When the mud comes, we'll race bicycles through it.
Inhalt
Helden des Ackers – ein Vorwort
Was ist eigentlich Cyclocross – eine Einführung
Die Definition
Der Wettkampf
Das Crossrennrad
Die Geschichte des Radquerfeldeinfahrens
Die Anfänge
Nun auch Weltmeister
Hopp Schwyz
Im Schatten der Tour de France
Belgisches Festival
Trendsport
Who is who - Persönlichkeiten des Cyclocross
Géo Lefèvre – Der Ideengeber
Eugène Christophe - Der alte Gallier
Arsène und Josy Mersch - Lëtzebuerger Vëlosportler
Robert Oubron - Papy Oubron
Jean Robic – Der Lederkopf
André Dufraisse – Der Fausto Coppi des Ackers
Renato Longo – Der Bäcker auf Stelzen
Erik De Vlaeminck - Das Cross-Genie
Roger de Vlaeminck – Monsieur Paris-Roubaix
Rolf Wolfshohl – Le Loup
Albert Zweifel - Der Rotschopf aus Rüti
Klaus-Peter Thaler – Ein unglaubliches Comeback
Radomir Simunek – Radek, der mit dem Rad tanzt
Mike Kluge – Mike the Bike
Thomas Frischknecht – Frischi
Sven Nys - De kannibaal van Baal
Hanka Kupfernagel – La Hanka
Marianne Vos – The girl who wants it all
Kurzbiografien
Die Technik des Crossrennrades
Der Rahmen – tragende Rolle
Die Laufräder – Profil zeigen
Die Reifen – Bodenhaftung behalten
Der Lenker – Einen Bogen machen
Der Antrieb – Kompakt geht’s besser
Die Bremsen – elegant verzögern
Die Pedale – Halt geben
Die Schuhe – Rein und raus, rauf und runter
Die Bekleidung – Etwas Warmes braucht der Crosser
Training und Fahrtechnik
Grundlagen – Genauso und doch anders
Der Start – Sprinter gesucht
Im Gelände – Artisten gesucht
Zusammenfassung – vom Einfachen zum Schweren
Cyclocross & Breitensport – es muss nicht immer Wettkampf sein
Crossrennen
Strecke
Auf- und Abbau
Organisation
Statistik
Critérium International de cyclo-cross
Weltmeisterschaften
Deutsche Meisterschaften
DDR-Meister im Rad-Querfeldein
Schweizer Meisterschaften
Österreichische Meisterschaften
Luxemburger Meisterschaften
Belgische Meisterschaften
Tschechische Meisterschaften
Begriffslexikon
Weiterführende Informationen
Bücher
Zeitschriften
Internetadressen
Bildnachweis
Stichwortverzeichnis
10.000 Gummistiefelbewerte Menschen strömen an einem nebligen Novembermorgen zu einem morastigen flämischen Acker... Einige dutzend abenteuerlich verkleidete Gestalten mit Eingang-Fahrrädern stellen sich auf einer Waldlichtung nahe Portland im äußersten Nordwesten der USA an einer Startlinie auf... In der flimmernden Hitze des Sommers 2010 begibt sich eine bunte Truppe von Radfahrern auf den Weg durch Wiesen und Felder von Dresden nach Leipzig...
So unterschiedlich diese drei Situationen erscheinen, so zeigen sie doch alle die Begeisterung für die gleiche, sehr spezielle Disziplin des Radsports – Cyclocross (aka Radcross)!
Zeit also auch im deutschsprachigen Raum für Aufklärung zu sorgen und den Enthusiasten mehr Informationen zu geben. Dieses Handbuch soll einen kompakten Überblick über alle Aspekte dieser faszinierenden Radsportdisziplin geben. Erfahren sie mehr über die faszinierende Geschichte dieses Sports, seine Protagonisten und die aktuellen Entwicklungen.
Sebstverständlich werden auch die besondere Fahrradtechnik beim Cyclocross und die speziellen Trainingsanforderungen zur Sprache kommen. Darüber hinaus wird hier gezeigt, daß das Fahren mit dem Crossrennrad auch in den Freizeitsport Einzug gehalten hat.
Komplettiert wird diese Einführung mit Informationen zu weiterführender Literatur, Sportlerportraits, Begriffslexikon und einen umfangreichen Statistikteil.
Allen Lesern wünsche ich viel Spaß bei der Lektüre, egal ob Fan, erfahrener Haudegen oder Neueinsteiger des Rasens über den Acker!
Ralph Wittmann
Nach den Wettkampfbestimmungen für den Querfeldein-Rennsport des Bundes Deutscher Radfahrer lautet diese wie folgt...
„Ein Querfeldeinrennen ist ein Radsport-Wettbewerb der überwiegend von Oktober bis Februar im Freien Gelände, auf Straßen, Feld-, Wald- und Wiesenwegen und über natürliche oder eingebaute Hindernisse durchgeführt wird.“
Und weiter: „Bezüglich des Rennmaterials gilt Ziffer 4 der WB Straße.“ Das bedeutet, dass nur Rennräder eingesetzt werden dürfen die den Bestimmungen für die Abmessungen von Straßenrennrädern entsprechen. (Anmerkung: In den Nachwuchsklassen dürfen auch Mountainbikes mit bestimmten Auflagen eingesetzt werden.)
Cyclo-Cross alias Radcross alias Radquerfeldein alias Radquer ist also in erster Linie ein spezieller radsportlicher Wettbewerb der im Herbst und Winter mit entsprechend modifizierten Rennrädern in geeignetem Gelände ausgetragen wird. Doch es verbirgt sich weit mehr als nur der streng reglementierte Wettkampf hinter diesen Begriffen.
Das Fahren mit dem Cross(renn)rad ist unter anderem auch eine gute Trainingsvariante für Straßenfahrer. Dies beweisen die vielen Profis die dieses Spezialrad für ihr Wintertraining nutzen. Beispiele dafür sind z.B. Jens Voigt, Marcus Burkhardt, Alexandre Moos und Gerrit Glomser. Denn das Fahren mit dem Crossrad schult nicht nur die Kondition, sondern verbessert auch die Fahrtechnik und die koordinativen Fähigkeiten eines Radrennfahrers.
Die Idee zum Mountainbike wurde in den Bergen Kaliforniens geboren. Cyclo-Cross entstand dagegen im flachen Norden Frankreichs. Für das Crossrad braucht es also keine hohen Berge und spektakuläre Pässe. Das Abenteuer beginnt gleich auf dem nächsten Sandweg um die Ecke.
Auch für den Freizeitsportler kann diese Rennrad-Variante eine gute Alternative zum Mountainbike sein. Vor allem wer nicht im Gebirge wohnt, wer nur im Umfeld einer Stadt trainieren kann oder wer viel auf der Straße und/oder festen Wegen unterwegs ist wird die Vielseitigkeit eines solchen Sportgerätes schnell zu schätzen wissen.
Dreh- und Angelpunkt des Sports ist und bleibt natürlich der Wettkampf. Ein Querfeldeinrennen wird wie eingangs erwähnt im Gelände auf wechselndem Untergrund ausgetragen. Die Länge der Runden beträgt meist zwischen 1,5 und 3 Kilometer. Für jede Altersklasse ist die Renndauer vorgeschrieben (siehe Tabelle 1). Die Kampfrichter ermitteln in den ersten beiden Runden die voraussichtliche Gesamt-Rundenzahl, die in der vorgegeben Zeit gefahren wird. Diese wird den Fahrern dann angezeigt. Die letzte Runde wird mit einem Glockenzeichen angekündigt.
Altersklasse | Renndauer in Minuten |
Schüler U15 | 20 |
Schülerinnen U15 | 20 |
Jugend U17 | 30 |
Weibliche Jugend U 17 | 30 |
Junioren U19 | 40 |
Juniorinnen U19 | 30 |
Männer U23 | 50 |
Elite | 60 |
Frauen | 40 |
Masters (über 40 Jahre) | 40 |
Masters weiblich | 30 |
Tabelle 1) vorgeschriebene Renndauer für Cyclo-Cross-Rennen (BDR)
Wie bei einem Straßenradrennen hat ganz einfach derjenige Fahrer gewonnen der als erster die Ziellinie überquert.
Die vergleichsweise kurze Renndauer und die Schwierigkeiten der Strecke machen ein Crossrennen zu einem sehr fordernden Wettkampf. Gleich vorm Start weg muss die volle Leistung gebracht werden. Im Gelände muss der Fahrer jederzeit hochkonzentriert sein um alle Hindernisse optimal bewältigen zu können. Es gibt auch kaum Stellen um sich etwas erholen zu können und der Windschatten spielt nur sehr selten eine Rolle bei Querfeldeinrennen.
Von diesen speziellen Anforderungen wird im Kapitel „Training für Querfeldeinrennen” noch ausführlicher die Rede sein.
Wie in anderen Disziplinen auch gibt es beim Radcross (respektive Radquer) auch eine Einteilung nach der sportlichen Wertigkeit der Wettkämpfe. Diese reicht von den Weltmeisterschaften bis hinunter zum Vereinsrennen. Die folgende Übersicht enthält eine entsprechende Übersicht für die Elite-Klasse. Übersicht Rennkategorien, geordnet nach Wertigkeit:
– Weltmeisterschaften
– Weltcup-Rennen
– Cl-Rennen
– C2-Rennen (Europa/Amerika)
– Nationale Meisterschaften
– Nationale Rennen (z.B. Deutschland-Cup)
– Regionale Meisterschaften
– Regionale Rennen
Eine Unterteilung der Teams wie auf der Straße (Stichwort ProTour) gibt es bei den Crossern nicht. Amateure und Profis fahren seit 1994 im gleichen Wettbewerb. Nur für Meisterschaften und den Weltcup ist eine Qualifikation bzw. Delegierung durch den jeweiligen Verband notwendig.
Da die Strassenrennen zu Beginn der Geschichte des Cyclo-Cross ebenfalls auf meist unbefestigten Strassen ausgetragen wurden gab es anfangs keine speziellen Räder.
Die Rahmen boten ohnehin generell mehr Platz für die Reifen als heutige moderne Rennrahmen. Zudem unterschieden sich die Reifen der Rennräder kaum von denen normaler Fahrräder. Dies änderte sich mit dem Aufkommen der Schlauchreifen bei den Strassenrennrädern.
Daraufhin wurden für die Sportart Cyclocross als erste Besonderheit zunächst spezielle Reifen mit mehr Profil entwickelt.
In den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts gleichen sich noch Räder und Parcour...
... beim Cyclo-Cross-Rennen im Wald von Versailles:
und...
... am Col de Turini bei Mailand – San Remo 1923:
Als nächster Schritt wurden die Bremsen verändert. Die so genannten Cantilever-Bremsen boten mehr Bremswirkung bei gleichem Kraftaufwand und als Zusatzeffekt mehr Platz für die Reifen, so dass der Schmutz die Bremsen nicht mehr so schnell zusetzen und damit blockieren konnte. Diese neue Bremsenform verlangte aber durch ihre Bauform nach speziellen Rahmen da die Bremsarme an Sockeln befestigt werden mussten. An dieser Stelle (Anfang der 50er Jahre) beginnt die eigenständige Geschichte der Crossräder.
Bild rechts: Aluminium-Crossrahmen aus den 70er Jahren
Die weiteren technischen Entwicklungen ergaben sich schnell aus den Anforderungen die diese Radsportart stellt. Der Rennfahrer muss häufig zum Läufer mutieren und sein Rad tragen. Deshalb sollte sein Rad möglichst leicht sein und gut auf der Schulter zu tragen sein. Die damals übliche Verlegung der Bowdenzüge unterhalb des Oberrohrs war dafür natürlich denkbar ungünstig. Daher wanderten diese auf die Oberseite. In den 70er Jahren kamen dann die ersten Rahmen aus Aluminiumlegierungen beim Cross auf als davon im Strassenrennsport noch lange nicht die Rede war. Allerdings waren diese Rahmen aus mit gegossenen Muffen verklebten Rahmenrohren noch nicht so stabil und haltbar wie heutzutage.
Für das häufige Auf- und Absteigen wurden spezielle Hakenpedale entwickelt die „Einfädelhilfen” besaßen und ggf. mit Stollenschuhen gefahren werden konnten.
Im Bild rechts ist das von Crossfahrern gern verwendete Lyotard-Pedal (hier das Modell „Marcel Berthet” von 1948) mit der Einführun oben zu erkennenden Lasche die als „Einstiegshilfe” diente.
Auf dem Foto fehlt natürlich noch der Pedalhaken und der Pedalriemen, die das klassische Rennradpedal-System komplett machen.
Beim Fahren im Gelände ist es auch ungünstig den Lenker beim Schalten loszulassen, was bei den damals üblichen Schalthebeln am Unterrohr des Rahmens notwendig war. So wurden (in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts) die Lenkerendschalthebel entwickelt die das Schalten direkt am Lenker ermöglichen. Diese wurden erst Ende des vergangenen Jahrhunderts durch die Bremsschalthebel-Systeme aus dem Strassenradsport ersetzt. Die Schalthebel für das Lenkerende gibt es aber immer noch. Heute allerdings sind sie an Zeitfahr- und Triathlonrädern im Einsatz.
Die neben den Bremsschalthebeln wichtigste Neuerung der jüngeren Vergangenheit waren die für den Mountainbikesport entwickelten Klickpedale. Nachdem die ersten Mountainbikes vom Crossrad die Cantilever-Bremse „erbten”, so ging diesmal der Technologietransfer in die andere Richtung.
Während beim MTB die Entwicklung bei den Bremsen weiterging zu hydraulischen Felgenbremsen (Magura), den „V-Brakes” und zu Scheibenbremsen, so sind am Crossrad nach wie vor in der Mehrzahl die klassischen „Canties” wie im Bild links zu sehen im Einsatz (Anmerkung: Scheibenbremsen sind im Radcross-Wettkampf erst seit September 2010 zugelassen). Sie haben sich im Zusammenspiel mit den Bremsschalthebeln und wegen ihrer Einfachheit als die beste Wahl erwiesen. Die anderen Bremsentypen erfordern komplizierte Anpassungen. Bei den Profis gilt beim Bremsen ohnehin „so viel wie nötig, so wenig wie möglich” und durch die begrenzte Renndauer von einer Stunde muss auch nicht auf ein besonders Kraft sparendes Bremsen geachtet werden. Relativ neu sind auch die sogenannten „Mini-V-Brakes”. Bei diesen wird versucht die besseren Bremsleistungen der langarmigen Felgenbremsen auf die Hebelverhältnisse der Rennrad-Bremsgriffe anzupassen. Seit kurzem halten auch die Scheibenbremsen (wie beim MTB) beim Cross ihren Einzug. Die Entwicklung ist also noch lange nicht am Ende.
Die technischen Veränderungen im neuen Jahrtausend spielen sich vor allem bei den eingesetzten Werkstoffen ab. Wie auch auf der Strasse und beim MTB ist Carbon auf dem Vormarsch. Vor allem beim Rahmen und bei den Felgen sieht man bei der Elite nur noch die schwarzen Kohlefasern im Einsatz. Als Rahmenmaterial haben sich (wie auch bei Mountainbikes und Strassenrennrädern) quantitativ aber die Aluminiumlegierungen durchgesetzt. Diese sind heute sehr viel haltbarer und noch dünner als in den 70er und 80er Jahren. Durch die Fortschritte in der Verarbeitungstechnik (und den damit verbundenen geringeren Kosten) sind diese Rahmen heute durchweg geschweißt. Stahl ist bei den Einführun Crossrädern als Rahmenmaterial nur noch bei wenigen kleinen Herstellern zu finden.
Die Räder der heutigen Cross-Profis erreichen mittlerweile das Gewichtslimit das die UCI für Rennräder festgelegt hat (6,9kg)!
Mit der neuesten Schaltungsgeneration der großen Hersteller Shimano und Campagnolo hält nun auch die Elektronik am Crossrad ihren Einzug.
Mehr Informationen zur speziellen Konstruktion von Crossrennrädern gibt es im Kapitel „Technik des Crossrennrades”.
Die Ursprünge der heutigen Radsport-Disziplin Cyclocross liegen in Frankreich. Von seinen Anfängen ist die folgende Anekdote überliefert. Im Jahr 1900 meldete sich der junge Soldat Daniel Gousseau (später Generalsekretär des französischen Radsportverbandes) für die Aufgabe einen General bei dessen Geländeritt zu eskortieren. Als einfachem Soldaten blieb ihm dabei nur die Möglichkeit das Fahrrad zu nehmen. Der radsportbegeisterte Soldat stellte erstaunt fest, dass er den Reitern auf den Waldwegen gut folgen konnte und das Radfahren im Gelände ihm großen Spaß machte. Kurzerhand lud er seine Sportkameraden bei der nächsten Gelegenheit zu einer Geländefahrt ein und die Vorteile des Radfahrens im Gelände vor allem im Winter sprachen sich unter den Rennfahrern schnell herum. Und wo mehrere Radrennfahrer zusammen fahren, da gibt es früher oder später ein Radrennen! So organisierte Gousseau die ersten Rennen und am 16. März 1902 in Kremlin-Bicêtre (Paris) auch die erste französische Meisterschaft. Als deren Sieger ist ein Rennfahrer namens Fernand De Baeder überliefert.
Dieser Erfolg trug allerdings auch dazu bei, dass das Fahrrad auch beim Militär sehr schnell Einzug hielt. Die französische Armee begann eigene Geländerennen für Soldaten zu veranstalten. Und noch heute gibt es die Schweizer Meisterschaft im Militärradquer! Deren Teilnehmer in der Kategorie Originalrad 05 (24kg schweres schweizer Militärrad Modell 1905) sind damit immer noch ganz dicht am Ursprung des Cross-Sports.
Der Begriff „Cyclo-Cross” geht zurück auf den Sportjournalisten Géo Lefèvre. Eben jenen Géo Lefèvre der auch die Idee zur Tour de France hatte. Am 10. Januar 1903 veranstaltete er in der Stadt Ville-d’Avray ein Rad-Geländerennen über 12km das er “cross cyclo-pédestre” nannte. Seit 1935 ist in Frankreich die Kurzform „Cyclo-Cross” die offizielle Bezeichnung für diese Art von Radrennen.
Unter den Siegern und Platzierten der frühen Jahre finden sich die Namen vieler berühmter Teilnehmer der Tour de France wie Eugene Christophe, Octave Lapize, Philippe Thys und anderen.
Nach und nach folgten mehrere Nachbarländer Frankreichs mit Cyclo-Cross-Meisterschaften. Belgien feierte den ersten nationalen Meister im Jahre 1910, die Schweiz folgte 1912, dann Luxemburg 1923, Spanien 1929 und Italien 1930. Der erste offizielle internationale Wettbewerb war das „Critérium International de Cross Cyclo-Pédestre” in Paris im Jahre 1924.
Auch in Deutschland und Österreich gab es Anfang des 20. Jahrhunderts Bestrebungen Radsportwettbewerbe im Gelände zu etablieren. So wurden z.B. Hindernisrennen auf Pferderennbahnen und Distanzrennen über Felder und Waldwege veranstaltet. Das französische Cyclo-Cross als Meisterschaftswettbewerb setzte sich hier aber erst in den 50er Jahren endgültig durch.
Hier der zeitgenössische Bericht von einem Radrennen mit Hindernissen im Sportpark Friedenau (Berlin) aus „Illustrirte Zeitung” Nr. 3079 vom 3. Juli 1902:
„ Vor kurzem hat auf der bekannten Radrennbahn im Sportpark Friedenau bei Berlin, wo die größten Meisterschaften ausgefochten werden, ein sehr originelles Hindernißrennen stattgefunden, das insofern einen sehr fesselnden Verlauf nahm, als 26 tüchtige Fahrer dasselbe bestritten. Bei dem großen Antheil, den diese noch nicht oft vorgeführte Art des Radrennens erwecken muß, wird es die vielen Sportfreunde unter den Lesern interessiren, etwas Näheres über die Hindernisse zu erfahren. Die Ellipse der friedenauer Rennbahn hat 500 Mtr. Umfang und mußte sechsmal umkreist werden; es waren also 3000 Mtr. Distanz zurückzulegen. Die Hindernisse waren innerhalb der Bahn auf dem Rasen und auf dem Cement der Bahn selbst angebracht, die letzgenannten aber so angelegt, daß zu gewissen Zeiten die Radler an ihnen vorbeifahren konnten. An den Hindernissen hatten sich Posten aufgestellt, die kleine Flaggen in die Höhe hielten, wenn die Hindernisse zu nehmen waren, sie aber senkten, wenn die Fahrer die Hindernisse unbeachtet lassen durften. Diese Hindernisse waren sämmtlich derartig, daß die Fahrer vor denselben absteigen und ihr Rad hinüber= oder hindurchtragen mußten. Nur bei dem Thor brauchte der Fahrer sich nicht vom Rade zu trennen, wenn er es wagte, durch die enge Pforte hindurchzufahren; ebenso waren die Brücke und die Klappbrücke mit dem Rade zu überschreiten. Bei der ersten Runde war erst innerhalb der letzten 10 Mtr. eine aus Holzbalken hergestellte Barriere zu nehmen. Die zweite Runde brachte abermals eine Barriere, eine Hürde, ein Gebüsch und die Brücke. Letztere war 1 Mtr. hoch und hatte vorn und hinten steile Anrampungen aus Brettern. Bei der dritten Runde ging es 160 Mtr. weit auf der Cementbahn, dann in den Innenraum der Bahn hinein, wo ein trockener Graben von 1 Mtr. Tiefe zu nehmen war. Durch das Thor ging es wieder auf die Bahn und hier über die Barriere und die Klappbrücke. Die letztere war in der Mitte durch eine Achse gestützt. Dem herankommenden Fahrer bot die Brücke in ihrer ersten Hälfte eine leicht zu nehmende schiefe Ebene; war aber die Mitte überschritten, so klappte die vor dem Fahrer befindliche zweite Hälfte herunter auf den Cement der Bahn. Kam in demselben Augenblick der nächste Fahrer heran, während das hintere Ende der Brücke noch hochstand, so konnte er nicht hinüber und kam leicht zu Fall. In der vierten Runde ging es wieder in den Innenraum, an der Curve entlang noch 200 Mtr., dann Hürde, Innenraum, Gebüsch, auf die Bahn, Barriere, Klappbrücke, 200 Mtr. freie Bahn, darauf Barriere, Hürde, Gebüsch, Brücke, in den Innenraum, Wassergraben und endlich freie Bahn zum Ziel. Das Rennen war für die Theilnehmenden reich an Ueberraschungen und Schwierigkeiten. Es gab manchen sehr böse aussehenden Sturz, aber keiner der Fahrer nahm ernstlichen Schaden.. A. O. Kl. “
1950 vergab der internationale Radsport Verband UCI erstmals einen offiziellen Weltmeistertitel im Cyclo-Cross. Die WM entstand aus der „inoffiziellen WM”, dem „Critérium International de Cyclo-Cross”. Bei diesem Titelrennen am 4. März im Park von Vincennes bei Paris gingen 24 Fahrer an den Start. Für wachsende Popularität sorgte dabei auch der erste Titelträger, der Tour de France-Sieger von 1947 Jean Robic.
Auch in den darauf folgenden Jahren bestimmten die französischen Fahrer die Welttitelkämpfe. Roger Rondeaux und André Dufraisse lösten sich mit dem Titelgewinn ab. Letztgenannter gilt als der erste Cross-Spezialist, da er alle seine großen Erfolge beim Cyclo-Cross erzielte und ihm keine erfolgreiche Straßenkarriere gelang.
Zu dieser Zeit begann in Köln-Kalk die Radsportlaufbahn des erfolgreichsten deutschen Crossfahrers in der rund 100-jährigen Geschichte dieses Sports. Rolf Wolfshohl, der auch auf der Strasse viele Erfolge erzielen konnte, ist bis heute mit 3 Welt- und 14 deutschen Meistertiteln der erfolgreichste Fahrer aus dem Bund Deutscher Radfahrer. In seiner von 1958 bis 1973 andauernden Profilaufbahn traf er auf die besten Crosser mehrerer Generationen von Radrennfahrern. Waren dies zu Anfang vor allem der Italiener Renato Longo und der Franzose Andrè Dufraisse, so war dies ab Mitte der 60er Jahre in erster Linie Erik De Vlaeminck (auf dem Foto rechts) aus Belgien.
Mit 7 Weltmeistertiteln (davon 6 in Folge) gilt der Belgier als „DER” Crossfahrer schlechthin. De Vlaeminck gewann über 200 Crossrennen in seiner Karriere. Beispielsweise gewann er in der Saison 1970/71 von 34 Rennen an denen er teilnahm 32! Ähnliche Erfolgsquoten erzielte erst wieder sein Landsmann Sven Nys in jüngster Vergangenheit.
In den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts begann die Blütezeit des schweizer Radquer, wie diese Sportart in der Eidgenossenschaft betitelt wird. Im fünffachen Weltmeister Albert Zweifel hatte sie ihren herausragenden Vertreter. Peter Frischknecht, Herman Gretener, Gilles Blaser, Fritz Saladin (Foto links), Beat Breu und Pascal Richard waren weitere erfolgreiche Protagonisten des Radquers.
Ebenso legendär wie die Fahrer wurden die wichtigsten Rennen. Namen wie Wetzikon, Hägendorf, Hittnau oder Dagmersellen sind noch heute als Crossrennen von internationalem Rang bekannt. Letzter Weltmeister aus der Schweiz war Dieter Runkel im Jahre 1995 in Eschenbach. Ende der 80er Jahre bekam der Sport auf den schmalen Profilreifen ernste Konkurrenz.
Das kommerzielle Wachstum der Profi-Strassenradsports und die Ausdehnung des Rennkalenders bei Profi-Strassenrennen machten sich negativ bemerkbar. Durch die Ausdehnung des Kalenders auf Rennen in Australien, Amerika usw. überschneiden sich die Wettkampfperioden. Und so wandern viele Talente ganz in den Bereich Strassenrennsport ab.
Ein Problem das auch Deutschland zu verzeichnen hatte. Viele Talente (z.B. Stefan Kupfernagel, Steffen Weigold, Björn Schröder) wandten sich verständlicherweise der lukrativeren Strassenkarriere zu. So waren beispielsweise 1993 mit Mike Kluge und Volker Krukenbaum bei den Deutschen Meisterschaften nur zwei Berufsfahrer am Start.
Auch diese beiden hatten ihr Hauptaugenmerk inzwischen auf eine andere, neue Radsportdisziplin gerichtet, den Mountainbikesport. Dieser neue Trendsport schien das klassische Radcross komplett abzulösen. Die Folge waren zum Einen regeltechnische Experimente wie z.B. die Zulassung des geraden Lenkers (wie beim MTB) an Crossrennrädern und die Zulassung von Mountainbikes bei Nachwuchscrossrennen.
Zum Anderen wurde die Trennung von Profis und Amateuren im Cyclocross 1994 (wieder) aufgehoben und die Weltmeisterschaften als „Open-Wettbewerb” ausgeschrieben.
Während in den 90er Jahren in den meisten Ländern Europas das Mountainbike als Wettkampfgerät das Crossrennrad fast völlig zu verdrängen schien, gab es in einem Land, genauer gesagt in einer Region dieses Landes einen gewaltigen Schub für das traditionelle Querfeldeinfahren.