Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme
Ein Titeldatensatz für diese Publikation ist bei der Deutschen Bibliothek erhältlich.
Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
ISBN 978-3-8448-8729-7
© 1. Auflage 2010 by Harry Jacobsen, Oldenburg
Alle Rechte, besonders das der Übersetzung, vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung von Text und Abbildungen, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Autors.
Herstellung und Verlag:
Books on Demand GmbH, Norderstedt
Der Autor dieses Buches gehört zu einer kleinen Gruppe von Modellbauern, die Mitte der 1980iger Jahre eine neue Sparte des Modellbaus erfanden, die sie „Mikromodellbau“ nannten. Dabei ging es darum, auch kleine Schiffsmodelle mit einer Verdrängung von unter 500 Gramm mit einer Funkfernsteuerung auszustatten. Ende der 1980iger Jahre waren die technischen Möglichkeiten dann so weit, dass es auch gelang, Lastkraftwagen im bekannten Eisenbahnmaßstab 1:87 („H0“) ferngesteuert zu bauen. Allerdings gehörte viel Fantasie, Eigeniniative und technisches Geschick zum Bau dieser Modelle, da der Modellbauhandel noch kein spezielles Zubehör im Programm hatte. In dieser Tradition des Mikromodellbaus entstand auch das in diesem Buch vorgestellte Modell der Rüstersiel: Es ist klein, besitzt viele Funktionen und benötigte viel Entwicklungsarbeit, zum Beispiel für den funktionsfähigen Kran oder für die selbst entwickelte Elektronik mit Mikroprozessorsteuerung.
Liebe Leser und Modellbauer,
mit diesem Buch möchte ich Ihnen in Bildern vorstellen, wie mein funkferngesteuertes Modell des Mehrzweckschiffes “Rüstersiel” entstanden ist, das für das Wasser- und Schifffahrtsamt Wilhelmshaven fährt. Das Modell ist sicher kein weltmeisterliches Modell, dazu fehlen mir die Fähigkeiten. Trotzdem soll eine große Anzahl von Baustufenfotos dokumentieren, welche Wege ich beim Bau gegangen bin. Dabei hoffe ich, dass für die Modellbauer unter den Lesern ein paar brauchbare Tipps, Tricks und Arbeitstechniken zu finden sind. Und für die Nicht-Modellbauer hoffe ich, dass es interessant sein mag, einmal der Entstehung eines Modells dieser Art zuzusehen.
Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, mich zu bedanken:
Bei allen Mitarbeitern des Wasser- und Schifffahrtsamtes Wilhelmshaven, mit denen ich Kontakt hatte. Jedes mal hatte ich das schöne Gefühl, dass man mir gern bei meinen Anliegen behilflich ist.
Bei der Besatzung der Rüstersiel, die mich auf ihrem Schiff immer herzlich willkommen hieß.
Bei Matthias Edel, dem Schiffsführer der Rüstersiel, für seine endlose Geduld mit mir, seine Tipps und Hinweise, für seine Fotos und für das Korrekturlesen des Manuskripts.
Bei meiner Frau Ingrid, die regen Anteil an meinen Projekten nimmt und mich immer wieder motiviert, sie auch zum Abschluss zu bringen.
Und nun wünsche ich Ihnen eine interessante und unterhaltsame Lektüre.
Harry Jacobsen
1 MS Rüstersiel, das Vorbild
1.1 MS Rüstersiel im Einsatz
1.2 Rüstersiel als Modell
2 Der Rohbau
2.1 Rohbau: Rumpf
2.2 Rohbau: Deck
2.3 Rohbau: Schanzkleid
2.4 Rohbau: Aufbau
2.5 Rohbau: Innenausbau
3 Der Antrieb
3.1 Maschinenraum
3.2 Propeller
3.3 Ruderanlage
3.4 Bugstrahlruder
4 Baugruppen
4.1 Der Mast
4.2 Reling
4.3 Bordkran
4.4 Das Schlauchboot
4.5 Radarantennen
4.6 Opferanoden
4.7 Rettungsmittel
5 Beleuchtung
5.1 Navigationslichter
5.2 Leuchtstofflampen
5.3 Glühlampen
5.4 Halogenscheinwerfer
5.5 Suchscheinwerfer Seematz
5.6 Innenbeleuchtung
6 Details
7 Fahrbetrieb
Titelbild groß:
Das Modell der MS Rüstersiel bei Wind auf dem Modellteich.
Kleine Titelbilder, von links:
Der Modellrohbau, das Deck ist bereits lackiert.
Nachtfahrt mit vorbildgetreuer Lichterführung.
Beckerruder und Propeller aus der Nähe.
Größenvergleich zwischen Vorbild und Modell.
MS Rüstersiel ist ein 34 Meter langes Arbeitsschiff und steht im Dienst des Wasser- und Schifffahrtsamtes Wilhelmshaven. Ihr Einsatzgebiet umfasst das Hafengebiet von Wilhelmshaven, den Jadebusen, das Jadefahrwasser und reicht ungefähr bis zu den Inseln Wangerooge und Mellum.
Rüstersiel ist ein „Tagesschiff“, das heißt, im Normalfall läuft es morgens aus und ist abends wieder im Heimathafen. Es hat aber alle Einrichtungen an Bord, die für ein Übernachten der Besatzung notwendig sind.
Das Schiff wird über zwei Propeller angetrieben und manövriert mit zwei Hochleistungsrudern („Beckerruder“) und einem Bugstrahlruder.
Einige technische Daten:
Baujahr 1988
Länge 33,70m
Breite 6,70m
Tiefgang 1,80m
Antrieb 2 × 257kW
Geschwindigkeit 12,9Kn
Besatzung: 3
Mit seinen knapp 34 Metern Länge gehört Rüstersiel nicht gerade zu den Supertankern, hat aber alles, was sie für einen funktionsfähigen Modellnachbau besonders interessant macht: zwei Propeller, Beckerruder, Bugstrahlruder sowie ein Arbeitsdeck mit Kran.
Ursprünglich war das Schiff dafür vorgesehen, die unbemannten Feuerschiffe der Wesermündung auf Position und zurück in den Hafen zu schleppen. Daher ist es als Schlepper klassifiziert und mit einem Schleppgeschirr ausgerüstet. Außerdem sollten diese Feuerschiffe auch auf See gewartet werden, daher hat Rüstersiel steuerbord eine Übergabestation, um die Feuerschiffe mit Wasser und Brennstoff zu versorgen. Inzwischen haben sich die Aufgaben aber verändert. Die Fahrt über See mit den Feuerschiffen hat das Gewässerschutzschiff Mellum übernommen, Rüstersiel führt den Transfer im Hafen durch. So bleibt Zeit für andere Aufgaben, wie die folgenden Bilder zeigen.
Ein häufiger Zielhafen ist die Insel Wangerooge. Dort hat das Wasser- und Schifffahrtsamt Wilhelmshaven eine Außenstelle, für die regelmäßig Transportaufgaben zu erledigen sind.
Bei Baubeginn besaß ich einen Bauplan und ca. 50 Farbfotos, die ich in Wilhelmshaven aufgenommen hatte. Aufgrund vieler Unterbrechungen zog sich der Bau des Modells dann aber über ungefähr 11 Jahre hin. In dieser Zeit entwickelte sich ein immer intensiverer Kontakt zum Schiff und dessen Besatzung, die mich mit weiteren Informationen versorgte.
Eine häufige Frage ist die nach den Baumaterialien. Hier eine kleine Zusammenstellung:
Polystyrolplatten 5mm, 1mm, 1,5mm und 2mm dick für Rumpf, Aufbauten, Deck, Schanzkleid usw.
Draht und Rohr aus Messing und Aluminium für Reling, Mast, Antennen usw.
Aus selbst gezeichneten Ätzvorlagen entstanden in Lohnfertigung Bleche für Kran, Relingstützen, Propellerblätter usw.
Polystyrolprofile von Evergreen (aus dem Modelleisenbahnbedarf) für z.B. Poller, Scheuerleisten, Kleinteile.
Das Original hat in den Jahren meiner Bauzeit eine ganze Reihe von Werftaufenthalten erlebt. Dabei änderten sich bei ihm ein paar Details, die an meinem Modell aber schon fertig gestellt waren, wie z.B. die Kettenstopper der Ankerwinde. Das hat man davon, wenn man so langsam ist, an solchen Stellen passt das Modell jetzt nicht mit dem Original zusammen. Aber trotzdem ist meiner Ansicht nach ein ansprechendes Modell entstanden, das durch Optik und Funktionen überzeugt.
Der Antrieb über zwei Propeller, Bugstrahlruder und Beckerruder ermöglichen feinfühliges Manövrieren. Alle Navigationslichter, Decklichter und Schweinwerfer wurden dem Original entsprechend funktionsfähig gestaltet und sind einzeln schaltbar. Die Radarantennen sind elektrisch angetrieben und der Kran funktionsfähig.
Technische Daten des Modells:
Länge | 45cm |
Breite | 9cm |
Tiefgang | 3,6cm |
Verdrängung | 750 g |
Antrieb | 2 Elektromotore |
Wohl eher selten hat ein Schiffsmodellbauer Fotos vom Unterwasserschiff des Originals. Daran zu kommen gelingt nur selten, es sei denn, das Schiff liegt in der Werft auf dem Trockenen, und man hat Zugang dorthin.
Allerdings ist es auch dort nicht einfach, zu guten Übersichtsfotos zu kommen, da zum Beispiel in einem Dock der Platz sehr eingeengt und zum Fotografieren wenig günstig ist. Umso erfreuter war ich, als ich eines Tages einen Anruf vom Schiff bekam, es ständen Fotos für mich zur Verfügung. Rüstersiel war im Watt trocken gefallen und der Kapitän hatte zu seiner Kamera gegriffen.
Ein geeigneter Beginn beim Bau eines Schiffsmodells ist zum Beispiel der Rumpf. Bei meiner Rüstersiel entstand er aus einem Spantgerüst, das mit Polystyrolstreifen von 1mm Dicke beplankt wurde. Eigentlich müsste man statt des Wortes „Spanten“ das Wort „Mallen“ verwenden. Spanten verbleiben im Rumpf, während Mallen zwar wie Spanten aussehen, aber nach dem Bau aus dem Rumpf entfernt werden. Und das geschah auch mit den Mallen im Modellrumpf, sie wurden nach dem Bau entfernt. Das ist bei derart kleinen Modellen problemlos erlaubt, da der Rumpf in sich stabil genug ist, um auch ohne innere Verstärkungen auskommen zu können.
Nach dem Beplanken wurde der Rumpf abwechselnd gespachtelt und nass verschliffen, zuletzt mit Papier der Körnung 400. Das Nassschleifen verhindert Staubbildung, hält das Schleifpapier scharf und ist mir daher wesentlich sympathischer als der Trockenschliff. Erst nach dem Schleifen erfolgte das Einkleben der Schlingerleisten. Der Rumpf wurde vom Baubrett entfernt, dann brach ich die Mallen vorsichtig heraus, um Platz im Rumpfinneren zu schaffen.