Dieses Buch widme ich der Freundschaft,
ohne der ich heute nicht wäre, was ich bin.
el noviembre de 2014
Liebe Leser_innen,
dies ist im eigentlichen Sinne ein Tagebuch. Jeden Tag habe ich für meinen Blog cuba.blogsport.eu einen Text geschrieben und wenige Bilder ausgesucht. Es ist soviel und soviel schönes, dass ihr nun die Möglichkeit bekommt, auch von diesem Papier aus, die Abenteuer in Kuba nachzuerleben. Es gibt wunderbare und weniger schöne Tage. Es gibt schönere und kürzere Artikel in diesem Buch. Ich hoffe ihr habt tolle und schnelle Momente.
Besonderen Dank für die Mithilfe an diesem Buch gelten Luise, Tobi, Lilly und Rosa. Danke, dass ich euch nerven durfte. Bilder findet ihr übrigens auf flickr.com, wenn ihr dort nach dem Account von „bunte Hippies“ sucht.
Ich bin übrigens eine Art Hippie. Ein Mensch der gern irgendwo hinreist und sich freut, dass noch eine zweites Blumenmädchen mir auf den Spuren durch das sozialistische Kuba folgte. Kommt auch mit ...
21 de Junio de 2014
Liebe Leser_innen,
wir planen demnächst den Abflug ins sozialistische Ausland, genau genommen nach Kuba. Warum genau dieses Land, lässt sich gar nicht genau sagen, aber eins ist klar: Träume brauchen Ziele. und umgekehrt. Auch wenn wir nicht viel Zeit und Geld mitbringen, so haben wir doch viel gearbeitet und vorbereitet, damit dieser Traum zur Realität wird. Wir werden hier hoffentlich regelmäßig von unserer Reise berichten und möchten euch animieren es uns gleich zu tun.
2 de Julio de 2014
Mittlerweile sind es nur noch drei Tage bis zum Abflug. Ein neuer Begleiter auf die Tour wird „Travelbug“ werden. Der kleine Reisekäfer von der ISWI e.V. wird mitkommen und vielleicht auch das ein oder andere Abenteuer erleben. Viele Sachen haben wir schon in die tiefen Taschen verstaut und die letzten Freundinn_en werden nochmal besucht. Eine gute Empfehlung zur Vorbereitung von eurem Reiseblog, aber auch für jede_n die_der Photos auf Reisen macht, ist die Broschüre “Mit kolonialen Grüßen” von Glokal. Wir sind ganz aufgeregt ...
4 de Julio de 2014
Die Reise hat noch nicht mal wirklich begonnen, da hatte ich doch schon die ersten interessanten Begegnungen. Im Zug sitzend und vertieft in die eigene Lektüre, wurde ich von einer netten Frau “geweckt”. Ob ich auch zum TFF nach Rudolstadt fahren würde? Nein, nach Kuba. Ziemlich erstaunt, unterhielten wir uns über das tolle Festival. Vielleicht sollte ich nächstes Jahr dort Gast werden, denn sie war es schon öfters und kam schnell ins Schwärmen.
Doch viel interessanter war die Begegnung mit meiner Nachbarin am Hauseingang. Sie ist schon länger Rentnerin und wir unterhalten uns meist nur kurz und selten im Flur. Eigentlich war ich schon weg, doch ich hatte was liegen lassen und musste nochmal zurück laufen. Als sie mich und meinen Rucksack sah, fragte sie unumwunden, wo denn die Tour hingehe. Sie erklärte mir, dass ich das jetzt unbedingt noch machen soll, solange ich das noch könne, weil sie könne es jetzt nicht mehr. Eigentlich nicht dumm die Überlegung! Je länger jemand zögert, desto höher die Chance etwas nicht zu tun. Sei es durch externe Gründe, wie Krankheit, Alter, Arbeit oder ähnliches, oder durch interne Gründe, wie Meinungsänderungen, andere Vorhaben, Ablenkung und so weiter. Also rafft euch auf ihr Hippies!
6 de Julio de 2014
Die erste Etappe nach Kuba ist genommen. Wir sitzen nun in Moskau im ehemals snowdenschen Zuhause, auch Transitbereich genannt. Nach der Landung gegen um neun Uhr abends Ortszeit haben wir hier nun geschlagene 17 Stunden Aufenthalt. Naja, andere berühmte Leute haben es länger ausgehalten.
Der Abflug aus Dresden als auch die Ankunft waren wenig spektakulär. Außer man ist selbst noch nie Flugzeug geflogen. Start und Landung sind interessant, dagegen sind Deutsch und Englisch bei Aeroflot schwer zu verstehen. Neben der eh schon flug-bedingt miesen CO2-Bilanz, gibt es dann noch entsprechend mieses Essen. Aber die knapp über zwei Stunden waren ja nur ein kleiner Vorgeschmack zu den morgigen 13 ...
7 de Julio de 2014
Endlich ist es soweit. Der Aeroflot-Flieger landet sanft auf dem Rollfeld des Aeropuerto José Martí in La Habana1. Die Aufregung erreicht ihren Höhepunkt und die schwüle Hitze umgibt den Körper. Es ist sehr warm, nicht heiß, aber unglaublich nass. Tropisch nass. Eben war noch alles langweilig. Fast 13 Stunden hat der Flug gedauert. Davor hatten wir geschlagene 17 Stunden Aufenthalt in Moskau. Mein Sitznachbar war schwer beschäftigt die Flugdaten vom Bildschirm vor ihm abzukritzeln. Dafür hatte ich ein Fenster. Überall Wolken. Große Wolken, kleine Wolken, vor allem langweilige Wolken. Aber auch Schweden, Grönland und Florida.
Da gleich vier Flieger aus aller Welt gelandet sind, war der kleine Flughafen etwas überfordert. Visa und Reisepass waren mal wieder in Ordnung, das Handgepäck wurde mal wieder durchleuchtet. Nochmal nett lächeln für ein Behördenphoto und dann Warten auf den großen Rucksack. Dazu gab's einen kleinen Fragebogen. Wer sind sie? Was haben sie dabei? Haben sie etwas verbotenes vor? Mit einiger Verspätung verließen wir den Flughafen und gruben uns durch das dichte Gedränge ankommender, abreisender und wartender Menschen. Einige hielten Schilder hoch, weil sie jemanden suchten. So auch Señora Mira. Etwas überrascht von der überschwänglichen Begrüßungsformel mit Küsschen links und Küsschen rechts, zeigte sie uns gleich die Cadeca, eine Wechselstube. So gut wie mein Spanisch eben noch über den Vokabellisten und in den E-Mails war, so schnell verpuffte es in „ähms“ Zum Glück oder zum Unglück ging es ihr mit ihrem Englisch ähnlich. Mira ist vielleicht Mitte 40, schwarzes Haar und überfreundlich. Eine kleinere Frau mit viel Ausstrahlung. Sie führte uns zum Parkplatz am Flughafen, vorbei an Palmen und den arbeitenden Taxifahrern, zu ihrem Mann. Er verfrachtete unser Gepäck in seinen, gefühlt uralten, Moskwitsch. Das oftmals dargestellte Kuba mit seinen gepflegten alten amerikanischen Autos ist nur die eine Seite. Nicht alle sind gut erhalten, nicht alle sind amerikanisch und neuere Autos gibt es auch. Aber ja, es gibt sie wirklich.
Es dauerte eine Weile bis wir in die Innenstadt Havannas kommen. Wieder vorbei an tropischen Bäumen, Wiesen, Häusern, Ampeln mit Rückzählfunktion, Revolutionstafeln, einem eingefallenem Gebäude und – natürlich – dem Plaza de la Revolución. Unweit diesem sollten wir untergebracht werden. Doch eine Doppelbuchung führt dazu, dass wir nun die erste Nacht ganz in der Nähe verbringen. Nach einem netten Gespräch und pürierter Mango mit Eis führt sie uns rüber. Noch wissen wir nicht wie wir bei der drückenden Feuchtigkeit, wofür ich sogar schon das spanische Wort „Humandidad“ kenne, schlafen sollen. Alternativ können wir eine sehr laute Klimaanlage anmachen. Luxusproblem. Warmes Wasser gibt es auch erstmal nicht und es scheint auch leicht nach Chlor zu riechen. Luxusproblem. Wenn da nicht noch das Problem mit den Banken wäre. Einige Überweisungen die wir im Vorfeld getätigt haben, um uns hier finanziell abzusichern, sind leider nicht auf den Konten eingegangen. Zudem erfuhren wir, dass Kreditkarten-Transaktionen mit weit über 11% Gebühren belegt sind. Da bleibt von dem nicht viel vorhandenen Geld wohl nicht viel über. Kein Luxusproblem.
Mittlerweile ist es kurz vor Elf in Kuba. Sieben Stunden später als in Berlin und sogar neun Stunden später als in Moskau. Doch warum machen wir das. Der lange Flug gab mir die Möglichkeit eine Erkenntnis von Hans Magnus Enzensberger2 einzufangen. Demnach läge die Motivation des Verreisens in der Sozialprestige und Fluchtfunktion vor der krankmachenden Arbeit. Zudem: Es reisen alle die, die es sich leisten können. Das heißt: auch ohne Geld sind wir nicht arm.
1 „La Habana“ ist der kubanische Name für „Havanna“
2 1958, „Eine Theorie des Tourismus“
8 de Julio de 2014
Es schallt immer wieder: Taxi, Taxi? Amigo? Der reiche weiße Mann aus Deutschland ist gut zu erkennen. Kleidung, Kamera, Auftreten, Sprache sind seine Ausweise. Natürlich hat er Geld. Zumindest genug um sich den offensichtlichen Lebensstandard zu leisten und nach Kuba zu reisen. Wir sind in das Gedränge der Altstadt und historischen Innenstadt Havannas aufgebrochen. Zwischen heruntergekommenen und aufgehübschten Bauten leuchtet noch das ein oder andere koloniale Erbe der spanischen Besatzer_innen. An vielen Ecken wird gebaut, etwas außerhalb aber auch nur der Schutt zusammengeschoben. Auch wenn die Menschen sich des Geldes wegen gerne nähern, so sind die meisten, die wir trafen, sehr gesprächig. Man muss sich nicht über das Angebot der offerierten Speisekarte unterhalten, man bekommt auch erzählt, wo man Wasser kaufen kann. Das ist sehr gut, wenn man sich gar nicht auskennt. Die wenigen Brocken Spanisch reichen, zusammen mit der Offenheit vieler Menschen, um weiter zu kommen. So drängte es Travelbug einen Anruf nach Hause zu tätigen. Die staatlichen Telephonkartenverkaufsstellen haben hier leider riesige Warteschlangen, und wie wir später erfuhren, ist ein internationaler Anruf ziemlich teuer. Der Weg ins Hotel als letzten Ausweg. Mit einem unschlagbaren Preis von 37 Pesos Convertibles kam Travelbug wieder aus dem Hotel. Umgerechnet um die 25 bis 30 Euro für einen kurzen Anruf. Das Land ist generell nicht billig.
Der Weg durch die Altstadt und entlang der Hafenanlagen führte uns auch zu einem Bahnhof. Einige hundert Menschen schwirrten im und um den Bahnhof, vor allem wartend. Einen kleinen Teil zog das auf Bildschirmen gezeigte Fußballspiel Deutschland gegen Argentinien an. Oder doch Brasilien. Wer gegen wem spielte, darüber gab's unterschiedliche Aussagen, aber gejubelte wurde bei jedem Tor. Nicht das erste und letzte Mal, dass wir, dem eigentlich entflohenen, Schland-Fan wiedertreffen.
Die letzten Stunden brachten wir damit zu, die weitere Reise zu planen. Viñales, Las Tarranzas, Trinidad, Cienfuegos, Santa Clara, Santiago de Cuba, Baracoa, Caimanera, Santo Domingo, Camagüey, Cayo Coco, Varadero, San Antonio de los Baños. Ziemlich teuer so eine Reise. Wäre ich doch nur reich.
9 de Julio de 2014
Ein Segen ist und bleibt das Frühstück. Es bringt uns über den Tag. Viel Obst vor allem. Unsere heutige Tour führte uns in den Stadtteil Vedado. Auf der Suche nach Internet um den lieben Menschen zu Hause Bescheid zu sagen, mal nach dem Geld zu schauen und den Blog zu pflegen, fragten wir uns durch die Hotels der reicheren Touris. Dies schließt auch Hotels ein, wo vor allem Kubaner_innen zu Gast sind. Das Internet der meisten Menschen in Kuba ist meist sehr langsam und reicht grad so um Mails abzurufen. Eine weitere Möglichkeit ist in den staatlichen ETECSA-Läden einen der Computer zu ergattern. Dies ist natürlich um einiges günstiger, aber war bislang wenig erfolgreich, weil sich lange Schlangen vor den Türen der staatlichen Telephon-Gesellschaft bilden. Zu lang um innerhalb von wenigen Stunden dran zu sein. Die ersten Hotels hatten dann auch ihre stolzen Preise: 10 CUC für eine Stunde, abgerechnet wird alle viertel Stunde. Nach der fünften tiefgekühlten und von Westler_innen bevölkerten Hotellobby, arbeiteten wir uns gen Westen durch den Stadtteil durch, wo sichtlich die einheimische Bevölkerung wohnt. Manchmal auch der etwas wohlhabendere Teil davon. Die Straßen sind kaum befahren, an beiden Rändern stehen große Bäume und Palmen. Immer wieder durch Kakteen oder Sukkulenten unterbrochen, gerne auch prächtig blühend. Nicht selten sieht man Kinder Fußball kicken, manchmal auch Erwachsene, manchmal auch Kricket oder Basketball. Die Straßen haben dort dann nur noch selten einen Eigennamen und werden durchgezählt. Da kreuzt dann mal die Calle 5 die Calle 18. Nur größere Straßen haben meist einen Namen. Dann stießen wir auf das Hotel Presidente an der Avenida Presidente, welches mit kurios niedrigen Preisen Unterkünfte anbot, und auch nicht auf unserer Karte verzeichnet war. Mit 4,50 CUC war der Stunden-Preis für Internet sehr günstig und wir holten uns einen dieser PCs. Diesen Ort kann ich anderen Backpackern nur weiterempfehlen! Wie sich herausstellte, war es auch eine offizielle ETECSA-Leitung. Bei dem leidigen Thema Geld, gibt es eine erste Entwarnung, weil es ist jetzt alles an Ort und Stelle. Jedoch kann Travelbugs Mastercard nicht genutzt werden. Die wird von kubanischen Banken nicht akzeptiert.
Aber nicht nur durch die Innenstadt auch über den berühmten Malecón führte unser Weg. Der Malecón ist die Küstenstraße von Havanna, breit ausgebaut und mit einer erhöhten Mauer gegen das Meer gewappnet. Immer wieder finden sich dort Symbole der Revolution, Kunst oder Büsten. Auch eine bewachte Hausanlage ist dort zu finden. Bei Militäranlagen und ähnlichem verstehen die Wachleute keinen Spaß. Jede Karte und jeder Reiseführer warnt vor dem Betreten oder Photographieren. Dies kann ich nur unterstreichen. Mit einem gellendem Pfiff wurde ich von der malecón-mauer geholt. Auch hinter dem Plaza de la Revolución befinden sich große Militärzonen, de von aufmerksamen Soldaten bewacht werden. Auch unser erster Versuch zum José-Martí-Denkmal zu kommen, wurde so unterbunden. Kuba ist sehr stolz auf seine Revolution.
Neben verschieden gekleideten Soldat_innen in grasgrün bis dunkelbraun, im Hemd oder Arbeitskluft, trafen wir auch schon „Kinder“ in Uniform. Zumindest sahen sie noch sehr jung aus und hatten einen Spielzeug-LKW dabei.
Neben dem Auto-Klischee muss auch mit dem Zigarren-Klischee aufgeräumt werden. Bislang haben wir kaum Zigarren rauchende alte Männer getroffen. Meist ist es, wie bei den Autos, eher so ein Touri-Ding. Viele wissen, dass Touris darauf abfahren, und versuchen sich kreativ Geldquellen zu erschließen. Dagegen kommt das Schach- oder Domino-Spielen am Straßenrand immer wieder mal vor. Natürlich nicht an jeder Ecke. Generell scheint sich sehr viel auf der Straße abzuspielen. Viele treffen sich scheinbar nicht zu Hause, sondern auf der Straße. Es werden Autos repariert, Mangos verkauft oder Tore gekickt. Alles auf der Straße. Fußball scheint auf jeden Fall sich größerer Beliebtheit zu erfreuen. Viele spielen es oder schauen die noch laufende Weltmeisterschaft. Auch heute wieder, scharrten sich viele wartende Gäste am Busbahnhof um einen Fernseher.
Dagegen macht das Wasser einen größeren Unterschied zu Deutschland aus. Das Wasser aus dem Hahn ist nicht genießbar. Auch das aus einer öffentlichen Leitung, wo sich viele Kubaner_innen sich ihre Flaschen abfüllen, schmeckt nach Chlor. Der Genuss ist nicht besonders schädlich, aber bei hohen Mengen hat man ein bizarres Kratzen im Hals. Wasser muss also immer gekauft werden und das ist eine logistische Meisterleistung, jeden Tag drei Liter zu trinken. Besonders, weil wir ja von frühs bis abends schwitzen. Heute hat die Sonne auch den ersten Sonnenbrand verursacht.
Viele Zimmer sind mit Klimaanlagen ausgestattet, so auch unser Zimmer. Ziemlich praktisch, um über die Nacht zu kommen. Bis zum heiß ersehnten Frühstück.
10 de Julio de 2014
Quietschend hält der Bus 58 an der, aus ein wenig Beton erbauten, Haltestelle. Alle steigen ein, wir auch und halten frech einen 20-CUP- Schein hin. Er nimmt und gibt 19 CUP zurück. Darauf krachen die Türen zu und der Bus düst los. Mal sehr schnell, mal bedächtig langsam über ein Schlagloch, zirkelt der singende Busfahrer sein älteres Gefährt über die Straßen. Einfach toll. Laut schalt lateinamerikanische Musik aus den Lautsprechern und der Wind weht durch alle Fenster. Eine Busfahrt im Stadtverkehr von Havanna scheint ein echtes Schnäppchen zu sein und gleichzeitig irre lustig.