Dr. Robert Hosner
Warum Frauen duften und Männer stinken
Der moderne Reinlichkeitskult
ISBN 978-3-7357-7233-6
Copyright 2014 Dr. Robert Hosner
Coverfoto: K-P. Adler
Lektorat: Alexandra Eryigit-Klos
1.Auflage Februar 2014
Herstellung und Verlag:
Books on Demand GmbH
In de Tarpen 42
D-22848 Norderstedt
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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
Vorwort
„Waxing“ und andere Foltermethoden
Nicht duschen, schön sein und stinken?
Frauen sind der Grund, dass Männer sich waschen, oder?
„Nicht waschen, ich komme in drei Tagen!“
Macht übertriebene Intimhygiene krank?
Die neun Todsünden der Intimhygiene – was Männer hassen
Wenn Waschen zum Zwang wird
50 plus und andere Gemeinheiten
Geschniegelt vom Scheitel bis zur Sohle
Die drei Regeln der richtigen Intimhygiene
Körperhygiene im Wandel der Zeit
Körperhygiene: Was Frauen von Männern erwarten (dürfen)
Warum stinken die Männer?
Beschneidung aus hygienischen Gründen?
Die Körperhygiene bei Hochbetagten
Der wichtigste Hygieneartikel: das Kondom
Zehn goldene Regeln der Männerkosmetik
Hygienetipps für Kids
Warum Frauen stets gut riechen (müssen)
Quellenverzeichnis
Der Autor
Kennen Sie die neue dreifachfrische ultradünne Schweizer Camelia-Binde mit den innovativen Seitenflügeli und dem extragroßen rückwärtigen Auslaufstopper? Damit Sie auch nachts im Liegen ein sicheres und trockenes Gefühl haben. Nein? Dann vielleicht das hauchfeine rissfeste Rolli-Toilettenpapier mit dem Champagnerduft und der einseitigen Griffverstärkung? Damit der tägliche Gang zur Toilette zum Erlebnis wird. Auch das nicht? Na, dann werden Sie wohl das „Rexona-Deo for Men“ mit Saharaduft, dreiwöchiger Rückgabemöglichkeit und Erfolgsgarantie verwenden. Damit bei den Frauen in Ihrer Umgebung nicht nur im Mund das Wasser zusammenläuft. Oder gehören Sie noch zu der Spezies Urmensch, die mit Zeitungspapier, Hirschseife und Watte unter dem Arm den täglichen Trip ins Bad antritt? Wie auch immer, Fakt ist, dass der Mensch nach 48-stündiger Körperpflegeabstinenz zu müffeln beginnt. Und es gibt sie wirklich, die lieben Mitmenschen, die beim Vorbeigehen einen Hauch von Leichengeruch verströmen.
Aber – wo endet das natürliche Reinlichkeitsbedürfnis und wo beginnt der Sauberkeitswahn? Sowohl die Industrie als auch die Medienlandschaft will uns glauben machen, dass der Mensch gefälligst makellos rein, enthaart, geschminkt, schön und parfümiert zu sein hat. Welche Frau traut sich heutzutage noch ungeschminkt in das Menschengetümmel, welchem Mann wird heute nicht schlecht, wenn ihm in der Oper hundert verschiedene schwülstige Düfte in die Nase kriechen? Sauberkeit ist längst zu einem Geschäft geworden, und das nicht zu knapp. Die Hygieneindustrie macht Milliardenumsätze. Drogeriemärkte, Discounter und Apotheken schießen wie die Pilze aus dem Boden. Die Industrialisierung der Reinlichkeit hat längst begonnen. Was es nicht gibt, das wird erfunden. So gibt es eine Spezialenthaarungscreme für extradichten Schamhaarbewuchs, ein Badeöl gegen Erkältungskrankheiten und ein Achselspray für den Businessman mit Enthaarungsfunktion.
Doch wie kam es zu diesem Reinlichkeitswahn? In der Antike und im Mittelalter war es vor allem der Oberschicht vorbehalten, sich der Sauberkeit und Körperhygiene zu widmen. Kleopatras Eselsmilchbäder sind legendär, die Badekultur der reichen Römer war schon damals vorbildlich. Wer aber später im Mittelalter tagtäglich ums Überleben kämpfen musste, für den blieb wenig Zeit für die Körperpflege. Schwierig war es auch für die nichtwohlhabenden Frauen. Da sie sich kaum Binden leisten konnte, rann das Menstruationsblut einfach an den Beinen herunter. Da die Analhygiene zu wünschen übrig ließ, bildeten sich in diesem Bereich oft die sogenannten „Arschkugeln“, die beim Gehen und Marschieren stark schmerzten und zu Entzündungen führten. Mit dem Aufkommen größerer Städte kam der Hygiene immer mehr Bedeutung zu. Die Wasserversorgung und die Kanalisation verbesserten sich. Badehäuser und Badestuben wurden errichtet. Allerdings spielten dort weniger die Hygiene als das körperliche Vergnügen eine Rolle. Gutes Essen, Musik und Frauen gehörten wie der Barbier und der Bader zum Grundinventar dieser Einrichtungen. Im 16. und 17. Jahrhundert wurde das Wasser zunehmend als schädlich angesehen. Nach der damaligen Vorstellung konnte das Wasser durch die Hautporen in den Körper eintreten und Krankheiten wie z. B. die Pest herbeiführen. Das heißt aber nicht, dass die Menschen von Sauberkeit nichts hielten, man musste nur Möglichkeiten finden, ohne Wasser rein zu werden. Der Sauberkeitsbegriff wandelte sich also. Man rieb sich das Gesicht und den Körper mit sauberen, parfümierten Tüchern ab und wechselte statt einmal zweimal wöchentlich die Wäsche. Außerdem puderte man sich die Haare mit parfümiertem Puder.
Mit der zunehmenden Verbreitung des Leitungswassers nahm das Waschen wieder an Bedeutung zu. Unsere Großmütter und Großväter holten das Wasser an der öffentlichen Wasserstelle am Gang oder am Brunnen im Garten, erhitzten es am Küchenherd, gossen es mit einem Krug in ein Lavoir und wuschen sich zweimal am Tag mit Wasser und Seife. Wenn es hoch herging, so goss man einmal die Woche reichlich Wasser in eine Holzsitzbadewanne und badete. Als dann das Leitungswasser auch in die Wohnungen Einzug fand und die ersten Waschküchen in den Kellern entstanden, da erwachte die Industrie und wuchs langsam, aber stetig zur Höchstform auf.
Zuerst war es das Kino, aber schon sehr bald das Fernsehen, das uns zeigte, wie man sich zu waschen, zu putzen, zu schnäuzen, zu kämmen, zu schminken und zu kleiden hat. Es zeigte uns, dass die Wäsche weißer als nur weiß werden kann, dass man besser als nur gut riechen kann und wie man seine Haut um Jahre jünger aussehen lassen kann. Die Werbemaschinerie nahm gnadenlos ihren Lauf und scheint selbst heute den Höhepunkt noch nicht erreicht zu haben. Millionen Euro werden heutzutage in die Werbung investiert. Jeder einzelne Bürger trägt Monat für Monat rund 170 Euro in den Drogeriemarkt. Kann Frau oder Mann da noch mithalten? Bin ich ein Mensch zweiter Klasse, wenn ich mich nicht schminke, nicht im Intimbereich rasiere, keine Selbstbräunungscreme verwende, nicht das neueste „Chanel 5“ auftrage, keinen Achselspray verwende, mein Weichspüler nicht nach Frühlingsfrische und Regen duftet und ich mein Haar nicht ständig färbe? Oder haben Sie sich schon dem Trend des „Cleansing Reduction“ aus den USA angeschlossen und das Duschen stark eingeschränkt oder gar völlig aus Ihrem Leben verbannt? Nach dem Motto: „Stinken – dafür schön sein“. Es ist höchste Zeit, dass dieses Buch geschrieben wird, denn es wird Antworten auf diese und noch viel mehr Fragen geben.
Mitten im Cafe kratzt sich „Sex and the City“-Samantha im Intimbereich. Auf die erschrockenen Blicke ihrer Freundinnen reagiert sie mit: „Ich lasse meine Haare da unten wachsen. Smith mag 'nen vollen Busch!“ Für diesen Wunsch nach einem unrasierten Intimbereich steht zwar Samanthas Freund nicht alleine da; je nach Altersklasse und Kulturkreis finden viele Männer und Frauen Gefallen an „Natur pur“; dennoch geht der allgemeine Schamhaartrend in Richtung „unten ohne“. Mehrere Umfragen ergaben, dass sich 88 % der deutschen Frauen regelmäßig teilweise oder ganz die Intimzone enthaaren.
Auch Stars wie Britney Spears und Paris Hilton zeigen bei unfreiwilligen „Ich steig' mit einem ultrakurzen Minirock aus dem Auto “-Aufnahmen, dass in ihrem Intimbereich haarfreie Zone herrscht. Die Schauspielerin Kate Winslet hat für ihre Rolle in „Der Vorleser“ sogar ein Schamhaar-Toupet getragen, da sie selbst nach jahrelangem„Waxing“ nicht mehr über die Grundvoraussetzungen für einen buschigen Intimbereich besaß. Haarfreie Zonen im Achsel- und Intimbereich sind aber nicht unbedingt nur ein derzeitiger Trend in Europa, USA und im Orient. Bereits bei den alten Ägyptern und bei den Römern war der Kahlschlag im Intimbereich verbreitet, was sich an zahlreichen römischen Skulpturen, vor allem bei jüngeren Römern, nachvollziehen lässt. Auch religiöse Einflüsse spielen eine Rolle. So müssen sich sowohl weibliche als auch männliche Muslime nach den Reinlichkeitsvorschriften der Fitra im Islam alle 14 Nächte die Achselhaare auszupfen und die Schamhaare rasieren. Im Buddhismus hingegen verbieten die Ordensregeln der Mönche die entsprechende Rasur. In den „haarigen 60er- und 70er-Jahren“ waren neben den langen Beatles-Frisuren Büsche im Intimbereich und in den Achselhaaren hingegen angesagt, je buschiger, desto besser. Erst langsam und zuerst bei den Frauen setzte sich, aus den USA kommend, der Trend zur Intimrasur durch. Weit später folgten dann die Männer, und hier war es besonders die Homosexuellenszene, die als Vorreiter fungierte. Mit dem ersten Aufkommen der Pornofilme, in denen man ja möglichst nah und detailliert die Geschlechtsorgane zeigen wollte, setzte sich dann dieser Trend endgültig durch.