Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
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© 2017 Claudia Stein (Text, Karten, Fotos)
Foto S. → mit freundlicher Abdruckgenehmigung des Tel Aviv University
Botanical Garden ©, erteilt durch Or-Leyl Har-Edom.
Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 9783739275918
3. Auflage
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Tel Aviv kann mit einer ungeahnt spannenden Stadtgeschichte aufwarten. Wenig ist nur noch zu sehen von den Dünen am Meer und den Sümpfen im Hinterland und dennoch ist die Geschichte allgegenwärtig. Es bieten sich vielfältige Möglichkeiten, diese ungewöhnliche und faszinierende Metropole kennenzulernen: mittels einer Stadtrundfahrt, einem Spaziergang am Strand, auf den Spuren der Templer und Ottomanen oder aber im Schatten großartiger Architektur.
Auf jedem Rundgang kommen Sie an zahlreichen Cafés und Restaurants vorbei, sodass Sie jederzeit eine Pause einlegen können.
Viel Spaß in Tel Aviv wünscht Ihnen
Claudia Stein
Tel Aviv, Februar 2017
http://www.stein-books.com
Offizieller Name: Medinat Yisrael
Telefonvorwahl: +972, Mobilfunk +972-5
Internet: .co.il
Zeitzone: Berlin +1
Währung: New Israeli Shekel (NIS), 1 NIS = 100 Agorot (sgl. Agora), ca. 0,20 EUR.
Staatsgründung: 5. Ijar 5708 (14. Mai 1948)
Staatsform: parlamentarische Republik
Staatsfeiertag: 5. Ijar
Hauptstadt und Sitz de Parlaments: Jerusalem
Amtssprache: Neuhebräisch (Ivrit), Arabisch
Bevölkerung: ca. 8,18 Mio. (Mai 2014)
Fläche: 22.072 km2 (ohne Autonomiegebiete)
Religionen: Jüdisch (75,3%), Islam (20,5%), andere (4,2%)
Hymne: Ha Tikwa (dt. die Hoffnung) größte Stadt: Jerusalem (ca. 775.000 Einwohner)
Offizieller Name: Tel Aviv-Yafo
Telefonvorwahl: 03
Gründung: 11. April 1909 als Achuzat Beit
Größe Stadtgebiet: 51,4 km2, Metropolregion: 1.516 km21
Bevölkerung: ca. 400.000 (Stadtgebiet) bzw. ca. 3,3 Mio. (Metropolregion)
1zum Vergleich: Berlin 890 km2, Paris 105 km2
Der offizielle Name ist Tel Aviv-Yafo, doch was hier mit einem Trennstrich zusammengefügt wurde könnte unterschiedlicher nicht sein. Die Geschichte Jaffas ist bis ins 19. Jahrhundert bekannt oder zumindest gut nachlesbar. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wird es mit der Dokumentation dünner und vieles liegt nur auf Arabisch vor und ist somit dem breiten Publikum verschlossen. Bei der Erforschung der Stadtgeschichte Tel Avivs ergeben sich ganz andere Herausforderungen. Viele Mythen ranken um die Geschichte der Stadt, die angeblich gar keine hat. Sie sei aus einem Vorort von Jaffa entstanden und dann von alleine zur Weltstadt avanciert so hört man, oder aber maßgeblich von den deutschen Einwanderern gebaut worden, die vor den Nazis fliehen mussten, weswegen Bauhaus der vorherrschende Stil sei. Noch viele andere Versionen kursieren und bisher hat von diesen kaum eine weder die wirkliche Historie aufgedeckt, noch den damaligen politischen Kontext betrachtet, der der Geschichte der Stadt seine wirkliche Größe erst verleiht. Die Gründe für diese Irrungen und Wirrungen sind vielfach.
Erst in den letzten 10-15 Jahren haben sich Historiker, Architekten und Stadtplaner – ausländische wie israelische – intensiv auf die Spuren des ursprünglichen Tel Avivs gemacht. Nicht zuletzt war der Wunsch nach dem mittlerweile in 2003 erteilten UNESCO Weltkulturerbe-Status ein Hauptmotor, der die dafür notwendige Dokumentation antrieb. Diese Dokumentation war zum einen oft dadurch erschwert, dass um die Jahrhundertwende vor Ort ein Sprachenwirrwarr herrschte, schließlich hatten die wenigsten Englisch oder Hebräisch als Muttersprache oder gar Arabisch. Es wurde in fast gleichem Maße Jiddisch, Englisch, Hebräisch, Russisch, Französisch und Deutsch gesprochen. Arabisch war wichtig für den Ankauf von Land, damals reine Sanddünen ohne erkennbaren Wert für ihre arabischen Besitzer. Es war eine Herausforderung, unterschiedliche Dokumente den Plänen zuzuordnen, falls man diese überhaupt gefunden hatte. Zum anderen steuerten die politischen Machtwechsel das Übrige dazu bei, wie z.B. der Umzug von Archiven, falls diese als solche angelegt worden waren. Die Archive aus der britischen Mandatszeit (1918-1948) sind praktisch komplett verschwunden, andere unvollständig oder in Teilen über die gesamte heute Verwaltungslandschaft verstreut. Hinzu kommen noch die Änderungen von Straßennamen oder sogar die Namen der Zeichner selber, die die Recherche erschweren. Viele jüdische Einwanderer ändern auch heute noch ihre Namen wenn sie nach Israel kommen. So wusste man zwischenzeitlich auch nicht, ob es sich bei den auftauchenden Namen vielleicht um ein und die gleiche Person handelte und wessen Idee der gezeichnete Plan widerspiegelte.
Nach einer der Legenden wurde Jaffa von einem der drei Söhne Noahs, von Jophet (arabisch: Yafet) – einer der 8 Überlebenden der Sintflut – gegründet. Das genaue Jahr ist nicht belegt, die Ausgrabungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass sich 8 verschiedene Siedlungen unter dem heutigen Jaffa befinden, die älteste ist ca. 3.800 Jahre alt. Wer die Siedler von damals waren ist unklar, es waren jedoch nicht durchgehend die gleichen. Seit fast 4.000 Jahren hat hier ein reger Bevölkerungsaustausch stattgefunden. Durch den natürlichen Hafen war Jaffa schon früh wirtschaftliches Zentrum der Region, reich und mondän, weswegen es auch Objekt der Begierde vieler Eroberer war. Von den Kanaanitern, Philistern, König David, sein Sohn König Salomon über Napoleon und die Ottomanen, sie alle hatten Jaffa im Auge. Ende des 13. Jahrhunderts wurde der Hafen von Jaffa, wie auch andere an der levantinischen Küste von den Mameluken zerstört, sie hatten erfolgreich die Kreuzfahrer besiegt und verhinderten so deren Rückkehr. Anfang des 16. Jahrhunderts erobern die Ottomanen Palästina und bis zur Ankunft Napoleons 1799 erlebt die Region einen wirtschaftlichen Aufschwung. In dieser Zeit wird auch der Hafen erneuert. Viele christliche Pilger kommen über Jaffa ins Land auf ihrem Weg nach Jerusalem. Im Jahr 1831 erobert der Ägypter Muhammad Ali Pascha die Stadt, woraufhin viele wohlhabende ägyptische Familien nach Jaffa umsiedeln. In den folgenden Jahren ziehen Juden aus der Türkei und Nordafrika zu. Es findet langsam eine Wiederbelebung des jüdischen Lebens in Jaffa statt. Die Juden, die schon lange im Land lebten und produktiv waren gehörten zu den Sefarden (sephardim), jenen Juden, deren Vorfahren bis zur Vertreibung in Spanien und Portugal lebten und die sich durch ihre orientalische Lebensweise auszeichneten. Die aschkenasischen Juden (ashkenasim), aus Mittel- und Osteuropa stammend, kamen erst ab ca. 1840 ins Land. Sie waren meist unproduktiv, lebten für das Thorastudium und waren auf Geld aus der Diaspora angewiesen. 1841 siegen die Ottomanen über Muhammad Ali Pascha. In den folgenden Jahrzehnten entwickelt sich Jaffa wieder zum wirtschaftlichen Zentrum. Im Jahr 1865 wird der Leuchtturm von Jaffa gebaut, in weiser Voraussicht, denn 1869 eröffnet der Suezkanal und die Bedeutung des Hafens von Jaffa nimmt zu. Er sollte unentbehrlich werden für den Export der berühmten Jaffa Orangen in die ganze Welt. In der Zwischenzeit (September 1866) war der Amerikaner George Jones Adams – Gründer der „Church of the Messiah“ – mit 156 Anhängern von Boston nach Jaffa gekommen. Sie kauften ein Grundstück und bauten dort ihre mitgebrachten Fertighäuser aus Holz auf (im Norden Jaffas rund um die heutige Bar Hoffman St.). Keiner von ihnen war auf das harte Leben vorbereitet gewesen und nur wenige Monate später, im Winter 1867, wollten die meisten von ihnen wieder zurück. Anfang 1869 kamen die Deutschen Templer aus Württemberg und kauften die Siedlung auf, die später als „German Colony of Jaffa“ bekannt wurde.
Die Templer gründeten in 1871 die neue Siedlung Sarona, östlich von Jaffa und als Pläne bekannt wurden, die Bahnstrecke Jaffa-Jerusalem zu eröffnen, kam 1888 Walhalla hinzu. Dort steht heute das Neve Tzedek Hochhaus. Die Bahnstrecke wurde 1892 eingeweiht. Der Bau der Eisenbahn stärkt Jaffas Position als wirtschaftliches Zentrum Palästinas. Die alte Bahnstation, HaTachana, wurde vor wenigen Jahren renoviert. Sie liegt im nicht mehr existierenden Stadtviertel Manshiye. Ende des 19. Jahrhunderts fing Jaffa an, sich zu erweitern. Ab 1870 werden die Stadtmauern abgerissen um die Erweiterung der Stadt voranzutreiben. Eines der neuen arabischen Viertel entsteht nördlich der Stadt, am Strand: Manshiye. Der Charles Clore Park liegt auf dem ehemals westlichen Teil Manshiyes. Die jüdischen Einwohner zieht es auch nach Norden, sie gründen in unmittelbarer Nachbarschaft Neve Tzedek (1887) und Neve Shalom (1890). Zu den letzten Zeugen Manshiyes gehören das freistehende Etzel Museum gegenüber der alten Bahnstation, das „Red House“ auf dem alten Bahngelände und nicht zuletzt die Hassan Bek Moschee. Ursprünglich sollte hier der “Business District” entstehen. Die Pläne änderten sich und heute befindet er sich am Ayalon Highway ganz im Osten der Stadt an der Grenze zu Ramat Gan. Im Süden von Jaffa werden die Viertel Ajami und Jabaliya gegründet, im Osten Souza und Salameh. In dieser Zeit der wirtschaftlichen Blüte ziehen auch andere Gruppen zu: Christen aus dem Libanon und Malta und auch andere Europäer. Die maronitischen und koptischen Christen siedeln sich hauptsächlich in Ajami an.
Im Sommer 1914 wird Hassan Bek neuer Bürgermeister von Jaffa. Nach ihm ist auch die 1916 erbaute Hassan Bek Moschee gegenüber des Charles Clore Parks benannt, die für die Einwohner Manshiyes gebaut worden war. Er hatte große Ambitionen und wollte Jaffa modernisieren; große Boulevards nach westlichem Vorbild sollten gebaut werden. Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges ließ er im Dezember 1914 russische Einwohner aus Jaffa ausweisen. Russland war der Erzfeind der Türken und Bek wollte in Jaffa keine Konflikte. Da es sich bei den russischen Einwohnern fast ausschließlich um Juden handelte, hat dieser Vorfall bei den jüdischen Gemeinden auch in Europa eine große Welle der Empörung aber auch der Hilfsbereitschaft für die Vertriebenen ausgelöst. Bek war schnell für sein rigoroses Durchgreifen und seine Brutalität bekannt. Es wird berichtet, dass Bek Männer auf der Straße verhaften und zur Zwangsarbeit für seine Stadtplanung einsetzen ließ. Diese Planung beinhaltete auch die Verlegung muslimischer Friedhöfe, was gegen die religiösen Gesetze ist. Es war der Rothschild Boulevard Tel Avivs, der 1915 zum Vorbild für den Jerusalem Boulevard wurde. Damals nannte Bek ihn Jamal Pascha Boulevard. Pascha regierte seit 1915 als Gouverneur von Syrien. Nach zwei Jahren Amtszeit wird Bek abgesetzt.
Während der Ausschreitungen von 1921 kommt es auch zum Überfall auf das s.g. „Pioneers' House“ (Beit HaHalutz), ein jüdisches Hostel in der Yefet Street. Ein arabischer Mob verschafft sich gewaltsam Zutritt, wird von der arabischen Polizei auch nicht abgehalten und erst ein kurz darauf eintreffender jüdischer Polizist, kann die Angreife mit Schüssen vertreiben. 14 Bewohner sind da bereits tot, die restlichen verstecken sich im ersten Stock. Das Hostel zog nach dem Überfall in die Allenby Street.