Autor | © 2014 Sebastian Brandt |
Herstellung und Verlag | BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt |
Copyright | Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf in irgendeiner Form (durch Drucken, Fotokopieren o. anderer Verfahren) ohne Genehmigung durch den Autor reproduziert oder anderweitig (auch elektronisch) verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. |
ISBN | 978-3-7357-1474-9 |
Fotos | Thomas Herz |
In den Jahren zwischen 1720 und 1722 hatte
Johann Sebastian Bach eine Sammlung von 24 Praeludien und Fugen komponiert,
die folgendermaßen betitelt war:
»Das Wohltemperierte Clavier
oder
Praeludia, und Fugen durch alle Tone und Semitonia
(auf allen diatonischen und chromatischen Stufen der Tonleiter),
so wohl tertiam majorem oder Ut Re Mi anlangend,
als auch tertiam minorem oder Re Mi Fa betreffend
(sowohl in Dur wie in Moll).
Zum Nutzen und Gebrauch der Lehrbegierigen Musicalischen Jugend,
als auch derer in diesem studio schon habil seyenden
besonderem ZeitVertreib auffgesetzet
und verfertiget von
Johann Sebastian Bach.
HochFürstlich Anhalt Cöthenischen CapelMeistern und Directore
derer Cammer Musiquen. Anno 1722.«
»[...] Seinen Flügel konnte ihm niemand zu Dank bekielen; er that es stets selbst. Auch stimmte er sowohl den Flügel als sein Clavichord selbst, und war so geübt in dieser Arbeit, daß sie ihm nie mehr als eine Viertelstunde kostete. Dann waren aber auch, wenn er fantasirte, alle 24 Tonarten sein; er machte mit ihnen was er wollte. Er verband die entferntesten so leicht und so natürlich miteinander, wie die nächsten. Man glaubte, er habe nur im innern Kreise einer einzigen Tonart moduliert.
Von Härten in der Modulation wußte er nichts; seine Chromatik sogar war in den Übergängen so sanft und fließend, als wenn er bloß im diatonischen Klanggeschlecht
geblieben wäre.«
(Carl Philipp Emanuel Bach über seinen Vater, zitiert in Johann Nikolaus Forkels Bach-Biographie, 1802)
Von der theoretischen Betrachtung bis zur praktischen Ausführung
Aufnahmeprüfung an einer Musikhochschule: Der eine spielt ein Stück und schon nach ein paar Takten lehnt die Kommission ihn ab. Wieso können die sich nach so kurzer Zeit bereits sicher sein, dass er ungeeignet ist? Weil es ein Unterschied ist, ob man je eine heiße Herdplatte angefasst hat oder nicht. Ob man Kinder groß gezogen hat oder nicht. Ob man dem Tode nah gewesen oder nicht. Ob man eine Medaille nur von der Vorderseite betrachtet hat oder auch von der Rückseite. Dieses Buch beleuchtet nicht nur die Vorder- und Rückseite, sondern (sogar hauptsächlich) den schmalen Rand der Medaille: das nicht Offensichtliche!
Vergleicht man eine Medaille mit der (im Altertum herrschenden Ansicht einer flachen) Erde, begreift man die Mühe, von einer solchen oberen Scheibenseite auf die untere zu gelangen (ohne herunter zu fallen). Wem dieser Tarzansprung - vielleicht mit einem verankerten Seil - schon gelingen sollte, wird wohl erahnen, welch ungeheurer Anstrengung es aber bedürfte, frei im Raum schwebend die Erde von außen zu betrachten.
Insofern darf sich wohl jeder, welcher sich dem intensiven Studium dieser Lektüre hinzu geben vermag, als Astronaut im künstlerischen Sinne verstehen.