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Besuch in Worpswede (August 2014)

Worpswede, der kleine Ort vor den Toren Bremens, ist ein landschaftliches, kunstgeschichtliches und architektonisches Kleinod. Schon seit langem hatten Adelheid und ich uns vorgenommen, der bekannten Künstlerkolonie, die so eng mit dem Namen von Deutschlands wohl berühmtester Malerin Paula Modersohn-Becker verbunden ist, einen Besuch abzustatten. Das Jahr 2014 bot sich für diesen Besuch besonders an, da das Künstlerdorf in diesem Jahr seinen 125. Geburtstag mit einer großen Ausstellung „Mythos und Moderne“ feiert. Der stern (16.1.2014) widmet dem Künstlerdorf einen Bericht, allerdings mit kulinarischem Schwerpunkt. Dort finden Adelheid und ich (Hans-Werner) aber auch etliche hilfreiche Hinweise zu Hotelunterkünften und so stoßen wir auf den am Rande des Ortszentrums gelegenen „Buchenhof“. Ein gut aufgemachter dreiseitiger Bericht in der Samstags-Beilage des Flensburger Tageblatts vom 17. Mai 2014 weist auf eine Reihe von Veranstaltungen in den vier bedeutendsten Worpsweder Museen hin. Das überzeugt uns. Da auch Karin und Horst uns begleiten wollen, machen wir vier uns vom 11. bis 15. August 2014 von Tarp aus auf den Weg nach Worpswede. Horst wird unser Fahrer und lenkt seinen neuen „VW Tiguan“ aus Tarp in Richtung Autobahn A7.

Glückstadt

Wer sich aus dem Norden Schleswig-Holsteins auf den Weg nach Worpswede macht, steht vor der Alternative, die Autobahn A7 mit dem Elbtunnel und danach die A1 zu benutzen oder die gemütlichere Strecke mit der Elbfähre Glückstadt – Wischhafen zu wählen. Wir entscheiden uns für die zweite Variante und beschließen auch der holsteinischen Kleinstadt am Elbeufer einen Kurzbesuch abzustatten. Glückstadt selbst hat seine beste Zeit zu Zeiten des Dänenkönigs Christian IV. gehabt, der 1617 einen Konkurrenz-Seehafen zu Hamburg bauen ließ. Von dieser Zeit zeugen die alten Hafenanlagen noch immer. Aber auch die historische Häuserzeile am Hafen weiß dem Betrachter zu gefallen. Dennoch hat es heute am Montag nur wenige Touristen an den historischen Hafen verschlagen.

Eine geöffnete Gastronomie am Hafen fehlt ganz und so entschließen wir uns den obligatorischen Matjes am Marktplatz zu genießen. Glückstadt wirbt von sich als der Hauptstadt des Matjes‘; außerdem sind gerade Matjestage. Jedes Restaurant bietet verschiedene Matjes-Gerichte auf der Speisekarte. Geöffnet hat um kurz nach 11.30 Uhr am Vormittag aber nur „Der Däne“, wo es sich die letzten Frühstücksgäste, junge Damen am Nachbartisch, so richtig schmecken lassen. Unter dem Zeltdach mit schönem Blick auf die alte Kirche und den Marktplatz machen wir es uns gemütlich und bestellen Matjes-Variationen mit Bratkartoffeln. Horst, der keinen Matjes mag, ordert ein Bauernfrühstück. Beides schmeckt ausgezeichnet. Mit unserer freundlichen Serviererin bekommen wir noch einen kleinen Schnack und können klären, was das uns unbekannte Wort „Kandelaber“ bedeutet: in diesem Fall historische Straßenleuchten.

Paula Modersohn-Becker: Selbstporträt (1906)

Christian IV. von Dänemark, Denkmal am Marktplatz in Glückstadt.

So gestärkt fahren wir weiter zur Fähre. Aber schon kurz vor dem Elbe-Deich entsteht Stillstand, denn die Fahrzeugschlange vor uns weist sicherlich einige hundert Meter Länge auf. „Das wird mindestens 45 Minuten dauern“, brummelt Horst mit geschultem Blick vor sich hin und weist auf die vier oder fünf LKWs, die nicht alle auf die nächste Fähre passen. „Aber es sind heute vier Fähren im Einsatz“, entgegne ich, „die dritte dürfte unsere sein.“ Der Glückstädter Fährhafen liegt geschützt vor einer südwestlich vorgelagerten Insel. Die Auto-Fähren müssen jedes Mal weit ausholen, um die vorhandenen Untiefen zu umfahren, die aber alle durch Barken gut markiert sind.

In der Ferne sind die Silhouetten der Kernkraftwerke in Brunsbüttel und Brokdorf zu erkennen, um die es in den siebziger und achtziger Jahren Großdemonstrationen der Atomgegner gegeben hatte. Heute strahlt alles Ruhe aus, der Atom-Ausstieg scheint auch hier angekommen! Aber auch bei diesem Thema holt uns die Realität nach wenigen Tagen ein. Der NDR berichtet im Nordschau-Magazin: Im schon stillgelegten AKW in Brunsbüttel werden in einer Taverne erneut durch gerottete Atom-Müll-Fässer gefunden, die auseinanderzubrechen drohen. Wie immer beschwichtigt Vattenfall den Vorfall. Wie kann man nur eine solche Wahnsinnstechnologie genehmigen, ohne ein vernünftiges Entsorgungskonzept nachzuweisen?

Die Überfahrt auf der Fähre nach Wischhafen verläuft ruhig. Ich schaffe es sogar, mir einen „Coffee to go“ aus dem Unterdeck zu besorgen, der natürlich zum sofortigen Trinken wie immer viel zu heiß ist. So bekleckere ich mir vorerst nur meine helle Jacke. Schon nach rund 20 Minuten Fahrt auf der Fähre spüren wir wieder festen Boden unter den Füßen und lassen uns von unserem „Navi“ durch das nördliche Niedersachsen Richtung Worpswede führen. Links und rechts flaches Land, nur Gräben mit viel Grün und ab und zu ein Storchenpaar auf Froschsuche. Durch das Ostetal geht es nach Bremervörde, von dort aus auf dem Damm längs des Hamme-Oste-Kanals und schließlich an der Hamme entlang nach Worpswede, das wir gegen 15 Uhr erreichten.