Die Klais-Orgel Opus 1900
Vorspiel
Werkstattbesuch
Der Aufbau Teil 1
Das Gehäuse des Schwellwerks wird aufgestellt
Aufbau des Prospektes
Aufbau Teil 2, der Innenausbau
Die Registertraktur
Die Spieltraktur
Der weitere Aufbau der Windlade
Der weitere Auf- und Ausbau
Die Ersttonfeier
Die Intonation
Die Register des Schwellwerks
Zungenpfeifen (Linguale)
Sonderregister
Der Aufbau der Register im Hauptwerk und Pedal
Die Koppeln
Die Pedalkoppeln
Die Lingualregister (Zungenregister)
Die Einweihung oder: Wie klingt die Orgel?
Disposition
Nachspiel
1. Orgel im Altenberger Dom
2. Langhaus-Orgel im Kölner Dom
Die Orgelbauwerkstatt Johannes Klais, Bonn, baute, im einhundertdreißigsten Jahre ihres Bestehens, ihre eintausendneunhundertste Orgel, bestimmt für die St. Patroklikirche in Dortmund-Kirchhörde. Die Orgel wurde am 18. März 2012 eingeweiht.
Der Aufbau der Jubiläumsorgel wird im Folgenden fotografisch dokumentiert und dazu kommentiert. So ist eine kleine Orgelkunde entstanden. Es kann nur eine kleine Orgelkunde sein, weil die Orgelwelt so vielfältig ist, dass mit dem Beispiel einer Orgel keineswegs ihre Erscheinungsformen dargestellt werden können. Außerdem ist es kein großes, spektakuläres Werk, sondern eher ein feines, durchschnittliches Opus. Dies ist allerdings für eine Einführung sehr geeignet.
Meine erste Begegnung mit einer Klais-Orgel liegt über dreißig Jahre zurück. Wir machten damals mit der Dortmunder Kantorei Fernsehaufzeichnungen im Altenberger Dom, während neben uns die große Orgel aufgebaut wurde (Bild 1). Im neuen Jahrtausend bekam Dortmund ein Konzerthaus mit einer Orgel der Firma Klais. Bevor es soweit war, gab es Besichtigungsfahrten zur Bonner Werkstatt. 2001 habe ich an einer solchen Besichtigung teilgenommen. Es sollte nicht die letzte sein.
Die Feier des ersten Konzerthaus-Orgeltones erfolgte 2002. Bei dieser Gelegenheit begegnete ich Herrn Philipp C. A. Klais. Ich erzählte ihm von meinem Projekt, ein Orgelbilderbuch für junge und erwachsene Interessenten zu erstellen. Er fand die Idee gut. Unterdessen ist dieses „Große Orgel – Bilderbuch“ fast fertig. Eigentlich kommt man mit den Erkenntnissen über die Orgel nie zu einem Ende. Das Gebiet ist zu umfangreich aber zugleich hochinteressant.
Als nun in Kirchhörde – gewissermaßen vor der Haustür – der Wunsch nach einer neuen Orgel entstand, sich auch schon ein ORGELbauVEREIN etabliert hatte, gab es wieder Besichtigungsfahrten. 2008 habe ich an zwei Fahrten teilgenommen. Die erste Fahrt führte nach Bonn, in die Werkstatt der Firma Klais und zum Altenberger Dom. Dies wurde ein Wiedersehn ganz anderer Art. Unter der fachkundigen Führung von Herrn Bendel durften die Teilnehmer sogar nach oben in das Hauptwerk steigen.
Große Orgeln setzen sich aus mehreren kleineren Orgelwerken zusammen. In der Regel bekommt jedes dieser Werke eine eigene Klaviatur. Sie wird Manual genannt – man spielt darauf mit den Händen (lat. manus – die Hand). Das wäre nicht erwähnenswert, wenn nicht die Organisten auch ihre Füße zum spielen benutzen würden und deshalb eine besondere Fußklaviatur: das Pedal hätten, was mit einem eigenen „Werk“, dem Pedalwerk ausgestattet ist.
Das Hauptwerk oben zu haben, ist an dieser Orgel eine ihrer Besonderheiten. Eine große Orgel (vgl. Bild 1) hat oft ein Rückpositiv. Das ist das unterste Orgelwerk im Rücken des Organisten. Es hängt gewöhnlich vor dem Rand der Orgelempore. Auf der Empore und hinter dem Rückpositiv sitzt der Organist (immer auch die Organistin) am Spieltisch, d. h. er hat die Manuale vor sich und das Pedal unter sich. Der Spieltisch ist durch das Rückpositiv den Blicken entzogen. Ebenso das über dem Spieltisch befindliche Brustwerk. Darüber erhebt sich nomalerweise das Hauptwerk. Hier ist es aber das Schwellwerk, rechts und links flankiert von den Pedaltürmen. Da die großen Basspfeifen eine enorme Länge haben, machen sie den Eindruck von Türmen und so heißen sie dann auch. Die Pedalpfeifen bilden außerdem den Prospekt vor dem Schwellwerk. Der Prospekt wird gebildet von der vorderste Pfeifenreihe, die man eben sehen kann. Das Hauptwerk ist nach oben gesetzt worden, wo sich sonst das Oberwerk befindet. Unter ihm ragen die Zungenstimmen der „Trompeteria“, oder des „Chamadewerkes“, waagerecht in den Raum hinein. Man kennt diese Ausrichtung der entsprechenden Zungenstimmen auch als „spanische Trompeten“. (An der Walcker-Orgel in der St. Reinoldi-Kirche in Dortmund ist ein solches Chamadewerk ebenfalls zu sehen.) Auf Grund des Bildes 1 wird man nicht unbedingt vermuten, dass die Orgel die Höhe eines sechsstöckigen Hauses hat. Die Orgel besitzt noch einen zweiten Spieltisch, der an beliebiger Stelle im Kirchenschiff seinen Platz erhalten kann. Er hat eine elektrische Steuerung, während der eingebaute Spieltisch eine mechanische Steuerung (Traktur) hat. Bei der mechanischen Traktur (der Verbindung von der Taste zur Pfeife) kann der Organist den Druckpunkt spüren, wenn sich das Ventil öffnet. Er hat den Tonbeginn gewissermaßen in der Hand. Mit dem anderen Spieltisch kann er einen Platz gegenüber der Orgel wählen und sie damit so hören, wie der neben ihm sitzende Konzertbesucher. Beim Aufstieg zum Hauptwerk geht es über senkrechte Leitern, durch enge Luken nach oben. Es war mir ein besonderes Erlebnis dort hinauf zu steigen und in den Pfeifenwald hinab zu sehen.
Die zweite Fahrt hatte Köln zum Ziel. Der Dom stand natürlich mit seiner Orgel (Bild 2) im Mittelpunkt. Es gab eine Führung auf das hohe Domdach. Über den Gewölben liegen Eisenträger, die die hängende Langhaus-Orgel an Stahlstangen halten. Einen Bildeindruck von dieser technischen Lösung hatte ich durch den Bildband von Renate Hofmann: „ein Hauch – ein Ton, Bilder vom Entstehen der neuen Klais-Orgel im Kölner Dom“. Leider waren die Träger abgedeckt, so dass ich mich mit dem Bildeindruck aus dem Buch begnügen musste. Auch die Orgel schwebt unerreichbar in ca. 18m Höhe vor der Nordwand des Domes. Sie hat drei Manuale und Pedal: für Rückpositiv, Hauptwerk und Schwellwerk und das Pedal. Mit 53 Registerzügen können die 45 klingenden Register klanglich kombiniert werden. Eine Zahl habe ich noch aus dem Buch abgeschrieben: Die Orgel hat 3956 Pfeifen. Die Bilder zeigen in künstlerischen schwarz-weiß Aufnahmen die Fertigung in der Werkstatt und die Montage der Orgel in luftiger Höhe. Es heißt: „Dennoch handelt es sich um keine rein technische Dokumentation“. Für den Fachmann ist es eine Augenweide – für den Laien ist es auch gut anzusehen, aber weniger gut zu verstehen. Da würde eine nicht so spektakuläre Aufbauarbeit abgebildet und kommentiert, die nötigen Kenntnisse vermitteln können. Das ist der Grundgedanke dieses Buches.
Unterdessen sind einige Jahre des Ansparens, Planens und zuletzt die Zeit des Orgelbaus vergangen. Am 10. 12. 2011 wurde wieder eine Fahrt zur Werkstatt Klais gestartet. Diesmal um – wie früher – eine Führung durch die Werkstatt zu haben, nun aber auch mit der Besichtigung der fertigen aufgebauten Orgel.
Die Führungen haben immer mit der Pfeifenherstellung angefangen. Herr Bendel erklärt vor dem Schmelzofen (Bild 3) wie aus einer Legierung von Zinn und Blei das Orgelmetall gewonnen wird. Ist der Schmelzvorgang beendet, wird das flüssige Metall in den Bottich gefüllt, um auf die Gießtemperatur abzukühlen. Danach kommt es in den Gießschlitten (Bild 4), der, über den Gießtisch (Bild 5) gezogen, das Metall gleichmäßig verteilt. Die Platten werden auf die je gewünschten Stärken gehobelt, um dann aufgewickelt zu werden, oder schon mit maschinellen Hilsmitteln (Bild 6) gerundet zu werden. Bei kleinen Pfeifen ist das eine Handarbeit mit einer Form. Bei ganz großen Pfeifen arbeitet ein Team mit erheblichem Kraftaufwand an einer Pfeife. So etwas ist am arbeitsfreien Samstag nicht zu beobachten. Die fertigen Pfeifen werden gelagert. Es sind (Bild 7) kleine Gedacktpfeifen und Pfeifen der Rohrflöte. Marcel Pier, Organist der Gemeinde und gelernter Orgelbauer, betrachtet fachmännisch die „Stiefel“ des Zungenregisters Fagott (Bild 8). Dieses Register wird als vorletztes aufgestellt werden.
3. Werkstatt Klais
4.
5.
Eine wichtige Fertigungsstufe war an der aufgestellten Orgel nicht mehr zu besichtigen. Das sind die Tonkanzellen. Sie sind das Innenleben der Windlade. Aus einer anderen Produktion stammt das Bild 9