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Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 978-3-7528-1888-8
Willkommen in der Welt der digitalen Medien! Weltweit nutzen inzwischen über eine Milliarde Menschen Facebook, die Nutzerzahlen steigen jährlich im zweistelligen Prozentbereich. Mehr als eine Milliarde Nutzer verwenden mobile Endgeräte, um Facebook & Co. zu nutzen, Tendenz stark steigend. Viele Nutzer melden sich mehrmals täglich an und veröffentlichen pro Tag mehr als zwei Milliarden neue Einträge.
Treiber dieser Entwicklung waren in der Vergangenheit die 18 bis 34-jährigen, die ältere Generation nutzt aber verstärkt digitale Medien und weist die höchsten Wachstumsraten auf. Gemessen an der Benutzerzahl wären die digitalen Anbieter das drittgrößte Land der Welt. In manchen Ländern wird inzwischen die Hälfte des mobilen Internetverkehrs über diese Kanäle abgewickelt.
Facebook ist zwar das größte, aber nicht das einzige soziale Netzwerk. Auch andere Netzwerke glänzen mit beeindruckenden Zahlen. So verzeichnet etwa das geschäftlich orientierte Netzwerk LinkedIn jede Sekunde ein neues Mitglied. Alle 60 Sekunden werden mehr als 6000 Bilder auf flickr hochgeladen, knapp 100.000 Tweets über Twitter versandt, 20.000 Postings auf tumblr eingestellt und 600 neue Videos auf YouTube hochgeladen. Angeblich werden weltweit mehr iPhones verkauft als Kinder geboren. Diese Entwicklung kennt nur eine Richtung: nach oben.
In den letzten 20 Jahren wurden durch die Wissenschaft und Berater viele Managementmethoden am Markt propagiert, meist mit einer sehr geringen Halbwertzeit. Die Digitalisierung der Welt hat aber ein anderes Kaliber.
DIE DIGITALISIERUNG VERÄNDERT DIE WELT!
Sie wird Branchen und Organisationen grundlegend verändern. Berufsprofile werden sich der Digitalisierung anpassen müssen. Unternehmer werden sich in Zukunft verstärkt der Frage stellen müssen, ob sie in persönliche Ressourcen oder in digitale Werkzeuge investieren werden. Meine Wahrnehmung: Unternehmen werden viele Tätigkeiten, die automatisiert oder standardisiert werden können, verstärkt digitalisieren. Damit werden die Mitarbeiter vor die Herausforderung gestellt, entweder ihre Fähigkeiten dem digitalen Wandel anzupassen oder sich nach neuen Tätigkeiten umzusehen. Es werden neue Berufsbilder entstehen, aber mit einer Grundregel: keine Ausbildung gewährt Sicherheit für eine lebenslange Beschäftigung in dem erlernten Bereich. Wer heute Ingenieurwissenschaft studiert, muss morgen vielleicht auf IT-Management umschulen.
Es werden Hundertausende Fachkräfte im Bereich IT-Entwicklung und IT-Administration benötigt, die zurzeit nicht zur Verfügung stehen. Die Politik und die Wirtschaft haben inzwischen erkannt, dass die Digitalisierung in den verschiedensten Bereichen erheblich darüber entscheiden wird, wie der Wirtschaftsstandort Deutschland in Zukunft aufgestellt sein wird. Das Thema „4.0“ wird aber Konsequenzen für die sozialen Sicherungssysteme – Rentenversicherung, Krankenversicherung et cetera – und den Zusammenhalt in der Gesellschaft haben. Denn die Digitalisierung wird zu Gewinner- und Verlierersituationen führen. Es ist nicht damit getan, sich allein mit der Verlegung von Glasfaserkabeln zu beschäftigen. Es muss geklärt werden, welche Tätigkeiten in Zukunft zum Beispiel Kassiererinnen oder administrative Innendienstmitarbeiter ausüben sollen, wenn in absehbarer Zeit deren Arbeitsplätze digitalisiert werden. Es bedarf der Klärung: Mit welchem Gesellschaftsentwurf soll die soziale Gemeinschaft gesteuert werden, wenn durch die Digitalisierung immer weniger Menschen immer produktiver werden? Beispiele:
Wie viele Mitarbeiter benötigen beispielsweise dann die Banken in Zukunft noch aufgrund der automatisierten und digitalisierten Zahlungsprozesse? Die Ankündigungen der Finanzinstitute, sich von Filialen und Mitarbeitern zu trennen und verstärkt auf die digitalen Medien zu setzen, sprechen hier eine deutliche Sprache. Und das ist nicht das Ende der Entwicklung: Verbraucher werden in Zukunft über ihre Smartphones bezahlen statt mit Bargeld, sie wünschen sich weitere praxisnahe Lösungen und kundenindividuelle Mehrwertangebote. Beispiel „My Taxi“: Der Fahrdienst wird über eine App bestellt und bezahlt. Andere Beispiele sind „Lieferheld“ oder das mobile Bezahlen von Parkgebühren.
Die Digitalisierung führt aber auch zu vielen positiven Entwicklungen. Zum Beispiel beklagen Unternehmen in ländlichen Bereichen, dass es immer schwieriger wird, gute Mitarbeiter zu gewinnen. Metropolen ziehen High Potentials an, weil sie dort gute Arbeitsplätze und bessere Infrastruktur vorfinden. Doch die Verlagerung zentraler Lebensbereiche ins Internet wird die Unterschiede zwischen Stadt und Land minimieren. Dies könnte die Landflucht stoppen. Voraussetzung ist aber, dass eine ständige Präsenzpflicht am Firmenstandort nicht mehr unbedingt erforderlich ist. Dies steigert die Flexibilität der Mitarbeiter.
Für viele Unternehmen ist die Auseinandersetzung mit der digitalen Welt immer noch ein Buch mit vielen Geheimnissen. Auf der einen Seite werden die Chancen gesehen, die die digitale Welt bietet; auf der anderen Seite ist man unsicher bei der Festlegung einer digitalen Strategie. Es ist eine enorme Lernphase für alle Beteiligten – Unternehmen, Kunden, Mitarbeiter et cetera – verbunden mit Erfolgen und Misserfolgen. Doch die Voraussetzungen haben sich in den letzten Jahren erheblich verbessert. Die Zahl der Fachleute steigt, das Controlling und Management setzt bei Entscheidungen immer stärker auf kennzahlenbasierte Informationen und Daten.
Es setzt sich in der Wirtschaft immer stärker die Erkenntnis durch, dass es nicht damit getan ist, IT-Werkzeuge einzuführen. Die Digitalisierung wird bestehende Prozesse umkrempeln und Geschäftsmodelle digitalisieren. Zu Beginn eines Digitalisierungsprozesse wird in der Regel das Ziel angestrebt, das bestehende Geschäft zu optimieren. In Zukunft werden die neuen Technologien dazu eingesetzt, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln.
Wenn Sie in drei Jahren einen Apfel essen wollen, müssen Sie heute den Apfelbaum pflanzen. Der Einstieg in die digitale Welt erfordert Geduld und einen langen Atem, denn nicht jedes IT-Projekt wird sofort zum Erfolgsrenner. Wenn ein Unternehmen nicht rechtzeitig den digitalen Wandel erkannt hat, ist es selten erfolgreich, sofort die langfristige Vision anzustreben. Digitale Transformation ist ein Projekt, das Schritt für Schritt umgesetzt werden muss. Wichtig dabei ist es, dass das gesamte Unternehmen auf digitale Potenziale hin überprüft werden muss, nicht nur die Produktion oder der Einkauf. Digitalisierung kann nicht an Abteilungen festgemacht werden, sondern ist immer ein ganzheitliches Projekt.
Der wichtigste Faktor bei der Digitalisierung von bestehenden Unternehmen sind die Mitarbeiter. Sie müssen fit gemacht werden für die digitale Transformation. In diesem Prozess kann sich die Erkenntnis durchsetzen, sich von nicht leistungsfähigen oder leistungsbereiten Mitarbeitern zu trennen. Das ist harte unpopuläre Managementarbeit. Die Einführung neuer Geschäftsmodelle, basierend auf digitalen Technologien, ist für Unternehmen immer eine sensible Angelegenheit.
Der Unterschied zwischen Großunternehmen und dem Mittelstand bezüglich Digitalisierung wird stetig geringer. Zwar ist ein Großteil der Unternehmen derzeit nur teilweise digitalisiert, die Mehrzahl der Entscheider ist aber davon überzeugt, dass konsequent dieses Thema angegangen werden muss.
Die Digitalisierung wird die Kundenansprache deutlich verändern, zum Beispiel über Social Media oder Social Business.
SOCIAL MEDIA UND SOCIAL BUSINESS SIND KEINE
TRENDERSCHEINUNGEN!
Die Methoden und Techniken des Social Business verändern außerdem als Vernetzungs- und Austauschformen die Arbeitsprozesse in den Unternehmen und als Folge des veränderten Kommunikationsverhaltens der Gesellschaft und Marktteilnehmer:
Ein großer Anteil aller Studienabgänger hinterfragen bei ihren ersten Personalgesprächen ihre potenziellen Arbeitgeber nach dem Umgang mit Social Media, die Hälfte lehnt Angebote von Arbeitgebern ab, bei denen die Nutzung von Social Media während der Arbeitszeit unerwünscht ist. Ein Drittel der Absolventen hält die Freiheit in Hinblick auf Social Media, die Wahl von Zugangsgeräten wie Smartphones und flexible Arbeitszeiten und -orte für wichtiger als das Gehalt. Sebastian Thun, ein deutscher Standford-Professor, hat seine Einstiegsvorlesung zum Thema „Künstliche Intelligenz“ Online gestellt und anstelle der geplanten 200 insgesamt 160.000 Teilnehmer erreicht.
Für Unternehmen hat dies zur Folge, dass die digitalen Medien wesentlich zur Positionierung von Unternehmen und Marken beitragen und zu einem selbstverständlichen Bestandteil des Marketing-Mix werden. Die digitalen Medien ermöglichen direkte, zeitnahe Rückmeldungen seitens des Marktumfeldes, Veränderungen können schneller kommuniziert und umgesetzt werden. Schnelligkeit wird zu DEM Erfolgsfaktor in der digitalen Welt.
Private und geschäftliche Netzwerke verbinden sich zunehmend und werden über digitale Medien organisiert. Die digitalen Medien verändern die Formen der Kommunikation. Immer mehr Unternehmen starten Enterprise-Initiativen und vernetzen die Mitarbeiter, Kunden, Partner und Lieferanten in firmeneigenen, sozialen Netzwerken (ESN = Enterprise Social Network).
Die Nachkriegsgeneration stand für Wiederaufbau und Sicherheit und setzte auf Bewährtes. Für viele der nachfolgenden Generation wurde Karriere, Status oder Geld zu einem wichtigen Treiber ihres Handelns. Für die zukünftigen Generationen ist die Vernetzung durch digitale Medien selbstverständlich. Geld, Karriere oder Status haben für viele jüngere Menschen nicht mehr den Stellenwert wie in der Vergangenheit. Sinnhaftigkeit, Beteiligung oder Wertschätzung sind ihnen wichtiger.
Es wird damit zur Zukunftsaufgabe von Unternehmen, kollektive Intelligenz zu ermöglichen, unentdecktes Wissen freizusetzen und andere Organisationsformen zuzulassen. Das Pushen und Initiieren von Veränderungsprozessen sind zukünftig Kernaufgaben der Führung. Veränderungen erzeugen Spannungen, Stress und Abschiedsschmerzen von liebgewonnenen Ritualen und Spielregeln. Der immer schneller werdende Wandel in der Gesellschaft, im Markt, bei Kunden et cetera verlangt eine Änderung der Denkausrichtung des gesamten Unternehmens, insbesondere des Kundenmanagements. Der Wandel wird in einer digitalisierten Welt zur Konstanten. Industrie 4.0 und die digitalen Medien führen zu einer immer stärker werdenden Internationalisierung und Globalisierung und treiben die Neuausrichtung des Vertriebs und Marketings.
Deshalb wird es zu einem wichtigen Erfolgsfaktor im Kundenmanagement der Zukunft, rechtzeitig Trends zu „riechen“ und zu analysieren. Nur dann können zeitnah Aktivitäten überprüft und die Marketing- und Vertriebsorganisation flexibel auf die neue Ausrichtung eingestellt werden. Erfahrungen der Vergangenheit helfen in Zukunft immer weniger, in komplexer werdenden Märkten einen Wandel zu organisieren. Und der Markt gibt den Anbietern auch nicht die Zeit, in jahrelanger Kleinarbeit komplexe Strategiemodule mit höchstem Perfektionsanspruch im Unternehmen zu entwickeln und umzusetzen. Eine Balance zu finden zwischen Bewährtem und Weiterentwicklung wird künftig DIE Herausforderung sein.
Gerade die Bereiche Marketing und Vertrieb mit ihren internen und externen Kunden unterliegen einem verstärkten Wandel. Die erfolgreiche Gestaltung des Wandels hängt von der Mitarbeiterqualität und Mitarbeiterstellung ab. Harte Fakten und ein einheitliches Werteverständnis sind wesentliche Erfolgstreiber, sie beeinflussen die Kooperationsbereitschaft und Gruppendynamik der Unternehmensteams.
Digitalisierung ist DAS TOP-Thema derzeit in der Wirtschaft und Gesellschaft. Leider wird überwiegend über die Weiterentwicklung bestehender IT-Lösungen diskutiert, nicht über neue Geschäftsmodelle. Unternehmen werden sich in Zukunft durch Business-Disruption unter Nutzung neuer Technologien unterscheiden. Digitalisierung ist die Weiterentwicklung bestehender Geschäftsmodelle mit digitalen Mitteln und Werkzeugen – digitale Bestellmöglichkeiten, digital erhältliche Informationen et cetera – um schneller und günstiger zu werden. Das können aber inzwischen viele Unternehmen. Um was wirklich Neues anzupacken, ist Mut erforderlich. Zum Beispiel seit langer Zeit bestehende Geschäftsmodelle auf den Prüfstand zu stellen. Eine Unternehmermentalität, die Angst vor Verlust hat, wird kaum den großen Wurf wagen.
Der Unternehmensberater Alain Veuve hat einige Managersprüche in seinem Blog thematisiert, die das Unverständnis der Führungsverantwortlichen wundervoll dokumentiert. „Digitalisierung beginnt im Kopf“, „Culture eats Technology for breakfast“, „Digitale Transformation sind wie Kinder – sie können nicht geplant werden“. Nein, die Digitalisierung beginnt nicht in den Köpfen der Mitarbeiter, sondern jeden Morgen von neuem.
Es wird zu viel über die Digitalisierung geredet und zu wenig gemacht. Die Beteiligten verharren in den Komfortzonen. Aktiv gehandelt wird erst dann, wenn die Schmerzen in Form von Umsatz-, Kunden- oder Marktanteilsverlust deutlich werden. Die Unternehmen müssen risikobereiter werden, bestehende Geschäftsmodell umbauen, bevor die Finanzzahlen sie dazu zwingen. Der Markt wartet nicht. Entweder man handelt oder man wird irgendeines Tages behandelt.
Das Anliegen des Buches ist es, Entwicklungen im Vertrieb und Marketing 4.0 zu skizzieren und theoretische Überlegungen in pragmatischer und konzentrierter Form anzubieten, um sich auf die zukünftigen Marktherausforderungen besser einzustellen zu können. Und noch eine Anmerkung: Alle in dem Buch genannten Zahlen sind beim Erscheinen des Buches schon wieder Vergangenheit. Ebenso sind die aufgeführten Werkzeuge eventuell schon durch Updates oder andere Techniken nicht mehr State of the Art sind. Nichts ändert sich so schnell wie die digitale Welt.
Ich habe viel im Netz recherchiert, Fachbeiträge in Print-Medien gelesen, Gespräche mit Kollegen geführt, Notizen bei Teilnahmen auf Fachkongressen gemacht et cetera. Mir ist dabei etwas die Übersicht verloren gegangen, wo ich was von wem notiert habe. Sollte ich einen Kollegen zitiert oder eine Veröffentlichung unterschlagen haben, ohne Quellennachweis, bitte ich schon jetzt um Nachsicht.
Das Buch erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Das ist einer der Erkenntnisse: die digitale Welt ist geprägt durch Schnelligkeit und Wandel, jeder Ansatz ist daher rudimentär, abgelöst durch eine andere Idee. Trotzdem: viel Spaß beim Lesen und manche neue oder zusätzliche Erkenntnisse.
Es ist in der Vergangenheit die Regel gewesen, dass in relativ kurzen Abständen „neue“ Managementansätze propagiert wurden. Teilweise heiße Luft zum Vorteil von Beratern, die zu interessanten Honorartagessätzen die Unternehmen mit „neuen“ Managementansätzen „beraten“ konnten. Das Thema „4.0“ ist anders. Es ist keine Modeerscheinung oder ein Hype, sondern ein Paradigmenwandel in der Gesellschaft und Wirtschaft. Zur Erinnerung noch einmal die Stufen der industriellen Entwicklung:
Digital Leadership stellt andere Anforderungen an die Führung. Industrie 4.0 ist geprägt durch Veränderungen, steigender Unsicherheit und Komplexität. Ohne Austausch und Zusammenarbeit der Mitarbeiter untereinander auf Grundlage einer klaren Strategie wird Digital Leadership kaum gelingen. Das Verhalten der Kunden ist nicht mehr so berechenbar wie in der Vergangenheit. Die Konsequenz für die Anbieter: die Reaktionsgeschwindigkeit auf die Anforderungen des Marktes muss gesteigert werden, die Entwicklungszyklen immer kürzer werden, die Kundenausrichtung immer wieder neu gedacht werden.
Viele Geschäftsmodelle der Zukunft werden disruptiv sein. Wenn Ihr Unternehmen sich nicht auf neue Ideen einlässt, wird es der Wettbewerb tun. Oder Startups, die mutig und disruptiv die Vergangenheit in Frage stellen. Der Spagat besteht darin, das laufende Geschäft sicherzustellen und gleichzeitig neue Wege zu gehen. Der Unterschied zur Vergangenheit ist die Geschwindigkeit, mit der die Veränderungen stattfinden.
Industrie 4.0 führt weltweit zu einer Veränderung der Rahmenbedingungen in der Gesellschaft und Wirtschaft. Einzelnen Branchen, zum Beispiel dem Maschinen- und Anlagenbau kommt dabei eine Schlüsselposition zu. Die Informationstechnologie hat schon in der Vergangenheit die Unternehmensstrategien und die daraus abgeleiteten operativen Prozesse beeinflusst. In den 60iger und 70iger Jahren veränderten sich viele Tätigkeiten durch Ausbau der Automatisierung. Ab Mitte der 90iger Jahre entwickelte sich das Internet rasant und nahm Einfluss auf das Produktionsverhalten und das Kundenmanagement.
Im Gegensatz zu heute war dies nur ein Drehen an diversen Stellschrauben. Industrie 4.0 ist einschneidender, die Entwicklung vernetzter Produktionen prägt zunehmend die Gesellschaft 4.0. Zentrale Produktionssteuerungen werden vermehrt durch dezentrale Selbstorganisationen abgelöst:
Industrie 4.0 erhöht die Flexibilität und Individualität, sowohl in der Produktion als auch im Markt- und Kundenmanagement. Die Reaktionsgeschwindigkeit auf Marktveränderungen steigt, verbunden mit höherer Ressourceneffizienz und sinkenden Kosten. Laut einer Studie des Bundeswirtschaftsministeriums beträgt das volkswirtschaftliche Potenzial durch den konsequenten Einsatz von Industrie 4.0 in den nächsten fünf Jahren mehr als 150 Milliarden Euro.
Die Entwicklungen im Maschinen- und Anlagenbau sind die Grundlage, „Industrie 4.0“ nachhaltig zu entwickeln. Der Maschinen- und Anlagenbau ist Anbieter und Anwender von Industrie 4.0-Technologien zugleich. Zur Sicherung oder Erlangung einer Innovations- und Marktführerschaft ist ein kontinuierlicher Entwicklungsprozess erforderlich. Einige Fragen stehen dabei besonders im Fokus, zum Beispiel die Themen „Datensicherheit“ oder „Aus- und Weiterbildung“. Dabei darf der wichtigste Aspekt nicht vernachlässigt werden: wie können die Unternehmen ihre Mitarbeiter auf dem Weg in eine Industrie 4.0-Gesellschaft mit intelligenten Produktionen mehrheitlich mitnehmen? Denn die Mitarbeiter werden als Prozessmanager von Industrie 4.0 mehr als bisher gebraucht.
Industrie 4.0 wird so manches heutige Geschäftsmodell durch die disruptiven Veränderungen in Frage stellen. Viele Unternehmen in Deutschland haben erkannt, dass sie sich mit der Einführung von Industrie 4.0- Technologien beschäftigen müssen. Industrie 4.0 bietet Lösungsansätze, durch Digitalisierung und Vernetzung von Produkten und Produktion neue Geschäftsmodelle zu etablieren. Kundenorientierte Produktinnovationen, produktbezogene Dienstleistungen und verbesserte Produktionsprozesse können die Produktionskosten senken und Umsatz und Erlöse durch den verstärkten Verkauf von Zusatznutzen steigern.
Im Jahr 2020 werden voraussichtlich 28 Milliarden Dinge über das Internet vernetzt sein. Die Anzahl der Services im Internet ist schon heute riesig. Für die Produktion bedeutet dies: Alles wird zum Service im Rahmen von Industrie 4.0:
Dies erfordert bisher eher ungewohnte strategische Partnerschaften, beispielsweise zwischen Maschinenbauern und IT-Unternehmen. Leider werden immer noch sinnvolle Kooperationen durch eine ingenieurs- und hardware-getriebene Innovationskultur blockiert. Das Denken von Maschinen- zu Maschinengeneration und der Fokus auf maschinennahe Innovationen sind heute immer noch bestimmend.
Aber: Neue Formen der Wissensgenerierung und Wissensbereitstellung bieten Chancen der digitalen Veredelung. Die Nutzung von Daten als Grundlage für vorausschauende Analysen sowie prozessbegleitende echtzeitnahe Simulationen bieten dem Vertrieb 4.0 einen erheblichen Mehrwert zur Unterstützung beziehungsweise Absicherung von strategischen Entscheidungen. Die Bedeutung von integrierten Gesamtsystemen wird zunehmen, verstärkt durch End-to-End-Lösungen großer Anbieter oder eigener modularer Softwaresysteme. Die Zunahme der unternehmensinternen Komplexität wird dazu führen, dass komplexere und an die individuellen Kundenanforderungen angepasste Gesamtlösungen entwickelt werden. Es werden sich beispielsweise technologiebezogene Anwendungen zur Fernwartung von Maschinen und Anlagen verstärkt durchsetzen.
Damit werden aber nicht nur weitere realisierbare Potenziale im Markt- und Kundenmanagement „gehoben“. Industrie 4.0 bietet darüber hinaus die Chance einer disruptiven Erneuerung. Ein ganzheitlicher Ansatz betrachtet die gesamte Wertschöpfungsphase eines Produktes oder Dienstleistung, von Entwicklung bis zur Nutzung. Die Geschäftsprozess- und Lebenszyklusorientierung bestimmt das Denken:
Damit entstehen neue, teilweise bisher unbekannte Geschäftsmodelle rund um den Zugang und die Nutzung von Daten sowie damit verbundener digitaler Dienste. Der neue und attraktive Nutzen entsteht nicht mehr durch isolierte Produkte oder Dienstleistungen, sondern durch das Zusammenspiel einer flexiblen und effizienten Produktionssteuerung in Kombination mit Echtzeitdaten und attraktiven Geschäftsmodellen, die den Bezug der Leistung, die Bezahlung der Leistung oder die Flexibilität der Leistung auf einfache Weise ermöglichen.
Die Kernkompetenzen eines Unternehmens werden sich in einer Industrie 4.0-Gesellschaft ergänzen durch Kompetenzen im Bereich des Informationsmanagements. Eine wichtige Frage, die Unternehmen klären müssen, ist: make or buy? Es ist sinnvoll zu prüfen, ob nicht Partnerschaften mit Unternehmen aus der Informations- und Internet-Ökonomie hilfreich sind. IT-Unternehmen können zum Beispiel Plattformen betreiben, um intelligente Services zur Produktionsoptimierung als Software-Services, zum Beispiel Apps, zur Verfügung zu stellen. Diese Apps könnten Daten verarbeiten und damit den Wertschöpfungsprozess der Anbieter unterstützen.
US-Konzerne wie Google oder Amazon versuchen, ihre dominante Position im Internet der Menschen mit dem Fokus auf die Consumer-Märkte (B2C) auf das Internet der Dinge und damit auf die Industriemärkte (B2B) zu übertragen. Im Robotermarkt könnte dies zur Folge haben, dass Maschinenbauer in China sich mit IT-Unternehmen vernetzen. Das wäre eine gefährliche Konstellation für alle Roboterhersteller und vor allem für Produktionsstandorte mit hoher Roboterdichte wie Deutschland.
Die deutschen Unternehmen müssen sich, um die Zukunft zu sichern, disruptiv und radikal verändern. Sie müssen unter Umständen Geschäftsmodelle des Consumer-Bereichs auf den Industrie- und Dienstleistungsbereich übertragen und Betreiber von digitalen Plattformen werden. Siemens, SAP oder die Telekom versuchen schon heute, wettbewerbsfähige plattformbasierte Systeme im Internet zu etablieren. Um ein System umfassend zu gestalten, muss ein Plattformbetreiber mit möglichst vielen Herstellern und Kunden zusammenarbeiten. Die Plattformen müssen offen und attraktiv sein, damit sich Kunden, Lieferanten oder auch Wettbewerber anschließen.
Sicherheit und Vertrauen sind die Stärken der deutschen Wirtschaft. Wenn die deutschen Unternehmen es schaffen, möglichst zügig neue Systemideen anzubieten, mit hohem Nutzen für den Markt und die Kunden, wird der Login-Effekt dafür sorgen, dass das Kundenmanagement in den Händen der deutschen Unternehmen bleibt.
Geschäftsmodell EVOLUTION
Geschäftsmodell DISRUPTION
Quelle: Evolutive vs. disruptive Geschäftsmodell-Innovationen, W&P, Fraunhofer IPA
Entwicklungen werden nur dann disruptiv, wenn Trends nicht rechtzeitig wahrgenommen werden. Veränderungen im Kundenverhalten oder technischer Wandel kommen nicht über Nacht. Beispielsweise ist über lange Zeit die Zukunft der Verbrennungsmotoren diskutiert worden. Es bedurfte eines Anbieters wie Tesla, die Entwicklung nach vorne zu treiben. Gleiches gilt für die Diskussion um das Thema Cloud-Plattform. Clouds werden die Zukunft bestimmen.
Neue Technologien entwickeln sich in der Regel langsam. Erst wenn sie aus Kundensicht technisch ausgereift sind, steigt die Entwicklungskurve. IT-Spezialisten nennen diesen Vorgang Hype-Cycle-Kurve ("Wohlfühlkurve für Enterprise-IT-Entscheider"). Sie verleitet dazu abzuwarten, ob sich neue Techniken behaupten. Diese Haltung ist gefährlich, da technische Entwicklungen verpasst werden können. Besser ist die Installation eines Technology-Lifecycle-Managements als Plattform für eine lernende Organisation.
Ich bin ein Verfechter, Mitarbeiter zu Beteiligten zu machen und sie in Veränderungsprozesse einzubeziehen. Ohne den Aufbau interner Ressourcen wird es schwierig, das Thema 4.0 umzusetzen. Eine lernende Organisation reduziert die Kosten für Veränderungsprozesse und steigert das Vertrauen der Mitarbeiter in ihre eigenen Fähigkeiten.
Wenn Sie sich mit dem Thema „Industrie 4.0“ beschäftigen, werden Sie mit Begriffen konfrontiert, die bisher nicht oder nur bedingt zu Ihrem Sprachgebrauch gehörten. Der Schwerpunkt liegt auf der gesamten Wertschöpfungskette, nicht nur auf der Entwicklung „Smarter Produkte“. Dies erfordert eine digitale Operationsstrategie, um das eigene Geschäftsmodell zu unterstützen und abzusichern. Die folgenden Fragen stehen dabei im Vordergrund:
Wenn ich in dem Buch über „Produktion“ spreche, beziehe ich damit auch die Dienstleister mit ein. Denn auch diese entwickeln und produzieren Produkte in Form von Dienstleistungen. Der Anbietermarkt für smarte Systeme und IT-Systeme ist sehr dynamisch. Die Normierung von Standards und Schnittstellen ist noch nicht abgeschlossen, außerdem sind viele Fertigungs-, Handlings- und Transportsysteme derzeit noch auf dem Weg zu einer technischen und kommerziellen Marktreife.
Innovative Unternehmen ergreifen zunehmend Maßnahmen zur Optimierung der Wertschöpfungskette. Sie nutzen hierbei die Möglichkeit der Digitalisierung und der großen Anzahl von Lösungen, die aktuell von der Industrie, aber auch zunehmend von innovativen Startups entwickelt werden. Best Practice-Beispiele bedeutender mittelständischer Unternehmen zeigen, wie digitale Ideen konkret realisiert werden:
Smarte Fabrik – Steigerung von Effizienz und Flexibilität
Smarte Supply Chain - Sichtbarkeit erhöhen
Smart Data
Predictive Customer Analytics
Predictive Maintenance
Entscheidende Voraussetzungen für Unternehmen sind:
Jedes Unternehmen muss seinen individuellen „Digitalisierungspfad“ entwickeln, um Wachstum und Effizienzsteigerung zu sichern. Einige Themenfelder, ein Unternehmen digital zu gestalten, sind dagegen in den meisten Unternehmen identisch.
Die Festlegung der digitalen Strategie ist „Chefsache“. Die Positionierung des Unternehmens im zukünftig digitalisierten Produkt- und Marktumfeld sowie die durch die Digitalisierung getriebene Veränderung aller Unternehmensfunktionen und - prozesse erfordert eine ausgeprägte „Lotsenfunktion“ durch das Management. Denn digitale Technologien sind wirkungslos, wenn Führung, Organisation und Unternehmenskommunikation nicht mehr zur Geschwindigkeit und Agilität des digitalen Unternehmens passen. Die Bewertung der Ausgangsbasis und die Festlegung einer präzise formulierten Strategie sowie deren klare und zielgerichtete Kommunikation im gesamten Unternehmen sind erfolgskritische Bausteine.
Die Geschwindigkeit und die teils erheblichen Veränderungen der Prozesse und Abläufe in einem übergreifend vernetzten Unternehmen überfordern traditionelle, an isolierten Funktionen orientierte Silo-Organisationen. Agile, funktionsübergreifende Teams sind Voraussetzung für eine bereichsübergreifende, wirksame Vernetzung. Wichtige Bausteine einer digitalen Strategie sind deshalb die Bereiche „Organisationsentwicklung“ und „Change Management“. Im Gegensatz zu einer umfassenden digitalen Transformationsstrategie, inklusive Führungs- und Organisationsaspekten, folgen digitale Produkte und Services, digitalisierte Kernprozesse und smarte Daten einer technologisch aufeinander aufbauenden Logik.
Die digitale Veredelung von Produkten und Services verfolgt das Ziel, den individuellen Mehrwert der Kunden zu steigern. Im Falle eines mehrstufigen Vertriebs oder einer mehrstufigen Nutzung der Produkte oder Leistungen muss der jeweilige Mehrwert je Vertriebsstufe oder Nutzungsstufe entwickelt werden. Ein professionelles Marktangebot ist nur dann sinnvoll, wenn diese Zusatznutzen je Stufe präzise definiert und entwickelt wurden.
Im Wettbewerb ermöglichen diese digitalisierten Produkte eine zusätzliche Differenzierung. Die Funktionen, die ein smartes Produkt oder smarte Services mit zusätzlichen datenbasierten Services kombiniert bieten, sind der Realisierungsgrad und die Entwicklung produktbezogener Services und sind messbar und bewertbar.
Effizienzsteigerungen werden besonders durch eine übergreifende Vernetzung und intelligente Nutzung aller Produkt-, Prozess- und Maschinendaten erreicht. Der Automatisierungsgrad steigt durch modulare Produktionsprozesse, führt zu erheblichen Kostenvorteilen und der Möglichkeit zur Produktion einer „Losgröße 1“ ohne Mehraufwand. Insbesondere die Effizienz bei der Fertigung individueller Produkte, die im Idealfall vom Kunden per Internet konfigurierbar sind, ist ein wichtiges Merkmal zur Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens im digitalen Zeitalter. Modulare Produktionsprozesse ermöglichen Kostensenkungseffekte bei der Herstellung der Module und reduzieren die Komplexität in der Fertigung. Der Konfigurationspunkt des Produkts verschiebt sich im Idealfall zum Kunden. Der Kunde wird damit zum Teil der Wertschöpfung und nimmt die Rolle eines „Prosumenten“ statt eines Konsumenten ein. Die technologische Entwicklung steigert den Reifegrad und Effizienz bei der Fertigung kleiner Losgrößen.
Die Digitalisierung und Vernetzung der Kernprozesse eines Unternehmens führen zu hohen Effizienzvorteilen, da Schnittstellen bei der Informationsweitergabe eliminiert werden. Durchlaufzeiten werden drastisch minimiert, die Fehlerquote sinkt und das gesamte Unternehmen wird schneller und flexibler.
Effizienzvorteile in den Prozessen durch eine digitale Vernetzung haben besonders die Unternehmensbereiche Einkauf, Vertrieb, Product Management und Entwicklung. Die horizontale Integration ist die Vernetzung des Unternehmens über die Unternehmensgrenzen hinaus, beispielsweise mit Kunden und Lieferanten. Die vertikale Integration ist die unternehmensinterne Vernetzung aller Unternehmensfunktionen.
Daten ohne konkreten Zusammenhang sind wertlos. Der Mehrwert von Daten im Rahmen der digitalen Transformation entsteht durch die Umwandlung von Daten in Informationen, die Aufbereitung von Informationen zu digitalem Wissen und die Herstellung einer Prognosefähigkeit aus diesem Wissen. Um durch diese datenbezogene Wertschöpfungskette Wettbewerbsvorteile zu generieren, müssen ebenfalls konkrete Anwendungen mit einem hohen Reifegrad im Unternehmen implementiert sein. Die wesentlichen Anwendungen sind die Speicherung von Ereignissen (auf die Datenqualität achten!), Datennutzung sowie die spezifische Verarbeitung von Daten für Produktion und Logistik, Absatz, Kunden und Distribution.
Das Thema „Künstliche Intelligenz“ wird die Unternehmen in den kommenden Jahren nachhaltig beschäftigen. Das analytische Denken der Menschen wird in Zukunft nicht mehr ausreichen, die immer schneller und komplexer werdenden Prozesse effektiv und effizient zu gestalten. Management „by Erfahrung“ wird immer schwieriger. Es ist auch nicht ausreichend, die Serverleistungen zu erweitern, um der ständig wachsenden Informationsflut Herr zu werden. Eine zukunftsorientierte Planung bedarf der Auswertung von allen verfügbaren Daten und Informationen.
Künstliche Intelligenz (KI) ermöglicht es, aus einer Vielzahl an Lösungsoptionen datengestützte Vorschläge zu generieren. Durch intuitiv getroffene Entscheidungen werden unter Umständen Lösungsoptionen ausgeschlossen. Ein Computer dagegen rechnet alle Optionen durch. Wandelnde Märkte und Kundenerwartungen und die daraus resultierenden kürzeren Produktzyklen verlangen ein interdisziplinäres Management. KI wird in Zukunft die Unternehmen dabei unterstützen, flexibel und intelligent auf Veränderungen reagieren zu können. Führung wird lernen müssen, mit KI als Werkzeug umzugehen. Kein Sorge, es geht bei KI nicht um komplexe Mathematik, sondern um strukturiertes Denken. Die mathematischen Grundlagen liefern die eingesetzten Systeme.