IMPRESSUM
©2016 Autor Alexander Gipp
www.alexander-gipp.de
Speyererstr. 35 68199 Mannheim
ISBN 9783741278570
Herstellung: Books on Demand GmbH, Norderstedt
Einführung | |||
Kernaussagen | Hauptthema des Buches | Erfahrung aus der Praxis | Danke |
Das Buch beruht auf der Erfahrung mit Kindern ab 3 Jahre, Jugendlichen, Erwachsenen, Senioren, hochaltrigen Menschen (90+), Menschen mit psychischer Erkrankung, Menschen mit geistiger Behinderung, Menschen mit Demenz und Menschen mit unterschiedlicher körperlicher Behinderung (Wirbelsäulenschäden, Diabetes, koronarer Erkrankung, Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates, blinden und gehörlosen Menschen, Menschen mit maschineller Beatmung)
Alexander Gipp, Jahrgang 1973, lebt in Mannheim und fühlt sich als Kurpfälzer. Er ist seit 1992 Tanzlehrer für Gesellschaftstanz, seit 1996 Fachübungsleiter für Sport mit Menschen mit Behinderung, mit zahlreichen Erfahrungen und Qualifikationen. Tätig an Schulen, Förderschulen, Tagesförderstädten, Förderkindergärten, Kindergärten, Tanzschulen und in Vereinen sowie als Referent für Fortbildungen für verschiedene Verbände und Institutionen, sowie als Gastlehrer in Schulen und Tanztreffs in USA.
Danke, dass Sie dieses Buch nutzen. Der Entstehungsprozess hat viel Zeit, Kraft und Geld gekostet. Danke an alle, die geholfen haben dieses Buchprojekt zu realisieren. Danke an Marlene Scheunemann.
Danke an die Helfer/innen, die Korrektur gelesen und die mit mir nach Wörtern gerungen haben. Meine Stärken liegen definitv nicht im Bereich der Grammatik und Rechtschreibung. Danke an Petra Marx. Danke an Michael Zürker. Danke an Jochen Petzinger.
Danke an die Menschen die ich fotografieren durfte. Danke an Sabine. Danke an Alice. Danke an die Menschen, die mir die Zeit gegeben haben dieses Buch zu verfassen. Danke an meine Freunde und Familie.
Danke an die Menschen mit denen ich tanzen durfte.
Danke an alle Mitglieder des Vereins Tausendfüßler Club e.V. (www.tausendfuessler-club.de). Danke an alle Teilnehmer meiner Lehrgänge und deren Fragen, ich hoffe dieses Buch beantwortet sie alle.
Das Buch hat einen methodischen Aufbau. Sie sollten es einmal komplett durcharbeiten. Die einzelnen Kapitel können dann als Nachschlagewerk genutzt werden.
An manchen Stellen wiederholen sich kurze Sätze oder Hinweise um den Lesefluss des Abschnitts durch Verweise nicht zu unterbrechen. Längere Ausführungen die zu mehreren Themen passen werden verwiesen, die hochgestellte Zahl gibt die Seite mit den entsprechenden Inhalten an. Hochgestellte Zahlen mit Klammern geben den Hinweis zu Anmerkungen im gleichen Absatz.
Die Unterrichtsthemen in diesem Buch sind in Kategorien eingeteilt. Die Einteilung ist nicht absolut, Themen könnten in mehreren Kategorien vorkommen. Trotzdem hilft die Kategorisierung einen Überblick zu erhalten und einen strukturierten und abwechslungsreichen Unterricht zu gestalten.
Tänze, bei denen das Prinzip »vormachen-nachmachen«92 nicht nur als Methodik, sondern dauerhaft eingesetzt wird oder das Ansagen von Bewegungen den Tanz prägt. Das Vormachen/Ansagen kann auf Teilnehmer übertragen werden.
Tänze, mit dem Ziel, dass sie die Teilnehmer selbständigen ausführen, unabhängig ob alleine, zu zweit, in Kleingruppe oder in der gesamten Gruppe. Auch choreografierte Tänze zählen dazu.
Tanzen im Stehen; allgemeine Hinweise
Tanzen im Rollstuhl, selbst rollend; allgemeine Hinweise
Tanzen im Rollstuhl, schiebend; allgemeine Hinweise
Tanzen im Sitzen; allgemeine Hinweise
Allgemeine Übungen und Aspekte zur Koordination und zum Gedächtnistraining.
Stationäre Tanzform mit überwiegend einfachen Bewegungen, die wiederholt hintereinander getanzt werden, ohne sich zwingend an einer Melodieführung oder einem bestimmten Lied zu orientieren. Beispiel für einen selbst entwickelten Partytanz: »Look No Touch« /
Stark vereinfachte Form des alpenländischen Volkstanzes, mit dem Schwerpunkt Koordination.
Schrittfolge in Anlehnung an den griechischen Volkstanz, wird in einem Gruppenkreis getanzt.
Kleine Auswahl von einfachen Bewegungen in Anlehnung an die Hip-Hop Kultur.
Reihentanz mit raumgreifenden Bewegungsfolgen, die wiederholt hintereinander getanzt werden, ohne sich zwingend an einer Melodieführung oder einem bestimmten Lied orientieren zu müssen.
Einfache Bewegungsbausteine und Tänze, die sich auf ein bestimmtes Lied oder Teile davon beziehen.
Einfache Bewegungen ohne feste Reihenfolge, aber der Ablauf kann sich an dem Liedtext orientieren.
Ruhige Musik mit Reggae-Flair, verbunden mit Wink-Bewegungen und Discoschritt.
Bewegungsauswahl für Arme und Beine auf langsame Swingmusik, in Anlehnung an den Stepptanz.
Samba und andere schnelle Latinomusik, mit einer Bewegungsauswahl für die Arme und Hüfte.
Einfache und komplexe Tänze die sich auf ein bestimmtes Lied beziehen und einen Unterhaltungswert für Zuschauer bieten.
Choreografiebeispiele:
Umsetzung des Gesellschaftstanzes ohne die verbindliche Form des paarweisen Tanzens und der geschlechtsspezifischen Zuordnung von Schritten, aber unter Beibehaltung charakteristischer Bewegungsformen und Abläufe.
Einführung & allgemein Hinweise
Hinweise zum Tanzen zu zweit
Diplom
Kultur ist eine von Menschen geschaffene Ausdrucksform. Es gibt eine Vielzahl von Kulturen. Sie werden von einer Gruppe (Kulturkreis) angewendet, konsumiert und weiterentwickelt. Kultur ist in ihrem Wesen wandelbar, der Wandel wird überwiegend von nachfolgenden Generationen ausgelöst um sich neuen Lebensumständen anzupassen oder um sich von anderen Generationen oder Kulturkreisen abzugrenzen.
Tanzen unterliegt ästhetischen Ansprüchen die von Kulturkreisen und Zeitgeist geprägt wird (beides ist wandelbar) und von einem bestimmten Personenkreis oder Organisation definiert wird, sie beanspruchen eine Deutungshoheit. Abweichungen bewerten sie als falsches Tanzen. Tatsächlich gibt es aber kein falsches Tanzen im Wesen, sondern nur das nicht ausführen von Vorgaben.
Selbst eine Namensgebung garantiert nicht zwangsläufig eine bestimmte Ausführungsform: Samba wird in Europa deutlich langsamer getanzt wie in Brasilien. Bei Salsa kommt ursprünglich der Bewegungsimpuls aus der Hüfte, heute gibt es Kulturkreise die sich Salsa über ein Schrittsystem erschließen. Auf langsame Walzermusik gibt es verschiedene Bewegungsformen. Sogar eine scheinbare spezifische Namensgebung wie "Tango Argentino" in Abgrenzung zu "Tango" bietet noch ein sehr breites Spektrum an Bewegungsvariationen. Es gibt noch unzählige andere Beispiele, die nicht nur den Gesellschaftstanz betreffen. Auch im Ballett, Westerntanz, Aerobic, Jazztanz, Rock'n'Roll und in den vielen anderen Tanzformen wechseln ästhetische Anforderungen.
Hält man sich nicht an die Vorgaben, können Subkulturen entstehen oder Neues. So geschehen bei zahlreichen Tänzen auf Swingmusik oder dem Cha-Cha-Cha, der erst um 1948 als Modetanz entwickelt wurde und bis heute Bestand hat.
Das Wort »Tanzen« kommt aus dem Französischen und bedeutet soviel wie »bewegen auf«. Die Wortherkunft unterstützt die Definition: Tanzen ist, sich auf Musik zu bewegen. Das kann man alleine, paarweise, in der Gruppe, im Stehen, im Rollen und im Sitzen→.
8.1 Tanzkategorien
Es gibt kaum eine andere Bewegungsform, die gleichzeitig so viele Muskelgruppen, Gelenke und Körperzentren anspricht wie das Tanzen. Natürlich wirkt die Bewegung auch auf das Herz-Kreislauf-System und verbessert die Atmung, unabhängig davon ob es stehend oder sitzend ausgeführt→ wird. Sogar das passive Tanzen und das mentale Tanzen haben eine positive Wirkung auf Körper und Gehirn.
Die Musik oder ein Rhythmus ist ein wesentlicher Bestandteil beim Tanzen. Sie sorgen für einen hohen Aufforderungscharakter, wecken die Lust an der Bewegung und helfen gleichzeitig sie zu strukturieren.
→ Siehe Kapitel "Musik: Wesen und Wirkung"→
→ Siehe Kapitel "Musik als Sportgerät: Wie setze ich sie ein?"→
Tanzen ist im Wesen einfach: Man braucht Musik und Bewegung, mehr nicht. Schon das Tippen mit dem Finger zu einer Melodie oder einem Rhythmus ist Tanzen.
Tanzen kann in jedem Alter und unabhängig des Leistungsvermögens bzw.
Leistungseinschränkungen (Behinderung) gelernt und angewendet werden.
Tanzen erlaubt eine flexible Unterrichtsgestaltung, die sich an jede beliebige Alters- und Zielgruppe anpassen lässt (pädagogisch, methodisch, tänzerisch, musikalisch, und strukturell) und auf besondere Bewegungsfähigkeiten der Teilnehmer Rücksicht nehmen kann. Das gilt nicht nur für das Lernen sondern auch für das Anwenden.
→ Man braucht nur Musik und schon kann es los gehen.
→ Neulingen können gelernte Inhalte sofort anwenden (»von einfach zu komplex«→).
→ Langfristige Bewegungsangebote auf Musik bieten dauerhaft die Möglichkeit Anwendungsphasen und Lernphasen abzuwechseln.
Tanzen wirkt ganzheitlich und vielseitig auf unseren Körper und Geist, unabhängig davon, ob es präventiv, therapeutisch oder unterhaltend eingesetzt wird.
Die physiologischen und psychologischen Auswirkungen von Tanzen werden im Kapitel "Wirkung des Tanzens auf die Gesundheit" ab Seite → beschrieben. Machen Sie den Teilnehmern die positive Wirkung von Tanz bewusst. Die Wirkung wird auch dann erzielt, wenn ästhetische Vorgaben wie zum Beispiel im »Takt tanzen«→ nicht erfüllt werden.
Einen der ältesten konkreten Belege (Stand 2016) für das Tanzen ist die Deutung der Höhlenmalerei im indischen Bhimbetka, die zwischen 5.000 und 2.000 vor unserer Zeitrechnung entstanden ist.
Instrumentale Musik gibt es aber mindestens schon seit 45.000 Jahren, wie Flötenfunde belegen und spätestens der Neandertaler (vor 250.000 Jahren) brachte alle körperlichen Voraussetzungen für das Singen mit.
Tanz und Musik scheint eine ursprüngliche Ausdrucksform des Menschen zu sein. Diese These stützt sich auf Beobachtungen von Naturvölkern (afrikanischen Naturstämmen, australischen Aborigines, asiatischen Steppenvölkern, grönländischen Inuit) und auf der Beobachtung von kleinen Kindern aus verschiedenen Kultur- und Sozialkreisen, die sich rhythmisch auf Musik bewegen. Selbst Säuglinge reagieren auf Musik, stärker wie auf gesprochene Sprache, insbesondere auf den Rhythmus, weniger auf die Melodie. Das fanden Forscher der englischen Universität von York gemeinsam mit Kollegen vom finnischen Zentrum für interdisziplinäre Musikforschung der Universität Jyvaskyla heraus (2010). Kulturkreise, die das Tanzen als negativ definieren und verbieten, schöpfen ihre Motivation zur Ablehnung meist aus ihrer Religion.
Tanzen ist Kultur und unterliegt einem ständigen Wandel. Wir tanzen heute anders als gestern oder wie wir morgen tanzen werden. Der Wandel ist oftmals geprägt vom Generationenwechsel. Er lässt neue Tanzformen entstehen, die in der Vergangenheit teilweise von politischer oder sozialer Revolution begleitet wurden, wie beim Wiener Walzer, der den Paartanz in Adelskreisen einführte und sich so dem gemeinen Volk annäherte. Wie bei der Entstehung des Langsamen Walzers, der durch einen Aufstand der Jugend gegen das Establishment begleitet wurde. Wie bei der Etablierung der lateinamerikanischen Rumba in Europa, die ein Akt der Anarchie, ein Aufbegehren gegen die moralischen Vorgaben des Papstes und der europäischen Regierungen war. Wie der Stepptanz, der sich durch das Verbot von Musikinstrumenten für Sklaven entwickelte.
Auch bestehende Tanzformen unterliegen einem Wandel der oft durch einen Emanzipationsprozess der Schüler von ihren Lehrern geprägt ist, wie zum Beispiel beim Ballett, Aerobic, Hip Hop, Westerntanz oder Volks- und Ritualtänze. Der Wandel vollzieht sich aber nur dort, wo das Tanzen zum Alltag gehört. Dort, wo der Tanz von Traditionalisten geprägt wird, geht es meistens um das Erhalten einer bestimmten Form, eines bestimmten Abbilds von Tänzen, dem Bewahren vor Veränderungen. Historisch gesehen verzögert das einen Wandel nur, verhindert ihn aber nicht.
Literaturverweis: "Vom Schamanentanz zur Rumba" von Helmut Günther und Helmut Schäfer.
Kultur ist eine Ausdrucksform, die von einer Gruppe (Kulturkreis) angewendet, konsumiert und weiterentwickelt wird.
Kultur ist in ihrem Wesen wandelbar, der Wandel wird überwiegend von nachfolgenden Genartionen ausgelöst um sich neuen Lebensumständen anzupassen oder um sich von anderen Kulturkreisen oder Generationen abzugrenzen. Es gibt eine Vielzahl von Kulturen.
Der erste Tanz, der gleichzeitig in verschiedenen Kulturkreisen Anwendung fand, ist der Wiener Walzer (ab 1815). Auslöser war der Wiener Kongress: Die Diplomaten zahlreicher Nationen lernten und tanzten den schnellen Walzer. Sie nahmen ihn mit in ihre Heimatländer, wo er als "Wiener Walzer" weiter Verbreitung fand.
Übrigens: Der schnelle Dreivierteltakt entstand in fast allen Kulturen weltweit unabhängig von einander. Es scheint ein Ur-Rhythmus zu sein und ein Argument für die These, dass Musik und Tanz eine Ausdrucksform ist, die alle Menschen auf ähnliche Weise anspricht und einfach und schnell Verbindungen zwischen Menschen herstellen kann. Globale Musik- und Tanzhits stützen diese These.
Tanzen kann als Selbstzweck oder zum Zeitvertreib betrieben werden. Es kann ein Ritual, ein Brauchtum, darstellende Kunst, eine Berufstätigkeit, eine Sportart, eine Therapieform, Unterhaltung, eine Ausdrucksform und noch vieles mehr sein. Es kann im Stehen und im Sitzen ausgeführt→ werden.
Weltweit gibt es zahlreiche Tanzarten mit vielfältigen Untergruppen, die sich nach bestimmten Aspekten in Kategorien einteilen lassen. Man erhält so einen Überblick über die Vielfalt und typischen Charakteristik einzelner Tänze, auch wenn es bei der Zuordnung Überschneidungen gibt.
Tänze haben charakteristische Bewegungsmerkmale, die sie teilweise deutlich, teilweise nur sehr fein von anderen Tänzen unterscheidet.
Typische angelsächsische Bewegungsart, die den Raum auf der horizontalen Ebene nutzt.
Bei vielen Tänzen kommen Drehelemente vor, aber nur wenige sind vom Drehen geprägt. Man unterscheidet zwischen Drehung am Platz und Drehungen im Raum (siehe Seite →).
Der Bewegungsimpuls kommt aus der Hüfte, während das angehängte Bein nur reagiert. Die Schrittgröße fällt entsprechend klein aus. Typisch für afrikanische Bewegungskultur, die auch die lateinamerikanischen Tänze geprägt hat.
Das Heben des Beins oder Ausschlagen des Unterschenkels ist in vielen alten Volkstänzen zu finden. Seit den 1960er Jahren wird das Kicken hauptsächlich mit Rock'n'Roll assoziiert.
Tänze definieren sich überwiegend durch einen bestimmten Rhythmus, in einer bestimmten Geschwindigkeit.
Eine weitere Einteilungsmöglichkeit kann man nach Musikstilen vornehmen, wie Blues, Reggae oder Swing. Oder nach landestypischer Musik, wie lateinamerikanische Musik, afrikanische Musik, asiatische Musik, arabische Musik, karibische Musik, und andere.
Eine Tanzfamilie ist eine Sammlung von Tänzen, mit gemeinsamen Wurzeln in der Musik oder ähnlichen Bewegungen.
Zur Pflege von Brauchtum und gesellschaftlichen Ritualen, in verschiedenen Organisationsformen→.
Paarweises Tanzen zur sportlichen Unterhaltung. Unser heutiger Gesellschaftstanz entwickelte sich aus verschiedenen Volks- und Modetänzen. Die Tänze wurden um 1960 von dem Engländer Alex Moore und dem Deutschen Gerd Hädrich standardisiert und im sogenannten Welttanzprogramm (WTP) dokumentiert. Das WTP ist eine Empfehlung, an der sich die Tanzschulen weltweit orientieren können, ähnlich einem Regelwerk von großen Sportspielen wie Fußball. Das Faszinierende ist, dass Tanzen als ursprünglich Kulturkreis prägende Bewegungsform durch das WTP Kulturkreis übergreifend stattfinden kann, jeder kann mit jedem tanzen, so wie jeder mit jedem Fußball spielen kann.
Die Liste der WTP-Tänze passt sich langfristigen Trends an, es werden Tänze von der Empfehlungsliste gestrichen (u.a. Paso Doble) und neue aufgenommen (u. a. Discofox). Wenn Tänze von der Empfehlungsliste gestrichen werden, ist das eine Reaktion auf abnehmende Popularität, die Tanzbeschreibung bleibt bestehen und kann weiterhin angewendet werden.
Einzeltanz zur sportlichen Unterhaltung. Die heutige weltweite Discothekenkultur wurde geprägt von zwei unabhängigen stattfindenden Entwicklungen in den USA und Deutschland und wurde erst durch die Verbreitung der Schallplatte und der elektronischen Verstärkung von Musik möglich.
In den USA wurde die Discowelle hauptsächlich von der Künstler-und Schwulenszene in den großen Metropolen geprägt und als eine deutliche Abgrenzung vom Establishment verstanden. Sie entstand in den 1970er Jahren mit der neu aufkommende Beatmusik und Funkmusik, getanzt wurde alleine. In Deutschland entstanden die ersten Discos mit Musik von Platte schon in den frühen 1950er Jahren und es gab sie in jeder Stadt. Man tanzte paarweise, in der Tradition der Tanzclubs mit Livemusik die um 1913 entstanden. Erst mit der Twist-Welle (Anfang 1960er Jahren) und der darauf folgenden Beatmusic etablierte sich das Tanzen ohne Partner.
Darstellender Bühnentanz mit raumgreifenden Bewegungen.
Leistungsorientierte Tanzform mit isolierten Bewegungen und besonderem Bezug zum Boden, entstanden aus dem Bühnentanz vermischt mit vielen Elementen der afrikanischen Tanzkultur.
Tänzerische Trainingsform mit dem Schwerpunkt Ausdauer.
Der deutsche Gesetzgeber hat durch seine Steuergesetze und deren Anwendungserlasse, festgelegt, dass ein wesentliches Element des Sportes die körperliche Ertüchtigung ist. Die deutsche Rechtsprechung folgte bisher dieser Auffassung.
Da Tanzen, als Bewegung auf Musik, eine eindeutige körperliche Betätigung ist und es darüber hinaus keine weiteren Kriterien gibt, kann man davon ausgehen, das alle Tanzformen, auch im Sitzen→, als Sport bezeichnet werden dürfen und nicht nur die, die sich im Rahmen der sportlichen Selbstverwaltung unter dem Dach des deutschen olympischen Sportbundes organisiert haben. Auch die Bewegungsformen, die in diesem Buch vorgestellt werden, können als Sportangebot bezeichnet werden.
Der alltägliche Sprachgebrauch lässt vermuten, das Sport etwas mit Anstrengung zu tun hat. Eine genaue, wissenschaftliche, akademische Definition oder DIN-Norm, die sich an der Ausführungsdauer oder körperlicher Merkmale wie Pulsfrequenz orientiert, gibt es nicht.
Beschreibungsformen bzw. Beschreibungsversuche zur Definition von Sport
1953: Schülerlexikon, Verlag Hans Witte
„Zum Teil unterscheidet man noch zwischen Sport, Turnen und Gymnastik, meist ist aber Sport heute ein Sammelbegriff für Leibesübungen, der alle Arten körperlicher Betätigung im Spiel und Wettkampf umfasst.”
1962: der kleine Brockhaus
„Eine körperliche Tätigkeit, die um ihrer selbst willen ausgeübt wird, aus Freude an der Überwindung von Schwierigkeiten und meist unter Anerkennung bestimmter regeln.”
1968: Sprach Brockhaus
„Körperliche Tätigkeit, die um ihrer selbst willen oder zur Körperstählung ausgeübt wird. Oder Liebhaberei, Zeitvertreib.”
1980: Duden
„Spiel, Leibesübungen, Liebhaberei”
2003: Vorschlag einer Definition von Prof. Dr. Claus Tiedemann, Universität Hamburg
„Sport ist ein kulturelles Tätigkeitsfeld, in dem Menschen sich freiwillig in eine Beziehung zu anderen Menschen begeben mit der bewussten Absicht, ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten insbesondere im Gebiet der Bewegungskunst zu entwickeln und sich mit diesen anderen Menschen auf Grundlage der gesellschaftlich akzeptierten ethischen Werte nach selbstgesetzten oder übernommenen Regeln zu vergleichen.”
2014: Wikipedia
„Unter dem Begriff Sport werden verschiedene Bewegungs-, Spiel- und Wettkampfformen zusammengefasst, die meist im Zusammenhang mit körperlichen Aktivitäten des Menschen stehen, ohne in erster Linie der Warenproduktion, kriegerischen Kampfhandlungen, dem Transport von Waren bzw. Gepäck oder der alleinigen Ortsveränderung zu dienen.”
2016: These von Alexander Gipp
Sport ist ein Überbegriff für ein kulturell geprägtes Tätigkeitsfeld, das die Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper in Bewegung oder einer geistige Anstrengung (Denksport, Schach) zum Ziel hat. Sport fördert und erhält körperliche und oder geistige Leistungsfähigkeit. Körperliche Anstrengung (Bewegung) ist ein menschliches Grundbedürfnis→. Sport als Oberbegriff gibt keine Intensität oder Leistungsfähigkeit vor. Zur differenzierten Betrachtung wird das Wort sprachlich erweitert, wie zum Beispiel Freizeitsport, Wettkampfsport, Leistungssport, Ausgleichsport, Profisport oder andere.
Tanzen wird in der öffentlichen Wahrnehmung nicht nur als Sport erkannt, sondern auch als ein geselliges Ereignis oder Kunstform. Diese Einstufung hebelt aber nicht die Tatsache aus, dass Tanzen bewegen auf Musik ist und somit als Sport zu bezeichnen ist. Tanzen aus religiösen Gründen ist demnach ebenso Sport wie das Tanzen in der Disco. In der Disco Anderen beim Tanzen beobachten ist Sportschau.
Der markanteste Unterschied zwischen Gymnastik und Tanz ist der Einsatz von Musik. Davon ausgenommen ist die rhythmische Gymnastik, die als eine Tanzform zu bezeichnen ist. Gymnastik wird ohne Musik ausgeführt und ist nicht durch ein Regelwerk geprägt, sondern orientiert sich an der Funktionalität des menschlichen Bewegungsapparats,
Zusammenfassung:
Es gibt kaum eine andere Sportart oder Bewegungsform, die gleichzeitig so viele unterschiedliche Muskelgruppen, Gelenke, Sehnen, Bänder und Körperzentren funktionell anspricht. Tanzen fördert die Bewegungsvielfältigkeit (Koordination, Motorik), die sich nur entwickelt wenn sie gefordert wird und nur erhalten bleibt, wenn sie genutzt wird. Die Bewegungsvielfalt fordert auch das Gehirn.
Tanzen beeinflusst positiv die Haltung der Wirbelsäule, den Atmungsapparat, das Herz-Kreislauf-System und den Stoffwechsel. Gleichzeitig wird die Orientierung, das Gleichgewicht, die Bewegungsroutine und die Konzentrationsfähigkeit geschult. Tanzen eignet sich als abwechslungsreiche Ausdauertraining.
Tanzen hat keine Nebenwirkungen und benötigt keinen Ausgleichsport und doch kann Tanzen, wie alles andere auch, in einer Form und Umfang betrieben werden die den Körper mehr belastet als gut tut. Im Breitensport findet das selten statt. Der überwiegende Teil der Bewegungen ist funktionell, schadet also dem Bewegungsapparat nicht. Die größte Gefahr geht von schlechtem Schuhwerk aus.
Das Thema wird gerne mit Senioren oder akut sturzgefährdeten Menschen in Verbindung gebracht. Doch um so früher man entsprechenden Fähigkeiten schult, um so nachhaltiger ist die Wirkung im weiteren Lebensverlauf. Unabhängig vom Alter reduziert sich der Gefährdungsgrad in Risikosituationen.
Die typischen Bereiche der Sturzprophylaxe, Gleichgewicht, Kraft und Koordination werden beim Tanzen gefordert und gefördert.
Viele wissenschaftliche Studien haben den Unterschied zwischen Tanzen und anderen Bewegungsformen herausgearbeitet. Dem hinzuzufügen ist noch, dass Tanzen zur Therapie eingesetzt werden kann, aber seine Wirkung auch dann entfaltet, wenn kein Therapeut dabei ist.
Hier eine sehr kleine Auswahl an Studien:
Tanzen ist bewegen auf Musik.
Überwiegend wird Tanzen mit einer stehenden Bewegungsform assoziiert. Tanzen ist aber auch sitzend oder rollend möglich und wirkt auch in dieser Form auf das Herz-Kreislauf-System, die Ausdauer und die Koordination. Sogar mentales Tanzen zeigt eine Wirkung→.
Die Kontaktfläche des Körpers mit der Umgebung beschränkt sich auf die Fußsohle oder Teile davon, das Körpergewicht ist gleichmäßig auf beide Füße verteilt. Der Körperschwerpunkt liegt über dem Mittelfuß. Der Körper steht senkrecht zur Standfläche. Die Beine sind geschlossen(1), der Po ist angespannt, die Halswirbelsäule ist nach oben gestreckt, die Schultern sind hinten unten(2).
Bildsprache zur aufrechten Haltung: „Wir sind Könige/Königinnen und haben eine Krone auf dem Kopf, die nicht herunterfallen darf."
1) Bei den wenigsten Menschen verlaufen die Beine parallel nebeneinander. Entweder hat man eine Tendenz zu X-Beinen oder zu O-Beinen, daher ist ein optisch perfektes schließen der Beine nicht immer möglich.
2) Die Arme fallen seitlich neben den Körper. Werden die Schultern nach vorne gehalten, fallen die Arme leicht vorwärts und die Hände befinden sich auf den Oberschenkeln. Diese Fehlhaltung sieht man oft bei Frauen. Sie entsteht in der Pubertät durch das Wachsen der Brust, dem dadurch veränderten Gewichtsverteilung und eventuell einem Mangel an Selbstbewusstsein mit dem sich verändernden Körper umzugehen. In dieser Lebensphase ist es besonders wichtig auf die Fehlhaltung hinzuweisen. Bringen Sie die Schultern der Betreffenden in die entsprechende Position. Seien Sie dabei besonders sensibel→.
Die eigene Körperhaltung wird grundsätzlich als Aufrecht empfunden unabhängig davon ob es den von außen ersichtlichen objektiven Kriterien genügt. Das Körpergefühl sagt: Ich kippe nicht um, also stehe ich aufrecht. Wird von außen in die Haltung durch Korrektur eingegriffen stößt das bei dem Betreffend auf doppelten Widerstand. Erstens körperlich, da Muskeln, Sehen und andere Körperteile ungewohnt belastet werden und zweitens psychisch, da das Gehirn nicht objektiv ist und das gewohnte Körpergefühl als richtig definiert, das neue als falsch.
Die verschiedenen Schrittformen sind im Kapitel "untere Extremitäten"→ beschrieben.
Es wird nicht der ganze Fuß auf einmal belastet sondern erst die Ferse oder erst der Ballen. Das Aufsetzen findet weitgehend geräuschlos statt.
*Hocke: In der Grundposition berühren die kompletten Fußsohlen den Boden, die Knie sind maximal gebeugt. Alternativ kann sich der Bodenkontakt auf die Ballen beschränken. Um eine höhere Standsicherheit zu erreichen, kann zum Abstützen ein Knie den Boden berühren.
Tanzen ist bewegen auf Musik.
Überwiegend wird Tanzen mit einer stehenden Bewegungsform assoziiert. Tanzen ist aber auch sitzend oder rollend möglich und wirkt auch in dieser Form auf das Herz-Kreislauf-System, die Ausdauer und die Koordination. Sogar mentales Tanzen zeigt eine Wirkung →.
Der Rollator ist ein Hilfsmittel um die Eigenständigkeit zu erhöhen und in unserem Fall ist es ein Sportgerät, wie zum Beispiel ein Rollstuhl→ oder Fahrrad. Die Bewegungsvielfalt ist abhängig von der Bauart und wie vertraut der Teilnehmer damit umgehen kann.
Im Buch findet keine Kennzeichnung der Inhalte statt, die besonders gut für das Laufen mit Rollator geeignet sind. Bitte beachten Sie folgende Punkte:
Auch wenn der Rollator die Bewegungsvielseitigkeit einschränkt bleiben noch genug Möglichkeiten einen differenzierten Unterricht zu gestalten. Erfahrungsgemäß werden gleiche oder ähnliche Bewegungen auf unterschiedliche Musikformen als eindeutig unterschiedlich von den Teilnehmern wahrgenommen. Hier spielen mentale Prozesse eine Rolle. Das Sehen und Erinnern an Bewegungen unterstützt das Erleben.
Zum Sitzen empfiehlt es sich nicht den Rollator zu verwenden sondern Stühle. Denken Sie an ausreichend Parkfläche für alle Rollatoren. Werden diese nicht unmittelbar beim Teilnehmer abgestellt (seitlich), müssen Sie klar kommunizieren wo Sie den Rollator abstellen und dass Sie ihn dem Teilnehmer später wieder zuführen. Ohne diese Klarheit können Ängste entstehen.
Tanzen ist bewegen auf Musik.
Überwiegend wird Tanzen mit einer stehenden Bewegungsform assoziiert. Tanzen ist aber auch sitzend möglich und wirkt auch in dieser Form auf das Herz-Kreislauf-System, die Ausdauer und die Koordination. Sogar mentales Tanzen zeigt eine Wirkung→.
Im Buch werden bei den Bewegungsbeschreibung und den Tänzen Adaptionen für das Tanzen im Sitzen aufgeführt. Kennzeichnung:
In diesem Kapitel geht es um allgemeine Hinweise zum Tanzen im Sitzen:
Weiterführende Kapitel sind "Tanzen im Rollstuhl, aktiv"→ und "Tanzen im Rollstuhl, passiv"→.
Die Kontaktfläche des Körpers mit der Umgebung ist hauptsächlich das Gesäß und, abhängig vom Sitzgerät (Boden, Hocker, Stuhl, Rollstuhl), weitere Körperteile der unteren Extremitäten.