1. |
HINAUS IN DIE NATUR… |
2. |
GRUNDWISSEN PFERD |
2.1 |
Die Entwicklungsgeschichte des Pferdes in Kürze |
2.2 |
Schläge und Rassen |
2.3 |
Exterieur und Anatomie |
2.3.1 |
Das Exterieur |
2.3.1.1 |
Der ideale Körperbau |
2.3.1.2 |
Der „Rahmen“ des Pferdes |
2.3.1.3 |
Farben und Zeichnungen des Fells |
2.3.1.4 |
Kopf, Hals und Rücken |
2.3.1.5 |
Stellungen und Zeichnungen der Beine und Hufe |
2.3.2 |
Das Interieur |
2.3.2.1 |
Skelett des Pferdes |
2.3.2.2 |
Muskulatur |
2.3.2.3 |
Innere Organe |
2.3.2.4 |
Zähne und Altersbestimmung |
2.3.3 |
Größen- und Gewichtsbestimmung des Pferdes |
2.3.4 |
Gangarten und Fußfolgen |
2.4 |
Haltung |
2.4.1 |
Ursprüngliche Lebensräume des Pferdes |
2.4.2 |
Konsequenzen für die artgerechte Pferdehaltung |
2.4.3 |
Moderne Pferdehaltung und ihre Artgerechtigkeit |
2.4.3.1 |
Boxenhaltung |
2.4.3.2 |
Laufstall |
2.4.3.3 |
Offenstall |
2.4.3.4 |
Weidehaltung |
2.4.4 |
Grundwissen Offenstall- und Weidehaltung |
2.4.4.1 |
Stall und Auslauf |
2.4.4.2 |
Die Weide |
2.4.4.3 |
Der Umgang mit dem Mist |
2.5 |
Fütterung |
2.5.1 |
Verdauung und Stoffwechsel des Pferdes |
2.5.2 |
Grundregeln der Pferdefütterung |
2.5.3 |
Grünfutter und seine Qualität |
2.5.4 |
Raufutter und seine Qualität |
2.5.5 |
Kraftfutter |
2.5.6 |
Beifutter |
2.5.7 |
Saftfutter |
2.5.8 |
Zusatzstoffe |
2.5.9 |
Wasser und seine Qualität |
2.5.10 |
Fütterung unterwegs |
2.5.11 |
Fütterung älterer Pferde |
2.5.12 |
Mögliche Erkrankungen durch falsche Fütterung |
2.6 |
Pflege des Pferdes |
2.6.1 |
Tägliche Pflege zu Hause |
2.6.2 |
Pflege unterwegs |
2.7 |
Hufe und Hufschutz |
2.7.1 |
Hufanatomie, Hufmechanismus und Huffunktion |
2.7.2 |
Sinn des Hufschutzes |
2.7.3 |
Mögliche Fehler beim Beschlag |
2.8 |
Krankheiten des Pferdes und ihre (Erst-) Behandlung |
2.8.1 |
Grundsätzliches |
2.8.2 |
Prophylaktische Gesundheitsmaßnahmen |
2.8.3 |
Erkrankungen der Gliedmaßen |
2.8.4 |
Äußere und Druckverletzungen |
2.8.5 |
Organische Erkrankungen |
2.8.6 |
Atemwegserkrankungen |
2.8.7 |
Haupt- und Gewährsmängel |
3. |
GRUNDWISSEN REITEN |
3.1 |
Kleiner Exkurs in die Geschichte der Reitausbildung |
3.2 |
Ansprüche an die Reitausbildung des Freizeitreiters |
3.3 |
„Ausbildungsskala“ und Konditionstraining des Reiters |
3.4 |
Die klassische Reitausbildung |
3.4.1 |
Sitz |
3.4.2 |
Hilfengebung |
3.4.2.1 |
Besonderheiten in der Reitausbildung des Wanderreiters |
3.4.3 |
Hufschlagfiguren |
4. |
AUSBILDUNG UND TRAINING DES WANDERREITPFERDES |
4.1 |
Anforderungen an den Ausbilder |
4.2 |
Nützliche Hilfsmittel bei der Ausbildung des Pferdes |
4.2.1 |
Sinnvolle Trainingsmaterialien |
4.2.2 |
Zur Anwendung von Hilfszügeln |
4.3 |
Die Grundausbildung des Pferdes |
4.3.1 |
Die Ausbildungsskala des Pferdes |
4.3.2 |
Die ersten Schritte |
4.3.3 |
Respekt und guter Umgangston |
4.3.4 |
Putzen und Ausrüsten |
4.3.5 |
Verhalten beim Auf- und Absteigen |
4.3.6 |
Erziehung zur Selbständigkeit |
4.3.7 |
Förderung von Trittsicherheit und Reaktionsfähigkeit |
4.3.8 |
Gewöhnung an reiterliche Hilfen |
4.4 |
Training des Wanderreitpferdes |
4.4.1 |
Das starke Nervenkostüm für unterwegs |
4.4.2 |
Gezielte Vorbereitung zum Wanderritt |
4.4.3 |
Trainingskontrolle |
5. |
DIE AUSRÜSTUNG |
5.1 |
Für´s Pferd |
5.1.1 |
Sattel und Unterlage |
5.1.2 |
Kopfstück |
5.1.2.1 |
Auswahl des Kopfstücks für den Wanderritt |
5.1.2.2 |
Gebisse und ihre Wirkung |
5.1.3 |
Halfter, Strick und Putzzeug |
5.1.4 |
Packtaschen |
5.1.5 |
Packliste für das Pferd |
5.2 |
Für den Reiter |
5.2.1 |
Bei aller Bequemlichkeit: Sicherheit geht vor |
5.2.2 |
Packliste für den Menschen |
6. |
PLANUNG EINES WANDERRITTES |
6.1 |
Streckenplanung |
6.1.1 |
Notwendige und nützliche Materialien zur Planung |
6.1.2 |
Länge der Tagesetappen |
6.1.3 |
Detailplanung der Streckenführung |
6.2 |
Logistische Planung |
6.3 |
Pausenplätze und Unterkünfte |
6.3.1 |
Pausenplätze |
6.3.2 |
Die lange Mittagspause: Was ist bei der Durchführung zu beachten? |
6.3.3 |
Anbinde- bzw. Abstellmöglichkeiten der Pferde in Pausen |
6.3.4 |
Unterkünfte |
6.4 |
Ausschreibung eines geführten Rittes |
7. |
DRAUßEN REITEN |
7.1 |
Anforderungen an Mitreiter und Rittführer |
7.1.1 |
Anforderungen an den Trekkingreiter |
7.1.1.1 |
Reiterliche Fähigkeiten |
7.1.1.2 |
Der Ausritt: Vorbereitung, Verhalten unterwegs, Nachsorge |
7.1.2 |
Fähigkeiten und Aufgaben des Trekkingführers |
7.1.2.1 |
Generell |
7.1.2.2 |
Vor dem Abritt |
7.1.2.3 |
Besondere Aufgaben unterwegs |
7.1.3 |
Mitführen von Handpferden |
7.1.4 |
Kommandos: Wichtiger „Grundgehorsam“ von Mensch und Tier |
7.2 |
Orientierung |
7.2.1 |
Orientierung ohne technische Hilfsmittel |
7.2.2 |
Orientierung mit Hilfsmitteln |
7.3 |
Reiten im Straßenverkehr |
7.3.1 |
Die Theorie: Gesetzliche Grundlagen |
7.3.2 |
Reiten im Straßenverkehr |
7.3.2.1 |
Rechts Abbiegen |
7.3.2.2 |
Links Abbiegen |
7.3.2.3 |
Straßenüberquerung |
7.3.3 |
Beleuchtung |
7.4 |
Reiten in Feld und Wald |
7.4.1 |
Naturkundliches Grundwissen |
7.4.1.1 |
Grundwissen Vegetation und Fauna in Deutschland |
7.4.1.2 |
Landschaftsinterpretation |
7.4.1.3 |
Giftpflanzen |
7.4.1.4 |
Pflanzen als Heilmittel |
7.4.2 |
Kleine Wetterkunde |
7.4.3 |
Verhalten in Feld und Wald |
7.4.3.1 |
Gesetze zum Verhalten in Feld und Wald |
7.4.3.2 |
Regeln zum Verhalten in Feld und Wald |
7.5 |
Verhalten in kritischen Situationen |
7.5.1 |
Grundsätzliche Maßnahmen bei unvorhergesehenen Stopps |
7.5.2 |
Das durchgehende Pferd |
7.5.3 |
Der Sturz vom Pferd |
7.5.4 |
Konditions- oder Kreislaufschwäche des Reiters |
7.5.5 |
Verhalten bei Gewitter |
7.6 |
Erste Hilfe unterwegs |
7.6.1 |
Für den Reiter |
7.6.2 |
Für das Pferd |
8. |
VERSICHERUNGEN |
9. |
LITERATUR |
Danke sagen möchte ich allen meinen Ausbilderinnen und Ausbildern, die mich seit meinem 10. Lebensjahr gelehrt haben, Pferde zu verstehen und auszubilden, ihnen und mir die Zeit zu geben, die Ausbildung braucht, Geduld zu haben und alles so zu nehmen, wie es kommt. Besonderer Dank gilt dafür Ellen Freudenstein und Eberhard Walz.
Dank gilt zudem denen, die sich die Zeit genommen haben, alles zu lesen und zu korrigieren. An erster Stelle steht da Frauke Kess, die intensiv sprachliche, orthographische, grammatikalische und formale Ungereimtheiten entdeckt und entsprechend kommentiert hat. Für fachliche Kommentare danke ich Katrin Böse und Ellen Freudenstein.
Die Zeichnungen im Buch sind von der Autorin selbst angefertigt. Die verwendeten Fotos stammen aus den Beständen der Autorin.
Mit seinem Pferd aus der Hektik des Alltages auszubrechen, ein bisschen Freiheit zu genießen und Abenteuerlust und Entdeckungsfreude in freier Natur auszuleben, sind wohl die Hauptgründe, dass Reiter sich dem Gelände- und Wanderreiten zuwenden.
Draußen Reiten macht Spaß und ist Entspannung pur. Die Welt durch zwei gespitzte Pferdeohren hindurch zu erkunden, ist eine ganz eigene Perspektive. Selbst in bekannter Umgebung eröffnen sich ganz neue Ausblicke. Wenn Mensch und Pferd ein paar Grundregeln beachten, wird ein Ritt zu einem unvergesslich schönen Erlebnis.
Eine Voraussetzung dafür ist ein gut trainiertes, selbständiges und gehorsames Pferd als Begleiter. Eine weitere ist das eigene Vermögen, einen Wanderritt körperlich und seelisch durchzuhalten. Wanderritte stellen hohe Ansprüche an das Leistungsvermögen von Pferd und Reiter. Man sollte die Anstrengung eines langen Ausfluges zu Pferd nicht unterschätzen, weil man vom Pferd getragen wird! In einer gut eingespielten Gruppe miteinander unterwegs zu sein, macht sehr viel Spaß. Ist man mehrere Tage zusammen unterwegs, kommt aber immer eine Gruppendynamik in Gang, mit der man umgehen können muss. Es gibt viele Situationen, die aus einem einfach geplanten Ausflug eine echte Herausforderung werden lassen, wie verlorene Hufeisen, überanstrengte Reiter oder Pferde etc.. Hier ist die Kompetenz und gute Ausbildung der Reiter gefragt, um den Ritt auch unter erschwerten Bedingungen noch erfolgreich enden zu lassen. Vor dem „Großen Ritt“ sollten daher für Pferd und Reiter eine entsprechende Ausbildung und ein abwechslungsreiches Training auf dem Plan stehen.
Das Handbuch bietet umfassende Informationen für Reiteinsteiger, erfahrene Reiter und Gruppenführer, damit Tages- und Wanderritte in sicherem Rahmen allen Beteiligten das gewünschte Maß an Entspannung und Abenteuer bringen. Darüber hinaus bietet
Allen Wanderreitern und Wanderreiterinnen und ihren Vierbeinern wünsche ich allzeit guten Ritt und immer die passende Ausrüstung zum richtigen Zeitpunkt!
Der Ursprung des heutigen Pferdes beginnt im Paläozän vor ca. 55 Mio. Jahren mit dem etwa fuchsgroßen Hyracotherium. Als Laubfresser in den damals weit verbreiteten Wäldern lief es auf dreistrahligen Vorder- und vierstrahligen Hinterbeinen. Ihm folgte im Eozän vor 40 Mio. Jahren Eohippus, das als früheste Pferdeform gilt. Klimaveränderungen über Millionen von Jahren führten zum Rückgang der Wälder. Die Nachfahren des Urpferdchens passten sich der verändernden Umwelt an. Ihre Größe entwickelte sich zusehends. Das im Oligozän vor ca. 25 Mio. Jahren lebende Mesohippus hatte an allen vier Beinen schon je eine Zehe weniger als Eohippus. Im Miozän, etwa 2 Mio.
Jahre später, lief Parahippus als Steppentier bereits nur noch auf vier zweizehigen Beinen. Im Miozän fand auch der Übergang vom Laub- zum Grasfresser, dem Merichippus, statt. Daraus entstand Pliohippus, bei dem sich im Laufe des Pliozäns (ca. 5 Mio. Jahre) die Zehenanzahl auf eine verringerte. Daraus entwickelte sich im Pleistozän die europäische Urform unseres heutigen Pferdes: Equus. Die Entwicklung des Pferdes verlief interessanterweise nur auf dem nordamerikanischen Kontinent ohne Unterbrechung bis zum Equus. Die Alte Welt erreichte nur ab und zu eine der Arten. Dazu gehörte Equus. Und gerade Equus mit seiner Wiege in der Neuen Welt starb dort vollständig aus und überlebte stattdessen dauerhaft in Eurasien. Man vermutet, dass zwischen 600.000 und 10.000 Jahren v. Chr. in Anpassung an die jeweiligen Lebensräume vier Grundtypen des Equus entstanden, die die Basis der heutigen Rassen bilden.
Nordpferdetypen
Urwildponies waren kräftige Tiere mit ca. 120cm Stockmaß. Man fand sie in Nordeuropa und Teilen Ostasiens. Dem Futter entlang des Eises folgend, gelangten sie auf weiten Wanderungen bis Nordspanien, Irland und Kleinasien. Ihr Körpergewicht verteilte sich gleichmäßig auf die kräftigen, kurzen Beine mit den stabilen Gelenken und harten, kleinen Hufen. Ihre bevorzugte Gangart war ein schneller Trab. Flucht erfolgte im Galopp oder schnellen Trab im engen Herdenverband. Zweilagiges Fell schützte sie im Winter gegen die Kälte. Kauapparat und Verdauungsorgane waren an die Verwertung harten, holzreichen Futters der eiszeitlichen Steppen und Wälder angepasst. Das Leben in großen Herden ließ ihr Wesen vorsichtig, wach und kontaktfreudig werden.
Der Wandertrieb der Urwildponys hat ihr Erbgut in ganz Europa weit verbreitet. So findet ihr Erbe man in allen heutigen Pferderassen. Der Wandertrieb ist ihren Nachfahren erhalten geblieben. Pferde, deren Erbgut sich auf Urwildponys zurückführen lässt, verspüren auch heute noch in Frühjahr und Herbst den Drang zur Wanderung. Der ererbte Herdenbezug lässt sie alleine schnell unsicher werden: sie neigen zum Kleben.
Insgesamt ist ihnen aber ein freundliches, umgängliches Wesen mitgegeben.
Die 140-170cm großen Tundrenponys waren dagegen in den kargen Tundren zwischen den großen Eisfeldern gefangen. Weite Wanderungen waren in diesem Lebensraum nicht möglich. So entwickelte sich das Tundrenpony zu einem standorttreuen Tier, das wegen des knappen Nahrungsangebotes nur in kleinen Gruppen lebte. Auch sie hatten ein zweilagiges Fell, mit dem es hervorragend gegen Kälte gewappnet war. Ebenso waren der Kauapparat und die Verdauungsorgane an das harte Nahrungsangebot der Kaltsteppe angepasst. Tundrenponys waren sehr gute Futterverwerter, wie man es heute noch bei den Kaltblütern findet. Energie durfte nicht verschwendet werden: so war Schritt ihre Hauptgangart und in Deckung verharren oder rückwärts gehen wurden zum Fluchtverhalten. Die Schulter war entsprechend steil, die Kruppe abschüssig. Sturheit, Unempfindlichkeit und geringe Kontaktfreude unterschieden es vom Urpony.
Quelle: Eigene Zeichnungen auf Grundlage von Veröffentlichungen von Kapitzke und diversen Internetpublikationen
Südpferdetypen
Das Ramskopfpferd setzte sich mit bis zu 180cm großen Exterieur, Ramskopf, langen Beinen und Rückenpartie und abfallender Kruppe deutlich von den Nordponys ab. Sein Lebensraum war das Bergland, in dem es mehr seine Hinterhand einsetzen musste. So entwickelte sich große Trag- und Schubkraft in der Hinterhand, die sein Springvermögen förderten. Sein Verbreitungsgebiet reichte von Asien und Südeuropa bis Nordafrika.
Es lebte von weicherer und gehaltvollerer Nahrung als die Nordpferde. Mit seinem weicheren Zähnen rupfte und schnitt es Futter. Reiches Futterangebot ließ es wenig wandern. Das Fell war eher kurz und seidig, das Langhaar knapp bemessen. Als einzelgängerisches Bergpferd lebte es in lockeren Verbänden mit großem Individualabstand und gehörte zu den eher abweisenden und furchtlosen Tieren. Bei Gefahr wehrte es sich mit Hufen und Zähnen und suchte. Bot Kampf keinen Ausweg, suchte es sein Heil in stürmischer Flucht. Heute vermutet man das Blut dieses Typs in Berbern, Sorraia-Pferden und Achal Tekkinern.
Das Urvollblut war mit einer Größe von ca. 120cm deutlich kleiner als das Ramskopfpferd. Seinen Lebensraum fand ursprünglich es in den warmen Steppen und Wüsten fern des Eises, im subtropischen Gürtel von Südasien über den Orient bis Ägypten. Sein Fell passte sich dem warmen Klima an und blieb stets kurz und fein. Mit Ende der Eiszeit und der Austrocknung seines reichen Lebensraumes wandelte es sich vom Standzum Wanderwild, das der sich verknappenden Nahrung folgte.
Man vermutet, dass es auf seinen weiten Wanderungen auf Urwildponys traf und so z. B. der Tarpan entstand. Das Gebiss des Urvollblutes ist auf Rupfen und Zerkleinern weichen Futters angelegt. So bildeten es kürzere Zahnwurzeln aus als die Nordponys.
Sein Rücken war kurz, die Schulter steil, die Kruppe waagerecht, Schweif und Hals hoch angesetzt. Der hohe Schweifansatz ermöglichte einen guten Temperaturausgleich, der hoch getragene Kopf einen weiten Blick über die leeren Steppen und Wüsten.
Gefahr wurde früh gesichtet und Rettung in stürmischer Flucht gesucht. Nur ab und zu reich mit Futter ausgestattete Weidegebiete förderten die Bildung kleiner Herden und ein anhängliches und kontaktfreudiges Sozialverhalten. Ein hohes Maß an Sensibilität und Vorsicht zeichnete das Urvollblut aus. Es gilt als Vorläufer der orientalischen Rassen.
Im eurasischen Raum begannen etwa vor 6.000 Jahren die sich immer weiter ausbreitenden Menschen, das Pferd zu domestizieren. Statt es zu jagen, befand der Mensch, dass das Pferd als Fleisch- und Milchlieferant in der gezähmten Herde leichter zu handhaben und zu fassen war. Wann seine Nützlichkeit als Lasttier bekannt wurde, ist nicht genau bekannt. Als Reittier wird es schon auf 4.000 Jahre alten Reliefs gezeigt. Mit der Nützlichkeit des Tieres stiegen auch die Ansprüche an Leistungsfähigkeit und Langlebigkeit.
Der Mensch lernte die Grundlagen von Zucht und Auslese, um optimal an seine Erfordernisse angepasste Pferde heranzuziehen. Mit der Haltung großer Herden, die ständig zur Verfügung stehen sollten, mussten in den Zentren der kulturellen und zivilisatorischen Entwicklung, wie Ägypten und später Griechenland und Italien zudem Techniken entwickelt werden, die eine ausreichende Versorgung auf begrenztem Raum über das ganze Jahr ermöglichen. Schriften und Reliefs zeigen, dass sich die Ägypter schon 1600 bis 1400 v. Chr. intensiv mit Zufütterung und Versorgung von Pferden beschäftigten.
Viele Zuchtversuche und Fehlschläge haben den Menschen über Jahrhunderte hinweg gelehrt, dass Nord- und Südpferdekreuzungen neben erwünschten positiven Effekten auch viele Probleme mit sich bringen. Die beschriebenen Grundcharakteristika der verschiedenen Pferdetypen lassen erkennen, warum Kreuzungen zwischen Nord- und Südpferden, wie Haflinger und Araber oder Fjordpferd und Araber entgegen langjähriger Praxis nicht ratsam sind. Viele der großen Zuchten sind von der „Beimischung“ hochblütiger Pferden zu den eher geruhsameren Rassen wieder abgekommen. Probleme können sich bei diesen Mixturen in vieler Weise zeigen. Gebäudeunterschiede von Süd- und Nordpferden führen in Mischlingen häufig zu Problemen in Bewegungsabläufen und Belastbarkeit des Tieres. Wohnen dem Mischpferd zwei Seelen in der Brust, kann es für den Reiter gefährlich werden, wenn in vermeintlicher Gefahr das Süderbe zur Flucht rät und das Norderbe zum Stehen bleiben, um nicht zu viel Energie zu verschwenden. Derart innerlich zerrissene Pferde sind auch für Profis nicht leicht zu handhaben, da ihre Reaktionen oft unvorhersehbar und heftig sind. In einer Umwelt, in der der Umgang mit dem Pferd eine Selbstverständlichkeit war, mag es genug pferdekundige Menschen gegeben haben, die mit solchen Pferden umzugehen verstanden. In der heutigen Welt, in der Pferde überwiegend zum Freizeitvergnügen, Sport, Therapie oder Ausbildung gehalten werden, sind solche Menschen selten geworden.
Man kann der Pferdekörper entsprechend des Rahmens, der sich zwischen Bug- und Hüftgelenk, Widerrist und Hufen ziehen lässt, von quadratisch bis rechteckig einteilen.
Das „Rechteckpferd“ hat eine längere Rückenlinie als das „Quadratpferd“. Der längere Rücken des Rechteckpferdes gilt als bequemer zu sitzen für Reiter, da er leichter schwingt als der kürzere des Quadratpferdes. Anatomisch spielen natürlich noch andere Merkmale wie Gangmuster, Raumgriff und Fesselung eine Rolle für die „Bequemlichkeit“ eines Pferdes. Ein Vorteil des kürzeren Rückens des Quadratpferdes ist seine geringere Verschleißanfälligkeit.
Als weitere Farbspiele im Pferdefell gibt es die sogenannten Abzeichen. Das sind sehr kleine bis sehr große, weißbehaarte Stellen in der dunklen Haardecke. Sie sind am Kopf (z.B. Stern, Blesse, Milchmaul), an den Beinen (z.B. weiße Krone, weiß gefesselt, weiß gestiefelt) und manchmal über den ganzen Körper verbreitet. Bei Verbreitung über den ganzen Körper spricht man nicht mehr von Abzeichen: diese Art Fellzeichnung ergibt den oben gezeigten Schecken.
Die Abzeichen bzw. Zeichnungen sind dem Pferd von Geburt an eigen und werden in den Papieren als unveränderliche Merkmale eingetragen. Selbst bei Fohlen, die später Schimmel werden, kann man oft die ursprüngliche Form der Abzeichen noch an der Haut erkennen. Auch andersfarbige Flecke (z.B. braunes Pferd mit schwarzen Flecken) sind als angeborene Farbabweichungen die Beschreibung des Pferdes aufzunehmen.
Weiße Haare als Folge einer verheilten Wunde sind erworbene Kennzeichen und gehören nicht zur Zeichnung.
Verschiedene Kopf- und Halsformen und deren Abzeichen inklusive der jeweils korrekten Bezeichnung sind auf der folgenden Seite abgebildet. Allgemein lässt sich sagen, dass große, leicht aufgesetzte Augen und Nüstern, die sich weit öffnen lassen, sowie wohlgeformte Ganaschen mit ausreichendem Abstand zueinander zum „Idealkopf“ des Reitpferdes gehören. Bei optimaler Ausrichtung der Augen beträgt der durchschnittliche Gesichtskreis des Pferdes etwa 340°. Direkt geradeaus vor Kopf befindet sich wegen der seitlichen Ausrichtung der Pferdeaugen ein blinder Bereich, der das Pferd dazu zwingt, den Kopf etwas seitlich zu legen, um Gegenstände oder Hindernisse direkt geradeaus ansehen zu können. Bewegungen in der Ferne, von der Seite und seitlichhinten können Pferde gut wahrnehmen, direkt hinten sich befindet sich dagegen ein weiterer blinder Bereich. Das lässt Pferde ab und zu plötzlicher auf eine vermeintliche Bedrohung von hinten reagieren (Vorspringen, plötzliches „Losschießen“ o. ä.), als der Reiter noch rechtzeitig erkennen kann, dessen eigener Gesichtskreis ausschließlich nach vorne-seitlich ausgerichtet ist. Größe bzw.
Elastizität und natürliche Erweiterungsmöglichkeit der Nüstern stellt eine Grenze der Atemaufnahmekapazität und damit der Versorgung des Pferdes mit ausreichend Sauerstoff dar. Man bedenke daher bei der Verwendung jeder Art von Sperrhalfter, dass eine zu enge und zu tiefe Verschnallung auch die bestgeformten Nüstern einengt und dem Pferd unter Belastung damit regelrecht die Luft zum Atmen abgeschnürt wird. Wer schon einmal mit Schnupfen zum Laufen gezwungen war, wird ermessen können, wie sehr die Leistungsfähigkeit eines Pferdes durch derartige Fehlanbringung eines Sperrhalfters eingeschränkt wird.
Der Abstand der Ganaschen des Pferdes im Bereich der Kehle wird Ganaschenfreiheit genannt. Das ideale Reitpferd besitzt eine ausreichend große Ganaschenfreiheit, die den Ohrspeicheldrüsen, die sich zwischen Ganaschen und oberem Halsansatz befinden, genug „Rückzugsraum“ bei der Arbeit in Anlehnung und ggf. Versammlung zu bieten.
Zu geringe Ganaschenfreiheit kann bei dem Versuch, das Pferd in Anlehnung zu reiten, Quetschungen und Folgeerkrankungen hervorrufen. Pferde mit geringer Ganaschenfreiheit sind in ihrer Möglichkeit, sich beizäumen zu lassen, beschränkt. Sie werden aufgrund der Schmerzen versuchen, sich bei zu stark eingeforderter Anlehnung der Reiterhand zu entziehen.
Abbildung 12 zeigt verschiedene, beim Pferd vorkommende Beinzeichnungen und ihre Bezeichnung.
Die Abbildungen 13 und 14 zeigen bei Pferden vorkommende, vom Ideal abweichende Huf- und Beinstellungen, die als Fehlstellungen bezeichnet werden.
Die Zähne des Pferdes verändern sich im Laufe seines Lebens und ermöglichen aufgrund bestimmter Abnutzungsprozesse eine ungefähre Altersbestimmung. Abbildung 19 zeigt, dass das Gebiss des erwachsenen Pferdes im vorderen Bereich der Laden im Ober- und Unterkiefer aus je 6 Schneidezähnen besteht. Sie werden zum Rupfen und regelrechten Abschneiden von Gras und Raufutter benutzt. Ihre Schärfe sowie die Kraft der Laden sollte nicht unterschätzt werden: ein Pferd kann damit dem unvorsichtigen Menschen durchaus die Finger abbeißen. Das gerupfte Futter wird nun mit der Zunge in den hinteren Maulbereich geschoben. Dort befinden sich je 6 Backenzähne in Ober- und Unterkiefer, zwischen denen das Futter mit kreisenden Bewegungen beim Kauvorgang zerkleinert wird.
Fohlen bilden zunächst Milchzähne aus, die im Alter zwischen 2 und 5 Jahren nach und nach gegen das endgültige Gebiss, mit dem das Pferd den Rest seines Lebens die Nahrung zerkleinert, ausgewechselt. Ab ca. dem 2. Lebensjahr entwickeln die meisten Junghengste und -wallache ihre so genannten Hengstzähne. Das sind insgesamt vier Eckzähne, die seitlich am oberen und unteren Laden zwischen Schneide- und Backenzähnen stehen. Bei Stuten sind die Eckzähne ebenfalls angelegt, wachsen aber nur selten aus. Eckzähne brechen auch bei den männlichen Tieren nicht immer durch und können rudimentär ausgebildet im Ladenbereich unter dem Zahnfleisch verborgen bleiben. Die Zahnreste können heftigen Druckschmerz unter dem Trensengebiss hervorrufen. Ein sich scheinbar grundlos gegen das Gebiss wehrendes Pferd sollte auf Wolfzähne untersucht und diese ggf. entfernt werden. Die Zähne des erwachsenen Pferdes weisen schwarzbraune Vertiefungen, die so genannten Kunden auf. Die Veränderungen der Kunden durch Abnutzung im Laufe eines Pferdelebens lassen neben der Stellung der Zähne zueinander eine ungefähre Altersbestimmung zu.
Die Höhe des Pferdes wird am Widerrist gemessen. Die beiden üblichen Größenmaße beim Pferd sind das Stock- und das Bandmaß.
Das gebräuchlichere Stockmaß wird mit dem lotrecht gehaltenen Messstock genommen, an dessen oberen Ende eine verschiebbare, rechtwinkelige Messlatte, ähnlich einer Schieblehre, angebracht ist. Das Stockmaß wird in Schulterhöhe des geschlossen stehenden Pferdes aufgestellt, der Schieber auf den Widerrist herunter geschoben. Die Höhe wird an der Unterkante des Schiebers abgelesen.
Das heute seltener genutzte Bandmaß wird mit der Nullmarke am Huf des geschlossen stehenden Pferdes angelegt, an der Schulter entlang geführt und dann bis zum höchsten Punkt des Widerristes geführt. Die mit dem Bandmaß gemessene Höhe eines Pferdes beträgt i. d. R. ca. 10cm mehr als die mit dem Stockmaß gemessene Höhe.
Die Gewichtsbestimmung beim Pferd ist wichtig, um Futterzuteilungen, Gesundheitszustand und Medikamentengaben so exakt wie möglich bestimmen zu können. Das Gewicht des Pferdes ist am exaktesten natürlich auf einer Waage zu bestimmen. Hat man einen Industriehof, Landhandel oder Steinbruch in der Nähe, kann man dort nachfragen, ob man in einer ruhigen Stunde mit seinem Pferd auf deren LKW-Waage gehen darf. Ist eine solche Möglichkeit nicht gegeben, ist die ungefähre Gewichtsbestimmung möglich, in dem man den Brustumfang und die Körperlänge seines Pferdes ausmisst. Die Abnahme der Maße wird in der untenstehenden Abbildung gezeigt. Die Berechnungsformel lautet wie folgt:
Vier-Takt: jedes Bein einzeln abfußend
Der Pfeil zeigt in das typische Dreieck des guten Schrittes.
Zwei-Takt mit Schwebephase: diagonales Beinpaar abfußend, Schwebe im Wechsel
Die beiden Pfeile zeigen das Trabmuster: die Diagonalfußung
Drei-Takt mit Schwebephase
Das Pferd galoppiert korrekt im Rechtsgalopp.
Häufig zu beobachtendes, fehlerhaftes Galoppmuster.
Beim Kreuzgalopp galoppiert das Pferd (auf diesem Bild) mit der Vorhand im Linksgalopp und mit der Hinderhand im Rechtsgalopp.
Verschiedene Pferdrassen haben sich im Laufe der Evolution an die unterschiedlichen Lebensräume angepasst. Steppe, Wüste, Wald und Gebirge als Lebensraum bieten ihnen:
Aus dieser evolutionären Entwicklung heraus hat auch das heutige domestizierte Pferd noch immer Grundbedürfnisse, die beachtet werden wollen, will man als Pferdehalter sein Pferd auf Dauer physisch und psychisch gesund erhalten:
Bewegung und Abwechslung:
Bewegungsbedürfnis, Tageseinteilung („8-Stunden-Takt“: Ruhe, Aktion, Futteraufnahme), Anatomie
Weite und Luft:
Raumbedarf, Sensorik und Frischluft
Herde und Sozialverhalten:
Rangordnung, Spieltrieb, Fellpflege, Freundschaften, Individualität
Futter und Fressverhalten:
Selektives Äsen, Physiologie und Wanderverhalten
Um dem pferdischen Anspruch an ein angenehmes Leben gerecht zu werden, müssen idealerweise folgende Aspekte bei der Pferdehaltung beachtet und ermöglicht werden:
Bewegung und Abwechslung
Weite und Luft
Herde und Sozialverhalten
Futter und Fressverhalten
Die oben genannten Anforderungen entsprechen auch dem Grundsatz des deutschen Tierschutzgesetzes (TierSchG), das zur Haltung von Tieren festlegt: