1 Einleitung
2 Begriffsdefinitionen unterschiedlicher Systemformate
2.1 Vergleich und Abgrenzung ausgewählter Systemformate
2.1.1 Verbundgruppensystem
2.1.2 Vertragshändlersystem
2.1.3 Franchisesystem
2.1.4 Filialsystem
2.1.5 Gegenüberstellung der vier Systemformate
2.2 Beschreibung der wesentlichen Rahmenbedingungen, Funktionen und Rollen eines Systems am Beispiel Franchise
2.2.1 Führung des Systems
2.2.2 Prozesse
2.2.3 Pflichten der Partizipanten
3 Die Bedeutung einer Marke für Systemunternehmen
3.1 Die Hauptnutzen einer Marke
3.1.1 Identifikation und Loyalität
3.1.2 Preiselastizität
3.1.3 Self-Completion und Self-Representation
3.1.4 Kortikale Entlastung bei der Alternativenwahl
3.1.5 Fazit
3.2 Die Verantwortung und Aufgaben von Marketing in klassischen Systemunternehmen
3.2.1 Systemprodukt
3.2.2 Multiplizierbares Konzept
3.2.3 Positionierung des Systems
4 Zentrale Wachstumshebel erfolgreicher Systemunternehmen
4.1 Wachstumshebel auf Seiten des Systemgebers
4.1.1 Unternehmensertrag
4.1.2 Markenbekanntheit
4.2 Wachstumshebel auf Seiten des Systemnehmers
4.2.1 Unternehmensertrag
4.2.2 Markenbekanntheit
5 Marken- und marketingbezogene Kriterien zur Bewertung der Systemleistung am POS
5.1 Merkmale der Systemleistung am POS
5.1.1 Intensive Reize
5.1.2 Kollative Reize
5.1.3 Affektive Reize
5.2 Bewertungskriterien und Messgrößen
5.2.1 POS-Gestaltung
5.2.2 Sortiment und Produktpräsentation
5.2.3 Preisgestaltung
5.2.4 Servicequalität
5.2.5 Organisationsabläufe
5.2.6 Innovationsfähigkeit
5.2.7 Fazit
6 Zusammenfassung und Ausblick
Anhang
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen
Literaturverzeichnis
Index
Dies ist der erste Band der Reihe Mandat Campus. In dieser Reihe erscheinen künftig wissenschaftliche Arbeiten, deren Themen bei der Mandat Managementberatung GmbH, Dortmund, entstanden sind und bearbeitet wurden – in der Regel in Zusammenarbeit mit einer Hochschule.
Die vorliegende Arbeit von Linda Vollberg entstand aus drei Eckpunkten: Erstens aus dem hohen Interesse der Verfasserin für das Thema „Markenbildung“, zweitens aus der Mandat Beratungserkenntnis, dass Systemunternehmen (ein Wort, für das es im Englischen kaum eine sinnvolle Entsprechung gibt) hinsichtlich der Einflussfaktoren auf deren profitables Wachstum noch wenig erforscht sind und drittens aus der Erfordernis der SRH Hochschule für Logistik und Wirtschaft in Hamm/Westfalen, dass die Verfasserin vor ihrer Bachelor-Thesis zum Bachelor of Science eine Studienarbeit abzuliefern habe.
In meiner Rolle als wissenschaftlicher Betreuer dieser Arbeit seitens der Hochschule konnte ich meinen Kollegen Holger Kampshoff, dem ich auf diesem Wege ausdrücklich danken möchte, gewinnen, die praktische Seite abzudecken und wir kamen mit Linda Vollberg schnell überein, dass die spätere Bachelor-Thesis auf der hier nun vorliegenden Studienarbeit aufsetzen sollte. Was lag also näher, als in der Studienarbeit ein Konzept zu erarbeiten, das in der Bachelor-Arbeit aufgegriffen werden konnte?
Es fiel zu Beginn sowohl der Verfasserin als auch ihren Betreuern nicht leicht, den richtigen Rahmen zu finden. Einerseits sollte eine gewisse wissenschaftliche Tiefe zwingend gegeben sein, andererseits drohte in den lebhaften Diskussionen auch mitunter die Begeisterung für das Thema mit den Beteiligten durchzugehen und einen zu hohen Anspruch zu schaffen.
Letztlich aber wurde ein gangbarer Weg gefunden, so dass hier eine rundum gelungene Arbeit vorliegt, die als relevanter Baustein für die Erforschung von Systemunternehmen angesehen werden kann. Der Verfasserin ist es gelungen, mit Ihrer Konzeption eine Basis zu schaffen, die es erlaubt, Systemunternehmen hinsichtlich ihrer Markenbildung am Point of Sale als Basis für profitables Wachstum systematisch zu untersuchen. Dieses Rahmenwerk kann und wird als weitere Untersuchungsbasis dienen.
Die Unternehmensführung von Systemunternehmen wird hier ebenso fündig, wie Fachexperten aus Marketing und Vertrieb, denn neben dem wissenschaftlichen Anspruch, der auch eine klare Definition des Begriffs „Systemunternehmen“ im Sinne der vorliegenden Arbeit beinhaltet, werden hier praktische, anwendbare Grundlagen für die fokussierte Betrachtung jedes konkreten POS gelegt.
Wir sind sicher, dass Band 1 von „Mandat Campus“ der Start einer überaus erfolgreichen und lesenswerten Reihe wird und freuen uns auf weitere Arbeiten dieser Qualität, was uns – zugegebenermaßen – nicht zuletzt deshalb leicht fällt, weil die Bände 2 und 3 ebenfalls bereits veröffentlichungsfähig sind.
Dortmund, im Juni 2012
Prof. Dr. Guido Quelle
guido.quelle@mandat.de
Angesichts der Veränderungen innerhalb der Wirtschaftswelt aufgrund des internationalen Wettbewerbdrucks, dynamischer Marktentwicklungen und einem schnell wechselnden Konsumverhalten sowie gesättigten und fragmentierten Märkten, ergeben sich höhere Ansprüche an Unternehmen, um sich am Markt behaupten zu können.1
Ist der unternehmerische Alleingang nicht mehr wettbewerbsfähig oder lukrativ genug, können sich durch partnerschaftliche Beziehungen Wechselwirkungen ergeben, die ein positives Wirtschaften ermöglichen. So haben sich Kooperationen über Unternehmens- und Landesgrenzen hinaus als wachstumsträchtige Form einer modern aufgestellten Betriebsstruktur herausgebildet.2 Systematisch organisiert, existieren unterschiedliche Kooperationstypen, die verschiedene Möglichkeiten der betrieblichen Verknüpfung mit dem entsprechenden Grad der gegenseitigen Involvierung bieten.
Ziel der Arbeit ist es, marken- und marketingbezogene Kriterien vorzustellen, anhand derer, die Systemleistung am Point of Sale (POS) eigenständig überprüft und bewertet werden kann. Es wurden Kriterien ausgewählt, welche die Kundenzufriedenheit erhöhen, ein positives Markenimage aufbauen und schließlich das Gesamtsystem erfolgreicher machen. Welche Ausprägungen der sogenannten Systemunternehmen sich am Markt etabliert haben, wie eine gemeinsame Marke das systematische Gefüge unterstützt und wodurch Systemunternehmen positive Resonanz bei ihren Kunden erzeugen, soll in Folge der Studienarbeit zielführend aufgedeckt werden.
Aufgrund vieler unscharfer Abgrenzungen, Definitionen und statistischer Erhebungen, vor allem zwischen Franchise- und Filialsystemen, dient Kapitel 2 der Differenzierung von insgesamt vier Handelsformaten, die als Systeme am Markt auftreten. Nachdem Klarheit bezüglich der charakteristischen Systemmerkmale besteht, folgt die Fokussierung der Punkte Marke und Marketing in Kapitel 3. Hier werden deren Bedeutung, Verantwortung und Aufgaben für Unternehmenskooperationen herausgearbeitet, bevor zentrale Wachstumshebel auf Seiten der Systemgeber wie auf Seiten der Systemnehmer unter ertragswirtschaftlichen Gesichtspunkten in Kapitel 4 aufgezeigt werden. Nach diesen eher allgemeinen Wachstumshebeln folgt in Kapitel 5 die zielführende Spezialisierung auf den Themenkomplex POS-Gestaltung und POS-Leistung anhand konsumentenorientierter Messgrößen.
Kapitel 6 beschließt die Arbeit mit der Zusammenfassung und einem Ausblick auf die weiterführende Bachelor-Thesis, in der die herausgefilterten Bewertungskriterien für eine Vor-Ort-Recherche eingesetzt werden.
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1 Vgl. Bullinger, H-J. /Warnecke H. J. / Westkämper (2003), S. 70 ff.
2 Vgl. Killich, S. / Luczak, H. (2003), S. 1 f.
Im Rahmen der Lösung der Aufgabenstellung ist es zunächst erforderlich, ein einheitliches Verständnis der Begrifflichkeiten zu schaffen. Bevor auf die Markenbildung eingegangen wird, folgt zuerst die Auseinandersetzung mit dem Thema Systemunternehmen, in der vermittelt wird, was unter dem Begriff verstanden werden kann sowie welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den ausgewählten Formaten der Systemlandschaft auftreten.
Der Begriff des Systems stammt aus dem Griechischen und bedeutet heute Gebilde, Zusammengestelltes oder Verbund. Das System taucht bereits in der Antike bei Platon und Aristoteles auf, die den Begriff in einem philosophischen wie politischen Zusammenhang beschreiben. Es lassen sich Definitionen unterschiedlichster Art finden, aus den Bereichen der Biologie und Geologie, bis hin zur Wissenschaftstheorie und Wirtschaft.3 Um sich dem Begriff aus Sicht der vorliegenden Studienarbeit zu nähern, folgt eine kurze Ausführung verschiedenen Einordnungen in zeitlicher Abfolge.
Als Arbeitsdefinition des Begriffs „System“ wird eine Ansammlung von Elementen verstanden, die sich für einen Zeitraum zu einem Netzwerk zusammenfügen und ein gemeinsames Ziel verfolgen. Dabei sind:
Das Unternehmen oder die Unternehmung ist ein Betriebstyp der Marktwirtschaft. Bezugnehmend auf Erich Gutenberg charakterisieren Domschke und Scholl (2008) das Unternehmen anhand der Prinzipien des Privateigentums, der Autonomie und des erwerbswirtschaftlichen Prinzips. Das Streben nach Gewinnmaximierung und Selbstbestimmung sind dem Unternehmer damit eigen.9
In der Literatur ist bisher keine Definition für den Begriff Systemunternehmen vorhanden. Trennt man das Kompositum, wird die Bedeutung dennoch klar. Es handelt sich um selbstständige Betriebe, die aufgrund einer organisatorischen Verknüpfung Vorteile erschließen und das gemeinsame Ziel der Gewinnerwirtschaftung verfolgen.
Um den Begriff Systemunternehmen weiter zu ergründen, ist die Untersuchung von Unternehmenskooperationen sinnvoll. Eine Kooperation gilt als Form der freiwilligen, zwischenbetrieblichen Zusammenarbeit, wobei die wirtschaftliche und rechtliche Selbstständigkeit der Unternehmen bewahrt bleibt. Zweck ist die gemeinsame Erreichung von Zielen, die jedes Unternehmen einzeln überfordert hätte.10 Die Kooperation ermöglicht den Partizipanten:
Grundsatz der Kooperation ist die Summierung der Einzelleistungen zur Steigerung der Leistungsfähigkeit, infolgedessen kommt es zur Erzeugung von Synergieeffekten. Basis ist die Ziel- und Interessenharmonie, wobei jeder Partner den Teil, den er am effizientesten beitragen kann, der Kooperation hinzufügt. Die Kompetenzen der Unternehmen müssen sich demnach für eine erfolgreiche Zusammenarbeit möglichst komplementär ergänzen und einen Spezialisten für die jeweilige Aktivität innerhalb der Wertschöpfungskette herausstellen.12 Gemäß Brodersen (2010), Geschäftsführer des Deutschen Franchise-Verbandes e. V., wird die Partizipation an einer Kooperation bzw. an einem Unternehmensnetzwerk zukünftig einen bedeutenderen Erfolgsfaktor darstellen als Kapital und Arbeitseinsatz. Zugang zu weiterführendem Know-how, Stabilität und Möglichkeiten des Austausches können in wirtschaftlich hochdynamischen Zeiten Wettbewerbsvorteile generieren.13
Die Differenzierung in drei Kooperationstypen ist üblich.
Entscheidend für alle erfolgreichen Kooperationen ist die Kombination der Kompetenzen und Ergänzung des Know-hows durch Etablierung eines geeigneten Informations- und Kommunikationssystems. Kundenbedürfnisse können schneller erkannt und berücksichtigt werden, wodurch sich die Position des Unternehmens um die Gunst des Kunden verbessert. Betrachtet man weiterhin die Entwicklung der möglichen Kooperationsformen, fällt ein Trend zur vertikalen Struktur oder zur Implementierung vertikaler Elemente in bislang horizontal organisierte Kooperationen auf. Die Kooperation profitiert von der engeren Verbindung aufgrund einer effizienten Kommunikation zwischen allen Partnern, woraufhin ein beweglicher und schlagkräftiger Unternehmensverbund entstehen kann.17
Zur Bearbeitung der Aufgabenstellung der vorliegenden Studienarbeit werden im Folgenden vier Systemkooperationen erörtert und voneinander abgegrenzt:
Um die Grundlagen und Konzeption der Markenbildung von Systemunternehmen am POS als Stellhebel für profitables Wachstum eingrenzend darzustellen, ist die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Thematik der Systemunternehmen und Kooperationen erforderlich. Die stetig wachsende Dynamik des Marktes, mit einer globalen Konkurrenz und immer spezifischeren Kundenwünschen, stellt eine große Herausforderung für Unternehmen dar. Kurze Lieferzeiten, hohe Qualität und günstige Konditionen bei dennoch gutem Service sind innerhalb einer Zusammenarbeit besser zu bewältigen. Als marktnaher Organisationsansatz bietet sich daher die Ausweitung der Unternehmensgrenzen durch gezielte Zusammenschlüsse an, um basierend auf den Stärken des Einzelnen ein optimales Ganzes zusammenzufügen. Zusätzlich ergibt sich automatisch eine Risikoverlagerung, bzw. Splittung unternehmerischen Risikos auf die beteiligten Partner, was in Zeiten immer kürzer werdender Planungshorizonte und Ungewissheiten bezüglich der wirtschaftlichen Entwicklung die Sicherheit des unternehmerischen Handelns erhöht. Der stetige Wandel ist nicht nur eine Herausforderung für die Unternehmen, sondern offenbart zugleich einen Spielraum für Innovationen und Kreativität. Unternehmenskooperationen erzeugen neue Erfolgsfaktoren durch die Entwicklung von Infrastruktur, Know-how und fortschreitender Unternehmensintelligenz. Flächendeckung, response to market (Markt- oder Nachfrageresonanz) und die Integration neuer Waren und Dienstleistungen, stärken die Kooperationspartner und steigern die Unternehmensproduktivität.18
Laut Hirzel, Leder und Partner (1996) ist die Multiplizierbarkeit der strategische Benefit von Systemunternehmen. Geschäftssysteme beinhalten strukturbedingte Wettbewerbsvorteile, in dem sie Effizienz und Geschwindigkeit durch ein geordnetes Vorgehen erhöhen und das System mittels präziser Beschreibungen leicht übertragbar – multiplizierbar – machen. Das Informations- und Kommunikationsnetzwerk innerhalb der Kooperation ermöglicht eine schnelle Auswertung aller gemeinsamen Geschäftsdaten. Somit ist eine dynamische, operative Umsetzung und Führung auf Basis vorstrukturierter Entscheidungswege gegeben. Die Autoren beschreiben Systemunternehmen als „Paradigma der nächsten Jahre“19. Das Zentrum ist das klare, am Markt erkennbare Angebotskonzept, welches mit wenigen, aber gezielt umgesetzten und permanent verbesserten Ideen operiert. Nicht die Lösung von Einzelheiten wird angestrebt, sondern die Reduktion der Produktkomplexität durch effektive Standardisierung wertschöpfender Aktivitäten – so die Autoren.
Basierend auf dem unternehmerischen Zusammenschluss, verknüpfen Systemunternehmen die Vorteile von Zentralität und Dezentralität (Abbildung 1: Vorteile zentraler und dezentraler Organisationen) und stellen aufgrund ihrer wirtschaftlichen Relevanz sowie einem enormen Wachstum in den letzten Jahren, ein bedeutsames Thema für die Wissenschaft dar.20
Abbildung 1: Vorteile zentraler und dezentraler Organisationen21
Auch Ahlert (2010) betitelt Systemunternehmen als reizvolles, lohnenswertes Forschungsgebiet für Wissenschaftler und Berater und prägt den Begriff „F&C-Netzwerke“22 für Netzwerke der Systemkooperation und des Franchisings. Des Weiteren legt Ahlert die optimale Versorgung der Verbraucher und nicht die Arbeitnehmeroder Kapitalabsichten als Aufgabe der Wirtschaft fest. Kooperationen bieten die Möglichkeit, durch die Zusammenarbeit verschiedenster Akteure ein buntes Angebotsspektrum mit zahlreichen Wahl- und Ausweichmöglichkeiten zu schaffen und die Entwicklung einer optimalen Versorgung voranzutreiben.23 Gerade von diesem Standpunkt aus betrachtet, ist die Verknüpfung der Thematiken Systemunternehmen und Endkundenwahrnehmung am POS eine interessante Kombination für die vorliegende Studienarbeit.
Die folgenden Erläuterungen zu den vier ausgewählten, unterschiedlichen Systemformaten, mit einer abschließenden Gegenüberstellung, sollen dem Leser eine klare Abgrenzung der Formate ermöglichen. Überdies wird durch die Auswahl eine Eingrenzung der Aufgabenstellung auf die im Folgenden vorgestellten Systeme vorgenommen.
Verbundgruppen sind eine wichtige Vertriebsform im deutschen Mittelstand und nahezu in allen Branchen des Handels vertreten. Der Baustoff- und Möbeleinzelhandel, Optiker und der Lebensmitteleinzelhandel, sind die Branchen mit den größten Marktanteilen an Verbünden von bis zu 76%.24 Insgesamt sind über 80.000 Unternehmen in ungefähr 300 Gruppierungen mit überregionalem Auftreten organisiert.25 Die Einkaufsorganisationen von einst haben ihr nachfolgend erläutertes Aufgabenspektrum in den letzten Jahren ausgeweitet. Bekannte Verbundgruppen wie die EDEKA ZENTRALE AG & Co. KG, die REWE Group oder die Sporthandelsgemeinschaft INTERSPORT Deutschland eG haben Merkmale eines systematischen Dienstleistungsnetzwerks erreicht. Sie überschreiten das vornehmliche Ziel einer Bündelung der Abnahmemenge und somit einer Steigerung der Einkaufsmacht, um die Wettbewerbsfähigkeit der Verbundmitglieder zu verbessern, bei weitem.26
Aufgrund der Ausweitung der Systemleistungen erscheinen einige Definitionen27 des Begriffs Verbundgruppe heute als zu eng gefasst. So beschränkt sich beispielsweise Strobel (1998) nur auf „diejenigen Kooperationen, die sich innerhalb eines Distributionsweges vom Hersteller zum Endkunden zwischen Handelsbetrieben gebildet haben“28. Die genannten Verbundgruppen zeigen allerdings Charakteristika internationaler Konzerne, mit unterstützenden Dienstleistungen der Zentrale und einer einheitlichen Marketingkonzeption. Infolgedessen fußt diese Ausarbeitung auf einem weiteren Verbundgruppenbegriff des Ausschusses für Definitionen zu Handel und Distribution aus dem Jahre 2006:
„Verbundgruppe ist ein Sammelbegriff für Zusammenschlüsse rechtlich selbstständiger Unternehmen zum Zwecke der zwischenbetrieblichen Kooperation. Die Zusammenarbeit kann in der Beschaffung, im Absatz, im Investitions- und Finanzbereich und in der Verwaltung erfolgen. Trägerbetriebe sind Verbundgruppenzentralen, meist in der Rechtsform der Genossenschaft, der GmbH oder der AG. Zu den Verbundgruppen zählen Einkaufsgemeinschaften des Groß- und Einzelhandels (Handel im institutionellen Sinne), des Handwerks und des Dienstleistungssektors sowie Freiwillige Ketten.“29
Bei der Organisation von Verbundgruppen gilt es, zwei Formen zu differenzieren.30
Sie sind beschaffungsorientiert und werden auf Bestreben von identischen Eigentümern im Groß- oder Einzelhandel gegründet. Der Verbund ist horizontal strukturiert und an eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung beispielsweise als Genosse, Aktionär oder Gesellschafter gekoppelt.
Bei freiwilligen Ketten schließen sich unterschiedliche Eigentümer aus dem Groß- und Einzelhandel zusammen. Es handelt sich um ein vertikal strukturiertes Gefüge, was in der Regel von Großhändlern betrieben wird und eine Absatzorientierung aufweist. Die interne Verbundenheit entsteht durch die Kooperationszentrale und einen schuldrechtlichen Individualvertrag.31
Verbundgruppen können auf eine über hundertjährige Geschichte zurückblicken und finden ihre Rechtsgrundlage im 1898 verabschiedeten Genossenschaftsgesetz, welches auf Basis von sechs Prinzipien die wesentlichen Merkmale des Systems beschreibt.
Während sich die Unterstützung und Eigenständigkeit der Unternehmer sowie die freiwillige Mitgliedschaft und der freie Leistungsaustausch im Verbund selbst erklären, ruht das Identitätsprinzip auf der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung. Das Mitglied einer Verbundgruppe ist in seiner Position als Anteilseigner ebenso Kunde, Lieferant und Kapitalgeber, was eine hohe emotionale Bindung an das System erzeugt.32
Aufgaben
Das zentrale Aufgabenfeld der 333435