Meinen geliebten Kindern
Philipp Markus
Julia
Sophie Aurora
Marlene Amélie
AAT |
Aufstellung des ausgeblendeten Themas |
ahd. |
althochdeutsch |
akt. |
aktualisiert |
Aufl. |
Auflage |
bearb |
bearbeitet |
bildl. |
bildlich |
durchg |
durchgesehene |
engl. |
englisch |
erw. |
erweitert |
f-NMR |
functional nuclear magnetic resonance |
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GPA |
Glaubenspolaritätenaufstellung |
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Meine persönliche Lebensgeschichte und Erfahrungen führten mich zu Persönlichkeitsentwicklung, Systemischer Aufstellungsarbeit und professioneller Konfliktbearbeitung. Die oft schmerzhaften und belastenden Prozesse, die Menschen in privaten und beruflichen zwischenmenschlichen Konfliktsituationen durchleben, veranlassten mich, nach möglichen systemischen Verbindungen und Veränderungsmöglichkeiten zu suchen.
Systemische Aufstellungsarbeit ist eine berührende Herzensarbeit. Diese Methode erfordert sehr viel Intuition und Feingefühl – und dennoch wird sie wissenschaftlichen Ansprüchen gerecht.
Die Inhalte und spannenden Erkenntnisse meiner Forschungsarbeit im Rahmen des Studiums Mediation und Konfliktbearbeitung (Arbeitstitel: Visualisierung beruflicher Beziehungskonflikte und ihrer Relation zum Familiensystem) darf ich Ihnen anhand dieses Buches vorstellen.
Ich danke allen Menschen, die mich an ihren persönlichen Prozessen teilhaben ließen und mir ihr Vertrauen schenkten.
Susanne Herzog
Der Mensch als Individuum ist Teil eines komplexen sozialen Gefüges. Er wird in ein Familiensystem hineingeboren, und die Familie trägt unter Einfluss kultureller Gegebenheiten wesentlich zu seiner Persönlichkeitsentwicklung und Sozialisation bei. Personen erfahren und lernen im familiären System und weiteren Institutionen bestimmte Bindungsstile, Verhaltensweisen, Rollen, Denkmodelle, Werthaltungen und Kommunikationsmuster kennen, die ihre weitere Entwicklung beeinflussen.
Der Mensch bewegt sich in seinen unterschiedlichen Lebensrollen als Kind, Schüler, Elternteil, Erwachsener, Berufstätiger, usw. in verschiedenen komplexen sozialen Systemen und steht mit anderen Systemmitgliedern in Verbindung und Interaktion. Unterschiedliche Persönlichkeits- und Motivstrukturen, divergierende Sichtweisen und persönliche Wahrheiten führen zu Spannungsfeldern zwischen Individuen. Beziehungskonflikte sind im menschlichen Zusammenleben üblich und bieten Chancen zur Veränderung und Weiterentwicklung. Eskalierende Konflikte führen zu Dynamiken und Verhaltensmustern, die von den Beteiligten nicht bewusst wahrgenommen werden. Lebensqualität und Qualität der Beziehung im privaten Umfeld oder am Arbeitsplatz erfahren Einbußen.
Arbeitsplatz und Entlohnung garantieren dem Individuum und der Gesamtgesellschaft Existenzsicherung und Erfüllung grundlegender materieller Bedürfnisse. Dabei sind in der modernen Gesellschaft Spezialisierung und Zusammenarbeit zwingend notwendig. Menschen erweitern durch ihre Arbeitstätigkeit ihr soziales Umfeld und ihren Horizont, entwickeln über das Berufsbild soziale Identität und erfahren unter sicheren Bedingungen Stabilität, die sie in das private Umfeld mitnehmen.
Unternehmen erzielen in der postindustriellen Gesellschaft Wettbewerbsvorteile durch Informations- und Wissenssicherung über Bildung und konstruktive Kommunikation. Durch ein funktionierendes Zusammenspiel von Individuen in Familie, Bildungseinrichtungen, Wirtschaft mit ihren Institutionen und existenzsichernden Unternehmen, durch sozial- und gesellschaftspolitische Maßnahmen und Investitionen in Entwicklung, Bildung, Gesundheit, Sicherheit und Kultur wird die Basis für friedvolle gesellschaftliche Strukturen geschaffen. Eine Gesellschaft ist geprägt durch psychische, emotionale und soziale Intelligenz, Stabilität, Gesundheit und Leistungsfähigkeit ihrer Mitglieder. Diese Kompetenzen und Fähigkeiten werden durch die Gesellschaft im Sozialisationsprozess vermittelt und erworben.
Unternehmen bieten in ihrer Rolle als Arbeitgeber Möglichkeiten formeller und informeller sozialer Beziehungen und gruppendynamischer Prozesse. Diese tragen wesentlich zum tertiären Sozialisationsprozess bei und ermöglichen Aktualisierungen bisher erworbener Strukturen und Erfahrungen von Menschen.
Eine Unternehmenskultur, die bei anhaltenden Kommunikationsschwierigkeiten, belastenden Spannungsfeldern oder andauernden Konflikten komplexe professionelle Konfliktbearbeitung bzw. Mediationsverfahren umsetzt, nimmt soziale Verantwortung wahr und trägt zur Sicherung des Unternehmenserfolgs und der Unternehmensressourcen bei.
Organisationen und Unternehmen sind in der wissensintensiven Gesellschaft zunehmend auf die Ressource Mensch angewiesen. Die humane Arbeitskraft stellt einen wesentlichen Wirtschaftsfaktor dar. Wissen und Information wird über Kommunikation weitergegeben, Kommunikation setzt soziale Beziehung voraus. Unternehmensstruktur und Systemordnung, Unternehmensziel, Firmenphilosophie, Führungsverhalten, gruppendynamische Prozesse und der Mensch als Individuum mit seinen Prägungen und Erfahrungen bieten Potenzial für Spannungsfelder und Konflikte. Konflikte sind sozial, da sie aus Kommunikation entstehen.
Resiliente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Führungskräfte greifen in Veränderungssituationen und informellen Spannungsfeldern auf persönliche und sozial vermittelte Ressourcen zurück und nutzen ihr Konfliktlösungspotenzial, soweit die Unternehmensstrukturen dies zulassen. Das Konfliktverhalten kann nicht mehr konstruktiv gesteuert werden, wenn
Fortdauernde und ungelöste Konflikte beeinträchtigen psychosoziale Fähigkeiten und seelisches Befinden der Beteiligten und tragen wechselwirkend zur Eskalation oder Fixierung bei. Die Interventionen in der Konfliktbearbeitung hängen vom Eskalationsgrad und von der Art der Beziehungen zwischen den Parteien ab.
Nachhaltige Wirkungen werden dann erreicht, wenn der Konfliktkern (das, worum es wirklich geht) erkannt wird, wenn den Beteiligten Unbewusstes bewusst wird, wenn Haltung und Verhalten verändert werden, und bereits stattgefundene seelische Beeinträchtigungen heilen dürfen.
Ziel der Arbeit ist festzustellen, ob Systemische Aufstellungsarbeit die komplexe Dynamik von Beziehungskonflikten am Arbeitsplatz und deren Ursprung sichtbar macht, wenn dieser im familiären System zumindest einer bzw. eines Konfliktbeteiligten liegt. Die Aufstellungsarbeit erfolgt als Anliegen aus der Sicht einer bzw. eines Konfliktbeteiligten (Klientin, Klient), weitere Beteiligte werden mittels Repräsentantinnen und Repräsentanten vertreten. Die erforschten Phänomene lösungsfokussierter Systemischer Aufstellungsarbeit werden dabei genutzt. Es soll festgestellt werden, ob die belastende Dynamik mit Beteiligten am Arbeitsplatz ident ist mit der Dynamik zu Mitgliedern aus der Herkunftsfamilie oder Gemeinsamkeiten aufweist, ob übernommene Glaubenssätze aus dem Familiensystem im beruflichen System präsent sind, bzw. ob es weitere Übereinstimmungen der Dynamik des familiären Systems oder Verhaltensweisen aus dem familiären System mit dem beruflichen gibt.
Dabei sind die Entwicklung des Individuums im Sozialisationsprozess mit relevanten Einflussfaktoren auf seine Persönlichkeit, Verhalten, Kommunikation und Kommunikationsstile, das Rollenverständnis des Menschen und seine Interaktionsmuster in Konfliktsituationen in sozialen Systemen zu betrachten.
Die theoretische und wissenschaftliche Darstellung aus den Disziplinen Psychologie, Soziologie, Neurowissenschaften, Kommunikationsforschung, Konfliktforschung und Systemtheorie sollen einerseits einen fundierten Einblick in menschliche Verhaltensweisen und deren Entstehen geben. Andererseits soll ein Einblick in die Komplexität von Kommunikation und Verhalten beim Zusammentreffen mehrerer Individuen geschaffen werden und die Bedeutung der systemischen Sichtweise integriert werden.
Praktische und theoretische Erkenntnisse aus Erfahrungen namhafter Vertreterinnen und Vertreter Systemischer Aufstellungsarbeit untermauern die Anwendungs- und Interventionsmöglichkeiten Systemischer Aufstellungsarbeit.
Beobachtung und Schlussfolgerungen qualitativer empirischer Sozialforschung in Form von videodokumentierten Fallstudien aus Systemischer Aufstellungsarbeit mit Klientinnen und Klienten in beruflichen Konfliktsituationen sollen Zusammenhänge zwischen dem beruflichen und familiären System darstellen. Sie sollen verdeutlichen, dass Konfliktbearbeitung dann nachhaltig wirkt, wenn den Konfliktbeteiligten Ursprung und Dynamik ihres Verhaltens und ihre individuelle Wahrnehmung und Sichtweise bewusst werden, um diese im nächsten Schritt verändern zu können.
Aufgrund der Problemstellung wird folgende Hypothese formuliert:
Durch Systemische Aufstellungsarbeit wird sichtbar gemacht, dass Beziehungskonflikte am Arbeitsplatz ihren Ursprung im familiären System haben.
Die Hypothese wird durch Literaturrecherche und qualitative empirische Sozialforschung untermauert.
Der erste Teil der Arbeit gibt in Kapitel eins einen Überblick über die Entwicklung und Prägung des Individuums in komplexen sozialen Systemen. Es beschreibt die Notwendigkeit einer komplexen Betrachtungsweise in Konfliktsituationen und den gesellschaftspolitischen Aspekt der Konfliktbearbeitung in Unternehmen.
In den theoretischen Grundlagen in Kapitel zwei werden die in der Hypothese verwendeten Begriffe definiert. Damit werden ihre unterschiedlichen Verwendungsformen dargestellt und die Bedeutung für die wissenschaftliche Arbeit festgelegt und abgegrenzt.
Kapitel drei befasst sich mit der Bedeutung der Familie für das Individuum als biologischer Notwendigkeit zur Existenzsicherung und der persönlichen Entwicklung. Dabei werden die verschiedenen Bindungsarten, prägende Störfaktoren, deren Einfluss auf die neuronalen Strukturen und auf menschliche Verhaltensweisen dargestellt.
Kapitel vier stellt ergänzend die weitere Sozialisation des Menschen als Drei-Phasen-Modell dar und nimmt themenübergreifend Bezug auf Kommunikations- und Beziehungsdynamiken. Der Begriff der seelischen Axiome wird erläutert.
In Kapitel fünf werden komplexe soziale Systeme mit ihren wesentlichen Eigenschaften dargestellt und auf systemtheoretische Grundlagen eingegangen.
Die Spannungsfelder am Arbeitsplatz im Hinblick auf Beziehungskonflikte werden in Kapitel sechs behandelt. Dabei wird auf gruppendynamische Prozesse, unterschiedliche Konfliktarten und deren Folgen eingegangen. Die stufenweise Eskalation von Konflikten wird beschrieben.
Kapitel sieben gibt einen Überblick über die Entstehungsgeschichte der Systemischen Aufstellungsarbeit und stellt bekannte Vertreterinnen und Vertreter und relevante unterschiedliche Methoden und Anwendungsformen dar.
Kapitel acht stellt die Möglichkeiten eines Perspektivenwechsels dar und beschreibt, wie Bilder in unserem Kopf entstehen, welche Fehlerquellen die menschliche Wahrnehmung birgt, und aus welcher Motivation heraus Menschen versuchen, ihre Probleme zu lösen.
Kapitel neun beschäftigt sich mit der Auswahl und Rechtfertigung des Forschungsdesigns und Systemischer Aufstellungsarbeit am Feld. Die Beobachtungen Systemischer Aufstellungsarbeit in Beziehungskonflikten am Arbeitsplatz werden in Form von Einzelfallstudien dargestellt. Im Anschluss daran erfolgen in Kapitel zehn Erkenntnisse der Forschungsarbeit, Schlussfolgerungen und die Überprüfung der Hypothese.
Die theoretischen Grundlagen dienen als Arbeitsbasis. Unterschiedliche Bedeutungsmöglichkeiten der in der These verwendeten Begriffe werden dargestellt und auf ihre Anwendung im Bezug zur wissenschaftlichen Arbeit abgegrenzt.
Das Nominalpräfix Ur- bezeichnet „[…] jemanden oder etwas als Ausgangspunkt, als weit zurückliegend, am Anfang liegend […] etwas als das Erste“1. Damit wird bereits mit der Vorsilbe ein Anfang, eine Abfolge oder ein am Beginn liegender Sachverhalt benannt.
In der Mathematik ist der Ursprung „[..] der Schnittpunkt der Koordinaten-Achsen in einem geradlinigen (im Originaltext farbig und unterstrichen), d.h. kartesischen (im Originaltext farbig und unterstrichen) (rechtwinkeligen) oder schiefwinkeligen (im Originaltext farbig und unterstrichen) Koordinatensystem. Die Werte seiner Koordinaten sind Null.“2. Der Ursprung ist jener Punkt im Koordinatensystem, an dem die Koordinaten den Wert Null annehmen.
Der Begriff Ursprung entstammt dem mittelhochdeutschen (mhd.) ursprunc, und dem althochdeutschen (ahd.) urspring. „Das Wort bedeutet zunächst ’Quelle’ (im eigentlichen Sinne) und gehört als alte Nominalbildung zu erspringen (im Originaltext kursiv), für das wir heute entspringen (im Originaltext kursiv) sagen.“3 Im allgemeinen Sprachgebrauch entspringt ein Fluss an einer Quelle (Ursprung), er nimmt seinen Ausgangspunkt dort, wo das Gewässer erstmals an die Erdoberfläche tritt und eine fortlaufende Fließstrecke bildet. Ursprung definiert somit einen Zeitpunkt, einen Ort oder einen Umstand, aus dem etwas hervorgeht.
Der Ursprung ist abzugrenzen vom Synonym Ursache als „etwas (Sachverhalt, Vorgang, Geschehen), was eine Erscheinung, eine Handlung oder einen Zustand bewirkt, veranlasst […]“4, somit als Anlass, Grund, Auslöser, Kausalität.
Ursprung ist als Beginn, Anfangs- und Entstehungszeitraum, Zeitraum der Herausbildung zu verstehen. Er stellt keine sichtbare sondern eine bewusste oder unbewusste Kognition im Sinne mentaler Prozesse und Strukturen, Wahrnehmungen und Handlungsmuster in der Vergangenheit dar.
Das englische Verb visualize wird im Deutschen mit veranschaulichen, visualisieren, sich vorstellen, sichtbar machen, sich vor Augen führen, sich ein Bild machen von, und aus dem Lateinischen visus (gesehen, Anblick), spätlateinisch visualis (zum Sehen gehörend) übersetzt. Sichtbar bedeutet „[..] mit den Augen wahrnehmbar, erkennbar [..] deutlich [erkennbar] sichtlich, offenkundig“5.
Die angeführten Begriffe und Synonyme setzen Bilder oder Bildsequenzen voraus, die physisch existieren oder durch die Vorstellungskraft des Menschen als Imagination und innere (mentale) Bilder entstehen. Visualisieren ist das Speichern von erlebten und wahrgenommenen Bildern und Prozessen im Gedächtnis und ihr Abruf, und das Entwickeln neuer, in der Umwelt nicht existierender Bilder in Form einer Vorstellung.
Visualisierung als Substantiv ist eine Bezeichnung für bildliche „[…] Formulierung und Kommunikation, d.h. für Aufbereitung von Information mit v.a. bildl. Mitteln wie auch für visuelle Wahrnehmung; sie dient nicht nur als Zusatzinformation oder Illustration, sondern sie drückt komplexe Inhalte mit eigenen Mitteln aus und behauptet einen Platz neben den Medien Sprache und Schrift.“6. Information und Kommunikation werden umgewandelt, sodass sie vom Menschen zusätzlich (z. B. zum auditiven System) oder in veränderter Darstellungsform über das visuelle System erfassbar sind.
„Man blickt mit den Augen, aber man sieht mit dem Gehirn.“7 Das visuelle System des Menschen ist so angelegt, dass Lichtreize über Pupille, Linse und Retina des rechten und linken Auges aufgenommen werden und diese Informationen im Gehirn verarbeitet werden. „Die Forschungsergebnisse unterstützen die Theorie, dass die visuelle Analyse in Pfade aufgeteilt wird: einen Pfad zur Mustererkennung (im Originaltext kursiv) – wie Dinge aussehen – und einen Pfad zur Ortserkennung (im Originaltext kursiv) – wo sich Dinge im Raum befinden[…]“8. Das Individuum Mensch erfasst mit Hilfe seiner Augen sowohl Bilder als auch ihre räumliche Anordnung zueinander.
Visualisieren/sichtbar machen bedeutet das räumliche Darstellen komplexer Situationen und Prozesse durch Hilfsmittel in Form einer Systemischen Aufstellung, sodass sie vom Individuum über das visuelle System in ihrer Gesamtheit erfasst werden können.
Das Substantiv Aufstellung folgt dem Verb aufstellen und bedeutet „[..] in einer bestimmten Ordnung [..] an einen vorgesehenen Platz stellen, hinstellen [..] Aufstellung nehmen [..] postieren [..] errichten, aufbauen [..] (Umgestürztes) wieder aufrecht hinstellen [..] aufrichten, aufwärtsstellen, hochstellen [..] (von Fell, Haaren) sich aufrichten“9. Beim Aufstellen wird etwas aufrecht an eine Position, bestimmte Stelle oder einen Platz gebracht, aufgebaut oder angeordnet, oder eine Veränderung der Position oder Haltung durch Reize ausgelöst.
Aufstellen als etwas „[..] zu einem bestimmten Zweck zusammenstellen, formieren“10 bedeutet das räumliche oder gedankliche Zusammenbringen eines oder mehrerer Elemente mit einer Absicht, beispielsweise um eine Wache oder einen Beobachter zu postieren, ein Heer oder ein Orchester zusammenzustellen, einen Plan auszuarbeiten oder eine Regel oder einen Lehrsatz zu formulieren.
Der Begriff Aufstellung wird als Synonym für das Formieren und Anordnen von Elementen oder Personen in einem Raum angewendet und erfolgt in Zusammenarbeit mit den Beteiligten.
Der Begriff Arbeit entstammt dem mhd. arebeit und ahd. arabeit(i), bedeutet „[…] Mühsal, Arbeit (im Originaltext unter halben Anführungszeichen)[…]“11, und lässt sich mit dem slavischen Wort für Arbeit (rabota) vergleichen: Sklaverei, Knechtschaft.12 Arbeit bedeutet in seinem Ursprung das Verrichten einer (schweren) körperlichen Tätigkeit, die durchaus unfreiwillig und in einem Kontext der Abhängigkeit erfolgt.
In der Mechanik als Teilgebiet der Physik ist die „[..] mechanische Arbeit W (im Originaltext kursiv) der Kraft F (im Originaltext kursiv) [..] gleich dem Produkt aus der in Wegrichtung wirkenden Kraftkomponenten Ft (im Originaltext kursiv) und der Wegstrecke s2 – s1 (im Originaltext kursiv) (Arbeit = Kraft . Weg).“13 Arbeit ist das Ausüben einer Kraft auf einen Körper auf einer bestimmten Wegstrecke und das Übertragen von Energie.
In der Soziologie bedeutet Arbeit eine „[..] zielbewusste und brauchvermittelte Tätigkeit des Menschen zur Lösung oder Linderung seiner Überlebensprobleme[…]“14 und schließt damit existenzsichernde Tätigkeiten, Handlungen und Strategien zur Lebensführung mit ein. Arbeit als sozialer Prozess „[…] gestaltet die gesellschaftl. Beziehungen der Menschen unter- und widereinander, verwandelt die »natürliche« Umwelt in eine je und je kulturelle[…]“15. Arbeit prägt das Verhalten und die Beziehungen der Menschen zueinander und trägt zur Ausbildung kultureller Strömungen, sozialer Schichten und Wertvorstellungen bei.
Im alltäglichen Sprachgebrauch bedeutet Arbeit das Ausüben von Tätigkeiten, das Ausführen eines Auftrags, das Beschäftigt sein mit etwas, Mühe, Anstrengung, Berufsausübung, Erwerbstätigkeit, Training.16 Arbeit ist das Verrichten verschiedener Tätigkeiten, das Herstellen und Bearbeiten von Gegenständen oder geistigen Werken, die Berufsausübung allgemein, Beschäftigung, Erziehung und Training von Individuen.
Im Bezug auf den Begriff Arbeitsplatz ist mit Arbeit die Berufsausübung gemeint. In Bezug auf Systemische Aufstellungen ist Arbeit das achtvolle und wertschätzende Anwenden einer Methode im Umgang mit Menschen.
Unter Aufstellungsarbeit wird das Anwenden verschiedener Methoden anerkannter Systemischer Aufstellungen (SysA) unter Einhaltung systemischer Grundsätze verstanden. Primäres Ziel ist, Beziehungsmuster und Zusammenhänge in einem Konflikt zu visualisieren, sodass sie wahrnehmbar, erkennbar und in nächster Folge veränderbar sind.
Beteiligte sind je nach Methode eine Person mit einem bestimmten Anliegen (Thema), eine Aufstellungsleiterin bzw. ein Aufstellungsleiter, die bzw. der den Prozess anleitet und weitere Personen, die stellvertretend eine bestimmte Rolle im System einnehmen (Repräsentantinnen bzw. Repräsentanten), oder Bodenanker (Zettel, Elemente, die auf dem Boden aufgelegt werden) und Figuren.
„Die Phänomenologie einer idealtypischen SysA könnte etwa so lauten […]: Eine Person A kommt mit beliebigen Personen B, C, usw. zusammen und möchte ein privates oder berufliches Problem lösen. Anstatt das Problem verbal zu beschreiben und zu diskutieren, wählt sie aus den zufällig anwesenden Personen Repräsentanten aus, die jeweils die maßgeblichen Personen in dem von ihr bezeichneten Lebenszusammenhang darstellen sollen. Person A stellt die Personen […] im Raum auf. […] Die Personen B, C, usw. äussern nun […] Gefühle, Körperempfindungen und Gedanken.“17 Der angeführte Vorgang beschreibt eine typische Methode Systemischer Aufstellungsarbeit, auf weitere wird im Kapitel sieben eingegangen.
Aufstellungsarbeit erschließt Bereiche und Phänomene, die ausdrücklich abzugrenzen sind von esoterischen Interventionen im Sinne von mystischem, höheren, absoluten Wissen und Dogmen in Form feststehender, unabänderlicher Wahrheitsansprüche, die nicht belegbar sind. Sie bezweckt keine psychotherapeutischen Maßnahmen und dient der Visualisierung der Beziehung der Systemelemente und Perspektivenerweiterung der Beteiligten.
Das Verb beziehen wird verwendet im Sinn von bespannen, überziehen, sich bewölken, in etwas einziehen, in eine bestimmte Stellung gehen (z. B. beim Militär), etwas zugestellt bekommen, erhalten, sich auf etwas berufen, in Zusammenhang bringen, etwas gedanklich verknüpfen, in Beziehung setzen.18 Beziehen bedeutet im allgemeinen Sprachgebrauch, einen Platz, eine Position oder eine gedankliche Haltung einzunehmen. Das Substantiv Beziehung wird abgeleitet vom Verb und steht als Synonym für eine Kausalität (Ursache-Wirkung), einen Bezugspunkt in einem Bezugssystem, und in der Mathematik für eine Relation.
Beziehung erfordert einen Bezugspunkt, ein Objekt oder Individuum, um eine räumliche oder gedankliche, mentale Relation oder Verbindung herzustellen.
Soziale Beziehung ist ein „[…] elementarer Grundbegriff [..] zur Bezeichnung der wechselseitigen Einwirkungen und Verhaltensformen (einschließlich der dahintersteckenden Motivationen, Sinngebungen, Zwecksetzungen) zwischen Personen, Organisationen, Institutionen in einer Gesellschaft oder zwischen Gesellschaften.“19 Eine weitere soziologische Definition bezieht sich auf die soziale Beziehung als Chance einer sinnhaften Art der sozialen Handlung. Es entsteht eine soziologische Problemstellung, die nach Entstehung und Wirkung sozial verursachter Orientierungen, Erwartungen, Normierungen sozialen Handelns fragt.20
Soziale Beziehung ist wechselseitiges Verhalten, Interaktion und Kommunikation, mit dem Hintergrund einer Motivation oder eines Zwecks, und wird beeinflusst durch Prägungen, Normen, Erwartungen, kulturelle und individuelle Werthaltungen und der Rolle im System. In diesem Sinn wird Beziehung als soziale Beziehung verstanden. Diese soziale Beziehung wird organisiert durch die Prägungen und Erfahrungen eines Menschen, seine Persönlichkeit und sich daraus ergebende Kommunikations- und Beziehungsstile.
Soziale Beziehungen werden in formelle (lat.: formalis = äußerlich, förmlich) oder informelle (lat.: informalis = nicht förmlich) unterteilt. Formelle Beziehungen werden „[..] durch zweckorientiertes Handeln und Organisieren […] gezielt-planmäßig geschaffen. Sie sind damit in ihrer äußeren Form bzw. Erscheinungsweise organisatorisch oder gar bürokratisch festgelegt.“21 Formale Beziehungen orientieren sich an organisatorischen Rahmenbedingungen und lassen je nach Organisationsgrad wenig Raum für persönliche Interventionen oder Emotionen. Informelle Beziehungen sind „[…] jene situativ mannigfaltigen und emotional stärker beeinflussten Ausprägungen des gegenseitig aufeinander eingestellten Verhaltens von Menschen, die aufgrund von Verwandtschaften, Freundschaften, Bekanntschaften und bestimmten Lebensgemeinschaften gegeben sind oder im Zusammenhang mit formal aufgebauten Organisationen eher ungeplant und spontan entstehen.“22 In Beziehungen informellen Charakters sind persönlicher Umgang, Emotion, Vertrautheit, Bindung, Individualität, Persönlichkeit, Wertvorstellungen und persönliche Bedürfnisse vordergründig.
Hier wird Bezug auf informelle soziale Beziehungen und ihre Spannungsfelder und Konflikte am Arbeitsplatz genommen.
Der Begriff Problem entstammt dem gr. próblēma und lat. problema und bedeutet „[…] das Vorgelegte; die gestellte (wissenschaftliche) Aufgabe, Streitfrage […].“23 Ein Problem ist somit eine Aufgabe, die weiterbearbeitet wird oder eine Frage, die Klärungsbedarf hat. Eine weitere Definition sieht ein Problem als „[..] eine schwierige [ungelöste] Aufgabe, schwer zu beantwortende Frage, komplizierte Fragestellung [..] Schwierigkeit.“24
Im allgemeinen Sprachgebrauch wird der Begriff Problem gewertet und mit Schwierigkeiten, Unannehmlichkeiten und Widerstand in Verbindung gebracht. Wertfrei betrachtet handelt es sich um einen Ausgangszustand, der aus verschiedenen Gründen zu bearbeiten bzw. zu verändern ist.
Ein Problem wird zum Konflikt (lat. conflictus – Aneinanderschlagen, Zusammenstoßen, Kampf, Streit), wenn beim Versuch der Problemlösung Personen beteiligt sind und Unvereinbarkeiten in verschiedenen Bereichen entstehen. Es wird auf die Definition des Konfliktforschers Friedrich Glasl als Synthese verschiedener Definitionen zurückgegriffen:
„«Sozialer Konflikt ist eine Interaktion
Im Wahrnehmen
und im Denken bzw. Vorstellen
und im Fühlen
und im Wollen
was der Aktor denkt, fühlt oder will eine Beeinträchtigung
Die Konfliktbeteiligten kommunizieren und handeln in Wechselwirkung. Der Konflikt besteht dann, wenn zumindest eine Beteiligte oder ein Beteiligter Differenzen erlebt. Diese wirken im Denken, im Fühlen (z. B. Ärger, Zorn, Traurigkeit,…) und den daraus folgenden Haltungen, Handlungen, im Kommunikationsstil und im Verhalten. Die eigene erlebte Beeinträchtigung wird als von der Gegenpartei verursacht angesehen, diese ist Verursacher bzw. verantwortlich.
Nicht als sozialer Konflikt gelten Unvereinbarkeiten, die nur im Fühlen wahrgenommen werden (z. B. verschiedene Musikvorlieben). Diese können als emotionale Gegensätze oder als Ambivalenz (Sympathie und Antipathie gleichzeitig) erlebt werden. Werden diese bewusst und bilden dazu unvereinbare Vorstellungen, wird von Spannung gesprochen.26
Ein Spannungsfeld ist jener Bereich, in dem Gegensätze oder Ambivalenz wirken, sich gegenseitig beeinflussen und auf diese Weise gefühlt und wahrgenommen werden. Kommen weitere Faktoren hinzu, entsteht daraus ein Konflikt, der einen Beziehungskonflikt darstellen kann.
In einem Arbeitsteam bilden sich „Trotz des ursprünglich spontanen Charakters der informellen Beziehungen [..] auf die Dauer stets wiederkehrende und gefestigte Verhaltensmuster heraus“27, denen ein ungeschriebener Rollenvertrag zugrunde liegt. Unter Rollenvertrag werden Erwartungen an die Rolle, gewünschte Verhaltensweisen Konditionen und Sanktionen verstanden. Je intensiver ein Konflikt ausgetragen wird, desto zwanghafter wird der Charakter dieser Rollen.28 Wenn ein sozialer Konflikt (engl. relationship conflict) über einen längeren Zeitraum besteht und kein einmaliges Ereignis ist, lassen sich bestimmte Dynamiken (Verhaltens- und Beziehungsmuster) und Wechselwirkungen zwischen den Beteiligten beobachten.
Ein Beziehungskonflikt ist ein Prozess der Auseinandersetzung zwischen zwei oder mehreren Personen und beruht auf unterschiedlichen Interessen von Individuen und sozialen Gruppierungen. Er wird in unterschiedlicher Weise institutionalisiert und ausgetragen. Beziehungskonflikte entstehen, „[..] wenn eine Person andere verletzt, demütigt, missachtet.“29 Beziehungskonflikte setzen Emotionen frei und bringen Veränderung in Wertschätzung, Haltung, Verhalten und Kommunikation.
In der Kommunikation bestimmt der Beziehungsaspekt den Inhaltsaspekt.30 Der Beziehungsaspekt ist die Definition der Sichtweise über die Beziehung, die innere (unbewusste) Haltung der Beteiligten zueinander.
Ein Beziehungskonflikt ist ein sozialer Konflikt informellen Charakters, der eine Wechselwirkung zwischen den Beteiligten aufweist und von längerer Dauer ist. Negative Emotionen werden freigesetzt, und die Beteiligten begegnen sich nicht mehr wertfrei, entspannt und konstruktiv. Persönliche Verletzungen sind die Folge, der Konflikt führt zur Eskalation, wenn die Muster nicht unterbrochen werden. Die innere Haltung der Beteiligten zueinander (der Beziehungsaspekt) hat wesentlichen Einfluss auf die Konfliktsituation.
Beziehungskonflikte sind geprägt von unausgesprochenen Erwartungen und Bedürfnissen der Individuen, Unvereinbarkeiten im Selbst- und Fremdbild, Persönlichkeit und Charakter, erlernten Konfliktbewältigungsstrategien, Abgrenzungsthematik, Rollenverständnis und Machtverhältnissen. Sie wirken beeinträchtigend auf Stimmung (Klima) und Konstruktivität am Arbeitsplatz.
Ein Arbeitsplatz ist im allgemeinen Sprachgebrauch der Ort, an dem berufliche Tätigkeiten ausgeübt werden, ein „[..] zum Arbeiten bestimmter Platz [..] Arbeitsstätte [..] Stellung, (berufliche) Beschäftigung“31. Der Arbeitsplatz wird hier definiert über die Lokalität der Berufsausübung, die Tatsache der Beschäftigung allgemein und im engeren Sinne der Position.
Arbeitsplatz ist ein „[..] räumlicher Bereich, in dem der Mensch innerhalb des betrieblichen Arbeitssystems mit Arbeitsmitteln und -gegenständen zusammenwirkt. Der Arbeitsplatz ist die kleinste räumliche Struktureinheit eines Betriebs.“32 Der Begriff Arbeitsplatz wird als räumliche Einheit einer betrieblichen Struktur gesehen und beschreibt die Hilfs- und Betriebsmittel, die zur Verrichtung der Arbeit notwendig und vorgesehen sind.
Die Ausübung der beruflichen Tätigkeit erfolgt in Form von Selbständigkeit (Unternehmen, Auftragnehmer) oder unselbständiger Arbeit als Dienstnehmerin oder Dienstnehmer und wird im Alleingang oder im Team ausgeführt.
Der Arbeitsplatz ist jene räumliche und soziale Struktur, an der die berufliche Tätigkeit vordergründig ausgeübt wird. Sie schließt als soziales Umfeld jene Personen mit ein, mit denen berufliche Zusammenarbeit unmittelbar erforderlich bzw. durch Organisationsstruktur und -system vorgesehen ist.
Der Begriff System wurde entlehnt aus dem lat. „[..] systēma (im Originaltext kursiv), dieses aus gr. sýstēma (im Originaltext kursiv), eigentlich ‚Zusammenstellung’ […] ‚zusammenstellen’ […]“33 und bedeutet, mehrere Elemente zusammenzufügen. Im weiteren Sinn ist ein System etwas aus mehreren Teilen Zusammengesetztes und gegliedertes Ganzes, eine Gesamtheit, die aus mehreren Elementen besteht, Elemente, die miteinander verbunden sind.
Der Begriff System wird verwendet als Prinzip, nach dem etwas gegliedert und geordnet wird, als Form der staatlichen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen Organisation bzw. Regierungsform; in der Naturwissenschaft als Gesamtheit von Objekten, die sich in einem ganzheitlichen Zusammenhang befinden und durch die Wechselbeziehungen untereinander gegenüber ihrer Umgebung abzugrenzen sind; einer Einheit aus technischen Anlagen, Bauelementen, die eine gemeinsame Funktion haben; in der Sprachwissenschaft als Menge von Elementen, zwischen denen bestimmte Beziehungen bestehen; in der Logik als Menge von Zeichen, die nach bestimmten Regeln zu verwenden sind und in der Biologie nach dem Grad verwandtschaftlicher Zusammengehörigkeit.34
Je nach Art und Beschaffenheit der Systemelemente ergeben sich biologische, technische, ökologische, psychische oder soziale Systeme. Ein System ist eine strukturierte Anordnung von miteinander in Wechselbeziehung stehenden Elementen mit unterschiedlichen Eigenschaften und Strukturen zu einem übergeordneten Ganzen.
Je nach Komplexität wird zwischen einfachen Systemen mit wenigen Elementen und gleichen Merkmalen, komplexen Systemen mit vielen Elementen und divergenten Merkmalen und zwischen statischen und dynamischen Systemen unterschieden.
Die Systemstruktur gibt Auskunft über die Art von Beziehungen und den Austausch von Information, Energie oder Stoffen zwischen den Systemelementen. Systeme, die keinen Stoff- und Energieaustausch mit ihrer Umwelt pflegen, sind geschlossene Systeme (z. B. eine chemische Reaktion in einem isolierten Behälter). Sie sind offen, wenn sie mit ihrer Umwelt Stoffe, Energie oder Information austauschen.
Das System als Grundbegriff der Soziologie dient der „[…] Analyse der Wechselwirkungen aufeinander bezogenen (interdependenten) Handelns mehrerer Individuen, Gruppen oder Organisationen. Ein S. besitzt ein gewisses Maß von Integration und Geschlossenheit im Verhältnis seiner Elemente zueinander (Struktur), eine es von anderen S.en, d. h. von der Umwelt abhebende Grenze, eine gewisse Ordnung in den Beziehungen mit anderen S.en, eine gewisse Kontinuität und Regelmäßigkeit in den Beziehungen zwischen den Elementen des S.s.[..]“35. Ein soziales System ist in sich strukturiert und weist darin eine bestimmte Ordnung und Beständigkeit auf. Es weist deutlich Systemgrenzen auf, steht jedoch in Interaktion mit anderen Systemen. Soziale Systeme bestehen aus Personen bzw. Systemhandelnden und sind immer komplex.
Die Systemtheorie als interdisziplinäres Erkenntnismodell dient der Beschreibung und Erklärung unterschiedlicher komplexer Phänomene. In der Soziologie ist sie ein „Forschungsansatz, der ein System nicht nur nach den funktionalen Leistungen der Elemente des Systems zur Erhaltung, Stabilisierung und Reproduktion des Systems analysiert, sondern die grundlegende Frage nach der Funktion der Differenzierung des Systems in Elemente stellt.“36 In der Systemtheorie werden die Elemente nicht einzeln betrachtet sondern ihre dynamische Operation und die Gesamtheit. Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile, die Elemente innerhalb des Systems verhalten sich nach bestimmter Sinnhaftigkeit und Gesetzmäßigkeit und weisen eine Beziehungsstruktur auf.
Ein System ist ein „[..] «Aggregat von Objekten und Beziehungen zwischen den Objekten und ihren Merkmalen»“37, „[…] wobei unter den Objekten (im Originaltext kursiv) die Bestandteile des Systems, unter Merkmalen (im Originaltext kursiv) die Eigenschaften der Objekte zu verstehen sind und die Beziehungen (im Originaltext kursiv) den Zusammenhalt des Systems gewährleisten.“38 Wenn Beziehungen für den Zusammenhalt des Systemgefüges sorgen, sind Art und Qualität der Beziehung von großer Bedeutung. Die Beziehung in menschlichen Systemen erfolgt über Kommunikation und Verhalten.
Hier wird dem beschriebenen soziologischen Begriff System als eine strukturierte Anordnung von Elementen (Individuen) mit interdependenten Wechselbeziehungen gefolgt. Soziale Systeme unterliegen Prozessen. Veränderungen an einem Element des Systems zeigen Auswirkungen auf andere Elemente, das Gesamtsystem und die Systemumwelt, das System ist somit offen und komplex.
Der Begriff systemisch bedeutet auf das System bezogen, das System betrachtend und kann sich z. B auf die Familie als System beziehen.
Der Begriff Familie, lat. familia, (Familie, Hausgemeinschaft, Hausstand, Dienerschaft) galt in seinem Ursprung als Herrschaftsbezeichnung und bezeichnete den gesamten Hausstand eines Mannes wie Ehefrau, Kinder, Sklaven und Tiere.
In der Biologie stellt Familie eine hierarchische Ebene der biologischen Systematik dar. In der Botanik befindet sie sich zwischen den Stufen Ordnung und Gattung. Der Begriff Familie dient dem Herstellen einer Ordnung, der einheitlichen Klassifizierung und Zuordnung. Mit dem biologisch-genealogischen Familienbegriff wird Familie über die Blutsverwandtschaft definiert.
Aus juristischer Sicht werden unter Familie „[…] die Stammälteren mit allen ihren Nachkommen verstanden. Die Verbindung zwischen diesen Personen wird Verwandtschaft; die Verbindung aber, welche zwischen einem Ehegatten und den Verwandten des andern Ehegatten entsteht, Schwägerschaft genannt.“39 Damit werden Verwandtschaftsverhältnisse bezeichnet und daraus folgende Verpflichtungen, Rechte und Konsequenzen.
Die Statistik grenzt den Begriff Familie folgendermaßen ab: „Die Definition der Familie orientiert sich am Kernfamilienkonzept, d. h. Personen in Paarbeziehungen in Ehe oder Lebensgemeinschaft bilden eine Familie. Kinder werden zur Familie der Eltern gezählt, wenn sie ohne eigenen Partner bzw. eigene Kindern im selben Haushalt leben. Kinder, die mit einem Elternteil zusammenleben, bilden ebenfalls eine Familie. Grundsätzlich gibt es keine Altersgrenze, bis zu der Personen als Kinder gezählt werden[…]“40. Familie besteht aus einer Paarbeziehung mit Kindern im selben Haushalt oder zumindest einem Elternteil, der mit seinem eigenen Kind zusammenlebt. In dieser Definition ist das Vorhandensein von Kindern vordergründig, es gelten das Haushalts- und das Zweigenerationenprinzip, unabhängig vom Familienstand.
Die Soziologie als Teilbereich der Sozialwissenschaften erforscht Aspekte des sozialen Zusammenlebens der Menschen in Gemeinschaften und Gesellschaften. Familie im Sinne der Soziologie ist „[…] eine Gruppe durch verwandtschaftliche Beziehungen direkt miteinander verbundener Personen, deren erwachsene Mitglieder die Sorge für die Kinder übernehmen.“41 Familie wird definiert über verwandtschaftliche Beziehung, Elternschaft und die Versorgung der Kinder. Diese Formulierung setzt Eheschließung voraus, da durch die Heirat eine verwandtschaftliche Beziehung zwischen Mann und Frau entsteht. Diese klassische Familienform als Kernfamilie (Vater, Mutter, Kind), eingebettet in ein Netz verwandtschaftlicher Beziehungen (Großeltern usw.) unterliegt aufgrund struktureller Differenzierungen der Gesellschaft einem stetigen Wandel, aus dem sich unterschiedliche Familienformen und Formen des Zusammenlebens ergeben.
In der Literatur über Familienforschung wird der Begriff Familie unterschiedlich definiert. „Als gemeinsamer Kern der verschiedenen Definitionsvorschläge lassen sich folgende Elemente festhalten: