltung, Illustration und Satz: Tony Wolf
Lektorat, Korrektorat: Dr. Lena Lindhoff, Michael Zuch
Printed in Germany
ISBN: 978-3-944043-00-5
ISBN MOBI:978-3-944043-02-9
ISBN-A: 10.978.3944043/005
Die Angaben entsprechen dem Wissensstand bei Redaktionsschluss im Oktober 2019. Es wird darauf hingewiesen, dass alle Angaben in diesem Fachbuch trotz sorgfältiger Bearbeitung ohne Gewähr erfolgen und eine Haftung des Autors oder des Verlags ausgeschlossen ist.
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Vorwort
Teil I Allerlei Wissenswertes über das liebe Steuerrecht, den Steuerzahler und den Fiskus
Deutschland – ein Steuerparadies
Unternehmerischer Zehnkampf und das liebe Steuerrecht
Hauptsache, Steuern sparen, koste es, was es wolle!
Teil II Erstkontakt mit dem Finanzamt
Erstkontakt mit dem Behördendschungel
Was bin ich? Gewerbetreibender oder Freiberufler?
Schreckgespenst Gewerbetreibender
Teil III So ermitteln Sie Ihren Gewinn
Gewinnermittlungsarten: einfach oder doppelt?
Einfach einfach: die Einnahmen-Überschuss-Rechnung
Einnahmen-Überschuss-Rechnung „handgemacht“
Bilanzierung (doppelte Buchführung)
Einnahmen-Überschuss-Rechnung versus Bilanzierung
Betriebseinnahmen
Betriebsausgaben
Mysterium Abschreibung
GWG – das dürfen Sie sofort abschreiben
Teil IV Steuerarten
Umsatzsteuer – der Umsatzbringer für den Fiskus
Die Gewerbesteuer – ein Unikat
Liquiditätsfalle Steuervorauszahlungen
Die Einkommensteuer – eine für alle
Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer
Körperschaftsteuer
Skurrile Steuerarten
Teil V Steuerliche Sonderfragen
Geschäftswagen sponsored by Finanzamt?
Arbeitszimmer – ein Dauerbrenner vor Gericht
Buon appetito! - Bewirtungskosten absetzen
Geschenke erhalten die Freundschaft und senken die Steuerlast .
Geschäftlich auf Achse – Reisekosten absetzen
Eigenbeleg – Rettungsanker bei fehlendem Beleg
Aufbewahrungspflicht – ab in die Tonne?
Investitionsabzugsbetrag – heute Steuern sparen mit Investitionen von morgen
Einspruch – so wehren Sie sich gegen den Fiskus
Wenn der Betriebsprüfer zweimal klingelt
Kassenführung: Kasse machen, aber richtig!
Personalkosten: Was kostet mich mein Mitarbeiter tatsächlich?
Schlussbemerkung
Anhang: Vordrucke
Findex
Für viele Existenzgründer und Jungunternehmer sind Steuern eine Geheimwissenschaft, eine fremde und unverständliche Welt, und langweilig noch dazu. Selbst Albert Einstein, der mit seiner Relativitätstheorie das Verständnis von Raum und Zeit revolutionierte, kapitulierte vor dieser Materie und brachte seine Verzweiflung auf den berühmten Punkt: „Nichts auf der Welt ist so schwer zu verstehen wie die Einkommensteuer.“
Auch wenn Sie den ganzen Steuerkram mehr als lästig finden, die Vogel-Strauß-Technik – Kopf in den Sand stecken und abwarten – ist keine Lösung. Denn es ist eine Art von Naturgesetz: Nichts ist so sicher wie der Tod und die Steuern. Früher oder später müssen Sie sich mit der Geheimlehre beschäftigen. Lieber früher, denn nicht korrigierbare Fehler und verschenkte Steuervorteile kosten bares Geld. Steuern sind in jedem Fall eine lohnenswerte Materie, gewiss kompliziert und manchmal schwer verständlich, aber nicht langweilig.
Dieser Ratgeber ist der ambitionierte Versuch, Ihnen die komplexe Welt der Steuerparagrafen und Buchungssätze leicht verständlich, gut verträglich und mit einer Prise Humor näherzubringen – ohne dabei an fachlicher Tiefe zu verlieren. Mein Anspruch beim Schreiben war, einen Helfer aus der Praxis für die Praxis zu schaffen, nach dessen Lektüre Sie wissen, worauf es ankommt – damit Sie nicht mehr Steuern zahlen als unbedingt notwendig. Ein praxisorientiertes Steuersparbuch!
Bei der Auswahl der Themen gerät man zwangsläufig in ein Dilemma: Es gibt unendlich viel Interessantes und Nützliches, aber ebenso viel, das für die Praxis wenig hilfreich ist. Was also erwähnen, was weglassen? Aus dieser Themenbreite habe ich ausgewählt, was sich in meiner Erfahrung aus der Steuerberaterpraxis und Dozententätigkeit für Existenzgründer und Jungunternehmer als wichtig und typisch erwiesen hat. Deshalb finden Sie hier keine Sonderfälle oder exotischen Steuertipps, die mit Ihrem Tagesgeschäft wenig bis gar nichts zu tun haben, sondern alltagstaugliches Praxiswissen.
Für dieses Büchlein erhalte ich möglicherweise keinen wissenschaftlichen Ritterschlag, aber wenn ich bei dem einen oder anderen Leser Interesse für das Thema wecke, ihm ein Schmunzeln abringe und vor allem beim Steuersparen helfen kann, ist das eine angemessene Wertschätzung meiner Arbeit. Geben Sie Steuern eine Chance, sie sind interessanter als ihr Ruf!
Viel Spaß beim Lesen und Steuersparen!
Ihr Andreas Görlich
Für Anregungen, Kritik und Fragen bin ich immer offen – schreiben Sie mir unter hallo@steuern-aber-lustig.de.
In diesem Teil erfahren Sie … |
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Ich weiß nicht, ob Sie es schon wussten: Deutschland ist ein echtes Steuerparadies. In kaum einem anderen Land gedeihen Steuern so prächtig wie hierzulande. Wir sind quasi total besteuert! Von A wie Abgeltungssteuer bis Z wie Zweitwohnsitzsteuer – inzwischen sprießt eine Vielfalt von mehr als 40 Steuerarten auf dem Nährboden der deutschen Steuerzahler. Dazu gehören Kuriositäten wie etwa die Sexsteuer, die die käufliche Liebe besteuert, aber auch prähistorische Gattungen wie die Schaumweinsteuer, die Kaiser Wilhelm II. zur Finanzierung der Kriegsflotte einführte. „Die Kriegsflotte wurde inzwischen zweimal versenkt, die Schaumweinsteuer zehnmal erhöht.“ (Guido Westerwelle, deutscher Politiker)
Das deutsche Steuersystem strotzt nur so vor Superlativen. Wir sind Weltmeister in der Disziplin Steuern, seit Jahrzehnten ungeschlagen. Mehr als 90.000 steuerliche Normen (Gesetze, Richtlinien, Erlasse) und unzählige Gerichtsurteile machen das deutsche Steuersystem weltweit konkurrenzlos. Es gibt sogar Stimmen, die munkeln, dass zwei Drittel der gesamten weltweiten Steuerliteratur in Deutsch geschrieben sind.
Wow! Bei dieser Einzigartigkeit und Vielfalt ist es nur noch eine Frage der Zeit, dass die UNESCO das deutsche Steuersystem zum Weltkulturerbe erklärt. Und dank der Kreativität des deutschen Gesetzgebers, immer wieder neue Steuern zu erfinden, obwohl schon die alten keiner zahlen will, werden wir auch künftig einen Platz auf dem Siegertreppchen im internationalen Steuerwettbewerb innehaben. Immer wenn Sie Politiker von Steuererleichterungen reden hören, ist es höchste Zeit, sich alle Taschen zuzunähen.
Leider sind wir Weltmeister in einer unpopulären Disziplin! Kaum eine andere Materie gilt als so staubtrocken und ist so unbeliebt wie Steuern. Zu Unrecht: Steuerwissen ist bares Geld – Geld, das entweder in Ihrem Portemonnaie bleibt oder in den Rachen des Fiskus wandert. So gesehen ist das Thema alles andere als langweilig. Vielmehr sind Steuern eine durchaus spannende und lebendige Materie.
Spannend, weil man sich von Zeit zu Zeit mit steuerlichen Fragen beschäftigen darf, die zwar nicht lebenswichtig, aber extrem interessant sind. Zum Beispiel: Was ist eigentlich die Bemessungsgrundlage der Sexsteuer? Wann sind sexy Dessous als Betriebsausgabe absetzbar? Oder: Wie erhöhen Sie Ihre Chancen auf dem Heiratsmarkt durch steuerliche Verlustvorträge und warum ist der Gang zum „stillen Örtchen“ nicht steuerlich abzugsfähig?
Lebendig ist die Materie, weil Steuern in fast alle Lebensbereiche eingreifen. Jeder zahlt täglich Steuern, ob bewusst oder unbewusst. Von morgens bis abends haben Sie einen ständigen Begleiter: den Fiskus. Keine Angst, Vater Staat will nur Ihr Bestes – Ihr Geld. Schon morgens, wenn Sie das Licht anschalten (Stromsteuer), zum Wachwerden eine Tasse Kaffee trinken (Kaffeesteuer) und anschließend beim „Gassigehen“ mit dem Hund (Hundesteuer) eine Zigarette rauchen (Tabaksteuer), verschafft das dem Staat reichlich Einnahmen. Wenn Sie abends feiern gehen, kassiert der Staat über Alkoholsteuer, Sektsteuer, Biersteuer, Sexsteuer und Co. ebenfalls kräftig mit. Und wann haben Sie zum ersten Mal bemerkt, dass es Ihnen Spaß macht, Steuern zu zahlen?
Weil das alles so ist, sind Steuern keineswegs langweilig, sondern durchaus spannend und lebensnah – auch, wenn es nicht immer leicht ist, sie zu verstehen. Egal, wie Sie zu dem Thema stehen, bedenken Sie: Steuerwissen hilft Ihnen dabei, dass mehr von Ihrem hart verdienten Geld in Ihrer Tasche landet und Sie keinen Cent zu viel an den Fiskus verschenken. Und wer sich einmal von den Vorurteilen rund um die Steuer freigemacht hat, wird feststellen: Die Geheimwissenschaft zu verstehen, ist gar nicht so schwer. Mehr noch: Die ganze Geschichte fängt an, richtig Spaß zu machen, wenn man Steuersparpotenziale ausschöpfen kann und so das Wissen in allerlei bare Euros ummünzt.
Mein Tipp: Investieren Sie in Steuern, die steigen immer! Marktbeobachter berichten, dass die heimlichen Steuererhöhungen unheimlich zunehmen.
Unternehmer werden ist nicht schwer, Unternehmer sein dagegen sehr. Allein ein Meister seines Fachs zu sein, reicht heutzutage nicht mehr aus, um erfolgreich ein Unternehmen zu führen. Es braucht mehr: Als Unternehmer sind Sie gut mit einem Zehnkämpfer vergleichbar. Sie sollten in vielen Disziplinen fit sein, wenn Sie auf dem Siegertreppchen landen wollen.
Das Blöde daran: Sie müssen sich auch mit Disziplinen herumschlagen, die bei Ihnen vielleicht so beliebt sind wie Fußpilz in der Sauna – oder die sogar Schrecken und Schauder auslösen. Ein Schreckgespenst im unternehmerischen Zehnkampf sind für viele die Steuern. Nicht wenige treten den Gang zum Finanzamt mit der gleichen Leidenschaft an wie das Rindvieh den zum Schlachter. Aber ob Sie wollen oder nicht: Es führt kein Weg daran vorbei – Sie müssen sich mit der ungeliebten Materie beschäftigen.
Dabei ist es gar nicht nötig, Steuerfachmann oder Bilanzbuchhalter zu sein, um ein Unternehmen zu führen. Sie sollten aber über ein steuerliches Grundwissen verfügen. Dann sind Sie klar im Vorteil: Sie können Ihr eigenes Geschäft im Alltag besser verstehen und weitsichtiger führen. Und vor allem können Sie Geld sparen.
Gleichzeitig sollten Sie nicht zulassen, dass sich das Thema auf Ihrem Schreibtisch zu breit macht, sonst laufen Sie Gefahr, Ihr Kerngeschäft aus den Augen zu verlieren.
Denn ein wichtiger Grundsatz lautet: Mit Steuern verdienen Sie kein Geld!
Geld verdienen Sie, indem Sie Ihre Produkte oder Dienstleistungen an den Mann oder an die Frau bringen. Erst dann tragen solide Buchhaltungs- und Steuerkenntnisse dazu bei, dass mehr von dem verdienten Geld auf Ihrem Konto bleibt.
Selbstständige müssen sich um ihre Steuerangelegenheiten selbst kümmern. Es gilt: „Die Unkenntnis der Steuergesetze befreit nicht von der Pflicht, Steuern zu zahlen. Die Kenntnis aber häufig schon.“ (Mayer Amschel Rothschild, deutscher Bankier im 18. Jahrhundert)
Das Finanzamt macht Sie nicht proaktiv und umfassend auf Ihre steuerlichen Pflichten aufmerksam. Vielmehr haben Sie eine Holschuld – Sie müssen sich selbst darüber informieren, welche Steuern zu zahlen, welche Steuererklärungen abzugeben und wann diese fällig sind. Ob Sie sich ganz allein durch den Steuerdschungel kämpfen oder sich unterstützen lassen, liegt bei Ihnen.
Nicht wenige empfinden eine Besprechung mit ihrem Steuerberater wie einen Besuch beim Zahnarzt, nur noch schlimmer. Eines vorneweg: Es gibt keine rechtliche Verpflichtung, einen Steuerberater zu beauftragen. Sie dürfen Ihren Steuerkram auch im Alleingang schultern. Das „Do-it-yourself-Prinzip“ gilt unabhängig von der Unternehmensgröße und Rechtsform. Ob das sinnvoll ist, ist eine andere Frage.
Selber machen oder den ganzen Salat einem Profi geben – die Entscheidung darüber hängt im Wesentlichen von Ihrer Affinität zur Steuerwelt, Ihren Buchhaltungs- und Steuerkenntnissen sowie vom Umfang Ihrer betrieblichen Aktivitäten ab. Steuern sind keine Geheimwissenschaft. Mit solidem Grundwissen und etwas Motivation können Sie Ihre Steuerangelegenheiten durchaus in Eigenregie stemmen. Aber entwickeln Sie keinen falschen Ehrgeiz: Unterschätzen Sie nicht die Komplexität der Materie und überschätzen Sie nicht Ihr eigenes Fachwissen! Wenn Sie mehr Zeit mit Buchungssätzen und Steueranmeldungen verbringen als mit Ihrem operativen Geschäft, ist das betriebswirtschaftlich großer Mumpitz. Und wenn sich dann wegen mangelnder Fachkompetenz auch noch Fehler einschleichen, kostet das richtig Kohle. Gönnen Sie sich etwas Gutes und holen Sie sich im Zweifel fachliche Unterstützung vom Steuerprofi. Dafür müssen Sie zwar Geld abdrücken, aber gute Beratung spart in der Regel mehr, als sie kostet – und Sie können ruhiger schlafen. Denken Sie dabei auch an die ersparte eigene Arbeitszeit, die für Ihr Kerngeschäft frei wird. Und wenn Sie es richtig anstellen, verdienen Sie mit Ihrer eigentlichen Tätigkeit mehr, als die Kostenersparnis durch das Do-it-yourself.
Gerade in der Startphase ist die Zeit in das operative Geschäft besser investiert. Zu Geschäftsbeginn ist Ihre wichtigste Herausforderung das „Klinkenputzen“, also die Notwendigkeit, schnell einen Referenzkundenstamm aufzubauen und schließlich Gewinne einzufahren. Viele Existenzgründer denken jedoch: „Ich kann mir das Geld für einen Steuerberater sparen; erst wenn sich die Geschäfte entwickeln, ziehe ich einen Steuerexperten hinzu.“ Doch damit haben Sie die Rechnung ohne das Milchmädchen gemacht. Denn wenn Sie von Anfang an Fehler machen oder Steuervorteile zu Ihren Gunsten übersehen, stellen Sie falsche Weichen auch für die Folgejahre und Ihr Nachteil potenziert sich dadurch. Unterm Strich verlieren Sie so eine Menge Geld. Am falschen Ende sparen kommt dann letztlich teurer, als wenn Sie von Beginn an professionellen Rat eingeholt hätten.
Die Frage „Steuern selber machen oder nicht?“ lässt sich aber nicht allgemeingültig beantworten, sondern ist immer abhängig von den Gesamtumständen des Einzelfalls. Was jedoch pauschal gilt: Der Umgang mit dem Finanzamt und seinen Gehilfen sollte immer fair ablaufen.
Das Thema liegt mir sehr am Herzen: Der Finanzbeamte und auch die Finanzbeamtin ist nicht von Natur aus böse. Und der Steuerpflichtige ist nicht der natürliche Feind des Finanzamts. Vielleicht denken Sie daran, wenn Sie das nächste Mal Ihren freundlichen Fiskalvertreter mit grundlosen Einsprüchen, Dienstaufsichtsbeschwerden oder gar wüsten Beschimpfungen bombardieren wollen. Zügeln Sie Ihre aufkeimenden Gewaltfantasien und sparen Sie sich gegenüber Ihrem Sachbearbeiter auch Kommentare wie: „Sind Sie nun zuständig oder ständig zu?“ Das mag helfen, Ihrem Ärger Luft zu machen und dadurch Ihr Wohlbefinden zu erhöhen. Doch dem Gesprächsklima tut es keinesfalls gut und Ihr behördlicher Ansprechpartner hält sich danach sicherlich mit kooperativen Vorschlägen zurück.
Der einzelne Finanzbeamte ist nicht für den Wust an Steuerparagrafen verantwortlich, die Ihnen das Leben schwer machen. Aber er besitzt bei vielen Entscheidungen einen erheblichen Ermessensspielraum und kann Ihnen bürokratische Stolpersteine in den Weg legen – oder beiseiteschieben. Finanzbeamte sind auch nur Menschen und machen schlichtweg nur ihren Job. Sie erfüllen eine wichtige Funktion in unserem Staat, weil sie aufpassen, dass sich niemand an seinen steuerlichen Pflichten vorbeimogelt. Das ist gut so! Denn wo es endet, wenn die Finanzverwaltung nicht funktioniert, sehen wir gerade am Negativbeispiel Griechenland.
Also: Bleiben Sie fair im Umgang mit den Finanzbehörden – Ihr Finanzbeamter wird es Ihnen mit Hilfsbereitschaft danken.
Um eine Einkommensteuererklärung abgeben zu können, muss man Philosoph sein; es ist zu schwierig für einen Mathematiker. (Albert Einstein)
Steuern sparen möchte jeder, und zwar möglichst viel. Wenn so mancher Unternehmer „Steuern sparen“ hört, sieht man, wie in seinen Augen die Dollarzeichen aufblitzen, die Synapsen im Hirn losrattern und der Verstand auf Kurzurlaub geht. Getrieben von dem Gedanken „Steuern sparen, koste es, was es wolle!“ werden dann Entscheidungen getroffen, die jeder betriebswirtschaftlichen Vernunft entbehren. Hauptsache, Steuern sparen – mit diesem Argument lassen sich dann auch die windigsten Geldanlagen, die marodesten Immobilien und die dubiosesten Investmentfonds an den Mann oder die Frau bringen.
Die Steuerlast zu drücken, ist eine äußerst beliebte Tätigkeit, dagegen ist auch grundsätzlich nichts einzuwenden. Doch bei manchem erscheint der Trieb, Steuern zu sparen, sogar ausgeprägter zu sein als der Fortpflanzungstrieb. Nimmt der Steuerspartrieb gar überhand, spricht man von Steuerhinterziehung. Und das ist kein Kavaliersdelikt! In Griechenland scheint Steuerhinterziehung zwar olympische Disziplin zu sein, aber hierzulande ist sie nach wie vor eine Straftat.
Bei allem Verständnis für den Wunsch, dem Fiskus keinen Cent zu schenken: Das Ziel, Steuern zu sparen, kann immer nur ein Ziel sein, nie das alleinige. Es ist zwar ein schönes Gefühl, den Fiskus an den Kosten für den neuen Mercedes oder für das repräsentative Büro zu beteiligen. Aber ist die Luxuskarosse beim Start in die Selbstständigkeit wirklich notwendig oder tut es der Gebrauchte am Anfang auch noch? Brauche ich das repräsentative Büro oder kann ich auch vom Home-Office aus starten? Nicht selten schätzen Unternehmer die Steuerersparnis durch ihre Investition falsch ein. So manches „Steuerschnäppchen“ entpuppt sich im Nachhinein als echte Geldvernichtung.
In der Praxis herrscht oft der Irrglaube, der Fiskus beteilige sich vollständig an Ihrer Investition in Form einer Steuerersparnis. Das ist aber nicht so. Sie erhalten immer nur einen Bruchteil Ihres „Schnäppchens“ oder im schlechtesten Fall gar nichts vom Finanzamt zurück. Denn Sie müssen berücksichtigen:
Denken Sie bei Ihren Investitionsüberlegungen immer an diese Einschränkungen und seien Sie mit vermeintlichen Steuerschnäppchen vorsichtig. Ihre unternehmerischen Entscheidungen sollten nicht primär durch die Motivation, Steuern zu sparen, getrieben sein. Vielmehr sollte die betriebswirtschaftliche Notwendigkeit der Anschaffung im Vordergrund stehen.
So wichtig und sinnvoll betriebliche Anschaffungen sein mögen, Sie dürfen nicht vergessen: Das für die Investitionen aufgewendete Geld fehlt anschließend in der Kasse. Selbst beim höchsten Steuersatz von 45 %, beim sogenannten „Reichensteuersatz“, mindert eine Ausgabe von 1.000 € die Steuerlast nur um 474,75 € (= Einkommensteuer 450 € + Solidaritätszuschlag 24,75 €, ohne Kirchensteuer). Der Rest, ganze 525,25 €, ist fort. Also prüfen Sie im Voraus, ob Sie sich die Investition leisten können! Es gilt immer: In der Tasche hat derjenige netto am meisten übrig, der am wenigsten Kosten hat. Netto verdienen und brutto leben, ist langfristig nicht gut.
!Aufgepasst: Zu allen windigen Steuersparmodellen und dubiosen Steuerweisheiten sei eines gesagt: Wer keine Steuern zahlen will, darf nicht viel verdienen. Alles andere klappt nicht oder ist strafbar.
Wenn wir uns über den habgierigen Fiskus und seine Fiskalritter beschweren, vergessen wir: Steuern müssen sein. Sie sind etwas ganz Normales und sogar notwendig. Denn „Steuern sind der Blutkreislauf des Staates“ (Jean Monnet, französischer Staatsmann des 20. Jahrhunderts) Eines ist klar: Wer einen Sozialstaat will, muss auch dafür aufkommen. Im Alltag gibt es viele Aufgaben, die nur der Staat lösen kann. Bildung, öffentliche Infrastruktur, Gesundheitswesen und soziale Absicherung, innere und äußere Sicherheit gehören dazu. Gerade Existenzgründer profitieren von staatlichen Fördermitteln, die den Start in die Selbstständigkeit erleichtern. All diese Leistungen finanziert Vater Staat mit den Steuereinnahmen. Ohne diese Gelder könnte er seinen Aufgaben nicht mehr nachkommen.
Also: Die Notwendigkeit der Steuererhebung steht nicht zur Diskussion – Steuern sind erforderlich. Ob Steuern tatsächlich effizient verwendet werden, ist eine andere Frage, die sehr wohl diskussionswürdig ist. Jahr für Jahr deckt der Bund der Steuerzahler unzählige Fälle von Verschwendung und sorglosen Umgang von Steuergeldern in Bund, Ländern und Kommunen auf. Die Bruchlandung „Euro-Hawk“, das Flughafendebakel Berlin-Brandenburg oder die Nürburgring-Pleite sind Musterbeispiele an Steuerverschwendung. Immer geht es um Steuergelder in Millionenhöhe, immer sind es die Kassenwarte in Politik und Verwaltung, die dafür verantwortlich sind. Und am Ende zahlt immer der Steuerzahler. Wäre die Misswirtschaft mit Steuergeldern steuerpflichtig, wäre der Staatssäckel wohl gefüllt und die Steuerlast der Bürger könnte gesenkt werden.
Eines zum Schluss: Das Tröstliche am Steuerzahlen ist, dass es nicht süchtig macht!
Rechtsprechung zum Schmunzeln: Steuern zahlen kann nicht aus Gewissensgründen abgelehnt werden |
Es war zu vermuten, aber einen Versuch war es allemal wert. Ein religiöses Ehepaar, das Einkommensteuer zahlen sollte, schrieb an das Finanzamt: „Wir lehnen aus religiöser Überzeugung die Anwendung kriegerischer Gewalt grundsätzlich ab und können es deshalb mit unserem Gewissen nicht länger vereinbaren, mit unseren persönlichen Steuern zur militärischen Rüstung unseres Landes beizutragen.“ Das gewissenlose Finanzamt spielte nicht mit und wies das Begehren zurück. Der Fall landete vor Gericht, weil das pazifistische Steuersparerpaar sich in seinem Grundrecht auf Gewissensfreiheit verletzt fühlte. Die Richter fühlten mit, kamen aber nach gewissenhafter Abwägung zu dem Urteil: Die Zahlung von Steuern kann nicht aus Gewissensgründen abgelehnt werden. (Bundesfinanzhof vom 6.12.1991, III-R-81/89) |
„Oh, sage mir, wie heißt das Tier, das vieles kann vertragen, das wohl den größten Rachen hat und auch den größten Magen? Es heißet Haifisch auf dem Meer und Fiskus auf dem Lande.“ (August Heinrich Hoffmann von Fallersleben, deutscher Dichter)
In diesem Teil lernen Sie … |
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Viele Gründungswillige schreckt der Wust an Anmeldungen und Behördengängen bei der Existenzgründung ab. Dabei ist das alles gar nicht so schwer, wenn man erst einmal weiß, wo man anfangen muss und welche Behörde für welche Anmeldung zuständig ist. Der erste Behördengang ist davon abhängig, ob Sie aus Sicht des Finanzamts als Gewerbetreibender oder als Freiberufler eingestuft werden. Doch diese Abgrenzung ist in der Praxis oft nicht einfach. Im Zweifel entscheidet das Finanzamt darüber, ob es sich bei Ihrem Vorhaben um eine freiberufliche oder gewerbliche Tätigkeit handelt (mehr dazu im nächsten Kapitel).
Gewerbetreibender:
Als zukünftiger Gewerbetreibender müssen Sie sich beim Gewerbeamt der Gemeinde anmelden, in der Sie Ihr Unternehmen eröffnen. Die Gewerbeanmeldung enthält neben Ihren persönlichen Angaben auch genaue Angaben zur Art Ihrer Tätigkeit und zum Zeitpunkt, ab wann Sie mit dieser beginnen wollen. Sie brauchen für die Anmeldung einen Personalausweis und eventuell besondere Nachweise (z. B. Handwerkskarte, Konzession) oder Vertragsunterlagen (z. B. Gesellschaftsvertrag). Handwerksunternehmen in den sogenannten gefahrgeneigten Berufen (z. B. Dachdecker, Elektrotechniker) dürfen Sie grundsätzlich nur gründen, wenn Sie eine Meisterprüfung abgelegt haben oder einen Meister anstellen. Ausgenommen von der Meisterpflicht sind sogenannte zulassungsfreie Handwerke sowie handwerksähnliche Berufe. Mit der Gewerbeanmeldung beginnen die Mühlen der Behörden zu mahlen: Das Finanzamt und andere Institutionen (u. a. IHK, Berufsgenossenschaft) werden automatisch von Ihrer Selbstständigkeit informiert.
Freiberufler: Als Freiberufler (z. B. Rechtsanwälte, Ärzte, Künstler) melden Sie sich nicht beim Gewerbeamt an, sondern informieren das Finanzamt über Ihre Existenzgründung. Ein formloses Schreiben an das Finanzamt, in dessen Bezirk Sie sich niederlassen, genügt. Die Mitteilung an das Finanzamt muss innerhalb eines Monats nach Beginn der Selbstständigkeit erfolgen. Wer zu den geregelten freiberuflichen Berufsgruppen (z. B. Steuerberater, Rechtsanwalt, Arzt) gehört, braucht eine Berufszulassung, um sich selbstständig machen zu können. Bei den ungeregelten Freien Berufen (z. B. Künstler) bedarf es keiner gesonderten Genehmigung für die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit.
Nachdem Sie Ihre gewerbliche oder selbstständige Tätigkeit der Gemeinde bzw. dem Finanzamt angezeigt haben, erhalten Sie Post vom Fiskus: den Gründungsfragebogen – Ihre erste steuerliche Pflicht! Mit dem Fragebogen möchte das Finanzamt von Ihnen die folgenden Fragen beantwortet haben:
Füllen Sie den Fragebogen sorgfältig aus! Ihre Angaben haben weitreichende steuerliche Folgen und binden Sie teilweise für Jahre gegenüber dem Finanzamt. Auf der Grundlage des Fragebogens bekommen Sie Ihre Steuernummer mitgeteilt und erfahren, welche Steuererklärungen Sie abgeben und in welcher Höhe Sie Vorauszahlungen leisten müssen. Das Finanzamt verlangt von Ihnen, in die Glaskugel zu schauen: Sie sollen den Umsatz und Gewinn Ihres Unternehmens für die ersten zwei Jahre voraussagen. Das ist nicht ganz leicht, zumal Sie gerade erst starten. Schätzen Sie realistisch!
Vorsicht: Wenn Sie sich gegenüber dem Fiskus arm rechnen, kann das zu unliebsamen Überraschungen in Form von Steuernachzahlungen führen. Zu optimistisch sollten Sie auch nicht schätzen, weil Sie sonst vorab zu viel Steuer zahlen müssen. Die Fehleinschätzung zu erwartender Steuerzahlungen gehört zu den häufigsten Fallstricken bei Existenzgründungen. Es gilt: Rechnen Sie von Anfang an mit dem Finanzamt, aber realistisch!
!Gut zu wissen: Entwickelt sich der Gewinn nicht so, wie von Ihnen gedacht – keine Sorge! Sie können beim Finanzamt einen Antrag auf Herabsetzung der Vorauszahlungen stellen.
Fürs Auge zusammengefasst:
Wie wir gerade gesehen haben, ist selbstständig aus Sicht des Finanzamts nicht gleich selbstständig. Die Brille des Finanzamts hat zwei unterschiedliche Gläser: Gewerbetreibende und Freiberufler. Zwischen diesen Brillengläsern gibt es vielfältige rechtliche und steuerliche Unterschiede: beispielsweise, in welcher Behörde die selbstständige Tätigkeit angemeldet werden muss, ob sie gewerbesteuerpflichtig ist und wie die Gewinnermittlung erfolgt. (Der Vollständigkeit halber sei angemerkt: Das Finanzamt kennt auch noch Land- und Forstwirte. Doch die Behandlung dieser steuerlichen Exoten ist nicht Gegenstand dieses Ratgebers.)
Die Frage nach dem „Was bin ich?“ kann in vielen Fällen nicht ohne Weiteres beantwortet werden. Nicht nur der Steuerpflichtige und das Finanzamt sind hinsichtlich der richtigen Einstufung häufig unterschiedlicher Meinung. Dies gilt auch für Richter bei den Finanzgerichten. Widersprüchliche Rechtsurteile fördern das mittelschwere Abgrenzungschaos in der Praxis. Fragen Sie zwei Finanzbeamte, was Sie durch die Brille des Finanzamts sind, und Sie erhalten nicht selten drei verschiedene Antworten: 1. Gewerbetreibender, 2. Freiberufler und 3. beides!
Wo aber verläuft die Trennlinie, um Freiberufler von Gewerbetreibenden zu unterscheiden? Allgemein gilt: Kennzeichnend für die freiberufliche Tätigkeit ist der vorrangige Einsatz der geistigen und persönlichen Arbeitsleistung. Bei Freiberuflern tritt der Einsatz von Kapital in Form von Waren oder Maschinen in den Hintergrund. Stattdessen spielt bei ihnen oft ein hohes Maß an beruflicher oder akademischer Qualifikation oder eigenschöpferischer Begabung eine wichtige Rolle.