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Alfred Bezler, Augsburg
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ISBN:
9783735735799
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© 2014 Alfred Bezler, Augsburg
Benötigt eine Kommune eine Kostenrechnung? Bei überwiegend hoheitlichen Aufgaben und strengen gesetzlichen Vorgaben führen die Gegner einer Kostenrechnung die fehlenden Gestaltungsspielräume, zunehmende Bürokratisierung und „die Unwirtschaftlichkeit der Wirtschaftlich-keitsrechnung“1 als Argumente an. Sicherlich mag dies in Einzelfällen zutreffen. Aber eine Pauschalisierung für alle 14'300 Kommunen in der Bundesrepublik Deutschland würde die Effizienzpotenziale der Kostenrechnung missachten.
Ein Vorhaben ist wirtschaftlich, wenn der Ertrag den Aufwand übersteigt. Möchte man eine Kostenrechnung installieren, sind zunächst personelle, organisatorische und materielle Vorleistungen zu erbringen. Je nach der Wertschätzung der Ergebnisse einer Kostenrechnung, dem angelegten Umfang des Berichtswesens usw. amortisiert sich bei vernünftiger Handhabung die anfängliche Investition in überschaubarer Zeit. Neben diesen flankierenden wirtschaftlichen Überlegungen gibt es weitere Argumente für den bewussten Einsatz einer Kostenrechnung. Seien es
Der Föderalismus in Deutschland bedingt in den einzelnen Bundesländern z. T. unterschiedliche Rechtsnormen. Auch im Bereich der Kostenrechnung differieren die Landesgesetze. Bei der Frage, ob eine Kostenrechnung zu führen ist reicht die Skalierung der Antworten von „Kann“ über „Soll“ bis zu „Muss“.
Am Beispiel von Bayern wird das Verständnis des Gesetzgebers für die Kostenrechnung erklärt: So sind nach § 14 KommHV Doppik die Bezirke, Landkreise, Städte und Gemeinden zum Führen einer Kostenrechnung verpflichtet. Die inhaltliche Ausgestaltung des internen Rechnungswesens sieht der Gesetzgeber jedoch nicht in seiner Kompetenz. Hier lässt er den Kommunen freie Hand. Die Kostenrechnung ist somit eine innerkommunale Angelegenheit. Mit diesem liberalen Ansatz kommt der Gesetzgeber der Praxis sehr nahe: Es gibt keine standardisierte Kostenrechnung. Es gibt nur standardisierte Funktionen innerhalb der Kostenrechnung, die in den Kommunen individuell zu installieren sind.
Ohne eine empirische Studie zu bemühen, zeigt sich subjektiv eine unterschiedliche Akzeptanz der Kostenrechnung im öffentlichen Bereich: In (bayerischen) Kernverwaltungen wird die gesetzliche Verpflichtung zum Führen einer Kostenrechnung teilweise ohne Engagement umgesetzt. Hingegen hat sich die Kostenrechnung bei kommunalen Unternehmen wie Eigenbetrieben, Kommunalunternehmen, Unternehmen in Privatrechtsform bereits etabliert. Auch sind die Hilfsbetriebe wie Bauhof, Fuhrpark oder die Wäscherei im Krankenhaus bereits mit einer Kostenrechnung ausgerüstet. Bei kostenrechnenden Einrichtungen wie Wasser, Abwasser oder Friedhof ist die Nutzung der Kostenrechnung ebenfalls gesetzt.
Unabhängig von den rechtlichen Rahmenbedingungen ist die Einführung und Nutzung einer Kosten- und Leistungsrechnung für eine Kommune eine wirtschaftlich sinnvolle und zukunftsweisende Entscheidung. Für einen optimalen Einsatz ist die Kostenrechnung individuell an die Größe der Kommune, den gewählten Buchungsstil, an das Berichtswesen sowie den aktuellen und künftigen Informationsbedarf anzupassen. Sind diese Voraussetzungen geschaffen, lassen sich ausgewählte kommunale Bereiche (Kostenstellen) oder besondere Produkte (Kostenträger) einzeln oder im Vergleich mit anderen Kommunen analysieren und gezielte Kosteneinsparungen erarbeiten. Mit der Kostenrechnung wird die zentrale Anforderung nach „Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit“ in den öffentlichen Haushalten2 umgesetzt.
Eine Kostenrechnung zeigt zur Unterscheidung von der Geschäftsbuchhaltung nicht die betriebsfremden Aufwendungen und Erträge einer Kommune. Stattdessen konzentriert sich die Kostenrechnung auf die systematische Darstellung der betriebsbedingten Kosten und Leistungen.
1 Sichten einer Kostenrechnung
Ferner unterstützt die Kostenrechnung bei der Entscheidungsfindung, insbesondere bei Make or Buy-Überlegungen. Hier lässt sich beispielsweise mit Hilfe von Vergleichsrechnungen (Kauf / Miete; eigene Mitarbeiter / Fremdfirmen usw.) die Wirtschaftlichkeit von Produkten, Projekten oder Prozessen verbessern.
Erstellt eine Kommune Gegenstände des Anlagevermögens, erweitert oder verbessert sie diese, so erfolgt deren Bewertung nach den Herstellungskosten3. Zu den Herstellungskosten zählen die Materialkosten, die Fertigungskosten und die Sonderkosten der Fertigung4. Die Berechnung erfolgt ausschließlich in der Kosten- und Leistungsrechnung.5 Plakativ ausgedrückt heißt dies, keine Bewertung für die Anlagenbuchhaltung ohne die Herstellungskosten der KLR.
Die Kostenrechnung bietet für sich alleine betrachtet bereits verschiedene Nutzungspotenziale. Daneben wirkt sie als fachliche Basis für weitere Funktionen.
2 - Informationspyramide
Die obige Informationspyramide zeigt den schematischen Aufbau eines voll integrierten kommunalen Finanzsystems. Zur untersten Ebene gehören die drei zentralen Funktionsbausteine: Haushaltsplanung, Geschäfts- und Anlagenbuchhaltung. In der zweiten Ebene arbeitet die Kostenrechnung als übergreifende "Scharnier-" Funktion. Sie übernimmt aus den Basissystemen Ist- und Plandaten und ergänzt diese ggf. um kalkulatorische Kosten. Auf Grundlage dieser betriebswirtschaftlich bereinigten Daten zeigt diese Informationspyramide in der dritten und vierten Ebene weitere Funktionen wie ein operatives und strategisches Controlling sowie eine Gebührenkalkulation.
Die Kommunen arbeiten seit je her nach dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit6 und eines ausgewogenen Haushaltes7. Dennoch führen in den letzten Jahren8 zusätzliche Aufgaben insbesondere im Sozialbereich bei einem gleichzeitigen Einbruch der Gewerbesteuereinnahmen zu massiven finanziellen Engpässen in den Kommunen. Dies zeigt sich u. a. am Anstieg der kommunalen Verschuldungsquote9. Bedingt durch diese offensichtliche Finanznot ist ein noch sparsamerer Umgang mit den Ressourcen erforderlich, da eine Ausweitung der Einnahmen durch zusätzliche Steuern oder Abgaben häufig politisch nicht vertretbar ist.
In diesem Dilemma aus sinkenden Einnahmen und steigenden Ausgaben entsteht ein Handlungsdruck in den Kommunen. Doch ehe man mit „blindem“ Aktionismus die Verwaltungsabläufe rationalisiert, sollte man die einzelnen Leistungen auf den Prüfstein der Wirtschaftlichkeit stellen. Die für diese Analysen erforderlichen Informationen liefert nur die Kostenrechnung, beispielsweise auf Ebene der Organisationseinheit (Kostenstelle) oder der einzelnen Leistungen (Kostenträger). Die Geschäftsbuchhaltung stellt diese Informationen nicht oder nur unzureichend bereit.
Hier kann die Kostenrechnung ihre Vorteile einbringen, insbesondere zur „Planung, Steuerung und Kontrolle der wirtschaftlichen Leistungserstellung …“10 Diese Definition der KGSt integriert bereits den sog. Controlling-Regelkreis. Dieser Regelkreis ist eine aus dem Controlling hervorgegangene Managementmethode. Er beschreibt die systematische Arbeitsweise von Planung, Durchführung, Ergebniskontrolle und einer anschließenden Abweichungsanalyse die mit einer erneuten Planung, Durchführung usw. fortgeführt wird. Dieser Prozess endet nicht. Er wird unabhängig von Haushaltsjahren kontinuierlich fortgeführt.
1 Kempf; Reform des öffentlichen Rechnungswesens - Weg zu mehr Wirtschaftlichkeit in öffentlichen Verwaltungen?; 1993; Seite 338
2 siehe u.a.: Art. 61 (2) Satz 1 GO By; Allgemeine Haushaltsgrundsätze
3 § 77 (3) KommHV-Doppik; Wertansätze der Vermögensgegenstände und Schulden
4 § 77 (3) Satz 2 KommHV-Doppik; Wertansätze der Vermögensgegenstände und Schulden
5 Ibler / Thoma; Betriebswirtschaftslehre in der öffentlichen Verwaltung - Kosten- und Leistungsrechung / Controlling; 2010; Seite 14
6 z. B. Art. 61 (2) GO By; Allgemeine Haushaltsgrundsätze
7 z. B. Art. 64 GO By; Haushaltsplan
8 Bezug zu den Haushaltsjahren 2009 und 2010
9 siehe u.a.: Bund der Steuerzahler; Die Verschuldung der Kommunen
10 KGSt (2005); System der Kostenrechnung; Seite 7
In nahezu allen Branchen der Privatwirtschaft sind Kostenrechnungs- und Controlling-Systeme fest etabliert. Nur die Kernverwaltungen in den Kommunen hinken dieser Entwicklung vielfach hinterher. Dies mag fachliche, organisatorische, rechtliche und verwaltungsspezifische Gründe haben. Manchmal fehlt auch schlicht das erforderliche betriebswirtschaftliche Wissen. Speziell aus diesem Grund richten sich die nachfolgenden Kapitel an Kämmerer, Berater und kommunale Controller. Die einzelnen Themen zeigen den stufenweisen Aufbau einer Kostenrechnung, warnen vor Fehlentwicklungen und verweisen auf geeignete Praxislösungen.
Der Aufbau einer Kostenrechnung einschließlich einer ersten Betriebsphase ist als Projekt zu führen. Bei konsequenter Arbeitsweise dauert es nur wenige Wochen.
3 Terminplan: Aufbau einer Kostenrechnung
Dieser Projektablauf konzentriert sich auf die originären Arbeiten im Bereich der Kostenrechnung. Alle zusätzlichen Vorgänge, beispielsweise wie die Schulung der Mitarbeiter, der Berichtsempfänger sowie ausgewählter Ratsmitglieder sind gesondert zu planen.
Dieses Einführungsprojekt lässt sich in drei Arbeitspakete gliedern. Das erste Arbeitspaket dient zum Anlegen der Stammdaten. Hierfür wird maximal eine Woche kalkuliert. Mit einem routinierten Berater kann dieser Schritt auch in wenigen Tagen erfolgen.
Die zweite Woche gehört der Übernahme der Bewegungsdaten aus den Basissystemen, wie Haushaltsplanung, Geschäfts- und Anlagenbuchhaltung. Bei einem integrierten Finanzsystem erfolgt diese technische Datenübernahme zwar automatisch, dennoch lehrt die Erfahrung einige Tage für die Datenbereinigung und Plausibilisierung der Ursprungsdaten vorzusehen.
Sind die Stammdaten angelegt und die Bewegungsdaten aus den Basissystemen übernommen, beginnt mit der dritten Arbeitsphase die Vorbereitung des regelmäßigen Betriebes. Innerhalb dieser Phase ist der Aufbau einer Gemeinkostenverteilung das wesentliche Arbeitspaket. Hierfür sind fünf bis sieben Arbeitstage einzuplanen. Anschließend erfolgen die Ermittlung der Gesamtkosten mit Hilfe von Standardberichten bzw. individueller Ad-hoc Auswertungen.
Bis zur Betriebsphase dauert der Aufbau einer funktionsfähigen Kostenrechnung zwischen ca. acht Tagen (mit externer Unterstützung) und vier Wochen im Alleinbetrieb. Die nötigen Schritte und Überlegungen sind nachfolgend systematisch dokumentiert.
Die Stammdaten der Kostenrechnung sind zentrale Kataloge mit strukturiertem Inhalt. Zu ihnen zählen die Kostenarten, Kostenstellen und Kostenträger. Aus fachlicher Sicht sollte der Inhalt dieser Stammdaten über einen längeren Zeitraum konstant bleiben. Als Mindestzeitraum gilt das Haushaltsjahr. Ändern sich die Stammdaten unterjährig, verlieren Plan-/ Istvergleiche ihre Aussagekraft. Ähnlich ist die Problematik bei Mehrjahresvergleichen. Bedingte Abhilfe schafft u. a. ein zusätzlicher Stammdaten-Katalog, die sog. Baumstruktur.
„Die Kostenartenrechnung dient der systematischen Erfassung aller Kosten, die bei der Erstellung und Verwertung der Kostenträger entstehen.“11 Die Kernfrage hierbei lautet: Welche Kosten sind angefallen?
Beim Aufbau eines Kostenarten-Kataloges hilft die Präzisierung dieser Fragestellung: Welche Kosten – und nicht welche Aufwendungen – sind angefallen? Mit dieser feinen Unterscheidung reduziert sich die mengen- und wertmäßige Anzahl der aus der Geschäftsbuchhaltung zu übernehmenden Buchungen. Denn in der Kosten(arten)rechnung werden im Gegensatz zur Geschäftsbuchhaltung nur betriebsnotwendige Kosten und Leistungen geführt. Konkret sind dies nur Kostenarten, die keine betriebsfremden, außerordentlichen oder periodenfremden Geschäftsvorfälle führen. In der kommunalen Praxis sind dies beispielsweise folgende Haupt-Kostenarten:
4 Haupt-Kostenarten
Für den Aufbau der Kostenarten gibt es keinen Königsweg. In Abhängigkeit des jeweiligen Buchungsstiles lassen sich geeignete individuelle Ansätze wählen:
Ausgangsgröße beim Anlegen von Kostenarten in einem doppischen Finanzsystem sind meist die Aufwands- und Ertragskonten der Geschäftsbuchhaltung12. Im Prinzip lassen sich alle diese Konten, die keine betriebsfremden, außerordentlichen oder periodenfremden Geschäftsvorfälle führen, als Kostenarten anlegen. Dieser praxisbezogene Rat erfolgt wohlwissend, dass es in der theoretischen Kostenrechnung auch Diskussionen gibt, die eine Detaillierung der Konten in weiteren Kostenarten bzw. eine Zusammenfassung verschiedener Konten zu einer Kostenart fordern13. Diese sogenannte 1:n bzw. n:1 Zuordnung mag in ausgewählten Einzelfällen begründbar sein. Als allgemein verbindliche Lösung für die Praxis ist es nicht empfehlenswert, da der transparente Bezug zu den doppischen Konten verloren geht.
Die nachfolgende Übersicht zeigt am konkreten Beispiel den Zusammenhang zwischen den Aufwands- und Ertragskonten der Geschäftsbuchhaltung (linke Spalte), sowie deren Verwendung in der Kostenrechnung (rechte Spalte). Weitere Praxisbeispiele siehe Seite →.
5 Abgrenzung der Kostenarten
Grundlage für die Kostenarten-Zuordnung im kameralen Bereich ist die sog. „Gruppierung“. Technisch gesehen ist dies ein Teilschlüssel innerhalb der Haushaltsstelle. Je nach Bundesland lassen sich über die Nummernkreise KLR-relevante Kosten und Leistungen zuordnen. Für eine detailliertere Begründung wird auf Seite → verwiesen. Hier werden u. a. auch die Wechselwirkungen des Unterkontos zur Gruppierung / Kostenart erklärt.
6 Aufbau Kostenarten-Katalog
Die Kostenstellen-Rechnung zeigt, „wo Kosten und in welcher Höhe diese anfallen“. Für diese organisatorische Sicht werden als Kostenstellen in Kommunen meist abgrenzbare Verantwortungsbereiche gebildet wie Ämter, Betriebe, Abteilungen, Sachgebiete, Fachgebiete, Teams und ggf. Projekte. Es empfiehlt sich die Organisationseinheiten aus dem Organigramm in den Kostenstellen-Katalog zu übernehmen. Dieses Vorgehen sichert eine inhaltliche Übereinstimmung der Fach- und Kostenverantwortung und ermöglicht darüber hinaus eine vollständige Aggregation von der untersten bis zur obersten Kostenstellen-Ebene (siehe nachfolgende Abbildung).
Die Tiefe dieser Gliederung und damit die Anzahl Kostenstellen korrespondiert mit dem gewünschten Informationsbedarf. Dies bedeutet, je tiefer man das Organigramm gliedert, desto mehr Kostenstellen sind anzulegen und zu pflegen. Die Informationsdichte nimmt zu. In diesem Zusammenhang erscheint es wichtig, eine individuelle Detaillierungstiefe festzulegen.
7 Abbildung eines Organigramms im KSt-Katalog
Ist jeder Mitarbeiter eine Kostenstelle? Ist jedes Dienstauto als separate Kostenstelle zu planen und abzurechnen? Ist an jedem Fotokopierer eine Strichliste mit den jeweiligen Kostenstellen zu führen? Es gibt kein richtig oder falsch. Die Kostenrechnung kennt nur ein wirtschaftlich oder unwirtschaftlich. So kann es in Einzelfällen zielführend sein, beispielsweise die Kleinfahrzeuge eines Friedhofs wie Kleinbagger, fahrbarer Rasenmäher, Schneepflug etc. als einzelne Kostenstellen zu führen. Dennoch ist eine Microcodierung der Kostenstellen tendenziell unwirtschaftlich und meist nicht erforderlich. Speziell in einer Startphase der Kostenrechnung sollten nur die übergeordneten Organisationsbereiche im Kostenstellen-Katalog angelegt werden. Auf diese Weise lassen sich kurzfristiger produktive Arbeitsergebnisse nachweisen, ohne sich im Detail der Einzelbuchungen zu verzetteln. Bei Bedarf – und vor allem bei mehr Wissen – kann eine Kostenstelle in den kommenden Haushaltsjahren auch weiter aufgegliedert werden. Zumindest ein Jahresvergleich wäre dann auf aggregierter Ebene möglich. Die nachfolgende Tabelle zeigt eine Kostenstelle im Haushaltsjahr 01. Diese Kostenstelle wurde im Haushaltsjahr 02 weiter untergliedert. Ein Mehrjahresvergleich auf verdichteter Ebene (siehe Kostenstelle 4711) bleibt weiterhin möglich.
8 zeitliche Entwicklung einer Kostenstelle
2.1.2.1 Exkurs: Schattenverwaltung
Ein Gemeinkostenanteil von über 50 % ist in vielen Kommunen keine Seltenheit. Diese Tatsache schürt den Verdacht einer „Schattenverwaltung“ oder „Hidden Factory“14. Denn für diesen Gemeinkostenblock fühlt sich keiner verantwortlich. Die Verantwortlichen einer Hauptkostenstelle ignorieren diese Sekundärbuchungen, da man „eh’ nichts ändern kann.“ So wird auf Ebene der Gemeinkostenstelle meist nur auf Budgeteinhaltung, aber nicht auf sparsamen oder wirtschaftlichen Einsatz geachtet. Hier ist generell das Vorgehen zu hinterfragen. Alle wesentlichen kommunalen Einsparungsmaßnahmen konzentrieren sich auf eine Reduzierung der Einzelkosten bei den Kostenträgern. Die anderen z. T. 50 % der Kosten, aus indirekten Leistungsbereichen (Kostenstellen) werden stillschweigend übernommen. Hier schlummert ein beträchtliches Potential zur Kostensenkung.
Die Kostenträger-Rechnung gibt Antwort auf die Frage „Wofür sind Kosten entstanden?“. Dieses „wofür“ beschreibt eine Leistung, ein Produkt oder – kostenrechnerisch – den Kostenträger. Der Kostenträger zeigt das feststellbare und abrechenbare Ergebnis der kommunalen Leistung. Kann sich ein Kostenrechner in der Privatwirtschaft auf einige, wenige Kostenträger konzentrieren, betreut sein kommunaler Kollege meist das 10-, 20- oder gar das 50-fache an Kostenträgern. Konkret führt ein Landratsamt ca. 320 verschiedene Kostenträger. Wie bei den anderen Stammdaten auch, ist das Anlegen von Kostenträgern stark vom jeweiligen Buchungsstil geprägt.
Trotz der zitierten Schnittmenge, gibt es zwischen Produkt- und Kostenträgerkatalog auch Leermengen. So entsprechen einige Produkte nicht den fachlichen Anforderungen an einen Kostenträger. Typisches Beispiel hierfür sind Schulen. Sie sind Bestandteil des Produktkataloges und werden somit als Kostenträger geführt, obwohl sie betriebswirtschaftlich Kostenstellen sind.
Das „blinde“ Auffächern des Kostenträger-Kataloges ist kritisch zu prüfen. Entsprechend der Betriebswirtschaft empfiehlt es sich nur „echte“ Kostenträger aufzubauen. Eine tiefere Gliederung z. B. nach Projekten, Aufträgen oder regionalen Gebieten führt in vielen Fällen nicht zu dem gewünschten Informationsgewinn. Denn für diese „Teil-Kostenträger“ liegen beispielsweise keine Plan-Ansätze aus der Haushaltsplanung vor und die Kontierung innerhalb der Geschäftsbuchhaltung kann aus fachlichen Gründen nicht so detailliert erfolgen. Plan-/ Istvergleiche sind für diese Teil-Kostenträger meist nur eingeschränkt oder auf aggregierter Ebene möglich.
Zusammenfassend bleibt festzuhalten: Es sind detaillierte und verdichtete Zuordnungen zwischen dem Produkt und dem Kostenträger möglich. Doch sollte bei allen Abweichungen von der 1:1 Zuordnung die Wirtschaftlichkeit geprüft werden. Konkret ist zu hinterfragen, wie viel kostet die Neuanlage und die Pflege dieser Kostenträger und wie hoch ist der damit verbundene Informationsgewinn. Vor diesem Hintergrund wirkt die Wirtschaftlichkeit als limitierender Faktor bei der Definition von Kostenträgern.
Unter Beachtung aller KLR-Stammdaten zeigt sich für die Doppik folgendes Bild: Aus der Geschäftsbuchhaltung werden die betriebsbedingten Konten in den Kostenarten-Katalog, die KLR-tauglichen Produkte in den Kostenträger-Katalog überführt:
9 Standard-Zuordnung von Doppik zu KLR-Stammdaten
Befürworter der Kameralistik18 erklären gerne, dass dieses Rechnungsverfahren bereits die Minimalanforderungen an eine Vollkostenrechnung erfüllt. Typisch hierfür sind u. a. die Auswertungen zur Gruppierungsübersicht oder zum Rechnungs- bzw. Haushaltsquerschnitt. Die letztgenannten Auswertungen sind einfache Kostenstellen- bzw. Kostenträgerzeitrechnungen. Unabhängig von dieser prinzipiellen Möglichkeit empfiehlt es sich dennoch eine umfassende Kosten- und Leistungsrechnung auch bei dieser traditionellen Haushaltsführung einzusetzen.
Für die Verknüpfung der kameralen Kontierungselemente mit den Stammdaten der Kostenrechnung gilt folgendes: Als zentrales Ordnungselement der Kameralistik dient die Haushaltsstelle. Im Kern ist dies eine Position innerhalb des Haushaltsplans, die zur Identifizierung eine eindeutige Nummer trägt. Diese Nummer setzt sich bei kommunalen Haushaltsstellen19 aus drei Teilnummern zusammen: Gattung, Gliederung und Gruppierung. Wird die Haushaltsstelle um ein Unterkonto ergänzt, so entsteht die Buchungsstelle.
10 Aufbau Buchungsstelle