Innerhalb des Forschungsschwerpunktes „Managementsysteme und – kulturen“ wurde im Jahr 2012 an der Fachhochschule der Wirtschaft (FHDW) in Bergisch Gladbach ein Forschungsprojekt „Internationale Unternehmensnetzwerke von mittelständischen Unternehmen“ initiiert. Die zunehmende Globalisierung der Märkte und der verstärkte Wettbewerb durch internationale Konkurrenz, auch im Mittelstand, spiegeln das erhöhte Erkenntnisinteresse unter dem Aspekt der anwendungsorientierten Forschung wider. Das Forschungsvorhaben verfolgte daher das Ziel, einerseits Einblicke in die vielfältigen Verstrebungen und Aktivitäten von KMU auf internationalen Zuliefer-, Kunden- und Logistikmärkten zu erhalten, andererseits mittelständischen Unternehmen Handlungsempfehlungen für das Management ihrer internationalen Geschäftsbeziehungen mit an die Hand zu geben.
Der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach ist sehr daran interessiert, mit ihren Kooperationsunternehmen neben einer Zusammenarbeit im Bereich des dualen oder berufsbegleitenden Studiums auch bei der praxisnahen Forschung zusammenzuarbeiten. Dies ist in der vorliegenden Studie hervorragend gelungen. Professor Helmut Bruse hat als Projektleiter das theoretische Grundgerüst aufgestellt, es mit empirischen Ergebnissen verbunden und daraus verwertbare Ergebnisse und Handlungsempfehlungen abgeleitet. Dafür gilt ihm zunächst mein herzlicher Dank.
Daneben bedanke ich mich bei Herrn Alexander Werheid, der in akribischer Arbeit einen wertvollen Beitrag zur Erhebung der Daten und Analyse der Ergebnisse geleistet hat. Ein weiterer Dank geht an die Unternehmen in der Region, ohne deren Teilnahme an der Fragebogenerhebung diese Untersuchung nicht möglich gewesen wäre, sowie an die Industrie- und Handelskammer zu Köln in Person von Herrn Alexander Hoeckle, der die Befragung durch diverse Kontakte unterstützt hat. Abschließend geht mein Dank an die Geschäftsführung der FHDW NRW gGmbH, die die Studie durch einen Forschungsförderfond ermöglicht hat sowie den Forschungsbeirat der FHDW, der das Projekt durch wertvolle Hinweise bereichert hat.
Angesichts der Bandbreite an Möglichkeiten zur Kooperation mit Unternehmen leistet die vorliegende Studie einen weiteren Beitrag zur Profilierung der FHDW als Hochschule nicht nur mit praxisnaher Lehre, sondern auch mit anwendungsorientierter Forschung.
Bergisch Gladbach, im April 2014
Prof. Dr. Stefan Kayser
Leiter der FHDW in Bergisch Gladbach
Das Phänomen der Globalisierung bestimmt heute den Alltag, ausländische Produkte begleiten uns den ganzen Tag und sind uns selbstverständlich geworden. Seit 1990 hat sich die weltwirtschaftliche Verflechtung stark intensiviert. Globalisierung gilt als einer der wichtigsten ökonomischen (und gesellschaftlichen) Trends im ausklingenden 20. Jahrhundert. Unternehmen stehen im Spannungsfeld der Globalisierung, sie sind sowohl Treiber als auch Getriebene der Globalisierung (Bruse 2011). Die weltwirtschaftliche Entwicklung betrifft nicht nur Großunternehmen. Durch die steigende Globalisierung der Märkte und den Wettbewerb im Rahmen der internationalen Konkurrenz verstärkt sich auch für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) der Druck international zu agieren. Unter ihnen gibt es Nischenmarktführer (Hidden Champions), aber auch andere Firmen, die weltweit tätig sind und ihre Zuliefer- und Abnehmernetze weltweit steuern. Sie alle sind in diverse Unternehmensnetzwerke eingebunden, die unterschiedlich ausgestaltet sind.
Vor diesem Hintergrund wurde ein Forschungsprojekt „Internationale Unternehmensnetzwerke von Mittelständischen Unternehmen“ initiiert, das sich mit den internationalen Geschäftsbeziehungen von mittelständischen Unternehmen innerhalb ihrer Wertschöpfungskette befasst. Es betrifft auf der einen Seite die Untersuchung von mittelständischen Unternehmen, auf der anderen Seite die Thematik des internationalen Managements. Unter dem zweiten Aspekt geht es speziell um die Charakteristika von internationalen Geschäftsbeziehungen. Gegenstand einer derartigen Fragestellung sind die Erfassung der Komplexität der internationalen Geschäftsbeziehungen, Effekte, Erfolgsfaktoren sowie Risiken, die sich aus den verschiedenen charakteristischen Typen ergeben, und die Auswirkungen von unterschiedlichen Typen und Strukturen komplexer Geschäftsbeziehungen auf die Wettbewerbsfähigkeit. Damit ist das Projekt thematisch an der Schnittstelle von internationalem Management und KMU anzusiedeln.
Dyadische Beziehungen und netzwerkartige Strukturen haben in jüngster Zeit eine hohe wissenschaftliche Beachtung gefunden, wobei die Aussage aus dem Jahre 2005 von Frau Wittig, die für Deutschland eine Untersuchung der Netzwerkbildung bei Logistikdienstleistern durchgeführt hat, zu den vorhandenen Defiziten der Netzwerkforschung immer noch Gültigkeit hat (Wittig 2005). Neben dieser Analyse zu Logistikbeziehungen sind (im deutschsprachigen Raum) für derartige Beziehungen vor allem die Arbeiten von Rogge 2012 und Kayser 2013 zu nennen, die sich mit internationalen Informationsbeziehungen / Netzwerken befassen.
In dieser Untersuchung stehen – quasi als Ergänzung – die internationalen Geschäftsbeziehungen innerhalb der Wertschöpfungskette im Fokus. Zunächst werden nochmals die Ergebnisse der Erarbeitung des theoretischen Rahmens für das Forschungsprojekt kurz dargelegt (eine ausführliche Erörterung findet man bei Bruse 2015). Unter diesem Aspekt werden zunächst Ansätze zur Erklärung von internationalen Geschäftsbeziehungen, speziell die Gestaltung der Kernprozesse Supply- Chain und Marktbearbeitung, erläutert (2. Abschnitt). Nach der Beschreibung des Untersuchungsgegenstandes in Form einer Befragung (3.Abschnitt) werden die gewonnenen empirischen Ergebnisse dargestellt (4. Abschnitt). Abgeschlossen wird die Arbeit mit einem Fazit und Ausblick.
Zunächst steht die Frage nach Ansätzen zur Erklärung von internationalen Geschäftsbeziehungen, der Entstehungsweise und Rationalität von Kunden- und Zulieferbeziehungen sowie der Internationalisierung von Unternehmen im Vordergrund. Es ist die Frage zu beantworten, wie das Zustandekommen von Beziehungen zwischen Unternehmen theoretisch begründet und erklärt werden kann (zu einer ausführlicheren Diskussion siehe Bruse 2015 und die dort zitierte Literatur; diese Überlegungen werden nachstehend dargestellt bzw. übernommen ohne jeweils im Einzelnen konkret darauf zu verweisen).
Knappheit bildet eine grundlegende Ursache für ökonomische Phänomene wie Tausch, Arbeitsteilung, Märkte, Unternehmen oder Wettbewerb. Wirtschaften bedeutet, rationale Entscheidungen über die Verwendung knapper Ressourcen zur Erfüllung gegebener Zwecke zu treffen. Der Zweck von Unternehmen besteht in diesem Zusammenhang in der wirtschaftlichen Wertschöpfung.
Den größten Beitrag zur Minderung der Knappheit leisten Arbeitsteilung und Spezialisierung. Diese Aktivitäten sind verbunden mit den Aufgaben von Abstimmung und Tausch. Es entstehen Koordinationsprobleme (d.h. Probleme der Information, des Nichtwissens) und Motivationsprobleme bzw. Interessenkonflikte (z.B. ein Akteur verfolgt andere Ziele als der Auftraggeber oder Probleme des Nichtwollens). Damit gewinnen Abstimmungs- und Koordinationsprobleme an Bedeutung; es ist das Organisationproblem zu lösen. Als Kernaufgabe der Unternehmensführung kann man dementsprechend die Unternehmens-Umwelt-Koordination bezeichnen.
Im Rahmen einer Fundierung des Verhaltens von Unternehmen und der Ausgestaltung der Unternehmensführung können organisationstheoretische Erklärungsansätze herangezogen werden. Eine Basis bildet hier u.a. die „Neue Institutionenökonomie“, deren Ziel darin besteht, effiziente institutionelle Regelungen zur Organisation des Austauschs von ökonomischen Leistungen abzuleiten. Institutionenökonomische Ansätze liefern eine Begründung der Existenz und der Effizienz von Organisationen. Im Zusammenhang mit der Unternehmens-Umwelt-Koordination interessiert hier speziell die Marktorganisation bzw. Marktstruktur. Erklärungsansätze hierzu liefert die Transaktionskostentheorie bzw. unter deren Anwendung die Internalisierungstheorie.
Die Basisfrage des Transaktionskostenansatzes lautet: Warum werden nicht alle ökonomischen Transaktionen über den Markt abgewickelt? Transaktionen sind – entgegen der Auffassung der klassischen Wirtschaftstheorie – nicht kostenlos, man kann bestimmte Transaktionen effizienter organisationsintern, d.h. innerhalb der Unternehmung, durchführen. Die drei charakteristischen Koordinationsformen Hierarchie, Markt und Hybridform (mehr oder minder langfristige Geschäftsbeziehungen, die zwischen Markt und Hierarchie angesiedelt sind) weisen in Abhängigkeit von Spezifität und Unsicherheit unterschiedlich hohe Transaktionskosten auf. Dies ist die zentrale Aussage der Transaktionskostentheorie.
Die Kosten der Marktlösung lassen sich nach ex-ante- und ex-post-Transaktionskosten unterscheiden.
Zu den ex-ante-Transaktionskosten zählen:
Als ex-post-Transaktionskosten gelten:
Man versucht das institutionelle Arrangement zu erreichen, das zwischen den Transaktionspartnern bzgl. der ökonomischen Austauschbeziehungen eine kostenminimale Abwicklung gewährleistet. Dabei werden diese Transaktionen beeinflusst von den (kostenwirksamen) Transaktionscharakteristika wie: