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© 2016 NiGni77/MAREBE B.+B. GmbH (Hrsg.)
Satz, Umschlaggestaltung, Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 978-3-7412-0460-9
Alle Rechte der Verbreitung, der Fotokopie und des Nachdrucks vorbehalten.
Auf den Spuren meines eventuellen oder virtuellen Vaters oder Urgroßvaters, genannt Uro, und meiner Mutter oder Urgroßmutter, genannt Ura, möchte ich in der Vergangenheit wühlen und die alten Geschichten nachvollziehen, die die selbigen damals zwischen Wallgau, München, Hamburg und Tsingtau erlebt haben.
Bezüglich des Nachweises der Vaterschaft ist das bei einem vielgereisten Seemann nicht so einfach und mein Uro hat sicherlich auf der langen Reise und während der Aufenthalte in den vielen Regionen seine Spuren hinterlassen, deshalb bin ich auch so ein chinesisch-deutsch-lusitanischer Typ. Ich zeige euch demnächst mal ein Foto von mir.
Wenn man sich die große Weltkarte anschaut, ist es damals ganz schön weit weg gewesen von zu Hause, heute kann man sich das ja alles schnell mal googeln und schon sitzt man da »fast wie selbst« beim Gouverneur auf der Terrasse. Früher als Leichtmatrose war das alles viel spannender.
Nun war mein Uro ja ein Leichtmatrose in weiterem Sinne und meine Ura hat er ja erst daselbst kennengelernt, vielleicht auch unterwegs zwischen München Hauptbahnhof und Tsingtau Harbour.
Das lässt sich nicht mehr so genau feststellen, denn auf der langen Reise wurden ja viele Meer-Chen durchschippert, die sind ja noch ganz um Afrika rum, ein paar sind dann in der Walvis Bay oder Schwanemünde hängen geblieben und haben Namibia erobert, aber mein Uro musste weiter, der war für China eingeteilt, für das Chen-Meer, obwohl es ihm in Namibia sicherlich auch gefallen hätte: und dann immer Ostnordost bis nach Galle an der Südspitze von Ceylon, dieser Teeinsel, da waren ja schon die Portugiesen und die Briten, da konnten die Deutschen auch nicht gern gesehen bleiben, also weiter … gen Ostnordost … da mussten die Heizer auf der »Batavia«, das Schiff hieß ja wohl damals noch »Mutterland«, obwohl es da ähnliche Zweifel gibt wie bei mir bezüglich meiner Herkunft, diesem Flusskanonenboot aus Stettin, schon ganz schön heizen, trotz der tropischen Hitze, um das Schiff in Fahrt zu halten, und der Steuermann schon ganz schön steuern, um das Schiff auf dem richtigen Kurs zu halten … und so kamen die Jungs, vielleicht waren mittlerweile auch einige Damen an Bord, endlich nach Hongkong … und da beginnt diese wahre, historische Geschichte vom Seemann Uro, soweit sich das noch wahrheitsgemäß nachvollziehen lässt, was leider aufgrund der fehlenden Bordbücher mit gewisser Lückenhaftigkeit verbunden ist, nichtsdestotrotz wollen wir uns gemeinsam an die vergnügliche Zeit erinnern.
Eigentlich begann alles drunten an der Isar, an diesem bayerisch-österreichischen Quellfluss, wo man auf saftigen Wiesen sitzend so gemütlich auf den reißenden Fluss schauen kann, der dann einlädt zum Träumen von fernen Meeren, Meerchen oder werden sogar Märchen wahr? Oder ist alles nur ein Alptraum vor dieser traumhaften Alpenkulisse.
Auf jeden Fall ist alles erfunden und erlogen, außer es stammt aus dem Tagebuch von Uro. Das habe ich noch gerade retten können, als Uro Hoppladihopplada 1914 oder kurz danach ganz plötzlich aus Tsingtau verschwinden musste, weil die blöden Deutschen den 1. Weltkrieg begonnen hatten und die Chinesen plötzlich auf Druck der Briten und Franzosen und Amerikaner keine Deutschen mehr in China dulden wollten. Mein Vater verschwand und ich saß da mit ungefähr 17 Jahren mit meiner Mutter Ura mitten in Tsingtau. Meine Mutter wusste nichts von Wallgau und nichts vom Gasthof »Zur Post«, aber ich wollte das alles unbedingt kennenlernen und verschwand auch mit dem nächsten Entmilitarisierungstransporter zurück nach Deutschland, ohne meinen Vater und ohne meine Mutter.
Ich habe von da ab die Reise meines Vaters, die vor oder nach 1896 begann, selbst nachvollzogen und was mir dabei alles eingefallen ist, wie es hätte gewesen sein können, was sich von damals bis heute oder auch übermorgen alles verändert hat oder noch werden wird, das könnt ihr nachlesen und es glauben oder nicht, ihr könnt die Fahrt auch einmal selbst machen, meldet euch nur rechtzeitig an bei:
nigni77@ni-gni.com oder über den noch lebenden Nachlassverwalter MAREBE: marebe@hotmail.de
Märchen von diesen Meerchen möchte ich euch erzählen … Alles vergoren …!!! … Ich liebe diesen Wein!!!
Übrigens: Sollte sich jemand persönlich angesprochen fühlen: Alle Personen sind frei erfunden, das Märchen hat sich in Wahrheit ganz anders oder andersens abgespielt, so ähnlich wie der »tapfere Seemann« von den grimmigen Brüdern, kennt ihr ja sicher … dieser … »Floßschiffer vom Hinterautal«.
Die Seiten, die euch nicht gefallen oder die zu persönlich sind, könnt ihr auch rausreißen aus dem Buch, außer es ist ein E-Book, dann wird’s schwierig, aber dann sagt einfach eure Meinung, schließlich seid ihr ja freie neue Bürger!
Na denn, prost! Ganbei!
Euer
NiGni77
(Lebe jetzt auf Wolke 77, FAMOCI, am Himmel von Mosambik und habe diese Meer-Chen alle nur geträumt, die harte Wirklichkeit folgt demnächst … auch in Ihrem Kino).
Mein Uro saß am Isarstrand, er hielt ’nen Atlas in der Hand, der Rechten.
Mit links hielt er Renate fest, die half ihm beim Studieren, es war so warm am Isarstrand.
Da sagte Uro: Mir ist heiß, ich zieh mal meine Hose aus, die Schuhe auch und auch die Socken,
ich werd mich in die Isar hocken und kühles Nass soll mir den Po und auch den Kopf frei machen, da musste die kesse Renate lachen, für Gedanken, soll ich studieren, ferne Länder gar oder bleibe ich der Isar nah und der Renate, lieb ich weiß-blau, den Bayernhimmel oder reite ich einen anderen Schimmel, vielleicht gar den von Wind und Storm, so träumte ich vom Kap, dem Horn, und nahm den Atlas ganz geschwind zu sehen, wo sich das befind, Renate aber, almerfahren, umarmte ihn mit Haut und Haaren und sagte nur, du, Isarbauer, bleib schön bei mir, dann bist du schlauer, hier ist’s »dahoam«, hier kennst du mich, in der großen Welt, da verirrst du dich!
Doch Uro wollte dies nicht hören, er wollte in die große Welt, nicht Isarschiffer, Donaubauer, Almwirt oder Glockenspieler, nein, Seemann oder Admiral, der Titel war ihm ganz egal, auch das Blau-Weiß, der Seemannsdress, das war nicht das, was ihn so reizte, wohl mehr das Meer, das Abenteuer, die fremden Länder, Ungeheuer, Renate gerad die Beine spreizte, doch Uro, der den Trick durchschaute, zog Socken, Schuhe, Hose an und seine Reise dann begann.
Er sagte: Servus, holde Magd, bitte sei nicht sehr verzagt, doch ich muss in die Ferne zieh’n, du wirst in diesem schönen Tal ’nen andren finden, allemal, so mag es wohl gewesen sein, auf jeden Fall war Uro fort, man fand ihn nicht mehr in dem Ort, er wollte erst nach München »auffi« und dort erst mal in Ruh »verschnauffi«!
So oder ähnlich hat man mir die Geschichte erzählt, als ich auf den Spuren des Uro forschte und die Renate, oder war es Rosi, auf jeden Fall hätte die ja meine Mutter gewesen sein können, da kamen ihr ja beinahe noch die Tränen beim Erzählen der alten Geschichte, das mit den Beinen hat sie mir nicht erzählt, sie meinte nur, der Uro war so schüchtern und so unbeholfen in der Liebe und plötzlich sei er verschwunden und jeder im Dorf fragte sich: Wohin?
Den Eltern hatte der Uro erzählt, er wolle zum Studieren nach München, und seinem Freund Karl hatte er erzählt, er wolle zur See und dann ganz weit weg in ferne Länder und so war es dann auch.
Zuerst hat sich der Uro noch als Brauereikutschenfahrer ein paar Taler in München verdient und abends beim Weißbiertrinken beim Schneider hat er als geschickter Zocker beim Schafkopf noch ein paar Taler dazuverdient und so langte es bald für die Reise nach Hamburg, das war sein Ziel, das hatte er sich auf dem Atlas so ausgeguckt und außerdem hat ihm der Siggi, der Freund vom Kartenspielen beim Schneider im Tal, wo er in der Nähe Logis hatte, fahren tat er ja fürs Hofbräuhaus, also diese Brauerei, und da hat ihm der Siggi wohl erzählt, dass man von Hamburg aus auswandern könnte nach China, wo die Preußen mit Münchner Hilfe ein Hofbräuhaus bauen wollten, die suchten nur noch einen geeigneten Platz. Wer mitfahren wolle, müsse aber Marinesoldat werden, denn die wollten nicht zu Fuß dahin, sondern mit dem Schiff, die Idee hatte dieser Otto, der die Bismarckheringe erfunden hat, wahrscheinlich weil der meinte, preußische Heringe und bayerisches Bier würden gut zusammenpassen.
Nun hatte der Uro gerade einige Taler zusammen, da sah er am Bahnhof ein Werbeplakat: Marinesoldaten für China gesucht!!!
Er notierte sich die Adresse, kaufte sich eine Bahnfahrkarte nach Hamburg, packte seinen Rucksack und fuhr los, nur dem Siggi sagte er Bescheid, dass er nicht mehr zum Schafkopf kommen würde.
So begann die abenteuerliche Geschichte von Uro, der seine Heimat verließ, um in Tsingtau Bierkutscher zu werden.
Als ich das im Gasthof »Zur Post« erzählte, das war so um 1916, nachdem ich über Bremen und Hannover Richtung Süden fuhr und über München dann bis Scharnitz Bahnhof kam, von dort nahm ich den Postbus bis Wallgau, hat mir das niemand geglaubt, dass der Uro mein Vater ist, ich, NiGni, Sohn von einem echten Wallgauer Buam aus dem Werdenfelser Land, der aussieht wie eine Mischung aus chinesisch-malayischem Portugiesen, also so was hatte man in der »Post« noch nie gesehen in den vergangenen 300 Jahren und so wurde ich, NiGni quasi zum Werdenfelser Kulturgut ernannt, könnt ihr noch jedes Jahr im Frühling besuchen, obwohl es mich dort schon lange nicht mehr gibt, aber die alten Wallgauer und Krüner und die Achter und Neuner werden sich noch gut erinnern an den kleinen, lustigen Chinesen. Ich hatte ja einen deutschen Pass vorzuweisen, obwohl ich nicht ganz so aussah, aber damit gab es eigentlich kein Problem, natürlich wollte ich ja auch nicht gleich deutscher Soldat werden, trotz meines Vaters oder gerade deshalb nicht.
Uro kam, Holzklasse, aber sitzen war er ja von seinem Kutscherbock gewohnt, wohlbehalten in Hamburg an und sollte sich gemäß diesem Marineaufruf baldmöglichst nach Ankunft in der Admiralitätsstraße melden, um seine Papiere vorzulegen, was er auch tat. So wurde Uro Leichtmatrose und sollte demnächst mit dem Flusskanonenboot »Vaterland« nach China motoren, um einen deutschen Standort für ein Gouvernement des preußischen Herrschers zu finden.
Da bekam er Heimweh, aber er wollte auch nicht zurück, wie hätte er denn dagestanden vor Siggi und Renate, da ging gar nichts. Gott sei Dank tröstete ihn ein für einen Leichtmatrosen angemessenes Mädchen, das hieß Käthe, war leicht bekleidet und leicht zu erobern, Uro wusste auch nicht, warum ihm das alles, so fern der oberbayerischen Heimat, so fern der Karwendeler Alpenwelt, alles so leichtfiel. Er zog dann bis zur Abfahrt bei Käthe ein und kaufte ihr zum Abschied sogar sieben rote Rosen, für jede Nacht eine und ließ auch seine Taler zur Aufbewahrung bei Käthe unterm Kopfkissen, ab sofort gab es ja Heuer, Futter und Betten an Bord.
Also ehrlich, das sage ich euch: Mir fiel es schwer, aus dem schönen Wallgau wegzugehen, müsst ihr wirklich mal hin, eine Fahrradtour ins hintere Isartal machen, so zum Lablehner oder bis nach Vorderriß, ich hätte da auch als Flussschiffer Karriere machen können, da ich Marinesohn war, war ich schon vorbelastet für diese Schifferei, aber ich lernte ja den Kuttel kennen, alter Seemann, der lud mich ein nach München und da ich von meinem Vater so viel Gutes von München gehört hatte und München mir auch wegen der Tsingtauer Hofbräubrauerei und der engen Partnerschaft zur Theresienwiese sentimental nahestand, habe ich dann den Johannes, so hieß der Kuttel eigentlich, in seinem Münchener Tabak- und Pfeifengeschäft besucht und bin gleich als Lehrjunge dort geblieben.
Mein Vater Uro musste dann also los mit der »Vaterland«, zuerst an Blankenese und Wedel vorbei, da wurde noch mal ordentlich getutet, ins Horn geblasen und Dampf abgelassen und die Flaggen gehisst und dann begann die harte seemännische Ausbildung. Uro erzählte dem 2. Offizier, dass er als Floßbootbauer auf der Isar schon Schiffserfahrung gesammelt hätte und auch in etwa Tisch-Leer sei, so ein Beruf zwischen »Tischleindeckdich« und »Ein gutes Schwein frisst alles«, zu Hause durfte er immer die Reste essen, meistens gab es gar nichts außer Brot oder Rübensuppe, außer wenn der wilde Vater von dem Uro, also mein Ururo mal gerade einen Hasen erwischt oder einen Bock geschossen hatte, wobei seine Frau, also mein Oma, oft zu ihm sagte: »Du hast heute aber wieder einen Bock geschossen«, und es gab trotzdem nur Rübensuppe, das habe ich erst später verstanden, als ich mit in die Natur durfte.
Auf jeden Fall habe ich mich als Schiffskoch beworben, also der Uro, und da die anderen Jungs meinten, dass sei ein Frauenberuf, bekam er den Job: Leichtmatrose Uro, der Smutje, der Meister der Kombüse, sonst wäre er vielleicht Heizer oder Ausgucker oder Kanonenschütze geworden, aber so ging es ganz gut, zumindest solange sie Nahrung an Bord hatten, wurde er gerne geduldet, trotz seiner hinterwäldlerischen Abstammung.
Als das Schiff die Elbe hinter Cuxhaven verlassen hatte, begann die eigentliche Seefahrt, an Helgoland vorbei Richtung Süden, das Schiff war voll beladen und der Kapitän nahm Kurs Richtung Südwest, wir wollten das erste Mal Station machen auf Madeira, der Blumeninsel im Atlantik, im Hafen von Funchal.
Ehrlich, der Kapitän, das war ein Kanonenflussbootkapitän, wir nannten ihn »der Olle«, wollte gleich bis Madeira, die ganze Atlantikküste runter, durch die Biskaya und dann weiter aufs große Meer hinaus. Wir wollten eigentlich erst mal auf Helgoland auftanken, aber der Olle meinte:
Proviant, Wasser und Kohle haben wir genug an Bord, nun heizt mal richtig ein, damit wir vorankommen. Uns war schon ganz wackelig auf den Beinen und ganz schummrig im Kopf, aber wir mussten uns sofort an das harte Bordleben gewöhnen und so lernte ich erst mal, was kochen an Bord bedeutet. Aus wenig viel machen: Kartoffeln + Trockenfleisch + Eier + Hering + saure Gurke + Rote Beete = Labskaus. Was für ein tolles Gericht!!!
Woher kommt der Name, wie viel braucht man wovon? Wie lange muss das kochen? Oder wird das gebraten? Muss man das essen? Warum? … Sieht ja nicht gerade appetitlich aus, kein Wunder, dass uns allen schlecht ist.
Der Olle meint: Seid nicht so krüsch, freut euch, dass es noch Kartoffeln gibt, bald gibt es nur noch Reis mit Sojasoße und dazu getrockneten Fisch, den berühmten Bacalhau, den kaufen wir abgehangen und gesalzen in Funchal.
Und in China, was es da erst alles gibt: Bitte später, wir wollen noch mal Labskaus genießen!!!
LABSKAUS:
Für einen in China geborenen, in Bayern aufgewachsenen jungen Mann wie mich, NiGni77, ist es schon etwas ungewöhnlich, so etwas zu essen, obwohl, wenn ich mich an meine Kindheit in Tsingtau erinnere, mir dieses Gericht nicht ungewöhnlich vorkommt, wir Chinesen lieben ja so gemischte Speisen, von jedem etwas, die sogenannten Acht Köstlichkeiten, »na´nka`n« heißt übrigens »unansehnlich« auf Chinesisch, wir wollen ja auch ein Biss-Chen Chinesisch lernen auf der langen Reise.
Acht heißt: »ba«. … Und Übelkeit …: »exin«, kann auch Brechreiz bedeuten, auf jeden Fall sollte man immer eine Flasche Mautai, den berühmten chinesischen Gesundheitsschnaps dabeihaben, wirkt noch achtmal besser als Underbergi oder Fernetti.
Nun habe ich gelernt, dass Labskaus gar nicht in Hamburg erfunden wurde, der Fleischkloß, der Hamburger heißt, auch nicht, Labskaus ist auch nicht ekelhaft und man kann das auch essen, obwohl es die Engländer erfunden haben sollen, so um 1700 herum. Na ja, waren ja auch Seefahrer und auf der Insel gab es wahrscheinlich auch nichts anderes, höchstens vielleicht noch Sandwiches.
Früher, also als man noch mit Segelschiffen zur See fuhr, musste der Smutje, also der Koch, also das bin ja ich, auf lange haltbare Lebensmittel zurückgreifen:
So entstand dieser Brei! Rote Beete gab es natürlich auch noch dazu und Zwiebeln für den Durchpfiff, ihr wisst schon, ist ja kein Problem bei dem frischen Wind an Bord, höchstens nachts in der Kombüse oder in den Kojen: … Dann träumen die Matrosen noch einmal von Hamburg … meint Joachim Ringelnatz …
HAMBURG
Das Hafenleid – die Alsterdiamanten –,
das sind für mich so fertige Begriffe,
da fallen Zahlen um die großen Schiffe,
wenn ich begönnert, aber missverstanden
zwischen den Reedern sitze an der Bar,
die scheinbar nur um Whiskysoda knobeln.
Indessen denk ich immer vor den nobeln
Kaufherren an mein schlecht gekämmtes Haar.
Dann die, die aus den Schiffen sich verstreuen:
Unangenehme, plumpe Wunderlinge,
sie schenken bluterlebte Wunderdinge
und wollen nichts als sich mit andern freuen.
Wie sie das erste Beste runtergießen,
so gierig wie die weißen Hafenraben –
Muss man den Schlüssel selbst erschmiedet haben,
um ihre seltnen Märchen zu erschließen.
Und alles kenn ich: Backbord, Luv und Lee,
das »Rundstück warm«, die Segel und die Lichter,
die hellen abgesalzenen Gesichter.
Fuhr ich vielleicht umsonst sechs Jahr zur See!
Hier bunte Ratsherrn flatternd um die Masten,
dort steife Flaggen, die zur Börse hasten
und steife Grogs, Qualm, Tabak, Nebeldunst,
du frägst nach Kunst? – Ach Hummel, Hummel-Kunst!
Nachts klang zwölf Glasen – (nein, vielleicht zwölf Uhr) –
wie aus Westindien – dumpfes Dampfertuten,
ich träume (aber dieses lüg ich nur),
ich träume eben von der Tante Bur –
Kann es wohl sein, dass Augenwimpern bluten?
Hier trink ich morgens Bier auf nüchtern Magen
und häufe Wurst auf grobes, schwarzes Brot
und fühle mich so stark in jeder Not,
ich würde mich hier schämen je zu klagen.
So weit, so gut: Außer wenn der HSV absteigt, aber das habe ich nur so dazu geträumt auf Wolke 77, Karfreitag im April 2016: Manchmal werden Träume wahr oder auch nicht, oder?
Es ging unerbittlich weiter Richtung Madeira, wir sahen nichts von all den schönen Städten unterwegs wie Amsterdam, da hätten wir gerne mal Halt gemacht, um die schönen Grachten zu betrachten, aber der Olle blieb auf Kurs.
Die Wellen wurden höher, der Wind blies stärker, von Achtern, so kamen wir gut voran mit unserer »Vaterland«, nach gerade mal sechs Tagen hatten wir Madeira im Blick, fast wären wir dran vorbeigerauscht.
Das war ein Anblick! Diese tolle runde Bucht, dieser schöne Hafen mit den Segel- und Dampfschiffen aus allen Ländern Europas, dazwischen unsere kleine »Mutterland«, im Hintergrund die grünen, subtropischen Berge, überall Blumen und freundliche Menschen, die uns begrüßten, als wir endlich, endlich an Land durften, nachdem wir unsere »Vaterland« erst mal ordentlich geputzt hatten.
Die »Mutterland«, dieses Flusskanonenboot war ja wirklich nur ein kleines Schiff, ihr stellt euch vielleicht so einen Kreuzer oder Flugzeugträger vor, nein, das war ein Schiff für die Badewanne, wenn man das mit den heutigen Riesendampfern vergleicht, dieser Titanic oder Panzerschiff »Graf See« oder wie die alle heißen.
Die »Mutterland« oder »Vaterland«, das Flusskanonenboot, wurde 1892 in Stettin gebaut. Es ist angeblich das einzige Boot des ehemaligen Ostasiengeschwaders, das bis heute überlebt hat, was man wohl von der damaligen Besatzung nicht behaupten kann.
Uro war ja der Jüngste an Bord. Ob er tatsächlich der Koch oder Hilfskoch war oder Heizer oder Deckmatrose, ich weiß es nicht genau und aus den Tagebüchern konnte ich das auch alles nicht so richtig nachvollziehen, die sind ja in so einer komischen altdeutschen Schrift geschrieben, so ein Gemisch aus Kyrillisch und Chinesisch, aber macht ja nichts, Deckel drauf, ihr seid ja auch nicht an diesen historischen Einzelheiten interessiert, euch geht es ja mehr ums Ganze, oder? Wenn jemand noch Genaueres weiß, vielleicht Herr Professor Besserwisser, soll er mir das sagen.
Nach langen Irrfahrten, wozu es unterschiedliche Berichte gibt, liegt es, das Boot, vielleicht heute als Theaterschiff »Batavia« in Wedel vor Anker. Auf jeden Fall wurde die »Mutterland« oder das Schwester- oder Bruderschiff 1943 nach Hamburg zurückgebracht, wurde von einer Fliegerbombe versenkt, 1952 gehoben, war dann das Vereinsheim des Ruderclubs »Phönix«, wohl wegen der vielen Asche an Bord, wurde dann von Hannes gekauft, 1972, und in der Wedeler Au »auf Grund« gesetzt. Das Schiff ist 30 Meter lang, 8 Meter breit, kommt mir manchmal viel breiter vor, wenn ich da meine Tsingtaubiere getrunken habe, der Tiefgang ist aber nur 1,20 Meter, wenn du da über Bord gehst, liegst du gleich im grauen Aue-Matsch, aber alles sehr schön gemütlich und immer viel Spaß an Bord.
Eigentlich ist es doch völlig egal, wie dieses Schiff nun heißt, mit dem mein Uro nach Tsingtau gefahren ist, vielleicht war es ja auch ein Postdampfer oder die »Mary Ann«, denn er ist ja mehrfach aus- und umgestiegen.
Ein Fachmann, seinen Namen habe ich vergessen, meint, das ist nicht die »VaTerland«, der Rumpf ist viel zu kurz und vorn zu breit, hat wohl mehrere Mautai an Bord getrunken, habe ich dem Hannes mal mitgebracht von meiner Chinareise, ich meine nur wegen »vorn zu breit«, kann aber auch Haseldorfer Korn gewesen sein, spielt keine Rolle, auch das Loch –für die Ankerkette – und die Bullaugen haben ihm nicht gefallen »wegen dem Vergleich mit dem Original«. Die Frage ist, was der Baumeister Johannes Rudloff, Schiffbauingenieur und Professor, leider 1934 verstorben, dazu gemeint hätte.
Der hat, glaube ich, auch die »Patricia« getauft oder entwickelt, die wurde nämlich ab 1910 auch für Ablösetransporte für die Garnison im »Pachtgebiet« Kiautschou und das ostasiatische Kreuzergeschwader nach Tsingtau in China eingesetzt und war das größte europäische Handelsschiff, das bis 1914 die Strecke nach Ostasien befuhr … Aber dazu später mehr.
»Pachtgebiet«, den Ausdruck finde ich reizend, wahrscheinlich haben die Deutschen damals auch Namibia »gepachtet« und die Portugiesen Angola und die Franzosen Madagaskar und … Russland gerade die Krim, oder bin ich da auf dem falschen Dampfer, da muss ich erst mal Dampf ablassen, tschüss, bis gleich.
Abendessen in Funchal