Die Enkelin des Autors LEA WUNDER hat mit viel Akribie das Layout gestaltet. Sein Freund, der Geologe Prof. Dr. Wilhelm Meyer, hat eine kurz gefasste, geologische Einführung für das Ahrtal mitgeteilt. Seine Frau IRENE DÜLL-HERMANNS hat mit großer Sorgfalt die Korrekturen gelesen. Allen möchte der Verfasser seinen herzlichen Dank aussprechen.
Zweck dieses Büchleins ist es vor allem, den Blick des Betrachters zu schulen, Wissen zu vermitteln und so den Respekt, wie auch die Freude an der uns umgebenden Natur zu fördern.
Interessierten Naturfreunden sollen an Hand ausgewählter Sprosspflanzen und Kryptogamen, nicht nur die pflanzliche Schönheit und Vielfalt, sondern auch Wissen über ihre Besonderheiten und ihren Nutzen näher gebracht werden.
Es ist der besondere Wunsch des Verfassers, mit Hilfe der reichen und vielfältigen Pflanzenwelt des Ahrtals vor allem auch neue Freunde für die Mitwelt zu werben.
Vielleicht wird mancher sogar zu weiteren Forschungen angeregt, denn jede Erkundung wird mit Sicherheit neue, interessante Beobachtungen bringen!
Zum ersten Mal besuchte der Verfasser das Ahrtal zu Anfang der siebziger Jahre im Rahmen einer Studentenexkursion. Weitere Besuche folgten. Im Jahre 1987 zog der Verfasser mit seiner Familie in den kleinen Ort Ohlerath, nur 5km oberhalb der Ahr. Seitdem wird das Ahrtal wöchentlich besucht und dabei natürlich auch immer biologisch erkundet. So beruht die hier vorgestellte Übersicht im Wesentlichen auf den Beobachtungen des Verfassers und seiner Tochter, Dr. Barbara DÜLL-WUNDER. Wertvolle Hinweise verdankt der Autor Prof. Dr. W. SCHUMACHER und seinem Freund Prof. Dr. WILHELM MEYER.
Anfang jeder Erkundung ist der Wille, draußen etwas zu sehen, das heißt, man muss sich für die uns überall umgebende Natur öffnen und Unterschiede erkennen. Jeder weiß, was man nicht kennt, sieht man nicht! Was für den normalen Sehbereich gilt, ist erst recht gültig im Mikrobereich. Dazu ein Gedanke aus der Schrift des NICOLAUS CUSANO „De beryllo“ (1458). Er schreibt, dass derjenige, der durch den geschliffenen Beryll hindurchsehe, zuvor Unsichtbares berühre (Von Beryll leitet sich das Wort Brille ab). Darum sollte ein Naturfreund auch möglichst oft eine Lupe benutzen, sozusagen eine „Superbrille“. Eine neue, bislang verschlossene Welt wird sich ihm erschließen. Selbst die Nutzung einer einfachen Leselupe und erst recht einer der stärkeren „Einschlaglupen“ wird jedem neben wichtigen Unterschieden auch einen Kosmos oft überwältigender Schönheiten näher bringen. Für den Einsteiger gibt es inzwischen eine Fülle mehr oder weniger guter, aber meist reich bebilderter Bestimmungsbücher. Die preiswerten Kosmos-Bücher sind häufig im Angebot der Buchhandlungen. Noch billiger kann man wertvolle Pflanzenbücher über das Internet erwerben.
Zum Kennenlernen einer Flora lohnt sich die folgende Methode. Man nehme sich ein kleines Gebiet vor. Wenn man im Ahrtal wohnt, vielleicht erst einmal die nähere Umgebung der Wohnung, ein benachbartes Waldstück, eine Wiese oder auch einen Wildwuchs an der Ahr. Man versucht zuerst, einige der auffallenderen Pflanzen zu bestimmen. Das ist eine echte Detektivarbeit und kann den Krimi im Fernsehen ersetzen. Auch wenn man nicht zum Ziel kommt, man kann dabei eine Menge lernen – und es trainiert das Gehirn. Die bestimmten Arten stellt man sich mit einem Namensschild in ein Glas. Den ausgewählten Bereich besucht man immer wieder. Wiederholung ist die Mutter der Weisheit. So lernt man spielend und erweitert dann Schritt für Schritt seinen „Forschungsbereich“. Nebenbei macht man eine wichtige Erfahrung, das Florenbild ändert sich ständig. Heute blüht der Löwenzahn, in einer Woche fruchtet er schon und dann erblühen schon wieder neue Arten.
Empfehlenswert ist es, die bestimmten Pflanzen zu fotografieren oder gar zu „pressen“. Als Junge hat der Verfasser dafür alte Telefonbücher benutzt, die noch extra beschwert wurden. Natürlich ist eine richtige Pflanzenpresse besser (die man auch basteln kann, z. B. mit durchlöcherten Sperrholzplatten, DIN A 4). Hat man solch einen Bild- oder Herbarbeleg, so hat man „etwas in der Hand“ und könnte einen Fachmann fragen, ob man „richtig liegt“. Auch für einen Bildvergleich im Buch oder Internet ist das hilfreich. Schließlich kann man sich, z.B. mit Hilfe eines Ordners, ein eigenes Pflanzenbuch aus gepressten Pflanzen oder Bildern anlegen. Wichtig ist, auf dem Herbarzettel die frische Blütenfarbe, den Sammel- und den Wuchsort einzutragen. Der Name ist am Anfang nicht so wichtig. Vorrang hat die Schulung des Formengedächtnisses.
Reichlich Literaturhinweise findet man am Ende des Buches.
Politisch gehört das Ahrtal zum größeren Teil zum Bundesland Rheinland-Pfalz, zum kleineren (nördlichen) Teil zu Nordrhein-Westfalen.
Die Ahr ist ein 89km langer Fluss. Sie entspringt einer winzigen Quelle in der Ortsmitte von Blankenheim und mündet bei Kripp zwischen Andernach und Sinzig in den Mittelrhein. Die Ahr bezieht ihr Wasser fast nur von den zahlreichen Seitenbächen.
Der Name Aar oder Ahr ist ein alter, keltischer Name und war die Bezeichnung für ein klares Gewässer. Auch andere Flüsse Mitteleuropas werden so bezeichnet (z. B. die „Aar“).
Übersicht des Ahrtals - Ausschnitt aus ANDRES Handatlas 1900
Die Ahr hat sich in Gesteine des Rheinischen Schiefergebirges eingeschnitten, die in einem Zeitraum entstanden sind, der 385 bis 410 Millionen Jahre zurückliegt (Unter- und Mitteldevon). Sie entspringt als Karstquelle in der mitteldevonischen Blankenheimer Kalkmulde, fließt dann durch eine Aufsattelung toniger und sandiger Unterdevongesteine und durchquert anschließend die mitteldevonische Dollendorfer Kalkmulde, wobei sie viel Wasser an den verkarsteten Untergrund verliert. Sie fließt weiter durch einen schmalen Unterdevonsattel und dann durch die Ahrdorfer Kalkmulde. Von hier ab bis zur Mündung verläuft das Tal in den nahezu kalkfreien Unterdevongesteinen, zuerst in Ems-Schichten, ab Antweiler in Siegen-Schichten.
Im Flusslauf wechseln mehr oder weniger geradlinige Abschnitte mit stark mäandrierenden Partien ab. Wenn ein Fluss nach einer nur schwach gekrümmten Laufstrecke anfängt zu mäandrieren, also kreisförmige Bögen und Schlingen auszubilden, so ist das ein Zeichen, dass sich das Gefälle verringert hat. Im Lauf der Ahr fallen zwei Abschnitte auf, in denen der Fluss stark mäandriert: Der eine liegt zwischen Fuchshofen und Insul mit der eindrucksvollen Schleife von Schuld, der zweite zwischen Kreuzberg und Rech. Es ist die berühmte Strecke mit den hohen Felswänden und der kilometerweiten Schleife bei Altenahr, die sogar einen eigenen Talnamen erhalten hat („Langfigtal“). In diesen beiden Schollen muss also das Gefälle verringert worden sein, weil sie an einer Seite angehoben wurden. So etwas kann durch Verwerfungen geschehen. Das Ahrtal liegt am Südrand des großen Bruchfeldes der Kölner Bucht, von dem aus einige Brüche nach Süden in das Schiefergebirge hineinziehen, und solche Verwerfungen begrenzen die beiden angekippten Schollen.
Die Frage, warum der mäandrierende Fluss seine Schleifen heute in den harten Fels weiter vertieft, beantwortet sich aus der Entwicklungsgeschichte des Fluss-Systems. Seit etwa 30 Millionen Jahren steigt das Rheinische Schiefergebirge langsam auf. Im Nordwesten sank an Verwerfungen die Kölner Bucht ein; von hier überquerte eine Senkungszone das Schiefergebirge, in der schließlich der Mittelrhein seinen Weg fand. Damit konnten sich auch seine Nebenflüsse entwickeln, und gegen Ende der Tertiärzeit entstand so das Ahrtal mit den erwähnten Mäanderstrecken auf den angekippten Schollen. Bei fortschreitender Hebung des Schiefergebirges mussten sich die Flüsse einschneiden und bildeten zuerst weite, flache Täler aus. Vor etwa 800.000 Jahren, während des Eiszeitalters, nahm die Hebung plötzlich stark zu. Diese starke Hebungsphase, die mit lebhafter Vulkantätigkeit einhergeht, dauert bis heute an. Die Flüsse mussten sich nun kräftig einschneiden. Der Rhein bildete tiefe Talschluchten aus und so auch das Ahrtal. Die Mäanderbögen wurden von Anfang an in den aufsteigenden Block eingefräst. Bei der jungen, starken Hebung war der Fluss zwischen den Talwänden gefangen und musste sich in ihnen tiefer einschneiden. Er ist bestrebt, seinen Lauf zu verkürzen und schneidet vielfach die Mäanderschleifen ab, so dass der Bogen um den Umlaufberg trocken fällt. Relativ junge, also nur wenig über dem Fluss liegende, tote Mäanderschleifen mit Umlaufbergen finden sich westlich Insul und bei Altenahr-Altenburg. An der Ahrschleife von Altenahr nimmt der Fluss heute bei Hochwasser die Abkürzung durch den 1834 durchgebrochenen Straßentunnel, wie die Hochwassermarken am östlichen Tunnelportal zeigen.
Der heutige Fluss setzt sich aus zwei Abschnitten unterschiedlicher Geschichte zusammen. Die Ahr ist zuerst nach Verlassen der Mäanderstrecke bei Rech einer Verwerfung folgend nach Nordnordosten geflossen über Dernau, Holzweiler, Vettelhoven und mündete im Raum Meckenheim in die Kölner Bucht. Vor etwa 2 Millionen Jahren wurde sie von einem Fluss, der im Raum Sinzig-Neuenahr einem Ost-West-Verwerfungssystem folgte und sich dann rückwärts einschnitt, bei Dernau angezapft und zum Rhein umgeleitet. Auf diese Weise wurde die Mittelahr mit der Unterahr vereinigt. In dem ehemaligen Ahrtal unterhalb von Holzweiler fließt heute der Swistbach. Die Verwerfung zwischen Rech und Holzweiler begrenzt im Osten die Kippscholle mit der Mäanderstrecke. Auf den Verwerfungen im unteren Ahrtal steigen Mineralwässer, z. T. als Thermalquellen, an die Oberfläche.
Aus den Schotterfluren der Flussterrassen wurde während der vegetationsarmen Eiszeiten durch den Wind Gesteinsstaub ausgeblasen, der sich als kalkhaltiger Löß an den Hängen des mittleren Ahrtals absetzte. Im unteren Ahrtal im Raum Neuenahr und Bad Bodendorf bildet er auch auf der Talaue mächtige Decken. Die Ahrmündung bei Remagen-Kripp ist die einzige Flussmündung am Rhein, die nicht durch Mauerwerk kanalisiert ist, also noch einen weitgehend natürlichen Aspekt bietet. Das geht u. a. darauf zurück, dass dort in der „Goldenen Meile“ Uferstraße (B 9) und Eisenbahn nicht wie sonst unmittelbar neben dem Rhein liegen.
Basaltvorkommen gibt es mehrfach im und am Ahrtal. Im oberen Mittelabschnitt erhebt sich südlich oberhalb die Kuppe der Düngerlei sowie nördlich die des Aremberges (deren beider Flora nicht mit einbezogen wurde). Von hier ab finden sich kleinere, herabgewanderte Basaltblöcke am Ahrufer. Nahe am Ahrtal (oberhalb des Sahrtals) krönen die Kuppe der Kotzhardt einige Basalthärtlinge. Direkt im mittleren Ahrtal erhebt sich – von der Ahr umflossen – ein turmförmiger Härtling bei der „Lochmühle“. Schließlich gehört die „Landskrone“ als auffallender Basaltgipfel im unteren Tal, nördlich am linken Hang bei Gimmigen gelegen, zum Ahrtal.
Das Ahrtal gehört zum subatlantischen Einflussbereich. Trotzdem ist es relativ niederschlagsarm, denn es liegt im Windschatten westlicher und südwestlicher Wetterströmungen. Die Wolken regnen sich bereits in den vorgelagerten Hochlagen, so der West- und Hocheifel, ab. Im oberen und mittleren Ahrtal werden durchschnittlich um 600mm, in den höchsten Lagen ausnahmsweise bis 750mm, bei Ahrweiler aber nur noch 570mm Niederschlag gemessen. Im unteren Ahrtal, wo auch deutlich höhere Temperaturen gemessen werden, können es noch weniger sein. Insgesamt fallen in der Vegetationszeit mehr Niederschläge als im Winter. Entscheidend für das Vorkommen vieler Arten ist aber dieser kontinentale Charakter des Klimas: relativ früh auftretende Bodenfröste und tiefere Temperaturen in den bodennahen und nordexponierten Lagen, auch im Sommer starke, nächtliche Abkühlung sowie sehr heiße Tagestemperaturen. Das bedeutet heftige Temperaturunterschiede (Kontinentalität).
Entscheidend für das Vorkommen der wärmeliebenden Arten ist das kontinentale, sommerheiße Klima der offenen Südlagen. Entsprechend beobachten wir einen relativ hohen Anteil von aus Süd- und Südosteuropa eingewanderten Arten. Umgekehrt resultiert daraus das arten- und mengenmäßig geringe Vorkommen von Lebermoosen und montanen Laubmoosen.
Anders die Flora der nord- und westexponierten, flussnahen Lagen. Hier kommen auch zahlreiche, an milderes Klima angepasste Arten vor, darunter auch montane Farne und Moose.
Das Ahrtal ist Teil der Ahreifel.
Zum oberen Ahrtal (der Oberahr) gehört der Abschnitt zwischen Blankenheim und südlich Dorsel. Er wird der – gegenüber dem mittleren Teil (der Mittelahr) - im Schnitt um 100m höheren Kalkeifel zugerechnet, wobei allerdings nur etwa 2/3 dieses Naturraumes Kalkuntergrund aufweist. Der mitteldevonische Kalk steht im Ahrtal hauptsächlich um Ahrhütte und Ahrdorf an. Dazwischen - und oberhalb Oberahreck fast nur - wird das Kalkgestein auch immer wieder von unterdevonischem Gestein abgelöst.
Wichtige Zuflüsse münden im oberen Ahrtal von Westen her ein. Zu nennen wären „Nollenbach“, „Schafbach“ und „Ahbach“. Schließlich tritt das Ahrtal bei Ahrdorf mit einer rechtwinkligen Abbiegung in die Silikatschichten des unteren Devons ein.
Ahrquelle in Blankenheim
Unter Reetz oberhalb Oberahr
felsige Wacholderheide beim ehemaligen Kalkofen westlich Ahrhütte
Das mittlere Ahrtal zwischen Dorsel und Ahrweiler gehört zur Ahreifel. Dieser Abschnitt ist von Altenahr aufwärts sehr windungsreich sowie durch eine starke Zertalung gekennzeichnet, d. h. durch häufig sehr steilwandige Felshänge (aus ± senkrecht aufgestellten Schichten harten Gesteins) und ständigen Expositionswechsel, dementsprechend oft streng süd- bzw. nordexponierte Standorte, die von der Talsohle bis 300m hoch aufsteigen. Das scheint zumindest eine der wesentlichen Ursachen für den dortigen hohen Moos-Artenreichtum der in diesem Bereich befindlichen Grundfelder (meist um 200 oder mehr Arten). Reichere Standorte kennzeichnen die vielfach vorkommenden Lößauflagerungen, insbesondere zwischen Kreuzberg und Ahrweiler, örtlich aber auch schon bei Pützfeld. Die Talsohle fällt von etwa 320m auf 120m ab. Die Randhöhen erreichen zwischen 300 und 400m Meereshöhe.
Reiche Wasserzuführung erhält dieser Abschnitt u. a. durch einige wichtige Zuflüsse aus tief eingeschnittenen Tälern: so dem „Trierbach“, „Adenaubach“ und „Kesselingbach“ von Süden her. Von Norden entwässern „Dreisbach“, „Buchholzbach“ und „Sahrbach“, um die wichtigsten Bäche zu nennen. Die bisher genannten Seitenbäche liefern die Hauptmenge des Ahrwassers. Überschwemmungen resultieren vor allem aus dem oberen Bereich. Weiter abwärts sind die Seitenbäche kleiner. Zu erwähnen wären hier höchstens der „Bärenbach“ und der „Steinbergsbach“ von links bzw. Westen her, sowie am linken Ufer, von Osten her einmündend, der „Marienthaler Bach“.
Ahrufervegetation beim Laufenbacher Hof
Ahrtalblick südwestlich vom Rupenberg
Nordhang der Schulder Hardt
Spicher Ley bei Schuld am linken Ahrhang
Ahrklippen nordöstlich Insul mit Stromschnellen
Ahrbrücke östlich nahe Dümpelfeld
Ahraue bei Liers mit Bruchweiden
Vogelfelsen bei Kapelle Pützfeld
Burg Are und Vorburg
Ahraue im Langfigtal oberhalb der 1. Brücke
Basaltschlotrest an der Lochmühle
„Bunte Kuh“ bei Walporzheim
Das untere Ahrtal (die Unterahr) gehört zu der gesamtökologisch günstiger gestellten Rheineifel. Es beginnt mit der Talausweitung bei Walporzheim/Ahrweiler und endet an der Ahrmündung bei Kripp. Das Klima ist bemerkenswert warm. Die Jahresdurchschnitts-Temperatur liegt bei 10°C, die Januartemperatur bei 2,5°C (inzwischen sicher höher) und das Julimittel bei 18° C. Die Talaue ist von reichen Sedimenten erfüllt. Ihre Sohle senkt sich von 110 bis auf knapp 60m Meereshöhe ab. Älteren Datums ist die oft umrandende Niederterrasse. Diese und die benachbarten, z. T. von Löß bedeckten Hänge sind abgeflacht, und nur die hier kleineren Seitentäler, wie das vom Idienbach durchflossene, haben steile Hänge. Hier haben im bergnahen Austrittsbereich eine Reihe Arten überlebt, die nur im oberen Bereich häufiger vorkommen. Bemerkenswert – und auch durch artenreichen Buchenwald ausgezeichnet – ist die herausragende Basaltkuppe der „Landskrone “. Das gleiche gilt für die durch kalkhaltige Lößböden ausgezeichneten, hügeligen „Bodendorfer Wiesen“ zwischen Löhrsdorf und Bad Bodendorf: alte Obstanlagen mit durch Beweidung erhaltenen Halbtrockenrasen. – Den wichtigsten Zufluss liefert der „Ringener Bach“ sowie von links noch der „Gimmiger Bach“. Von rechts her sind nur „Wingsbach“ und „Bachemer Bach“ sowie der „Idienbach“ nennenswert.
Vor allem ab Bad Bodendorf ist die natürliche Vegetation – außer im (leider stark eutrophierten!) Mündungsbereich - weitgehend durch Landbau und Aufforstungen zerstört worden, und so fehlen gewöhnlich selbst die im oberen Flussbereich häufigen Arten, wesentlich auch durch die Kanalisierung der Ahr ab Neuenahr verursacht. Auch die ehemals reiche Wildkrautvegetation der Weingärten ist häufig zu bestürzender Artenarmut degeneriert. Per Hubschrauber durchgeführte Herbizid- und Pestizidberegnungen treffen außer den „Unkräutern“ leider auch oft echte, gefährdete Wildkräuter und die Tierwelt.
Landskrone
Ahrmündung bei Kripp
Im oberen Ahrtal beobachtet man fast nur Wiesenwirtschaft, im mittleren und unteren Teil dagegen weitflächig Weinbau. Wenngleich das Ahrtal für Naturfreunde, insbesondere auch für Wanderer und Radfahrer, beste Bedingungen bietet, verdankt es seinen guten Ruf vor allem seinen guten Weinen, insbesondere dem Spätburgunder. Wer sich für Geschichte und Weinbau des Ahrtals interessiert, sei auf das prächtig bebilderte Buch von BARBARA & KLAUS OTZEN verwiesen.
Das ganze Ahrtal durchläuft die B 258, eine viel befahrene Straße, die von den Motorradfahrern gern als Rennstrecke benutzt wird. Der oft höllische Lärm ist eine Plage für die Anwohner wie auch für jeden Wanderer. An die Stelle der ehemaligen Bahnstrecke hat man einen Radwanderweg ausgebaut. Wanderer werden hier geduldet!
Inzwischen beginnt man endlich und glücklicherweise darüber nachzudenken, welch eine vielfältig gestörte und zerstörte Umwelt wir unseren Nachkommen hinterlassen.
Die Schädigungen sind vielfältiger Art. Drainierung und Überdüngung der Wiesenwirtschaft haben zur Verarmung der Artenvielfalt geführt. Viele früher häufigen Arten, besonders Sumpfpflanzen, sind selten geworden oder verschwunden – an der unteren Mittelahr und besonders an der Unterahr in oft verheerender Weise. Dazu hat auch die Ausweitung der Campingplätze in den letzten Jahrzehnten beigetragen.
Ebenfalls sehr bedauerlich ist die Verbuschung der ehemals als Schafweide genutzten Flächen. Hier hat man nur an der Oberahr (in NRW) und auf den Bodendorfer Hügeln für Schutz gesorgt. Schließlich ist auch die Aufforstung freier Flächen mit Nadelhölzern, insbesondere Fichten und Douglastannen, abzulehnen.
Ganz schlimm ist der, vor allem auf den reichen Talböden ausufernde, großflächige Maisanbau (vgl. hierzu DÜLL 2012 sowie DÜLL & KUTZELNIGG). Allerdings löst er z. T. andere landschaftsschädliche Monokulturen ab. Leider wird das Ahrtal auch von einigen Formen der Massenviehhaltung (z. B. „Hühner-KZ’s“) nicht ganz verschont. Besonders bedenklich ist es, wenn solche Anlagen in Flussnähe gelegen sind. Nicht zu vergessen ist, wie die vielerorts immer weiter um sich greifende Bebauung den Charme des Ahrtals mindert. Aber wen wundert es, denn wer möchte nicht gern in einem auf weite Strecken so schönen, naturnahen Tal leben oder sich wenigstens erholen?
Die älteste Angaben zu Sprosspflanzen stammen nach Wissen des Autors von FR. NEES VON ESENBECK (1822), P. HÜBENER (1833), E. WEYDEN (1835), Ph. WIRTGEN (1839, 1865 & 1870), F. WIRTGEN (1899) und F. HILDEBRAND (1866). Zahlreiche Daten zur Ahrtalflora enthalten auch die Werke von HEINRICH ANDRES (1911, 1920 & 1928). Die grundlegende Arbeit über Flora und Vegetation des Ahrtals verdanken wir schließlich Dr. Käthe KÜMMEL (1951). Wichtig für das Gebiet ist auch die Flora des Köln-Bonner Wandergebietes von LUDWIG LAVEN & PAUL THYSSEN (1959).
Neuere, bedeutende Untersuchungen lieferten DIETER KORNECK (1974), A. KRAUSE (1979) und FRANK WAGNER (1993). Erwähnenswert ist die Arbeit von H. HAPPE (2012) über die „Ravenley“.
Leider kaum bekannt ist die bemerkenswerte Untersuchung von Andrea GLÄSS (jetzt PREUSS) (1990) zur Flora der ehemaligen Bahntrasse des mittleren Ahrtals. Die Gefäßpflanzenflora des „Langfigtales“ – inklusive einer speziellen Untersuchung zum Ausbreitungscharakter der dortigen Arten - bearbeitete der Verfasser 1993. Im gleichen Band behandelte R. FISANG die Pflanzengesellschaften und W. WENDLING (2003; vgl. auch W. WENDLING 1966) befasste sich mit der vegetationsgeographischen Bedeutung dieses Naturschutzgebietes. Alle 3 Arbeiten erschienen in der sehr verdienstvollen, von W. BÜCHS 1993 herausgegebenen „„Langfigtal-Monographie“. Einen Teil des mittleren Ahrtals berücksichtigten auch BARBARA DÜLL-WUNDER und der Verfasser in ihrem 2007 erschienenen. „Verbreitungsatlas zur Flora der Ahrund Hocheifel“ (mit Verbreitungskarten).
Auffallend ist der Anteil der Arten, die mehr oder weniger auf direkt menschlich beeinflusste Standorte beschränkt sind. Daraus resultiert die Frage, inwieweit der Mensch direkt oder nur indirekt für ihre Eingliederung verantwortlich ist. Wertvolle Anregungen kann man der Abhandlung von Werner HEMPEL (2000) zur Geschichte der sächsischen Flora entnehmen. In seinem Sinne muss man verschiedene Herkunftsgruppen unterscheiden
1. Offenlandpflanzen, die als Apophyten an sekundären Standorten neue Wuchsplätze erobert haben, so die Chenopodiaceen und Polygonaceen der Uferkiese. Meist nitrophytische Lichtpflanzen, die bis heute frei werdende Plätze verschiedener Art besiedeln.
2. Mit dem Ackerbau aus Südost- und Südeuropa eingeschleppte Alteinwanderer (Archäophyten), wie z. B. Chenopodium polyspermum und Neophyten, wie die Gartenflüchter Impatiens glandulifera und Mimulus guttatus.
3. Paläophyten, also Arten, die ebenfalls als Kulturflüchtlinge in unsere Flora gelangt sind, wie z. B. Hesperis matronalis, oder als Arzneipflanzen mit den Römern eingeschleppt wurden, so z. B. Chelidonium majus unnd wahrscheinlich z. B. Tanacetum parthenium-Arten.
4. Als Neueinwanderer (Neophyten) bezeichnet man die Arten, die nach der Eroberung Amerikas zu uns gelangt sind, so aus Südamerika die Galinsoga-Arten. Aus Sibirien stammen z. B. Impatiens glandulifera und Matricaria discoidea.
5. Jüngste Einwanderer (Industriophyten) sind z. B. Impatiens glandulifera, Cardamine hirsuta und Heracleum mantegazzianum.
Konkrete Aufschlüsse zur Geschichte der Flora des Rheinlandes liefert natürlich auch Karl KNÖRZER mit seinen Untersuchungen.
In sonnig-warmer Lage wachsen ursprünglich vor allem Traubeneichenwälder, untermischt mit diversen anderen Gehölzen, wie z. B. Hainbuche, Mehlbeere usf., sowie öfter auch Feldahorn (oft als Kulturrelikt) und zuweilen die Elsbeere.
An den Hängen in den Schattlagen auf reicheren Böden gedeihen + artenreiche Rotbuchenwälder. Schlucht- und Hangwälder mit feuchtem, nährstoffreichem Untergrund weisen natürliche Vorkommen von Esche, Bergulme, Spitz- und Bergahorn auf.
Die die Ahr begleitenden Auenwälder bestehen aus Schwarzerle und baumförmigen Weiß-Weiden mit reicher Bodenflora (mit zahlreichen Frühjahrsblühern). - Als Gehölze finden wir hier u. a. neben der Bruch-Weide noch die Hohe Esche, den Gewöhnlichen Schneeball, das Pfaffenhütchen, den Eingriffligen Weißdorn sowie als Lianen die Waldrebe wie auch zwischen Altenahr und der „Bunter Kuh“ eingebürgert die im Herbst prächtig weinroten Bestände des Fünfblättrigen Wilden Weins.
Als Krautige Kletterpflanzen wachsen hier Wilder Hopfen, Zaunwinde und Bittersüßer Nachtschatten. Zuweilen kann man an Mittel- und Unterahr, meist auf Nesseln parasitierend, die Hopfen-Seide entdecken.
Oft säumen Pestwurzbestände und Hochstaudenfluren die Ahr. So wachsen in den Auwaldresten und an deren Säumen u. a.:
Wasserschwaden
Bachbungen-Ehrenpreis
Behaarte Karde
Bitterkresse
Blauer Eisenhut
Blutweiderich
Breitblättrige Glockenblume
Gilbweiderich
Hain-Sternmiere
Ross-Minze
Sumpf-Schwertlilie
Wasserdarm
Wolfssturmhut
Meist untergetaucht in der Ahr finden sich an Silikat-Steinen und –fels die Rote Steinkrusten-Rotalge Hildenbrandtia und in grünen Schwaden angewachsen der Flutende Hahnenfuß, dessen weißblühende Bestände sommerlich einen besonderen Schmuck der Ahr, z. B. bei Fuchshofen, Schuld und auch sonst darstellen können.
Mitglieder der Frühjahrsflora sind u. a.
Gefleckter Aronstab
Einbeere
Gefingerter Lerchensporn
Gelber Goldstern
Gelbes Windröschen
Hohler Lerchensporn
Scharbockskraut
Schuppenwurz
Leider dominieren hier örtlich auch eingebürgerte Kräuter und Stauden- So das Drüsige Springkraut, die Herkulesstaude, Japanischer Knöterich und manchmal Kanadische und Riesengoldrute. Kulturrelikte sind hier auch der Gefleckte Schierling, die Nacht-Viole und der Topinambur.
In den Auenwiesen wachsen als Stauden u. a. folgende meist Feuchte anzeigende Arten:
Kreuzlabkraut, der Große Wiesenknopf, Herbstzeitlose, Kohldistel, Schlangenknöterich, Wald-Storchschnabel, Wiesen-Schaumkraut und nur noch selten der Wiesen-Storchschnabel.
An Quellhängen, in Gräben, in Sumpfwiesen (z. B. ehemaligen Alt-Ahrarmen) wachsen:
Sumpf-Schachtelhalm
Bach-Nelkenwurz
Blaugrüne und Flatterbinse
Echtes Mädesüß
Engelwurz
Fluss-Ampfer
Geflecktes Johanniskraut
Gewöhnlicher Beinwell
Kleiner Baldrian
Sumpfdotterblume
Sumpf-Helmkraut
Sumpf-Schafgarbe
Sumpf-Vergissmeinicht
Sumpf-Weidenröschen
Teufelsabbiss
Düngezeiger sind in den Wiesen vor allem Kuhblume (Löwenzahn), die großen Doldenblütler wie der Wiesen-Bärenklau und Wiesenkerbel, wie auch der ursprünglich als Futtergras angesäte Wiesen-Fuchschwanz.
Wälder und Gebüsche:
Krautreichere und Kalk-Buchenwälder (* nur auf Kalk), einschließlich Kahlschläge
Sträucher sind Acker-Rose, Alpen-Johannisbeere, Gewöhnliche Heckenkirsche*, Himbeere.
Als Bäume sind vertreten Hainbuche, Rotbuche und Winter-Linde.
Stauden:
Akelei*
Berg-Flockenblume*
Christophskraut*
Einbeere
Frühblühendes Habichtskraut
Große- oder Wald-Hainsimse
Großblütiger Fingerhut
Großes Zweiblatt
Moosauge *
Nesselblättrige Glockenblume
Pfirsichblättrige Glockenblume
Raues Veilchen
Sanikel
Schwarze Teufelskralle
Schwarzwerdende Platterbse
Stein-Himbeere*
Tollkirsche
Vielblütige Maiblume
Vogelnestwurz
Wald-Bingelkraut*
Waldhirse
Wald-Labkraut
Waldmeister
Zwiebel-Zahnwurz
An absonnigen, oft feuchten Hanglagen (* = auf Kalk):
Zahlreiche Moose und diverse Farne, z. B. Engelsüß und Hirschzungenfarn Als Gehölze sind hier Berg-und Spitz-Ahorn, wie die Bergulme vereinzelt noch ursprünglich.
An Kräutern und Stauden kommen hier - z. T. in größeren Beständen - vor Bärlauch (außerhalb der Kalkunterlagen nur verschleppt), Großes Hexenkraut und Großes Springkraut.
Selten sind die Quirl-Weißwurz und das Ausdauernde Silberblatt.
Vorwiegend die gleichen Frühjahrsblüher wie im Auwald. Dazu – und nur hier - z. B.
Dunkles Lungenkraut, Gefingerter Lerchensporn, Märzenbecher (einmal in schönen Beständen)*, Seidelbast (zerstreut) und das seltene Wunder-Veilchen*. Auf ärmeren Böden ersetzt das Weiße Buschwindröschen die kalkholde, gelbe Art.
Ärmere Laubwälder über unterdevonischem Sandstein.
Das sind bodensaure, arme Trauben-Eichenwälder (und deren Säume). Sie wurden gewöhnlich im Niederwaldbetrieb bewirtschaftet. Die dort typischen Arten kennzeichnen gleichfalls die Heidereste, ergänzt durch lichtliebende Arten, wie den Tormentill.
Als Gehölze siedeln hier z. B. Stieleiche, Hainbuche, Vogelbeere, Stechpalme, Trauben-Holunder sowie Besenginster, Echte Brombeeren und das Waldgaißblatt als Liane, das aber nur an hellen Plätzen zur Blüte gelangt. Die Bodenflora besteht oft aus großflächigen Beständen der Drahtschmiele, wie auch aus Heidekraut, Heidelbeere, und auch das Kleine Wintergrün kommen dort vor. Als Stauden wachsen hier z. B. die Große Sternmiere, Schmalblättrige Hainsimse, Berg-Platterbse, Echter Ehrenpreis, Echte Goldrute, Felsen-Labkraut, Heilbetonie, Roter Fingerhut, Salbei-Gamander, Schönes Johanniskraut, Tormentill, Wald-Sauerklee und als Einjährige der Saat-Hohlzahn sowie der Halbschmarotzer Wiesen-Wachtelweizen.
Die Gebüsche sind immer reich an Schlehen. Dazu kommen je nach Nährstoffreichtum des Bodens u. a. Hartriegel und diverse Rosen. An ärmsten Standorten findet sich auch Besenginster.
Offenvegetation
Artenreiche Gesteinsfluren finden sich vor allem auf Silikatgestein (s. u.). An diesen Standorten wachsen auch reliktische Arten, Überbleibsel aus früheren Erdperioden, wie z. B. Brillenschötchen, Goldaster und Turm-Gänsekresse. Die Pfingstnelke ist wahrscheinlich nur ein Kulturrelikt (Burgenpflanze). Auf Kalk kommen als präalpine Arten die Gewöhnliche Kugelblume und die Scheidige Kronwicke vor.
Hecken und Gebüsche im Kalkgebiet