Die Mädels, 1971 und 1972 geboren wollten schon immer ein Buch über eine „katastrophale Familie“ schreiben. So entstand „Sexofrän“ und „Sexofrän(er)“. Sie leben mit Mann und Hund in einer Kleinstadt und der Schreibstoff geht einfach nicht aus.
Das Schreiben hat sich mittlerweile bei den Mädels verselbstständigt. Alles Erlebte wird automatisch analysiert und zur alltäglichen Recherche gemacht. »Es bereitet uns Spass, wir funktionieren als Team. Das Schreiben über Menschen, deren Facetten und Machenschaften ist amüsant und extrem interessant. Die Dinge auseinanderpflücken, durchleuchten und bissig überspitzt zu Papier zu bringen ist grandios, fast schon eine Art Berufung.«
Mit den Büchern „Sexofrän“ und „Sexofrän(er)“ zeigen sie, was in ihnen steckt.
Personen und Orte sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit noch lebenden Personen sind rein zufällig.
Personen die sich tatsächlich meinen wiederzuerkennen – unser Beileid.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie, detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.
© 2016 Die Mädels
3. Auflage
Herstellung und Verlag
BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 9783741287664
Alle Rechte vorbehalten
Parodie einer sexofränen Familie
Für Dich…
Wahrheit ist eine widerliche Arznei;
man bleibt lieber krank,
ehe man sich entschließt,
sie einzunehmen...
(August von Kotzebue)
Sexofrän – wir haben die Leichen aus dem Keller gelassen
Es war einmal eine Erzählerin, die zu Lebzeiten versuchte ihre (sexofräne) Familie zu bändigen.
Oft ist es ihr gelungen, doch oft auch nicht. Aus ihrer ersten Ehe stammten die erwachsenen Söhne Dirk und Jörg, zwei Brüder, wie sie unterschiedlicher nicht sein konnten. Dirk träumte sein Leben lang von goldenen Fußnägeln und fremder Leute Geld. Stattdessen bekam er Anke, die sich schon frühzeitig ihr persönliches Machtdiplom ausstellte und ihre Mitmenschen genüsslich leiden ließ. Viel später heiratete sie dann sogar ihren Schwiegervater! Der zweite Sohn Jörg war ein stiller Mensch und hatte genug damit zu tun, seine Frau Sabine zu bändigen, die schon früh ihr Herz an Metzgers Wurst und später den Verstand an Jonny Walker verlor.
Ihr zweiter Mann Dimitri war der Erzählerin leider auch keine große Hilfe. Dimitri hatte seine griechischen Wurzeln komplett hinter sich gelassen, was man allerdings nach über 40 Jahren Deutschlandaufenthalt seiner Aussprache nicht wirklich anmerkte. Im Laufe der Zeit hatte er sich eine eigenartige Frisur als auch eine eigene Sprache kreiert, man musste ihn kennen, um das zu verstehen. »Äh…du bisse woll sexofrän, äh...de Läbe isse keine Wunschkontrast…« Soll heißen: Du bist wohl schizophren, das Leben ist kein Wunschkonzert! Dimitri mähte gerne Rasen, lobpreiste sich und seine Taten in epischer Länge und später heiratete er sogar seine Schwiegertochter Anke! Als Zugabe bekam er obendrauf Michaela, Ankes jüngste Tochter und Verbündete.
Seiner und der Erzählerin gemeinsamen Tochter Sandra fehlte von Anfang an der Draht zu ihm. Sie fühlte sich mit ihrer Mutter und Claudia, ihrer Nichte, verbunden. Besonders Claudia und Sandra waren ein eingeschworenes Team und sind es bis heute.
Dann starb leider die Erzählerin, und mit ihr sämtliche Regeln, Etiketten und die Harmonie. Was anfangs noch fast harmlos begann, nahm eine „sexofräne“, teilweise zum Schreien schreckliche, komische Wendung
Dimitri
Seines Zeichens Gastarbeiter, bekennender Jeanshasser mit zwei linken Händen.
Stets bereit sich seine eigene Welt, Frisur und Sprache zu kreieren.
Freunde: Familie Sülze
Vater von Sandra
Verheiratet mit Anke
Anke
Dimitris neue zweite Frau und frühere Schwiegertochter.
Besondere Merkmale: Perfekt, intolerant, Machthaberin, Bettenmacherin.
Mutter von Michaela und Sandra
Dirk
Dimitris (Stief)Sohn aus erster Ehe.
Ex-Mann von Anke.
Hinterlistiger Gaukler und Rollenspieler.
Dem Geld sehr zugewandt.
Beißt Fischen gern die Köpfe ab.
Jörg
Dimitris (Stief)Sohn aus erster Ehe.
Liebes Wesen.
Mag seltsame Frauen.
WG-Gründer und Schlafplatz-Anbieter.
Ex-Mann von Sabine.
Sabine
Ex- Schwiegertochter von Dimitri.
Jörg`s Exfrau.
Selbsternannte Brautmodenträgerin, überwiegend sternhagelvoll.
Kasimir
Enkel von Dimitri.
Sohn von Jörg und Sabine
Verheiratet mit der Brumme.
Michaela
Enkeltochter und Stieftochter von Dimitri.
Tochter von Anke und Dirk.
Extrem hyper(un)aktiv.
Motto: Keine Verpflichtungen, Party und Programm von morgens bis abends.
Burn-out vom Nichtstun.
Verheiratet mit Harry.
Harry
Stief-Schwiegersohn von Dimitri.
Kettenraucher, bekennender Kasino- und Kirmesfan.
Die Mädels
Claudia:
Enkelin und Stieftochter von Dimitri.
Tochter von Anke und Dirk.
Schwester von Michaela
Blutsschwester von Sandra.
Verheiratet mit Arndt.
Sandra:
Tochter von Dimitri.
Stieftochter von Anke.
Schwester von Jörg und Dirk.
Blutsschwester von Claudia.
Verheiratet mit Hubi.
Mit dummen Menschen zu streiten, ist wie mit einer Taube Schach zu spielen.
Egal wie gut du spielst, die Taube wird alle Figuren umwerfen, auf das Brett ka…. und herumstolzieren, als hätte sie gewonnen!
In diesem Sinne, Vorhang auf für Teil 2
Es war Winter. Dimitri ging wie immer seiner Lieblingsbeschäftigung, dem Schneeschippen nach, als die verschneite Satellitenschüssel sein Sichtfeld kreuzte. Unschuldig und eingeschneit hing sie da. Sofort rückte ihr Dimitri mit brachialer Feinmotorik auf die Pelle und klopfte sie mit der Schneeschaufel frei. Als er gerade so richtig in Fahrt gekommen war, haute er zusätzlich gleich noch den vereisten Sat-Empfänger aus der Halterung. Dieses Missgeschick verdrängte Dimitri großzügig, als er selbstbewusst sein warmes gemütliches Zuhause betrat.
Dort erwartete ihn bereits seine aktuelle Angetraute, die unerlässlich auf der TV-Fernbedienung herumhämmerte. »Was ist denn nur mit diesem Mistkasten los, alles schwarz! DIMITRI, was hast du wieder getan, du Nichtskönner!« Anke baute sich vor ihrem Göttergatten auf und umkreiste ihn bedrohlich. Dem Griechen brach der Angstschweiß aus, so hatte er sich das Eheglück mit seiner Holden nicht vorgestellt und nun hieß es für ihn, rette sich wer kann…
In der Hoffnung, dass ihm geöffnet wurde, wartete Dimitri ungeduldig und panisch umherblickend, vor Schwager Sülzes Haustür. Mit betretener Miene öffnete ihm Tochter Sülze, Dimitri stürzte wortlos an ihr vorbei. Erleichtert schwang er sich zu dem schlafenden Schwager aufs Sofa und haute ihm freundschaftlich aufs Knie. »Ruhst aus, machste richtig. Ich flücht vor de schönst Anke, flippte widder wie de Gorilla, äh.« Tochter und Witwe Sülze erstarrten. Plötzlich trat der anwesende Dorfpfarrer, wie aus dem Nichts, in Erscheinung. Er empörte sich: »Gotteslästerung! Mit Toten scherzt man nicht, Herr Dimitri.« Der Grieche wurde bleich, er bestaunte den in Frieden Ruhenden, sammelte sich aber sofort. »Äh, passte wie de Faust aufe Topf, prerfekte Zeit, Sülze gäht und zack iche bin da.« Tochter Sülze rang innerlich um Fassung, dann verwies sie Dimitri des Hauses. Ihre Mutter, Witwe Sülze, winkte ihm apathisch hinterher. Hier konnte er also auch nicht bleiben, enttäuscht machte sich Dimitri auf den Rückweg. Fast am Haus angekommen, brach ihm zum wiederholten Mal der Angstschweiß aus, als ihm seine Stieftochter und Enkelin, Michaela, sirenengleich entgegenschrillte: »Wo bleibst du, wir wollen in die Spielhalle und anschließend müssen wir noch bei meiner doofen Schwester Claudia Holz klauen, da liegen Bäume auf dem Grundstück. Von nichts kommt ja nichts. Du passt auf die Kinder auf und Ende, Mama duscht.« Dimitri wehrte sich, »wasse hirr widder los? Machste royales Kasino? Nimmste Kinders mit, fertig! Iche musse beten, de Sülze isse in Himmel« und dann spazierte er, die Hände zum Gebet gefaltet, an der keifenden Michaela vorbei. »Na und? Zur Kenntnis genommen. Leute sterben, ist so, weiß man, keine Neuigkeit. Verdirb mir mit deinem Todesgefasel jetzt bloß nicht die Laune!« Kaum hatte der Grieche die Höhle der duschenden Löwin betreten, stand diese auch schon in ein Frotteezelt gehüllt vor ihm. »Was fällt dir ein, einfach eigenmächtig das Haus zu verlassen, ich war noch lange nicht fertig mit dir.« Dimitri wimmerte. »Äh, biete, starkes frisches Frau, haste ja immer rechts, aber de Sülze isse tot, hat inne Grass gebiss, zack, so isse de Läbe.« Doch Anke blieb unbeeindruckt. »Das wurde jawohl auch Zeit, der konnte eh kein Auto mehr fahren, der Blödmann!« Dimitri bemerkte, wie Ankes Laune zu kippen drohte. Er wollte die Situation retten und legte übereifrig „sexofräne“ Entspannungsmusik auf, da erschien Michaela. Sie stellte die Kinder im Wohnzimmer ab und verschwand wortlos.
Ausnahmezustand! Nach unzähligen Stürmen, hatte der Baum, der jahrelang lustig auf der Grenze zu Claudias und Arndts Grundstück in die Breite und Höhe schoss, das Zeitliche gesegnet. Auch die Stadt-Holzfäller hatten ein Einsehen und rückten dem Gewächs mit sämtlichen Gerätschaften auf die hölzerne Pelle.
Claudia beobachtete die Holzfällarbeiten vom Fenster aus, als sie ein Auto sichtete. Aus diesem Auto stieg ihre Schwester Michaela. Von Kopf bis Fuß war sie mit überdimensionalen Blumenspangen versehen. Überfreundlich textete sie auf die Arbeiter ein. Wortfetzen drangen an Claudias Ohr. Michaela hatte wohl auf dem Weg zum Nagelstudio die Holzfäller entdeckt und sofort an einen kostenlosen warmen Winter gedacht. Doch Fehlanzeige! Die Arbeiter erklärten ihr, dass das nicht möglich sei, da es sich nicht um privates Holz handeln würde, sondern um bereits verkaufte Händlerware. Michaela war perplex, Absagen vertrug sie nicht. Beleidigt stieg sie ins Auto und raste davon. Claudia lachte sich ins Fäustchen. Als sie später den Arbeitern Kaffee servierte, wurde sie sogleich vor einer dreisten „frisch geschossenen Kirmesblume“ gewarnt, die, so schien es, einen Holzklau ins Auge fasste. »So Frau Claudia, wir sichern hier alles ab. Sie wissen Bescheid, also Vorsicht. Sie nehmen sich natürlich was sie brauchen, der Rest wird morgen abgeholt.«
Zur späteren Stunde, Claudia und Arndt hatten es sich auf dem Sofa gemütlich gemacht, ertönte von draußen lautes Gepolter, Motorengeräusche und Partymusik. Irritiert schauten die beiden nach dem Rechten. Was sie dort sahen verschlug ihnen die Sprache. Michaela, ungewöhnlich emsig, und Harry luden in Teamarbeit das verbotene Holz in den Kofferraum. Einfach so stopften sie es Reden schwingend hinein! »Die wollen es ja nicht anders. Wir lassen uns doch nicht fremdbestimmen!« Erst als das Auto zum Bersten gefüllt war, sie einsteigen wollten, erblickten sie Claudia. Kurz überrascht, auf den ersten Blick eine Idee eingeschüchtert, fuhren sie trotzdem selbstzufrieden grinsend mit der Beute davon. Claudia und Arndt schauten sich an. »Es soll ja niemand frieren, wie lächerlich.«
Die Diebe waren gerade wieder Zuhause angekommen, da verdonnerten sie kurzum Dimitri, den Wagen vom Diebesholz zu befreien. »Und wenn auch du nicht frieren möchtest, dann beweg deinen griechischen Hintern. Räum und saug die Karre aus klar?!« Mit dieser deutlichen Ansage marschierte Michaela an Dimitri vorbei und schloss sich zusammen mit ihrem Lover in der Wohnung ein. Wütend lud Dimitri die Holzberge aus. »Äh, nachts Holz besorgte. Wo kaufte Holz nachts? Alle verrückte. Man man man. Liegens nur rum und nachts werde fleißigst. Wie de Vatters Dirk. Kriminelle alle, Äpfel falle nichts weit von de Baum, isse Beweis äh.«
Am Tag darauf besuchte er heimlich Claudia. Er berichtete erschöpft von der Neuigkeit, die sich in diesem Irrenhaus zugetragen hatte. Claudia lauschte und erzählte ihm die wahre Holz-Geschichte. Dimitri konnte es kaum glauben. »Gehens balde alle in Schrott und spezielle Kittchen. Isse wie Film, kannste Buch schreibe. Gucke nich mehr durch, altes Lumpengerinsel, tztztz,«
Nach diesem Event glühte die Telefonleitung. Claudia informierte Sandra in allen Einzelheiten über diesen „sexofränen“ Holz-Vorfall. »Grundgütiger…«
In der sengenden Hitze, hinter einem Baum versteckt, kauerte eine dunkelgekleidete, Rosen tragende Gestalt und beobachtete aus sicherer Distanz Sülzes Beerdigung - Dimitri! Da öffnete sich auch schon die Kapellentür und voraus schritten die Sargträger. Unter diesen befand sich auch die „Brumme“, die eine Seite, so erweckte es wenigstens den Eindruck, pfeifend alleine wuppte, während auf der anderen Seite mehrere gestandene Männer fast zusammenbrachen.
Direkt hinter dem Trauerzug flanierten Dirk und seine Holde, Zündi 48. Jawohl, flanierten! Zündi war herausgeputzt, dass selbst Alexis aus dem Denver Clan blass vor Neid geworden wäre. Jämmerlich eingehakt schliff sie Dirk, im Smoking und mit Zylinder, hinter sich her. Hinter diesen selbst ernannten Ehrengästen, taumelten Tochter und Witwe Sülze zum Grab, dicht verfolgt von Michaela