Herausgeber:
Stiftung Geschichtshaus Bomlitz e.V.
1.Vors. Thorsten Neubert-Preine
Bomlitz, Lindenring 31
Autor:
Hans-Jürgen Lueken, Bad Fallingbostel
Rückblende 3, 2. Auflage, 2012
»By Order of Military Governement«
Förderer: Kreissparkasse Fallingbostel in Walsrode
Satz, Herstellung und Verlag:
BoD™ - Books on Demand, Norderstedt
Umschlaggestaltung:
BrüsehoffDesign, Bad Fallingbostel
ISBN : 978-3-8448-3649-3
Mai 2012
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Nur vom Nullpunkt her können wir eine Zukunft leben
Karl Barth, Zur Genesung des deutschen Wesens, Stuttgart, 1945
Wir sind heute trotz aller Erschütterungen und Zerstörungen noch immer in der Gefahr zu leben und zu denken, als ob eigentlich nichts Wesentliches geschehen sei.
Karl Jaspers, Der philosophische Glaube S. 141,
Sechste Vorlesung, FU Basel 1947, Fischer Bücherei 1958, Sept. 1958
Frieden ist nicht nur der Ruhestand nach dem Krieg, sondern auch innerlich abgestimmte Menschlichkeit.
Hans (Jean) Seckel, Bulawajo, im Jahr 1982,
vormals Rechtsanwalt in Walsrode und Hannover
»BY ORDER OF MILITARY GOVERNMENT …«
APRIL 45
EIN ANFANG
IM LANDKREIS FALLINGBOSTEL.
Das rege Interesse an der ersten, jetzt vergriffenen Auflage dieser Darstellung hat mich veranlasst, aufgrund der vielfältigen weiteren Hinweise auch von Zeitzeugen diese zweite Auflage vorzulegen. Diese kleine Rechtsgeschichte der ersten Nachkriegszeit kann keineswegs eine erschöpfende Darstellung des Neuanfanges, der Entnazifizierung und der Aufarbeitung des Themas durch britische und deutsche Gerichte hier sein. Gleichwohl scheint es mir geboten, diese Zeit wegen des Zusammenhanges zu historischen Einrichtungen – die Lager Fallingbostel, die Einrichtung des Spruchgerichtes Benefeld und der Militärgerichte – festzuhalten.
ABSCHNITT I | Das Interregnum. Mai 1945 bis Mai 1949
1. Kriegsende
2. Probleme der BMR
ABSCHNITT II | Das Kriegsende und seine Folgen
1. Vorstellung: Die Kapitulation 8. Mai 1945 – Waffenruhe und Waffenstillstand – Friedensvertrag
2. Das Ende des Deutschen Reiches?
3. Privatrechtliche und völkerrechtliche Folgen
4. Der faktische Frieden
5. Die britische Auffassung zum Kriegsende
ABSCHNITT III | »Alle deutschen Gerichte werden bis auf weiteres geschlossen…«
1. KR – Proklamation Nr. 3 vom 20.10.1945
2. Amtsgericht Walsrode /Ahlden / Landgericht Verden
3. Fortsetzung der Gerichtsbarkeit
4. Der Befehl Nr. 1
5. Richter und Staatsanwälte
6. Das OLG Celle: rechtsetzend und rechtsprechend
7. Amtsgerichte Walsrode und Ahlden
8. Die Aufsicht über die Organe der Justiz
ABSCHNITT IV | Die Militärverwaltung im Landkreis Fallingbostel
A.
1. Planungen der Alliierten für die Verwaltung Deutschlands nach der Kapitulation
2. Erste Anordnungen der BMR im Landkreis Fallingbostel
3. Die Militärverwaltung
B.
Ein Landkreis ohne Zeitung – Mitteilungen der BMR
C.
Umbau der gewerblichen Wirtschaft im Landkreis Fallingbostel. Zerschlagung des Konzerns IG Farben AG, hier u.a.: Wolff & Co K. G. a. A., EIBIA GmbH
ABSCHNITT V | Strafverfolgung als erster Schritt zur Vergangenheitsbewältigung
Einführung:
1. Die Moskauer Erklärung vom 31.10.1943
2. Die Verfahren des IMT
3. Militärgerichtliche Verfahren
4. Das Kontrollratsgesetz Nr. 10 vom 20.12.1945
5. Sitzungen des Militärgerichtes in Walsrode
6. Britische Militärgerichtsbarkeit
ABSCHNITT VI | Das Spruchgericht Bomlitz – Benefeld
A.
Die Verfahren als Strafverfahren
1. Zielvorstellungen der Alliierten
2. Umfang der Verfahren
3. Die »Kategorien«: Tätergruppen
4. Strafverfahren gegen
»Angehörige verbrecherischer Organisationen«
5. Die Verteilung der Spruchgerichte in der BZ
B.
Die Einrichtung des SprG‘s Bomlitz- Benefeld (SprG BB)
1. Auswahl des Gerichtsortes und der Gebäude
2. Die Mitarbeiter des Gerichtes in Benefeld
C.
1. Durchführung der Verfahren
2. Einzelentscheidungen des SprG‘s BB:
D.
Ende der Tätigkeit des SprG‘s BB zum 31.12.1948
1. Tätigkeitsberichte:
2. Die Amnestie
ABSCHNITT VII | Entnazifizierung (E N)
1. Das Verfahren
2. Der Kreis der Betroffenen – Einzelfälle.
3. Die geänderten Voraussetzungen
ABSCHNITT VIII | Die Akzeptanz der Spruchgerichts – und EN-Verfahren durch die Deutsche Bevölkerung.Einzelerhebungen
ABSCHNITT IX | Strafverfolgung durch deutsche Strafgerichte
1. Neubeginn der deutschen Strafgerichte
2. Einzelfälle
SCHLUSSWORT | Der Übergang zur Bundesrepublik Deutschland
Anhang 1 Literaturverzeichnis
Anhang 2 Abkürzungen Alliierter Dienststellen
Anhang 3 By Order of Military Government
Anhang 4 Zeittafel
Fußnoten
a.A.O. am angegebenen Ort
Abb Abbildung
ABl Amtsblatt
AHK Alliierten Hohe Kommission
AHKBl Amtsblatt der Alliierten Kommission
Abs. Absatz
a.D. außer Dienst
a.E. am Ende
a.F. Alte Fassung
aGrd auf Grund
AG Amtsgericht
ALIKR Alliierter Kontrollrat
All. Alliierten
Anm. Anmerkung
AO Anordnung
Art Artikel
ausl. ausländische
AV Ausführungsverordnung
Bd Band
Beschl. Beschluss
BGH Bundesgerichtshof
BMR Britische Militärregierung
BRD Bundesrepublik Deutschland
BrKK Britische Kontrollkommission
bes. besonders
btr. betreffend
BGB Bürgerliches Gesetzbuch
Bl. Blatt
BZ. Britische Zone
bzgl bezüglich
C.I.C. Civil Internment Camp
DDR Deutsch Demokratische Republik
ehem. ehemalige
einschl. einschließlich
EN Entnazifizierung
entspr. entsprechend
ff folgende
Fn Fußnote
GA Generalakten AG / OLG / LG,
GB Großbritannien
ggf. gegebenenfalls
gem. gemäß
Gen. Akten Az Generalakten Aktenzeichen
GESTAPO Geheime Staatspolizei
GG Grundgesetz
HLKO Haager Landkriegsordnung
HRpfl Hannoversche Rechtspflege
HStA Hauptstaatsarchiv in Hannover
i.F. im Folgenden
IMG Internationaler Militärgerichtshof
IMT Internationales Militärtribunal
Info Information
insbes. insbesondere
i. S. in Sachen
i.ü. im Übrigen
i.w. im Wesentlichen
JM Justizminister
Komm. Kommentar
KR Kontrollrat
KRG Kontrollratsgesetz
LG Landgericht m.E. meines Erachtens
Mil.Reg.VO Verordnung der Militärregierung
Min.Dir. Ministerialdirektor
Min.R. Ministerialrat
NJW Neue Juristische Wochenschrift
NS nationalsozialistisch
NSB National- Sozialistische Bewegung
NSDAP Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei
NSKK Nationalsozialistisches Kraftfahrerkorps
NSV Nationalsozialistische Volkswohlfahrt
oä oder ähnlich
OFLAG Offizierskriegsgefangenenlager
OLG Oberlandesgericht
ObSpGH Oberster Spruchgerichtshof
OGH Oberster Gerichtshof der britischen Zone
PA Personalakte
pp. fortlaufend
Prot. Protokoll
Prov. provisorisch
RA Rechtsanwalt
Reg. Rat Regierungsrat
RGBl Reichsgesetzblatt
RJM Reichsjustizministerium
RndNr. Randnummer
Rspr. Rechtsprechung
S. Satz
s. siehe
SA Sturmabteilung
SD Sicherheitsdienst der SS
sogen, sogenannt …
SLO Services Liaison Officer / Verbindungsoffizier
SprG Spruchgericht
STALAG Stammlager (für Kriegsgefangene)
STGB Strafgesetzbuch
SU Sowjetunion
SS Schutzstaffel
str. strittig
stv stellvertretend
s. Z. seiner Zeit / seinerzeitig
Tz. Textziffer
u.a. unter anderem
u.ä. und ähnliche
v. von
vAw von Amts wegen
Verf. Verfasser
Vgl Vergleich
VO Verordnung
vorg. vorgenannt
Vors. Richter Vorsitzender Richter
z.B. zum Beispiel
Zif. Ziffer
zG zugunsten
ZJA BrZ Zentrales Justizamt der Britischen Zone
ZJBl Zentraljustizblatt
z.T. zum Teil
Am 16.4.1945 war die Besetzung des Landkreises Fallingbostel, gelegen zwischen Hamburg und Hannover an der Bundesautobahn A7, durch die britischen Streitkräfte im Wesentlichen abgeschlossen. Die Kapitulationserklärung wurde am 8. Mai 1945 von den Vertretern der Siegermächte und den militärischen deutschen Vertretern in Karlshorst unterzeichnet.
Militärische Kapitulationsurkunde
Unterzeichnet zu Berlin, am 8. Mai 1945
gez V. Friedeburg |
gez Keitel |
gez. Stumpff |
Für das Oberkommando der Deutschen Wehrmacht
In Gegenwart von:
Für den Obersten Befehlshaber der Alliierten |
Für das Oberkommando der |
Bei der Unterzeichnung waren als Zeugen zugegen: |
|
General, Oberkommandierender der Ersten |
Kommandierender General der Strategischen |
Auszug aus der Original – Kapitulationsurkunde vom 8. Mai 1945
Die ersten Wahlen zum Deutschen Bundestag erfolgten am 21.09.1949. Das Besatzungsstatut war in kraft getreten1.
Der dazwischen liegende Zeitraum, also die Zeit vom 16.04./08.05.1945 bis zum 21.09.1949, ist der der Militärverwaltung in den drei Besatzungszonen in Westdeutschland, gemeinhin auch »Interregnum« genannt. Es ist die Zeit des ersten Schrittes der notwendigen deutlichen Vernichtung des NS-Regimes, also auch des Un-Rechtes der NS-Zeit, der Bestrafung der Täter des untergegangenen 3ten Reiches und des zögerlichen Aufbaus von Grundlagen für eine freiheitliche, demokratische Grundordnung in Deutschland.
Der vorliegende Bericht beschränkt sich räumlich i.w. auf den Landkreis Fallingbostel (Britische Besatzungszone) und dort mit einem Schwerpunkt auf die Einrichtung und Tätigkeit des Spruchgerichtes Benefeld als ein Instrument der Vergangenheitsbewältigung. Dieses war s. Z. ein viele deutsche Bürger betreffendes und bedeutendes Gericht.
Es sollen jedoch auch Hinweise auf die s.Z. Militärverwaltung, den Aufbau der »neuen Verwaltung« sowie die Vergangenheitsbewältigung durch Verwaltung und Gerichte gegeben werden, soweit es sie im Landkreis Fallingbostel gegeben hat. Dabei müssen allerdings zum besseren Verständnis einige dieser Vorgänge auch in einem größeren Zusammenhang dargestellt werden.
Nicht vollständig dargestellt werden können der kommunale und politische Aufbau im Landkreis Fallingbostel. Dieser ist an anderer Stelle erarbeitet2.
Die BMR (Britische Militärregierung), mit Sitz zunächst in Bad Oeynhausen, später in Rheinsehlen im Landkreis Soltau, war verständlicherweise gegenüber den vorhandenen Strukturen in der Gesellschaft, insbesondere in Verwaltung und Justiz, kritisch. Für die BMR verlässliche Strukturen einer Verwaltung und Gerichtsbarkeit waren nur sehr eingeschränkt oder überhaupt nicht vorhanden.
Einzig den Vertretern der Kirche gegenüber begegneten die Briten recht unvoreingenommen wohlwollend. Sie war für die Alliierten »die größte, aktivste und wohl auch effektivste Widerstandsbewegung der Nazizeit«3. Die Kritik und die Auseinandersetzung mit z. B. den Deutschen Christen der NS-Zeit und überhaupt der Kirche im Dritten Reich und auch im Landkreis Fallingbostel sollten umfassend erst später erfolgen. Sie sind nach der Auffassung vieler auch durchaus nicht zu Ende gekommen. Das zeigt das kritische Verhältnis zwischen den jüdischen Gemeinden und einigen Vertretern der evangelischen Kirchen4.
Zu kämpfen hatte die BMR mit einer desolaten Versorgungslage der Bevölkerung. Gerade im Landkreis Fallingbostel waren durch Flüchtlinge i.w. aus dem Osten und Bombenflüchtlinge, aber auch Ausländer, z. B. ehm. Zwangsarbeiter, und Insassen z. B. des Lagers Belsen und der Lager Fallingbostel – Oerbke wie aber auch Kollaborateure des Regimes aus anderen Ländern Probleme entstanden, auf deren Bewältigung die »Vereinten Nationen« in keiner Weise vorbereitet waren (bis zur Gründung der Vereinten Nationen in New York am 26. Juni 1945 und des Beitrittes der USA und des Königreiches Großbritannien am 24.10.1945 war die Bezeichnung der Alliierten als »Vereinte Nationen« üblich).
Die Militärverwaltung in den Besatzungszonen, hier im Landkreis Fallingbostel, der britischen5, war befrachtet mit immensen Problemen für die Bürger wie aber auch für die BMR. Die BMR-Verwaltung erforderte eine Vielzahl von »Verwaltern«, also den Einsatz von militärischen und zivilen britischen Bürgern. Die Kosten waren enorm. Während die Kosten für die Kolonialverwaltung von 300 Millionen Indern jährlich etwa 180 Millionen Pfund ausmachten, waren für den durchaus vergleichbaren Zweck – Kolonialverwaltung/Verwaltung der Besatzungszone – für 23 Millionen Deutscher in der BZ 400 Millionen Pfund jährlich aufzubringen6. Es darf dabei nicht übersehen werde, dass auch die britische Bevölkerung aufgrund der erheblichen Lasten des abgeschlossenen Kriegsgeschehens keineswegs ausreichend versorgt war.
Die Haltung der Britischen »Besatzer« auch gerade in den Landkreisen Fallingbostel und Soltau war bestimmt von dem Erleben bei der etwa gleichzeitig erfolgten Befreiung des Lagers Bergen – Belsen, von dem also, was die britischen Soldaten unmittelbar zuvor bei der Befreiung des Lagers an unbeschreiblichem Grauen und Elend vorgefunden hatten.
Es mag manches nicht gelungen sein. Es sind sicher Fehler durch die Alliierten gemacht worden. Die Alliierten werden auch heute noch wegen ihrer angeblichen missratenen Kriegszielpolitik kritisiert7. Es seien Strategien für die Nachkriegszeit nicht rechtzeitig entwickelt worden. Es habe nur das Ziel des »unconditional surrender« gegeben.
Die Behandlung Nachkriegsdeutschlands durch die Alliierten war nicht einheitlich, ja sogar in den politischen Gruppen einer Besatzungszone unterschiedlich. Eines dürfte aber sicher gelten, dass nämlich die seinerzeit durch die Alliierten und besonnene, historisch bewusste und reformbereite Deutsche geschaffenen Grundlagen einer freiheitlichen, demokratischen Grundordnung sich letztlich als tragfähig für die Bundesrepublik Deutschland erwiesen haben. Dieser Anfang wäre ohne die Mitwirkung und tatkräftige Unterstützung der Alliierten unendlich viel mühseliger gewesen. Das gilt sicher auch für den Landkreis Fallingbostel, wo durch die BMR Gemeinde- und Stadträte, wie auch der Kreistag im Rahmen der großen Verwaltungsreform in der BZ eingerichtet wurden.
Ein Vergleich mit den derzeitigen Bemühungen der »Alliierten«, also i.w. der US-Amerikaner, der Britischen Streitkräfte und ihrer Entscheidungsträger beim sogen. »Kampf gegen den Terrorismus«, seiner Konzeptlosigkeit auch und insbesondere gegenüber den betroffenen Bürgern des Mittleren Ostens drängt sich auf. Die bereits 1942 bis 1945 erarbeiteten Strategien bei der Bewältigung von Kriegsfolgen waren deutlich erfolgreicher. Ist doch Westdeutschland innerhalb von ca. nur vier Jahren mit gewissen Einschränkungen etwa vom »Feind« zum Partner geworden.
Fernab aller »großen Politik« entwickelte sich also auch im hiesigen Raum Bemerkenswertes. Bomlitz, Benefeld und die Lager in Fallingbostel / Oerbke waren in einem kurzen Augenblick »historische Plätze« geworden.
Es kann hier nur sehr eingeschränkt auf Einzelschicksale von Gefangenen und Internierten in den Lagern eingegangen werden. Die Geschichte in den Lagern Fallingbostel/Oerbke ist an anderer Stelle über lange Jahre erfasst, archiviert und dargestellt8.
Hier nun steht die Geschichte der Gerichtsbarkeiten im Mittelpunkt. Auch in diesem Zusammenhang ist der Landkreis Fallingbostel von erheblicher Bedeutung gewesen: Die Militärgerichte der Briten, die Gerichte des Kontrollrates und der Alliierten Hohen Kommission (AHK), die Spruchgerichte in Bomlitz – Benefeld – i. F.., »SprG BB« genannt –, die Spruchkammern der Entnazifizierung (EN); der äußerst vorsichtige, zögernde Aufbau einer deutschen Justiz auch hier im Amtsgerichtsbezirk Walsrode/Ahlden ist heute weniger bekannt.
Nicht dargestellt werden können aber viele weitere rechtliche Probleme der Nachkriegszeit hier, wie die der Flüchtlinge aus Osteuropa, der bedauernswerten deutschen Vertriebenen, Bombenflüchtlinge; aber auch der Kollaborateure des Deutschen Reiches während der Dauer der Deutschen Besatzung, also z.B. Niederländer, Flamen, Russen. Weiter können nicht Mangelwirtschaft, der »Schwarze Markt«, die Probleme der Repatriierung der Zwangs- und Fremdarbeiter aus dem hiesigen Raum berührt werden9.
Festzustellen wird aber das »Ende des Krieges« sein, weil das Kriegsende für die Alliierte Nachkriegspolitik aber auch für die deutsche Rechtsentwicklung naturgemäß bestimmend war. Es wurde sehr deutlich, dass zunächst während eines langen Zeitraumes die Britische Armee eine Besatzungsarmee war, wie es sich auch aus der Stationierung der britischen Streitkräfte hier im Landkreis Fallingbostel ergab.
Wenn gleich wohl i. F.. von dem 8.Mai 1945 als von dem »Kriegsende« gesprochen wird, geschieht dieses aus Vereinfachungsgründen.
Diese kleine Rechtsgeschichte kann nicht erschöpfend die Zeit vom Mai 1945 bis September 1949 darstellen. Insofern muss auf die umfangreiche Literatur verwiesen werden.
Die Darstellungen hier dienen lediglich der – selbstverständlich stark verkürzten -Erläuterung des historischen Hintergrundes auch der Rechtsgeschichte im Landkreis Fallingbostel. Weite Teile der Ortsgeschichte – die Probleme der Lager (RAD, Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter, Nr.3 C.I.C, D.P.- Lager (displaced persons), Flüchtlinge) sind an anderer Stelle dargestellt10. Zivilrechtliche Entwicklungen während der Zeit des »Interregnums« werden ebenfalls in diesem Zusammenhang nicht dargestellt werden können.
Gleichwohl können die dargestellten Entwicklungen zeigen, wie auch hier »Geschichte gemacht wurde«.
Im allgemeinen Verständnis war »der Krieg zu Ende« am 8.Mai 1945. Die »Waffen schwiegen«. Eine lange Zeit unendlichen Leidens, Millionen von Toten, Verfolgten und planmäßig gemordeter Bürger Ost- und Westeuropas. Ein Krieg, der durch den Holocaust in den Konzentrationslagern Juden, Sinti und Romas, aber auch politisch missliebiger Deutschen im Lande vernichtete ging zu Ende.
Es war über eine erste Aufarbeitung durchaus frühzeitig nachgedacht worden. Es waren die Strukturen zur Durchführung der Bestrafung der Schuldigen geplant. Angesichts des Umfanges und des seinerzeitigen Wissensstandes konnten diese vor Ende des Krieges noch nicht abgeschlossen werden.
Das Ende des Krieges im Sinne des Völkerrechts war nicht der 8.05.1945. Am 5. Juni 1945 erklärten die Alliierten in Potsdam:
»Declaration regarding the defeat of Germany …: The German armed forces have surrendered unconditionally … There is no central Government or authority in Germany«
(»Erklärung über die Niederlage Deutschlands … Die deutschen bewaffneten Kräfte haben bedingungslos kapituliert … Es gibt keine zentrale Regierung oder Macht in Deutschland«).
Damit aber war der Krieg im Verständnis der Völkerrechtler, und zwar insbesondere aller Alliierten, keineswegs zuende. Dieses aber wird wegen der vielfältigen rechtlichen und tatsächlichen Folgen des »Kriegsendes« festzustellen sein.