©Sylvia B.2005
Coverbild ©Sylvia B.2009
www.sylvia-b.de
Ähnlichkeiten mit Personen sind rein zufällig
und nicht beabsichtigt.
Herstellung und Verlag:
Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN 978-3848289257
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Books on Demand
bevor ich das buch zuschlage
muss ich es noch einmal lesen
aber bevor ich es lesen kann
muss ich es erst schreiben
damit habe ich begonnen
vor mehr als drei jahren und seitdem
liegt das manuskript
in meiner schreibtischschublade
wartet darauf von mir überarbeitet
wartet gelesen überlesen korrigiert zu werden
wartet geduldig darauf dass die zeit reif ist
um ein buch zuschlagen zu können
muss es gelesen werden
und manchmal sollte ein buch
geschrieben werden damit darin gelesen wird
bis es zugeschlagen werden kann
wenn die zeit reif ist
ich brauchte zeit
bis ich meinen menière beschreiben konnte
und ich musste zeit verstreichen lassen
bis ich meine texte überarbeiten konnte
das passt doch nicht
kommt jetzt vielleicht der einwand
doch das passt
das musste sogar so sein
ich handle hier anders
ich bin halt anders
ich bin ich wie ich bin
vielleicht
wird Ihnen meine art zu schreiben
auch anders vorkommen
das gibt sich
stellen Sie sich einfach vor
ich sitze Ihnen gegenüber
und plaudere einfach so drauf los
wenn Sie medizinische ratschläge erwarten
dann muss ich Sie enttäuschen
erwarten Sie eine verbitterte abrechnung
mit wem auch immer
da muss ich Sie auch enttäuschen
wenn Sie aber
texte die unter die haut gehen erwarten
dann möchte ich Sie nicht enttäuschen
wobei ich kein interesse an
schöngefärbten geschreibe habe
färbe ich schön oder
färbe ich hässlich
ich wünsche mir spannend zu färben
weil mir dieses buch wichtig ist
weil ich möchte dass dieses buch
nicht nur von betroffenen gelesen wird
weil ich selbst darin lesen möchte
bis ich es irgendwann zuschlagen kann
bist Du lieber freund selbst betroffen
oder jemand der Dir nahe steht
dann möchte ich Dir mut und hoffnung geben
und Dir schreiben wenn ich es geschafft habe
dann schaffst Du es auch
stell Dir vor
eins von den dreißig bierchen
war wohl schlecht
in Dir
der dringende wunsch
nach dem heimischen bettchen
und
einem lieben menschen
der Dir ein eimerchen an selbiges stellt
bevor
sich alles um Dich herum
allen physikalischen gesetzen zum trotz
um die eigene achse dreht
der magen rebellisch reagiert
und sich entlädt
und allles dreht sich weiter
und der magen will sich nicht beruhigen
und Du gelobst
nie wieder
und es hört nicht auf
und Du denkst
jetzt muss ich sterben
und Du weißt
daran stirbt man nicht
und irgendwann schläfst Du ein
vor erschöpfung
und gelobst am nächsten tag
beim nächsten mal
ist nach dem neunundzwanzigsten bier
schluss
ursache und wirkung
denke Dir nun
den alkohol weg
diese effekte
bei klarem verstand
einfach so
an beliebigen orten
zu beliebigen zeiten
und
völlig unmotiviert
quasi
als eine laune der natur
und es kommt aus dem nichts
und verschwindet im nichts
spurlos
einmal im leben
hin und wieder einmal
regelmäßig
in kurzen abständen
fast täglich
einfach so
verlierst Du den boden
unter den füßen
und bist genauso hilflos
wie die
die Dir nahe stehen
bist hilflos einer laune ausgeliefert
so wie ich es war
fast zwei jahrzehnte lang
aha
schon wieder
eine neue modekrankheit
höre ich die kritiker seufzen
die mode soll schon julius cäsar
getragen haben
und das mit sicherheit
nicht gerne
und vincent
der schon die richtung
aus dem das übel stammte erkannt hatte
und sich ein teil von seinem ohr abschnitt
was ihm nichts nutzte
das übel blieb
weil es tiefer saß
und jetzt kommt der einwand
waren da nicht noch alkoholeszesse
und diverse geschlechtskrankheiten
lasterhaftes leben kann schon
schwindelig machen
gibt es sinn
sich die cholera ins haus zu holen
wenn dort schon die pest wütet
spielt es eine rolle
welche geißel das ende bereitet
welche verzweiflung muss ein mensch
durchleiden bis er zu solcher maßnahme greift
und sich selbst verstümmelt
er hat briefe geschrieben
bestimmt auch darüber gesprochen
und mit sicherheit
den ein oder anderen ratschlag vernommen
sauf nicht so viel
treib dich nicht nachts
auf den straßen herum
bringe dein leben
in geordnete bahnen
dann besteht auch kein grund mehr
zum schwindel
hat vincent geschwindelt
ich weiß es nicht
aber
was ich weiß
hätte mir jemand
am ende
meiner zwei jahrzehnte gesagt
wir müssen
das ohr abschneiden
hätte ich gesagt
macht das
hauptsache
es hört auf
soviel zur mode
willst Du wurzeln ziehen
musst Du das kleine einmaleins
beherrschen
so richtig
konnte ich bis heute
nicht erfahren
ob diese krankheit vererbbar ist
die einen meinen ja
weil schon der großvater und der vater
die anderen meinen
dass es nicht so ist
wenn schon die ursache für meinen menière
in einer grauen wolke verborgen bleibt
gibt es sinn zumindest die gründe
für mein überleben
in der zeit vorher zu suchen
wobei wir nicht den heuhaufen
nach den nägeln für meine späteren
beziehungskisten durchforsten sollten
dafür ist hier kein platz
es sei mir allerdings gestattet
den ein oder anderen stachel
zu setzen
wenn es denn zum thema passt
aber um auf diese graue wolke
zurück zu kommen
dort verbirgt sich meine urgroßmutter
und ein wenig
ist es schon gelungen
dass ich mir etwas sicht verschaffe
und da ihr leben und ihr tod
mit meinem leben
und meinem überleben
wohl zu tun haben
gestatte ich mir
aus künstlerischer freiheit
sie an gegebener stelle
als meine innere stimme
wieder zum leben zu erwecken
und zu den legenden um vincent
möchte ich noch meine überlegungen winden
will ich jetzt beginnen mit
also mit vier jahren kam ich zum ballett
werden die hobbypsychologen
unter uns schon die augen rollen
und sich sagen
alles klar
in der tat sagt das
schon sehr viel aus
über die höhe der ansprüche
und der erwartungen
die an mich gestellt wurden
erziehung ist das eine
drill das andere
meine tugendhaftigkeit musste
über jeden zweifel erhaben sein
gab mir jemand die hand
hatte ich einen knicks zu machen
die haltung das benehmen bei tisch
wurden gedrillt
vorlautes verhalten wurde nicht geduldet
wenn erwachsene sich unterhielten
durfte ich nicht stören
höflichkeit war pflicht
fehlverhalten wurde geahndet
mein umfeld war begeistert
und honorierte die dressurakte
entsprechend
es wurde ganze arbeit geleistet
und das ließ man sich auch etwas kosten
was hat der drill gebracht
außer
dass ich mich in gesellschaft
bewegen kann
dass ich
egal was um mich herum geschieht
immer haltung bewahre
dass ich mich dabei ein stück weit
verloren habe
nun
ich bringe menschen zum lachen
wenn ich ihnen
die sache mit dem knicks
erklären muss
wobei
ich wurde als kind bestimmt geliebt
aber
nicht meiner selbst wegen und
nur dann geliebt zu werden
wenn ich so war
wie die liebenden es gerne hätten
wenn ich dem bild entsprach
das sich die liebenden gemacht haben
damit wurde mir
im nachhinein betrachtet
kein gefallen getan
liebe
lässt sich nicht
erarbeiten
erkaufen
erbetteln
erdienen
auf eine ganz egoistische art
wurde ich geliebt
als kind
und auch später
und ich denke
dass ich ein stück weit
diese form der liebe
auch für mich
und mein handeln
übernommen habe
so kann durchaus
ein opfer zum täter werden
wobei ich weder das eine
noch das andere
sein wollte
und sein will
das alles kann durchaus
als prägender bestandteil meiner erziehung
gesehen werden
es sind
so denke ich
strukturen von mir gelebt worden
ich habe darin gelebt
sie übernommen
sie als normalität angesehen
die
mit abstand und geklärtem blick
also aus der sicht von heute
durchaus als
falsche
nicht dienliche
strukturen angesehen werden können
und doch bin ich der meinung
dass diese strukturen tatsächlich
nur dem zwecke dienten
das überleben mit dem menière
für mich
möglich zu machen
wie dem auch sei irgendwann
im anschluss an meine kindheit
begegnete ich meiner großen liebe
was sie wirklich für mich war
und wie es schien
war sie das auch für ihn
ein stück des weges
sind wir gemeinsam gegangen
meine große liebe und ich
haben tiefe gefühle geteilt
haben zukunft geplant
haben uns geliebt
es war also
ein kind der liebe
was ihn erkennen ließ
dass die zeit nicht reif war
um verantwortung zu tragen
ich denke schon
dass ich um den verlust
dieser liebe getrauert habe
wenn es die zeit zuließ
und wenn ich für mich alleine war
das leben musste weitergehen
und ich wusste nicht so richtig
wie
dann bin ich dem mann begegnet
mit dem ich später
die ringe tauschte
er war keine große liebe für mich
noch nicht einmal
eine kleine war es für mich
eine sachliche romanze
war er
ein hoffnungsträger
der versorger den ich brauchte