Was sind die zwei wichtigsten Dinge im Leben? Essen und Sex. Dieses Buch handelt vom Essen. Was und wie sollen wir heute essen und vor allem: was nicht? Essen scheint ja heute mit ebenso vielen Tabus und Verboten belegt zu sein wie früher Sex. Das sollte uns nicht irritieren, sondern im Gegenteil dazu anregen, dieses Thema mit Lust und Freude zu erforschen – theoretisch wie praktisch.
Was es ist und was es nicht ist:
Alles in allem ein sehr praktisches Buch, das für alle von Interesse sein kann, die sich mit Ernährung beschäftigen und einen Einstieg oder Überblick über das Thema suchen. Ein neuer Zugang zu einem alten Thema!
Der guten Ordnung halber sei noch erwähnt: Dieses Buch wurde nicht unter den Kriterien einer wissenschaftlichen Arbeit geschrieben. Selbstverständlich habe ich die zu Rate gezogene Literatur am Ende des Buches angeführt. Die von mir berücksichtigten Diäten sollen einen Überblick über die gängigen Trends geben ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Mein Dank gilt allen, die mir auf diesem Weg vorausgegangen sind und ohne deren Wissen und Arbeit mein Buch nicht möglich wäre. Ganz besonders aber danke ich Monika, Marianne und Katarina für die wertvollen Anregungen. Und nicht zuletzt danke ich Marko, der kam, um kochen zu lernen. Sie alle haben mich inspiriert und motiviert, dieses Buch nicht nur zu beginnen, sondern auch zu Ende zu führen.
Als Anrede hab ich - zum Ausgleich - meist die weibliche Form verwendet.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
© 2015 Luise Lupini
Bildnachweis: fotolia
Herstellung und Verlag:
BoD - Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 978-3-7386-7584-9
Ich habe keine Ernährungsform oder Diät gefunden, die sich nicht auf zahlreiche Studien berufen kann, um die eigenen Thesen zu stützen. In einer fragmentierten Wissenschaft wie der heutigen darf es nicht verwundern, wenn wir so zahlreiche und auch widersprüchliche Ergebnisse vorfinden. Im Wissenschaftsbetrieb (wie überall anderswo auch) gibt es Ehrgeiz, Konkurrenz und den Wettbewerb um Fördergelder sowie die Interessen der Fördergelder-Geldgeber. Daher ist eine gesunde Grundskepsis zumindest nicht ganz verkehrt. Bleibt die Frage: wem traue ich noch?
Nehmen wir nur den alten Cholesterin- vs. Zuckerstreit, der in den USA zugunsten der Cholesterinangst entschieden wurde und sich von dort rasch nach Europa ausbreitete. 1985 startete das Nationale Cholesterin-Aufklärungsprogramm, dem ein Wissenschaftsstreit zwischen dem britischen Physiologen und Ernährungswissenschafter John Yudkin (Zuckergegner) und dem US-amerikanischen Physiologen Ancel Keys (Fettgegner) vorausgegangen war. Seither wurde uns die Angst vor dem bösen Cholesterin eingeimpft. Die Nahrungsmittelindustrie verdiente ihre Millionen mit billigem Zucker, Weizen und Lightprodukten wie „Du darfst“. Es gewinnt nämlich nicht immer der, der Recht hat und es kann Jahrzehnte dauern bis zur Rehabilitation und Richtungsänderung des falschen Kurses. Das Cholesterinmärchen geistert ja bis heute in den Köpfen mancher Konsumenten herum, die uns vor zu viel Eiern und Butter warnen. Sogar im Radio hört man aktuell noch davon. Es stimmt bloß nicht, denn nur etwa 10% des Cholesterins werden durch die Ernährung beeinflusst. Den Rest produziert der Körper selbst.
Gleichzeitig wurde ertragreicher Hybridweizen (Vorläufer der Gentechnik) verbreitet, um die Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung sicherzustellen – mit freundlicher Unterstützung der Rockefeller Stiftung. Hybridweizen hat nur wenig mit dem ursprünglichen Weizen zu tun und wurde nicht auf Verträglichkeit getestet. Eine Eigenschaft des Hybridweizens ist der hohe Gluten-Gehalt, unter dem heute viele leiden. Vielen Menschen ist das nicht bewusst, aber für die Folgen ist jede selbst verantwortlich. Kann es sein, dass deshalb die kohlenhydratarmen Diäten gerade jetzt so stark im Wachsen sind?
Skeptisch darf man auch werden, wenn die Experten mit Bezug auf die gleiche Basis – zum Beispiel Steinzeiternährung – zu gänzlich entgegengesetzten Schlüssen kommen. So empfiehlt der österreichische TCM-Arzt Georg Weidinger vegetarische Kost, weil unsere Vorfahren Fruchtesser waren bzw. die Menschenaffen heute noch sind. Andere Experten wie z.B. der schwedische Arzt Andreas Eenfeldt schlagen vorwiegend Fleisch, Fisch, Eier, Milchprodukte und Gemüse als Grundnahrung vor, weil unseren Vorfahren hauptsächlich Fleisch von Aas und Maden verspeisten. Wer bitte isst heute bei uns Maden? Wieso kommen dann Eier und Milch als Zugeständnis auf den Speiseplan, nicht aber Brot und Kartoffeln? Und wie kann man mit Berufung auf Steinzeitdiäten gleichzeitig High-Tech Proteinpulver empfehlen wie der deutsche Fitnesspapst Ulrich Strunz?
Der Molekularmediziner Detlev Ganten dagegen kommt mit Blick auf die evolutionäre Entwicklung zu dem Schluss: eine „richtige“ Ernährung gibt es schlichtweg nicht! Unsere Essgewohnheiten haben sich im Lauf der Geschichte drei Mal wesentlich verändert: (1) mit der Nutzung des Feuers, wodurch vieles Ungenießbare essbar wurde, (2) durch den Übergang zu Ackerbau und Viehzucht und (3) durch den stark wachsenden Anteil konzentrierter Kohlenhydrate in der Ernährung, d.h. Mehl und Zucker im 20. Jahrhundert.
Eine etwas andere Perspektive gewinnt man mit Blick auf die heute noch lebenden Naturvölker und deren Essverhalten. Doch auch hier gibt es nicht die einheitliche Grundversorgung. Eskimos leben traditionellerweise vorwiegend von Robben- und Rentierfleisch, während in Neuguinea die stärkehaltige Süßkartoffel die Grundnahrung bildet.