Sehr geehrte LeserInnen und Leser!
Die erste Ausgabe der Metras Bulletin ist ein spezielles Ereignis, das nur mit der großartigen Hilfe Vieler stattfinden konnte. Ich bedanke mich bei allen Mitwirkenden für die großartige Unterstützung.
Diese Veröffentlichungsreihe wird in Zukunft spezielle Themen im Qualitätsmanagement für Prüf- und Inspektionsstellen bereitstellen.
Die Vision dahinter ist folgende:
„Konformitätsbewertungsstellen können die Anforderungen aus den Normen der 17000er Reihe und der Akkreditierung nutzbringend zur Entwicklung der eigenen Organisation einsetzen.“
Wir wollen Ihnen mit dem Metras Bulletin, neben unserer Beratungstätigkeit, neben dem Akademieangebot, nun ein drittes Medium zur Seite stellen, damit Sie mit hochwertiger Information den größtmöglichen Nutzen aus Ihren Anstrengungen erwirtschaften können.
Weitere Neuigkeiten finden Sie auf www.metras.at. Ich freue mich über Ihr Interesse und beantworte gerne Ihre Fragen unter office@metras.at.
Herzlichst,
Ihr Werner Weninger
Werner Weninger
Prüfstellenleiter der technischen Gewässeraufsicht, Sachverständiger für die Akkreditierung Austria, Fachbereiche: Chemie Wasser, Boden, Luft und Qualitätsmanagement (EN / ISO 17020 und 17025),
GF METRAS
Herbert Krenn
Leiter der Stabstelle QM und Controlling am Bundesamt für Weinbau, Zertifiziert als Qualitätsmanager, Qualitätstechniker und Auditor, Sachverständiger für die Akkreditierung Austria Fachbereiche Sensorik, Getränkeanalytik und Qualitätsmanagement (EN / ISO 17020 und 17025).
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet.
Sämtliche Personenbezeichnungen gelten für beiderlei Geschlecht.
Dieses Buch bietet Erläuterungen zur Anwendung der EN ISO/IEC 17020:2012 “Konformitätsbewertung - Anforderungen an den Betrieb verschiedener Typen von Stellen, die Inspektionen durchführen” für die Akkreditierung von Inspektionsstellen. Es richtet sich hauptsächlich an Inspektionsstellen, und soll diese bei der Einführung und Aufrechterhaltung ihres Managementsystems unterstützen, sowie einige ausgewählte Normpunkte weiter erläutern.
Aus praktischen Gründen werden die Überschriften und Abschnittsnummern aus der EN ISO/IEC 17020 fett gedruckt. Wo Anleitungen angeboten werden, sind diese zur einfacheren Bezugnahme mit der entsprechenden Kapitelnummerierung und zusätzlich mit Buchstaben versehen. Aus Copyright-Gründen ist es leider nicht gestattet den Normentext im Skriptum aufzunehmen.
Der Terminus „MÜSSEN“ bezeichnet in dieser Publikation jene Bestimmungen, welche im Einklang mit den Anforderungen der ISO/IEC 17020 obligatorisch sind. Der Begriff „SOLLTE“ bezeichnet jene Bestimmungen, die zwar nicht obligatorisch sind, jedoch als anerkannte Wege gelten, wie die Norm erfüllt werden kann. Der Ausdruck “KANN” wird verwendet, um eine Möglichkeit bzw. eine Fähigkeit aufzuzeigen. Inspektionsstellen, deren System in irgendeinem Punkt dieser Erläuterungen abweicht, können nur akkreditiert werden, wenn sie der Akkreditierungsstelle nachweisen können, dass ihre Lösung die relevanten Forderungen der ÖVE/ÖNORM EN ISO/IEC 17020 gleichwertig oder besser erfüllen kann. Die Erläuterungen sollen praktische Beispiele für die Umsetzung von Normanforderungen bringen, haben jedoch keinerlei bindende Wirkung. Schlussendlich gilt immer der Normtext.
Individuelle Inspektionsprogramme können zusätzliche Anforderungen an die Akkreditierung festlegen. Diese Erläuterungen dienen aber nicht dazu, solche Anforderungen zu identifizieren. Sie bieten keine Hilfestellung bei der Implementierung ins System.
Allgemein gilt, dass Akkreditierungsstellen keine zusätzlichen Anforderungen verlangen dürfen, die über jene, die in der EN ISO/IEC 17020:2012 spezifiziert sind, hinausgehen. Aufgrund anderslautender gesetzlicher Bestimmungen (z.B. Akkreditierungsgesetz und zugehörige Verordnungen) können jedoch in Leitfäden Abweichungen gegenüber dem Originaldokument (EN ISO/IEC 17020) bestehen. Teilweise wird auf solche zusätzlichen gesetzlichen Anforderungen in diesem Dokument Bezug genommen bzw. es werden einige Punkte auch näher erläutert.
Die internationalen Anforderungen der Akkreditierungsstellen in den Organisationen EA (European Cooperation for Accreditation) und ILAC (International Laboratory Accreditation Cooperation) werden entsprechend berücksichtigt. Das Skriptum kann auch als Interpretationshilfe für Sachverständige dienen, die in Akkreditierungsverfahren zur Begutachtung von akkreditierten Inspektionsstellen eingesetzt werden.
Die Autoren sind erfahrene Sachverständige und Experten für Akkreditierungsverfahren. Die Auditierung von akkreditierten Inspektionsstellen erfordert ein umfangreiches Wissen über die unterschiedlichen Anwendungen der EN ISO/IEC 17020:2012. Bei der Beratungstätigkeit zur Implementierung eines Qualitätsmanagementsystems nach EN ISO/IEC 17020:2012, ist die richtige Interpretation der Normanforderungen für die jeweilige Branche äußerst wichtig. Für QM-Beauftragte und Leiter von akkreditierten Instituten ist die praktische Erfahrung in der Umsetzung der EN ISO/IEC 17020:2012 eine Grundvoraussetzung. Dieses Wissen wird hier genutzt, um die Interpretationen der Anforderungen einfach und verständlich darzustellen.
Um eine praxisorientierte (der Unternehmensstruktur angepasste und damit Nutzen bringende) Umsetzung der EN ISO/IEC 17020:20012 (in der Folge nur mehr als ISO/IEC 17020 bezeichnet) zu gewährleisten, ist es notwendig sich der Thematik über den Prozessansatz zu nähern. Der 1. Schritt dabei muss immer eine Sicherstellung der Begrifflichkeiten bzw. des Charakters des geplanten Prozesses sein. ISO/IEC 17020 verbindet mit dem Prozess der Inspektion:
Inspektionsstellen führen im Auftrag von Privatkunden, von ihren Muttergesellschaften oder von Behörden Bewertungen durch, mit dem Ziel, Informationen über die Konformität inspizierter Gegenstände mit Vorschriften, Normen, Spezifikationen, Inspektionsprogrammen oder Verträgen zu liefern.
Inspektionsparameter schließen Fragen zur Quantität, Qualität, Sicherheit, Zweckmäßigkeit sowie zur fortdauernden Einhaltung der Sicherheit von in Betrieb befindlichen Anlagen oder Systemen ein. Die ISO/IEC 17020 harmonisiert die allgemeinen Anforderungen, die diese Stellen erfüllen müssen, damit ihre Dienstleistungen von den Auftraggebern und Aufsichtsbehörden akzeptiert werden.
Die ISO/IEC 17020 behandelt die Tätigkeiten von Inspektionsstellen, deren Arbeit die Prüfung von Materialien, Produkten, Installationen, Anlagen, Prozessen, Arbeitsabläufen oder Dienstleistungen einschließen kann, sowie die Bestimmung Ihrer Konformität mit den Anforderungen und der nachfolgenden Berichterstattung über die Ergebnisse aus diesen Tätigkeiten an die Auftraggeber und, soweit erforderlich, an die Behörden. Die Inspektion kann alle Phasen im Rahmen der Lebensdauer dieser Inspektionsgegenstände betreffen, einschließlich der Entwicklungsphase. Solche Arbeiten erfordern in der Regel eine sachverständige Beurteilung bei der Ausführung von Inspektionen, insbesondere bei der Bewertung der Konformität mit allgemeinen Anforderungen.
Das Prozessziel ist die kompetente und objektive Inspektion von Produkten (Material, Installation, Anlage, Prozess, Arbeitsablauf, Dienstleistung oder deren Entwicklung). Damit ist einmal der angestrebte Output des Prozesses „Managementsystem nach ISO/IEC 17020“ festgelegt. Der Mindestumfang des Qualitätskreises ist durch die Norm festgelegt. Dieses Verständnis ist für eine professionelle Umsetzung der ISO/IEC 17020 unbedingt erforderlich. Die Norm gibt einen Rahmen für die zu berücksichtigenden Prozesseinflüsse (=Segmente des Qualitätskreises) vor.
Die Regelung dieser Segmente erfolgt durch die Inspektionsstelle und muss sicherstellen, dass die in den Segmenten ablaufenden Prozesse einen beherrschten Hauptprozess gewährleisten. Dies bedeutet, dass die betreffenden Teilprozesse, angepasst an das jeweilige Unternehmen, geregelt sein müssen. Dies bezieht sich sowohl auf den Umfang, wie auch auf die Tiefe (Detaillierungsgrad) der Prozesssteuerung (Verfahrensanweisung, Arbeitsanweisung). Ein praxisorientiertes entwickeltes und gelebtes (kurz ein professionelles) Managementsystem nach ISO/IEC 17020 wird in Abhängigkeit vom Unternehmen (Ziviltechniker ZT, Klein- und Mittelbetriebe, Konzern bzw. Teil eines Konzerns, Betriebslabor, Gerätebedarf und Qualifikation der Mitarbeiter etc.), ein gänzlich unterschiedliches Aussehen haben. Um dies zu erreichen, müssen aus dem Normentext die konkreten Anforderungen eruiert werden. Danach ist zu bewerten, ob die jeweilige Normforderung für das eigene Unternehmen relevant (zutreffend) ist. Zum besseren Verständnis: wenn das Unternehmen für seine Inspektionen keine Geräte benötigt, sind die diesbezüglichen Normforderungen nicht relevant, es bedarf keiner „unnötigen“ Regelungen.
KAPITEL 4:
Allgemeine Anforderungen
– Unparteilichkeit/Unabhängigkeit/Vertraulichkeit
KAPITEL 5:
Strukturelle Anforderungen
– Verwaltung/Organisation/Management
KAPITEL 6:
Anforderungen an Ressourcen – Personal
– Personal/Einrichtung und Geräte/Unteraufträge (UA)
KAPITEL 7:
Anforderungen an Prozesse
KAPITEL 8:
Anforderungen an das Managementsystem – bei Option A (und indirekt auch bei Option B)
In der ISO/IEC 17020 wird anerkannt, dass es zwischen Inspektion sowie Prüf- und Produktzertifizierungstätigkeiten zu Überlappungen kommen kann, da die beiden Tätigkeiten gemeinsame Merkmale haben. (Definition für „Zertifizierung“ gemäß ISO/IEC 17000, 5.5: „Bestätigung durch eine dritte Seite bezogen auf Produkte, Prozesse, Systeme oder Personen“)
Es besteht aber ein wichtiger Unterschied darin, dass bei vielen Inspektionen die sachverständige Beurteilung zur Ermittlung der Annehmbarkeit nach allgemeinen Kriterien mit einbezogen wird, weshalb die Inspektionsstelle die erforderliche Kompetenz zur Ausführung der Arbeiten benötigt.
Inspektionen können in einen größeren Prozess eingebettet sein. Sie können in einem Programm zur Produktzertifizierung verwendet werden, und sie können Tätigkeiten sein, die den Zustand einer Anlage festhalten. Zudem können Inspektionen Informationen über den inspizierten Gegenstand bereitstellen, ohne Feststellung der Konformität mit den Anforderungen. In solchen Fällen können weitere Interpretationen erforderlich sein, die vermutlich wieder zu einer sachverständigen Beurteilung führen.
Der Ausgangspunkt für die Ermittlung, ob es sich um eine Inspektionstätigkeit oder um eine Produktzertifizierung handelt, ist der Zweck der Begutachtungstätigkeit. Typische Unterschiede zwischen Inspektion und Produktzertifizierung können aus nachstehender Tabelle entnommen werden.
AKTIVITÄT | INSPEKTION | PRODUKTZERTIFIZIERUNG |
Art der Tätigkeit | Inspektion individueller Produkte (direkte Bestimmung der Konformität) | Zertifizierung von Produktserien (indirekte Bestimmung der Konformität) |
Entwicklungsstufe | Entwicklung, Produktion, Service, nach Reparatur oder Änderungen | Entwicklung und Produktion |
Beziehungen zwischen: Auftraggeber und Konformitäts- bewertungs-stelle (KBS) | nicht notwendigerweise durch einen unabhängigen Dritten (1st, 2nd oder 3rd party) | immer durch einen unabhängigen Dritten |
Art der Tätigkeit | 2-Augen-Prinzip | 4-Augen-Prinzip |
Eine Trennung zwischen jenen, die Inspektionsentscheidungen treffen, und jenen die die Inspektion durchführen, ist nicht unbedingt erforderlich. | Zertifizierungsentscheidungen werden von einer oder mehreren anderen Personen getroffen, aber nicht von jenen, die die Bewertung durchgeführt haben. | |
Ergebnis der Tätigkeit | Inspektionsbericht | Produktzertifikat |
Wiederkehrende Überwachung | keine | Überwachungen |
Gültigkeit der Aussage | Der Bericht gibt den Zustand zum Zeitpunkt der Inspektion an. | |
Kennzeichnung von Produkten | Zeichen werden nur auf inspizierten Produkten angebracht. | Zeichen können auf einem zertifizierten Produkt entsprechend der Berechtigung angebracht werden. |