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© 2016 Alexander Segura
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Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 978-3-74311-1165
Reflexionen zu einer Sicherheitsutopie oder warum es in der falschen Sicherheit keine richtige gibt.
Sicherheit umschreibt einen relativen Zustand der Gefahrenfreiheit. Absolute Sicherheit gibt es nicht. Es ist ein komplexer und zugleich unbestimmter Begriff, der auslegungs- und interpretationsbedürftig ist. Unterteilen lässt sich Sicherheit in eine objektive und subjektive (das Sicherheitsgefühl) Komponente. Beide lassen sich nur schwerlich quantifizieren. Eine objektive Kennzahl für die Sicherheit ist nicht existent und was dem einen sicher erscheint, macht dem anderen Angst. Dies führt uns zum Unterschied zwischen Risiko und Unbestimmtheit (Ambiguität). Risiko bedeutet, dass uns die (statistischen) Wahrscheinlichkeiten bekannt sind. Auf der Grundlage dieser Daten ist es uns möglich zu entscheiden, ob uns ein Risiko zu groß ist oder nicht. Bei der Unbestimmtheit ist dies eben nicht möglich. Unglücklicherweise werden die beiden Begriffe allzu häufig verwechselt. Im Reich der Sicherheit fällt vieles in die Kategorie Unbestimmt. Wir müssen lernen mit dieser Ambiguität zu leben, sie auszuhalten. Sicherheit ist nur eine soziale Fiktion. Wie sagte Benjamin Franklin: „Nichts ist sicher, außer der Tod und die Steuern“.
In Zeiten gravierender demographischer und soziokultureller Veränderungen ist Sicherheit ein Zukunftsmarkt mit enormem Wachstumspotenzial. Gerade der zunehmende Rückzug staatlicher Institutionen hat privatwirtschaftlichen Unternehmen Raum zur Entwicklung geboten. Die Nachfrage nach Überwachungstechnologien, Produkten und Dienstleistungen ist enorm angestiegen. Ein Milliardengeschäft mit der Angst. Es gibt viel Angst seit den Attentaten in Boston, New York, Washington, in Madrid, London und Paris. Die Angst zieht durch die Nachrichten, infiltriert und verändert das Denken der Menschen. Reale Bedrohungen sind von den Warnungen kaum noch zu unterscheiden. Ob die Anschläge, die Berichte der Medien oder die Äußerungen unserer Politiker ursächlich für die subjektiven Ängste sind lässt sich trennscharf nicht mehr sagen. Es hat sich daraus eine Angst vor Schläfern, vor dem Islam, dem Islamismus, der Scharia, vor Zuwanderung und vor allem was fremd ist, entwickelt. Insgesamt eine Triebkraft für rechtes Gedankengut.
Angst ruft danach, dass etwas getan wird. Sie hat uns süchtig gemacht nach Strafrecht und Überwachung. Eine Sucht führt in der Regel zu irrationalen Handlungen, Überzeugungen und Begehren. Sie ist ein schleichender Prozess der anfängt, wächst und schließlich das Leben der Menschen verändert und beherrscht. Wir sollten daher niemandem unsere Angst schenken, weder möglichen Terroristen, den Medien noch unseren Politkern. Sicherheit bewegt sich immer im Spannungsverhältnis zwischen Gefahrenabwehr und Freiheit. Bei der Lösung der Sicherheitsfrage wird primär auf das „Keep-it-Simple-and-Stupid-Prinzip“ zurückgegriffen. Überwachung und Prävention stehen im Fokus. Ein vermeintlicher Täter soll so früh wie möglich erkannt und unschädlich gemacht werden. Hierzu werden Gesetzgebungsverfahren initiiert oder „Sicherheitspakte“ geschnürt. Insgesamt schnelle und medienwirksame politische Sofortmaßnahmen. Ein Gesetz bietet formellen Schutz und Versprechungen. Das legislative Allheilmittel gibt es jedoch nicht. Allzu oft haben Gesetzesänderungen kaum oder wenig Wirkung. Diese Vorgehensweise ähnelt dem Effekt eines Sturms auf dem Ozean. Während die Oberfläche stark aufgewühlt wird, herrscht am Boden des Ozeans Ruhe und Stille. In der Politik sieht man dramatische Bewegungen, welche den Anschein grundlegender Veränderungen erwecken, während tief unten am Boden das Leben weitgehend unverändert weitergeht.
Wenn man sich die aktuelle politische Rhetorik und das Taktieren anschaut, dann kann man in der Tat den Eindruck gewinnen, dass ein „Alles ist möglich“, ein „Wir schaffen das“ gerechtfertigt ist. Diese Botschaften verleiten uns, an etwas Bestimmtes zu glauben - und wir lassen uns von derlei Mummenschanz verführen. Unsere Politiker sind ziemlich gut darin, ihre Wünsche und Interessen schlicht als moralische Pflicht zu verkaufen, so dass für sie erst gar kein Konflikt daraus entsteht. Die Besessenheit vom Vergeblichen und Unnützen scheint eine Vorschule der Politik zu sein.
Wenn dein einziges Werkzeug ein Hammer ist, wirst du jedes Problem als Nagel betrachten, sagte Mark Twain. Wer nur legislative Verfahren kennt, wird kaum andere Möglichkeiten in Betracht ziehen. Realiter gibt es aber weder monokausale Erklärungen noch Lösungen. Ein Zusammenhang macht freilich noch keine Ursache. Es reicht eben nicht aus, einen einzelnen Faktor zu korrigieren, sondern es ist ein Geflecht von Wechselwirkungen, das berücksichtigt werden muss. Nichts davon ist die Ursache - und alles zusammen. Solange wir an nur einen Grund glauben, werden wir Triumphe und Katastrophen immer auf einzelne Menschen zurückführen und sie als „Sündenböcke“ abstempeln. Eine moderne Gesellschaft, die blind einer Sicherheitsutopie folgt, sucht sich immer wieder neue „Sündenböcke“. Die gesellschaftliche Wut entlädt sich dann auf den, der auffällt ohne Schutz. Und die Opfer sind leicht auswechselbar, je nach der aktuellen Konstellation. Die Jagd nach dem „Schuldigen“ ist das einfachste, denn durch dessen Identifizierung erübrigt sich die Suche nach anderen Einflussvariablen. Erfolgreich wird eine Sicherheitsarchitektur, ein Anti-Terror-Kampf nur dann sein, wenn wir uns viel stärker als bisher mit den Ursachen des Terrorismus beschäftigen und in eine Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse investieren. Komplizierte Sachargumente sind jedoch politisch schwer verkäuflich und eine Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse nur in einem langfristigen Zeithorizont möglich.1
Vielleicht braucht jeder eine Nemesis, einen ewigen Gegenspieler. Sherlock Holmes hatte Prof. Moriarty. Demokratien eben antidemokratische Akteure. Sherlock Holmes besaß einen starken Charakter und gerade in der Auseinandersetzung mit Prof. Moriatry offenbarte sich die wirkliche Größe seiner Person und seiner Fähigkeiten. Die Demokratien gehen einen anderen Weg. Sie gleichen sich ihren Gegenspielern an. Rettungsfolter wird zur Schutzpflicht ernannt. Die Menschwürde entwertet und rechtsstaatliche Garantien umgangen. Wir scheinen in der aktuellen Lage nicht zu wissen, was das Gute, was unsere Werte, was Mensch, Menschlichkeit oder Humanität ist, aber was das Unmenschliche ist wissen wir genau. Rückwärts statt vorwärts gehen erscheint mir absurd. Der Sicherheitswahn unterwirft die gesellschaftlichen Beziehungen einer kalten Rationalität, die das Leben der Menschen vergiftet. Alles wird in einem Überwachungszwang über einen Kamm geschert. Verloren geht der Sinn für das Disparate. Die Menschen werden ihrer Individualität und ihrer Rechte beraubt.
In einer Welt wachsender Bürokratie und allumfassenden Überwachung laufen wir Gefahr, dass unser aller Stimmen ausgelöscht werden. Die Erosion des Rechtsstaates und der Ausverkauf des bürgerlichen Humanitätsideals haben bereits begonnen und schreiten unaufhörlich fort. Der Kult der Dezision, der Angst, der Gefahr und des Ausnahmezustands bereiten dem totalen Staat den Weg. Ein freier und offener demokratischer Prozess kann nicht in einem solchen Klima gedeihen. Es gibt keine richtige Sicherheit in der falschen. Norwegens Ministerpräsident Jens Stoltenberg hat nach den Anschlägen von Oslo die passenden Worte gefunden:
„Wir sind entrüstet über das, was uns getroffen hat, aber wir werden unsere Werte nie aufgeben. Unsere Antwort wird mehr Demokratie sein, mehr Offenheit und mehr Menschlichkeit. Aber nie Naivität“
Weder Hass, Vergeltung noch Rache, sondern mehr Demokratie und Menschlichkeit sind die Antwort auf Gewalt. Der Mensch ist Freiheit, wie Sartre ausgedrückt hat. Sicherheit ist die ausbalancierte Freiheit aller.2 Bei Sicherheit geht es um mehr, als nur Gefahren abzuwehren. Es geht darum, den Menschen Dinge nahezubringen, die es wert sind, dass man sie schützt. Sicherheit ist dabei nie neutral. Ihre grundlegende Mission ist die Sicherung der Freiheit über Intervention oder Verhaltensänderung. Das ist das, was Sicherheit (ob nun staatlich oder privat) zu einer moralischen, einer ethischen Profession macht, mit fundamentalen Fragen wie: Wie sichert man die Freiheit auf eine angemessene und ethische Art und Weise. Die entscheidende Frage ist, ob sich Sicherheit und vor allem Politik von einer unreifen zu einer reifen Profession weiterentwickeln kann. Dies bleibt abzuwarten.
1vgl. Prantl, Der Terrorist als Gesetzgeber: Wie man mit Angst Politik macht, S. 45.
2Prantl, Der Terrorist als Gesetzgeber: Wie man mit Angst Politik macht, S. 214.
In Vorbereitungsseminaren habe ich immer wieder erlebt, das zwar viel erzählt wird, den Teilnehmern aber im Wesentlichen die Systematik des Rechts und die der Kommunikation verschlossen blieb. Das hat mich fürchterlich geärgert. Die Mechanismen des Rechts ebenso wie der Kommunikation sind mitunter tatsächlich nicht einfach zu verstehen, manches wird als abstrakt, sperrig und kompliziert empfunden. Als Anfänger im „Jura-Dschungel“ führt auch die vom Gesetzgeber gewählte Sprache zu vielerlei Konfusion und Missverständnissen.
Was meines Erachtens dem bisherigen Markt fehlt sind Bücher, in denen einzelne Themenbereiche systematisch und vor allem praxisrelevant aufbereitet werden. Diese Erkenntnis führte dazu, dass ich eigene Konzepte erstellte und diese auf den immer öfter geäußerten Wunsch von Seminarteilnehmern nun in Buchform veröffentliche. Ich habe versucht einen Teil der insbesondere für die Prüfung und die Praxis relevant ist, in Fälle zu fassen, um so zum tieferen Verständnis einzelner Probleme beizutragen. Das Buch enthält mehr oder weniger den für euch notwendigen Stoff - nur „reloaded“ und „remixed“. Es ist nichts, was ihr nicht bewältigen könnt. Trotz der komplexen Materie kann Jura, Unfallverhütung, Sicherheitstechnik und Kommunikation Spaß machen. Ihr werdet sehen.
In Seminaren begegnen mir regelmäßig immer wieder die gleichen Fragen. Sie sind wie ein roter Faden, der alle Veranstaltungen durchzieht. Den dringlichsten Fragen zum Lernmanagement und zum Umgang mit Prüfungen habe ich daher ein eigenes Kapitel gewidmet. Auf die Frage wieso eine Schulung in Recht und Kommunikation überhaupt notwendig ist, möchte ich an dieser Stelle kurz eingehen.
Unser Alltag als Sicherheitsmitarbeiter ist geprägt von Begegnungen mit anderen Menschen.3 „Täglich sind wir Tausenden von Reizen verschiedenster Art ausgesetzt. Von allen Seiten prasseln diese auf uns ein. Überall begegnen uns laute Geräusche, bunte Farben, fremde Personen, bekannte Gesichter, verschiedene Alternativen, Anfragen und Forderungen, Angebote und Absagen. Wir müssen darauf reagieren, die wichtigen Informationen auswählen, Unwichtiges ausblenden, Personen und Situationen beurteilen, Entscheidungen treffen und uns angemessen verhalten. Und all das in kürzester Zeit. Doch wie machen wir das. Wie werden wir diesen Aufgaben gerecht. Woher wissen wir, was in einer Situation wichtig und richtig ist?„4
Konflikt ist ein Grundmerkmal jedes menschlichen Zusammenseins.5 In einem weiten Verständnis ist das Handeln von Sicherheitsmitarbeitern ebenfalls „nur“ Konflikthandhabung. „Konflikte folgen vorhersehbaren Pfaden. Sie ähneln dabei Lawinen.“6 In den meisten Gesellschaften, Institutionen und Organisationen gibt es Regelwerke und Verfahren, welche die Bandbreite des Möglichen bei dem Abgang einer Lawine durch sozial konstruierte „Konfliktleitplanken“ kanalisieren.7 Recht und Kommunikation bilden die Leitplanen aus, mit deren Hilfe ein Konflikt erkannt und in die „richtige“ Bahn gelenkt werden kann.
Sie stellen also die Grundlage für das tägliche Handeln dar. Wer nicht einschätzen kann, ob eine Handlung strafrechtlich relevant ist, wer grundlegende kommunikative Regeln nicht kennt wird sich nicht situationsgerecht verhalten können. Das Unangenehme im richtigen Leben ist, dass man, wenn man etwas Dummes tut, dafür bezahlen muss. Wenn Fernsehkommissar „Schimanski“ im sonntäglichen Tatort Fehler macht (und die macht er am laufenden Band) ist das egal. Es ist völlig egal, was er anstellt, denn am Ende wird er den Fall lösen und den Verdächtigen überführen. Alles ist in bester Ordnung. Sein (Fehl)Verhalten ist für ihn ohne Konsequenzen. Im richtigen Leben lösen Fehler aber oftmals zivilrechtliche oder strafrechtliche Folgen aus. Insofern ist eine Schulung in Kommunikation und Recht unabdingbar, um den Alltag im Sicherheitsgewerbe professionell meistern zu können.
Bevor wir starten direkt eine erste Aufforderung an euch: Ihr solltet, nein ihr müsst die genannten Vorschriften8 lesen. Lernt gesetzliche Vorschriften nicht nur aus Schulungsliteratur. Einerseits können sich in die Literatur Fehler eingeschlichen haben, andererseits versteht ihr so die Systematik des Gesetzes, der jeweiligen Vorschrift nicht. Lernen ist eben nicht nur Auswendiglernen, sondern vor allem Verstehen.
Machen wir uns auf den Weg.......
3Sozialpsychologie Mannheim, Ich, du, wir und die anderen Spannendes aus der Sozialpsychologie, S. 27.
4Ebd. S. 27ff.
5Problem und deren Lösung stehen im Zusammenhang mit dem Leben an sich und beziehen sich nicht nur auf „menschliche Gemeinschaften“, sondern sind elementarer Bestandteil aller Lebensformen. Vgl. hierzu Popper, Alles Leben ist Problemlösen, S. 15, ff; S. 70.
6Elwert, in Eckert, Anthropologie der Konflikte, S. 29, 46, 47.
7Ebd. S. 47; auch Koehler, in Eckert, Anthropologie der Konflikte, S. 275.
8Noch ein kurzer Hinweis zum Lesen von Gesetzestexten. Es existieren verschiedene Möglichkeiten Paragrafen und Artikel darzustellen. Gebräuchlich ist eine ausführliche (z.B. § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB oder Art 1 Abs. 1 GG) und eine verkürzte Schreibweise (z.B. § 433 I 2 BGB oder Art. 1 I GG). Die Aussage bei beiden Beispielverweisungen ist gleich. Bei der verkürzten Schreibweise werden der Absatz in römischen Ziffern und der Satz in arabischen Ziffern angegeben.
Die Teilnehmer von Vorbereitungsseminaren haben oftmals unterschiedliche persönliche, biographische und kulturelle Voraussetzungen. Da gibt es den 20jährigen der gerade seine schulische Laufbahn beendet hat und noch voll im Lernprozess steckt ebenso wie den 60jährigen, der sich als Seiteneinsteiger in der Sicherheitsbranche eine neue berufliche Perspektive aufbauen möchte.
Menschen lernen unterschiedlich. Nicht für alle ist das gleiche Vorgehen zu empfehlen. Trotzdem gibt es einige Faktoren, die für alle relevant sind. Leider sind die Seminarzeiten zu kurz um Fragen zum „Wie lerne ich richtig“ beantworten zu können. Auch sehen die Lehrpläne solche Unterrichtseinheiten nicht vor. Dem möchte ich an dieser Stelle abhelfen. Wir kennen das wahrscheinlich alle. Wir müssen etwas erledigen das uns zu schwer, zu unangenehm oder zu langweilig ist und verschieben es lieber auf morgen oder übermorgen. Da müssen doch noch dringend Einkäufe erledigt, die Wohnung aufgeräumt, die Wäsche gewaschen werden oder, oder, oder. Einen guten Grund zum Verschieben gibt es wohl immer. „Bummelei“ oder „Aufschieberitis“ nennt der Volksmund dieses Phänomen. Der Fachausdruck hierfür ist Prokrastination. Das „Auf-die-lange-Bank-Schieben“ lästiger Aufgaben ist ein Problem, das unglaublich schwer in den Griff zu kriegen ist. Wirkungsvoll gegen „Aufschieberitis“ ist das Zerlegen des Lernens in kleine Einzelschritte. Um sie zu überwinden, wendet ihr am besten eine Kombination aus verschiedenen Tricks an.
Ihr müsst euch ein Lernumfeld schaffen, an dem ihr euch wohl fühlt und ihr aufmerksam und konzentriert lernen könnt. Ein aufgeräumter Schreibtisch ist eine Grundbedingung zum strukturierten Lernen. Wenn ihr lernt, dann lernt ohne Ablenkung, da das Gedächtnis eng mit der Aufmerksamkeit verbunden ist. Unterlagen die mit dem Lernen nichts zu tun haben, haben auf dem Schreibtisch nichts zu suchen. So fesselt z.B. der Blick auf die unfertige Steuererklärung eure Aufmerksamkeit und lässt eure Gedanken abschweifen. Widmet euch nur einer Aufgabe. Wichtig ist auch, dass ihr nicht alle paar Minuten durch ein Telefonklingeln oder einen Mitteilungsston gestört werdet. Also Telefon, Mobilfunkgerät, Tablet und Computer abschalten. Sonst steht ihr am Ende des Tages da und habt nichts geschafft. Das ist demotivierend.
Unser Verhalten wird immer von Zielen gesteuert. Ziele beeinflussen, worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten, was wir wahrnehmen, was wir uns merken und wie wir lernen. Wenn ihr ein Ziel habt, das euch wirklich wichtig ist, dann verhaltet ihr euch bezüglich dieses Zieles anders als Menschen, die über kein entsprechendes Ziel verfügen. Ihr seid aktiv und interessiert euch für alles, was dieses Ziel betrifft. Wenn ihr überzeugt seid, für Sicherheitstechnik, Unfallverhütungsvorschriften, rechtliche Probleme oder den Umgang mit Menschen keine Antenne zu haben, weil euch die Fächer nicht liegen, ihr keine Begabung dafür habt oder euch der Stoff nicht interessiert, spielt es keine Rolle, ob sich das tatsächlich so verhält. Es reicht aus, dass ihr es für wirklich haltet. Eure Überzeugung hat Gewicht und das wird euer (Lern)Verhalten nachhaltig beeinflussen. Warum solltet ihr euch mit einem Stoff auseinandersetzen, den ihr ihn nicht kapiert oder für den euch die vermeintliche Begabung fehlt? Ihr habt euch ein Vorurteil gebildet.
Es ist ziemlich bequem sich hinter einem Vorurteil zu verstecken, so dass ihr es erst gar nicht versuchen braucht. Hinterfragt eure Vorurteile. Ihr könnt nur dann erfolgreich lernen, wenn ihr ein konkretes Ziel habt. Eine Beschäftigung im Sicherheitsgewerbe ist eine interessante und abwechslungsreiche Tätigkeit. Dafür lohnt es sich ein paar Tage, ein paar Wochen Lernen durchzuhalten.
Aller Anfang ist schwer. Ihr müsst erst den Zugang zu dem Lernstoff finden. Darauf folgt eine Periode, in der sehr schnell gelernt wird. An diese schließt sich eine Phase des Stillstands an. Habt ihr diese Phase überstanden steigt die Lernkurve langsam wieder an. Auch die Behaltenskurve verläuft nicht linear. Die anfängliche Lernzeit für wenig neues Wissen ist höher, als die spätere Lernzeit für viel neues Wissen. Wiederholt den Lernstoff in regelmäßigen Abständen. Aber: Zu langes Lernen und zu häufiges Wiederholen des gleichen Stoffs ist kontraproduktiv.
Lesen, verstehen, einprägen, behalten und das Wissen abrufen können sind verschiedene Aspekte. Die Speicherung von neuem Wissen erfolgt in mehreren Schritten (1. Lesen des Textes - 2. Übersetzen des Gelesenen in eine eigne Sprache - 3. Wesentliches auswählen - 4. Anfertigen von Notizen - 5. Speichern des so Erarbeiteten innerhalb der ersten Übungseinheit - 6. Wiederholungen zu späteren Zeitpunkten). Überfordert euch nicht. Geht Schritt für Schritt vor. Lernen soll und kann Spaß machen.
Abb. 1 Die Schritte des Lernens
Quelle: eigene Darstellung
Es gibt Menschen, die lesen ein Fachbuch wie einen Roman. Wenn ihr einen Roman lest, wollt ihr unterhalten werden. Ihr lasst euch von einer Geschichte, deren Charakteren und den Ereignissen in den Bann ziehen. Wenn ihr versucht ein Fachbuch auf die gleiche Weise zu lesen, werdet ihr vom Ergebnis enttäuscht sein. Das Lesen eines Fachbuches ist Arbeit. Ihr müsst euch intensiv mit dem Text auseinandersetzen. Wesentliches muss von Unwesentlichem getrennt, Gedankengänge nachvollzogen, Aussagen hinterfragt und das prüfungsrelevante Wissen behalten werden.
Schafft euch zunächst einen Überblick über ein neues Themengebiet. Das Lesen fängt immer mit dem Inhaltsverzeichnis und den Übersichten an. Es ist euch sicherlich aufgefallen, dass ich den Lernstoff stark gegliedert habe. Dies soll einen schnellen Überblick ermöglichen und euch das Lernen erleichtern. Es weckt und fokussiert eure Aufmerksamkeit auf das kommende Thema. Wenn ihr das Buch ohne besondere Orientierung ein paar Mal gelesen habt, ist es langweilig geworden und ihr werdet kaum einen Lerngewinn verbuchen können. Auch euer Lesetempo muss der Schwierigkeit des Texts angepasst sein. Bei einem schwierigen Text (wie das bei den meisten Sach- und Lehrbüchern der Fall ist) müsst ihr euer Lesetempo verlangsamen.
Die Probleme fangen meist schon beim Lesen an. Der Stoff ist fremd, der Text ist kompliziert und mitunter grottenschlecht oder in einem unverständlichen Fachjargon geschrieben. Die Fülle der Informationen ist erdrückend. Ihr wisst nicht worauf es ankommt. Obwohl die Sätze des Textes grammatikalisch richtig erscheinen, sind sie dennoch irgendwie sinnlos oder unsinnig. Die wesentlichen Inhalte zu erkennen ist nicht immer einfach. Um Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden zu können muss der Text verständlich sein. Vereinfacht lange und komplizierte Sätze. Übersetzt sie in eure eigene Sprache, indem ihr mit euren Worten sagt, was diese oder jene Textstelle bedeutet.
Dinge, für die man sich gar nicht interessiert, merkt man sich in der Regel auch nicht. Unser Gedächtnis unterscheidet zwischen wichtigen und unwichtigen Sachen. Wichtige werden gespeichert und unwichtige aussortiert. Sucht nach Möglichkeiten den Stoff mit euren Interessen, mit eurem Wissen zu verknüpfen. Lernt in Zusammenhängen, denn sonst fragt euer Gehirn „Was soll ich mit dem Unsinn und wofür ist das nützlich? Wenn ihr eurem Gehirn diese Fragen nicht beantworten könnt, findet keine Speicherung der Informationen statt. Überlegt euch, ob der Text über Dinge spricht, von denen ihr schon einmal gehört (oder gelesen) habt, die ihr selber kennt oder erfahren habt. Sucht und bildet Beispiele, die ihr mit allen Sinnen erfassen könnt. Recht, Sicherheitstechnik und Umgang mit Menschen kann man fühlen. Beim Lernen von Sicherheitstechnik könnt ihr euch sich z.B. vorstellen, ob und welcher Schließanlagentyp in eurer Wohnung verbaut ist oder welche Melder zum Absichern eurer Wohnung in Betracht kommen könnten. Beim Lernen von Gesetzen könntet ihr euch z.B. die Frage stellen, ob ihr mit diesem Gesetz in der Vergangenheit in Konflikt gekommen seid oder wann ihr in Konflikt kommt. Und beim Lernen vom Umgang mit Menschen könnt ihr euch z.B. vorstellen, was euch selbst motiviert oder frustriert. Wie ist der letzte Konflikt verlaufen? Könnte euch dieses Thema helfen, einen persönlichen Konflikt in eurem Umfeld zu erkennen, zu vermeiden oder zu lösen?
Wenn ihr in einem Buch zwei oder drei Seiten durcharbeitet, habt ihr in der Regel mehr als die Hälfte der Details vergessen. Nutzt das Buch um eure Auseinandersetzung sichtbar zu machen. Schreibt eure Notizen, Anmerkungen, Fragen und Ergänzungen in das Buch. Unterstreicht Schlüsselworte oder hebt Wichtiges mit einem Textmarker hervor. Aber Vorsicht: Wenn ihr jeden zweiten Satz für wichtig haltet, verliert ihr schnell den Überblick. Ihr seht dann buchstäblich den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr. Als Faustformel für das Unterstreichen oder Markieren gilt: höchstens fünf bis zehn Prozent des Textes. Besser als einen Text nur zu lesen ist eine Kombination aus Lesen, Schreiben und Hören. Die höchste Behaltensquote habt ihr, wenn ihr euer Wissen anderen erklärt.
Ihr könnt wichtige Definitionen auch auf Karteikarten schreiben und euch abfragen lassen. Dies ist auch eine hervorragende Vorbereitung für die mündliche Prüfung. Wenn ihr das Buch ernsthaft durcharbeiten wollt, nehmt euch Zeit dafür. Lest pro Tag höchstens ein Kapitel und setzt euch mit dem Inhalt auseinander. Wichtig ist, dass ihr nicht zu viel auf einmal lest. Haltet rechtzeitig an, um über das Gelesene nachzudenken. Prüft was ihr verstanden oder nicht verstanden habt. Macht euch Notizen zu dem Gelesenen.
Interferenz bezeichnet ein Phänomen, bei dem sich gleichartige oder sehr ähnliche Inhalte gegenseitig stören. Wenn ihr gerade noch Strafrecht gelernt habt, werdet ihr euch schwer tun, direkt in das Zivilrecht zu wechseln. Das liegt daran, dass der Lernstoff zu ähnlich ist. Beide Lernstoffe überlagern und stören sich nachhaltig. Die Folge ist, dass ihr die Dinge vergesst. Neue Informationen werden nicht richtig aufgenommen und ihr tut euch schwer dieses Wissen zu merken. Sorgt für Abwechslung beim Lernen. Lernt nichts, was sich widersprechen könnte. Vermeidet ähnliche Lernstoffe hintereinander zu lernen. Macht Pausen, damit das Gehirn den Lernstoff zumindest schrittweise verarbeiten kann.
Übung macht den Meister sagt der Volksmund. Diese Aussage führt jedoch regelmäßig zu Missverständnissen. Wenn ihr einen Lernstoff wiederholt, sollt ihr den Stoff nicht nur lesen. Wenn ihr den Stoff nur wieder und wieder lest, lernt ihr daraus nur relativ wenig. Ihr seid schnell frustriert und demotiviert. Nicht das wiederholte Lesen, sondern der Abruf der Informationen aus dem Gedächtnis hat eine einprägende Wirkung. Lernen ist nicht nur Auswendiglernen. Für das richtige Wiederholen eines Stoffes geht ihr wie folgt vor:
Pausen sind für Menschen unentbehrlich und leistungsfördernd. Unsere Körperfunktionen wechseln immer zwischen Arbeit und Ruhe, zwischen Kräfteverbrauch und Kräfteregeneration. Neue Lerninhalte müssen sich setzen. Diese unbewusste Verarbeitung wird durch fortwährendes Lernen gestört. Schon deshalb müsst ihr Lernpausen einlegen. Ganz allgemein gilt, dass von dem neuen Lernstoff umso mehr behalten wird, je passiver man sich nach dem Lernen verhält. Wenn ihr gesund und fit seid, seid ihr auch geistig leistungsfähig. Müdigkeit, Hunger, Krankheit oder Angespanntheit wirken sich negativ auf eure Aufmerksamkeit, Konzentration und Leistungsfähigkeit aus. Pausen dienen also zur Regeneration. Bewegung, Gymnastik, Yoga, an die Luft gehen, Musik hören, Bügeln etc. sind geeignete Pausenaktivitäten. Durch Bewegung wird die Gehirndurchblutung verbessert und die Sauerstoffaufnahme erhöht. Dies wirkt sich positiv auf den Lernprozess aus. Denkt dran auch euer Lernzimmer öfters zu lüften. Aber: Die Pausenaktivitäten sollten nicht zu attraktiv sein, weil es euch dann zu schwer fällt, wieder zum Lernen zurückzukehren. Wie lange sollt ihr lernen, wie lang sollten die Pausen sein? Da gibt es keinen universellen Richtwert. Entscheidend ist nicht wie viele Stunden ihr lernt, sondern wie gut ihr das tut. Die Kriterien für eine Pause dürfen also nicht bloß die gelesenen Seiten sein.
Ausschlaggebend ist, dass ihr in der Lage seid, den gelesenen Stoff oder ein bestimmtes Pensum an Lernstoff richtig zu reproduzieren. Nach einer Stunde Lernen sind für mich ca. 10-20 Minuten Pause ideal. Probiert es aus, welches Verhältnis von Lern- und Pausendauer für euch passend ist.
Erstellt euch einen Lernplan. Verteilt den noch zu lernenden Stoff gleichmäßig auf die verbleibende Zeit. Setzt euch realistische Zwischenziele, deren Erreichen einen Erfolg bedeuten. Berücksichtigt dabei, dass ihr nicht jeden Tag gleichermaßen Leistungsfähig seid. Gewöhnt euch daran, euch pünktlich zum vorgenommenen Zeitpunkt an die Arbeit zu setzen und dann auch sofort zu beginnen. Ob beim Sport oder beim Lernen, es gibt immer verschiedene Phasen: Eine Aufwärmphase, eine Hauptarbeitsphase und einen Endspurt. In jeder dieser drei Phasen seid ihr unterschiedlich stark bei der Sache. Wählt für die Aufwärmphase eine angenehme und schnell zu bewältigende Arbeit. Ist diese durchgeführt könnt ihr eine schwierigere Aufgabe in Angriff nehmen. Stellt euch das Gehirn als einen Muskel vor. Wenn ihr dauernd Muskelkater habt ist das demotivierend. Ihr verliert das Interesse. Noch was: Essenspausen, Toilettengänge oder sonstige Ablenkungen zählen nicht zur Lernzeit.
Denkt immer daran, dass es nicht darauf ankommt, wie viele Stunden ihr lernt, sondern wie effektiv ihr das tut. Ihr lernt nicht mehr, wenn ihr Tag und Nacht den Stoff paukt, als wenn ihr einen Ausgleich zwischen Lernen und Erholung herstellt. Allgemein lässt sich sagen, dass sich der Lernerfolg nicht durch eine Verlängerung der Lernzeit vergrößern lässt. Bei intensiver Arbeit wird das Maximum nach etwa acht Stunden erreicht. Jede Verlängerung der Lernzeit führt zum Absinken der Stundenleistung. Hört also rechtzeitig auf. Es gilt der Grundsatz: Bewusst lernen, bewusst Feierabend. Der Feierabend ist genauso wichtig wie das Lernen selbst. Wenn ihr euer Tagesziel erreicht habt, belohnt euch z.B. mit einer schönen Freizeitaktivität. Selbst gesetzte Belohnungen sind wichtig. Ihr sollt euch wohl fühlen. Sich selbst belohnen ist eine der wichtigsten Maßnahmen, um auf Dauer die Lust am Lernen aufrechtzuerhalten.