Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
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ISBN 978-3-7322-1126-5
Umschlaggestaltung: Tobias Hager, innovation concept GmbH Emmendingen
Satz und Layout: innovation concept GmbH Emmendingen Herstellung und Verlag: Books on Demand GmbH, Norderstedt
Copyright © 2010 Eva Krawczyk, Thorsten Ritter
Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit Schriftlicher Genehmigung der Autoren.
Weltweite Beschaffung durch den Konzern‐Einkauf im Finanzdienstleistungssektor
Books on Demand
Abbildung 1: Unterschied Dienstleistung und Produkt
Abbildung 2: Ziele für die Umsetzung
Abbildung 3: Vorteile der Organisationsformen
Abbildung 4: Organigramm Global Procurement
Abbildung 5: Schnittstellen im Global Procurement
Abbildung 6: Globaler Einkaufsprozess im Konzern
Abbildung 7: Lieferantenmanagement
Abbildung 8: Rechtliche Grundlagen
Abbildung 9: RFx‐Prozesse
Abbildung 10: Ausschreibungsprozess
Abbildung 11: Methodik der Erfolgsmessung
Abbildung 12: Vertragsmanagement
Abbildung 13: Contentmanagement
Abbildung 14: Key Account Management
Abbildung 15: Globale Einkaufsstandards
In vielen Unternehmen werden in der Beschaffung enorme Beträge ausgegeben, die durch Vertrieb und Verkauf wieder erwirtschaftet werden müssen. Eine nachhaltige Steigerung des Unternehmensgewinns kann durch den aufwändigen Ausbau der Aktivitäten in Vertrieb und Verkauf erfolgen oder durch die schnell realisierbare Senkung der Einkaufskosten.
Eine wesentliche Möglichkeit um die Einkaufskosten zu reduzieren und erhöhte Unternehmensgewinne zu realisieren, ist die Implementierung eines Global Procurement. Global Procurement ist definiert als die koordinierte weltweite Beschaffung auf Basis global standardisierter Prozesse und IT‐Systeme. Bezogen auf einen Konzern im Sektor Finanzdienstleistungen bedeutet dies, dass alle Beschaffungsaktivitäten weltweit koordiniert ablaufen, die Beschaffungen nach definierten und verbindlichen Regelungen durchgeführt werden und ein länderübergreifendes Reporting aus dem Beschaffungssystem erstellt werden kann. Um dies zu erreichen sind Einkaufsaktivitäten zu bündeln, Strategien zur globalen Beschaffung zu entwickeln und eine optimale Organisationsstruktur mit hoch qualifizierten Mitarbeitern aufzubauen.
Die Vorteile des Global Procurement werden im Sektor der Fertigungsindustrie seit langem genutzt und sind in der Praxis weitestgehend etabliert. Schwerpunkt der umgesetzten Strategie in diesem Sektor ist die Verlagerung der Produktion in sogenannte Billiglohnländer, in denen die Kosten für die Herstellung der Produkte und Transport nach Deutschland wesentlich geringer sind als eine vergleichbare Fertigung direkt in Deutschland. Gründe für diese geringen Herstellungskosten sind geringere Löhne bzw. Gehälter als auch geringere Nebenkosten wie z.B. Steuern, Energie oder Mieten.
Ein Global Procurement im Finanzdienstleistungssektor kann diese Strategie von der Produktionsindustrie nicht direkt übernehmen, da der Beschaffungsschwerpunkt im Finanzdienstleistungssektor auf Dienstleistungen und nicht auf Produkten liegt. Entsprechend ist eine einfache Verlagerung der Produktion in Billiglohnländer nicht umsetzbar.
Dennoch ist der Aufbau eines Global Procurement in der Finanzdienstleistungsbranche möglich und sinnvoll, bedingt aber ein anderes Vorgehen als bei Produktionsunternehmen.
Das vorliegende Buch konzentriert sich auf die zielgerichtete Umsetzung eines Global Procurement im Konzern‐Einkauf des Sektors der Finanzdienstleistungen, also dem Konzern‐Einkauf auf globaler Ebene bei Banken und Versicherungen. Die hier dargestellten Sachverhalte beziehen sich immer auf einen KonzernEinkauf, der nachfolgend zur Vereinfachung „Einkauf“ genannt wird.
Ziel dieses Buches ist es, den strategischen Ansatz für die Implementierung eines Global Procurement im Finanzdienstleistungssektor aufzuzeigen, Besonderheiten darzulegen, die professionelle Organisation sowie die dazugehörigen Rollen der Mitarbeiter zu erläutern und die Umsetzung in die Praxis darzustellen. Gleichzeitig wird transparent, wie eine Implementierung eines Global Procurement im Finanzdienstleistungssektor möglich ist und welche Vorteile damit für den Konzern erzielt werden können. Entsprechend stellt dieses Buch einen Leitfaden zur Implementierung eines Global Procurement für einen Konzern‐Einkauf dar.
Im Rahmen dieser Zielsetzung werden Strategien, Prozesse und Organisation des Global Procurement detailliert erläutert, sowie der Erfolgsfaktor „Mitarbeiter“ mit zugehörigem Change Management dargestellt. Schwerpunktmäßig wird auf die Umsetzung eines Global Procurement in die Praxis sowie auf die Darstellung der zugehörigen Rollen mit Qualifikationen eingegangen, da diese bei der Implementierung des Global Procurement eine zentrale Bedeutung haben.
Der erste Teil dieses Buches befasst sich mit der theoretischen Betrachtung des Global Procurement. Dazu wird zunächst erläutert, welche wesentlichen Herausforderungen und Besonderheiten im Einkauf des Finanzdienstleistungsbereichs zu finden sind. Darauf aufbauend folgt die Beschreibung der Ziele und des Vorgehens bei der Umsetzung des Global Procurement. Weiter wird die reine Aufbauorganisation der Global Procurement Organisation betrachtet, in dem die zentrale und dezentrale Organisationsform sowie der Lead Buyer Ansatz beurteilt werden. Das darauffolgende Kapitel 2.3 enthält Informationen zu den organisatorischen Schnittstellen zwischen globalen und lokalen Einkaufsorganisationen, wodurch die in Kapitel 2.4 beschriebenen Rollen der Mitarbeiter, die globalen Teams und Gremien, der Organisation zugeordnet werden können.
Der zweite Teil des vorliegenden Buches behandelt die Umsetzung des Global Procurement in die Praxis. Dies beinhaltet die Beschreibung von globalen Einkaufsprozessen und Zuständigkeiten, eine nähere Betrachtung des Key Account Managements und die Darstellung kritischer Erfolgsfaktoren. Am Ende dieses Buchs erfolgt eine Zusammenfassung mit Ergebnisvorstellung der im Buch dargestellten Sachverhalte.
Gesamtwirtschaftlich betrachtet ist es das Ziel eines jeden Unternehmens Gewinne zu erwirtschaften. Vereinfacht betrachtet erfolgen Geldzuwächse durch Vertrieb und Verkauf und Geldminderungen durch den Einkauf. Um das Ziel einer Gewinnsteigerung zu erreichen, besteht demzufolge die Möglichkeit einer Umsatzsteigerung oder einer Kostenreduzierung.
Somit liegt im Einkauf einer der größten Hebel zur Steigerung des Unternehmensgewinns, um eine zeitnahe Verbesserung von Rendite bzw. Cost Income Ratio (CIR) umzusetzen. Grundvoraussetzung hierfür ist, dass realisierte Kosteneinsparungen auch GuV‐Wirksamkeit besitzen (siehe Kapitel 3.1.4 Konzernweite Erfolgsmessung). Somit sind Kosteneinsparungen durch nicht genutzte Potenziale im Einkauf zu realisieren, jedoch nicht durch Einsparungen an Qualität, Service oder Reduktion der zu beschaffenden Menge.
Nicht genutzte Potenziale im Einkauf kosten Unternehmen jedes Jahr mehrere Milliarden Euro an entgangenem Gewinn. Die Ursachen bzw. Schwachstellen die dazu führen sind oftmals:
Um diese Potenziale im Finanzdienstleistungssektor realisieren zu können ist es wichtig, die Besonderheiten bei der Beschaffung von Dienstleistungen im Vergleich zu Produkten zu beleuchten.
Der Schwerpunkt der Finanzdienstleistungsbranche ist die Erbringung von Dienstleistungen in der jeweiligen Kernkompetenz des Unternehmens. Beispielsweise ist dies bei Banken die Abwicklung des Zahlungsverkehrs oder Vergabe von Krediten mit Hilfe entsprechender Zahlungsverkehrssysteme oder der Aktienhandel mit Hilfe von IT‐Systemen zum Transaktionsbanking. Bei Rückversicherungen die Rückversicherung von Risiken auf Basis von IT‐Systemen zur Berechnung/Bewertung von Risiken und bei Erstversicherern der Verkauf von Versicherungspolicen basierend auf Erstversicherungssystemen zur Prämienberechnung. Bei diesen Kernkompetenzen handelt es sich ausschließlich um Dienstleistungen, die mit der Unterstützung von komplexen ITSystemen erbracht werden. Diese Besonderheit bedeutet für die zugehörigen Beschaffungsvorgänge in der Finanzdienstleistungsbranche, dass der Schwerpunkt des Einkaufs bzw. die höchsten Beschaffungsvolumina u.a. in den folgenden Warengruppen liegen:
Um beim Global Procurement bedeutsame Einsparungen zu erzielen, werden in der Regel die Beschaffungshebel Skaleneffekte (Bündelung) und Auslagerung in Billiglohnländer genutzt. Wie bereits dargestellt, ist bei Produktionsunternehmen insbesondere der Beschaffungshebel Auslagerung in Billiglohnländer leicht anzuwenden, weil die Fertigungskosten durch räumliche Verlagerung wesentlich gesenkt werden können und aufgrund der heutigen logistischen Möglichkeiten die zusätzlichen Transportkosten im Verhältnis dazu gering sind. In der Finanzdienstleistungsbranche ist dies hingegen wesentlich schwieriger, da es sich bei den Warengruppen mit hohen Beschaffungsvolumen um Dienstleistungen handelt. Erschwerend kommt hinzu, dass diese Dienstleistungen oftmals vor Ort beim Kunden durch externe Dienstleister mit hohem Qualifikationsniveau und Servicegrad erbracht werden müssen. Aufgrund dieser unterschiedlichen Beschaffenheit von Dienstleistungen und Produkten gestaltet sich das Global Procurement im Einkauf des Sektors Finanzdienstleister andersartig als das in der Produktionsindustrie.
Die charakteristischen Eigenschaften von Produkten und Dienstleistungen sind in folgender Abbildung (Abbildung 1: Unterschied Dienstleistung und Produkt