Über den Autor Daniel Suckert

Geboren 1980 in St.Johann in Tirol. Er arbeitet als Sportredakteur bei der Tiroler Tageszeitung. Künstlerisch tätig ist der Innsbrucker seit 2007 als Kabarettist und Autor.

Solokabarett

Ich, Du, Er, Sie, Es – Gestatten einfach wir, 2007

Abseits der Liebe, 2010

Kabarett-Duett mit Daniel Lenz

Schweigen ist Schlager, Playback ist Gold, 2014

Es lebe der Sport, 2015

Mein Schatz im Silbersee, 2016

Autor, Regisseur, Darsteller

Kommissar Prohaska Fall 1, 2008

Kommissar Prohaska Fall 2, 2009

Kommissar Prohaska Fall 3, 2013

Gäste bei der Szenischen Lesung waren u.a.: Reiseschriftsteller Thomas Schafferer (Co-Autor, Produzent), Kabarettist Markus Koschuh, Kabarettist Daniel Lenz, Autor Christian Kössler.

Bücher

Kommissar Prohaska: „Weltstadt“ Innsbruck (2010, pyjamaguerilleros, Kurz-Geschichten)

Kommissar Prohaska: „Geldstadt“ Innsbruck (2013, pyjamaguerilleros, Roman)

Eigentlich (2017, BOD, Roman)

Produzent, Moderation

Der lange Abend des Tiroler Kabaretts, 2009

Der lange Abend des Tiroler Kabaretts, 2010

Web

www.danielsuckert.at

Ein großer Dank gilt Renate Perktold für ihren Input

Für die Kinder ihrer Zeit

Bibliographische Informationen der Deutschen Bibliothek:

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet unter www.dnb.de abrufbar.

Vier Jahreszeiten

Roman

132 Seiten

© Texte/Zusammenstellung: Daniel Suckert

Cover/Layout: FACTOR Innsbruck GmbH

Maria-Theresien-Straße 24/3, 6020 Innsbruck

www.factor.partners

Korrektorat: Mag. Sandra Lang, Erwin Maier, Mag. Bernhard Stüblinger, Verena Lettenbichler, Horst Weigerl

Herstellung und Verlag: Books on Demand GmbH, Norderstedt

Innsbruck 2019 ISBN 9783749458738

Inhaltsverzeichnis

Epilog

Heute schreibe ich dir nicht, sondern rede mit dir! Du, den ich immer an erster Stelle platzieren sollte, egal, was ich in meinem Leben auch tun würde. „Alles was du tust, alles was du machst – setze Gott an die erste Stelle!“

Das hat mir meine Mutter jahrelang eingetrichtert. Bei allem. Du zuerst!

Sie, die zu dir tagtäglich gebetet, derweilen aber ihre Tochter wie ein Stück Dreck behandelt hat.

Ja, ich hab’ dich all die Jahre an verschiedene Stellen gesetzt. Mal weiter oben, mal ganz unten.

Weil ich irgendwie wusste, du kannst ja nichts dafür. Aber irgendwie doch. Denn du bist der Schöpfer, der über seine Schäfchen wacht.

Wo warst du in all den Jahren nur???

Ganz kann ich es dir nicht verübeln.

Ich sitze im Auto, Julia neben mir. Alles ist wahr, alles!

Mein Optimist, er fickt sie. Seine Sekretärin…

Ich habe beide heute im Restaurant essen gesehen. Mit dieser Vertrautheit, wie man sie nur hat, wenn einem das Gegenüber nahe ist.

Ganz sicher, er fickt sie!

Da war dieses Unsichtbare, aber klar Ersichtliche.

Zu mir sagt er seit Jahren, er müsse so viel arbeiten, um endlich mehr Zeit mit mir und seiner Tochter zu verbringen. Gefickt hat er mich schon lange nicht mehr.

Am Ende ist er halt doch nur ein Mann. Einer, der seine Frau betrügt. Einer von vielen eben…

Irgendwie kann ich es ihm auch nicht verübeln.

Was hat er mit mir schon?!

Eine tablettensüchtige Säuferin, die keinen klaren Gedanken mehr fassen kann. Die seit Jahren ein Leben spielt, das es nicht gibt. Ich bin nicht die liebende Mutter, die liebende Ehefrau, die voller Stolz auf ihren Göttergatten wartet, bei Freundinnen über die Liebe ihres Lebens schwärmt…

Ich bin nur eines: mit mir selbst beschäftigt…

Eine Frau, die in allem versagt hat.

In allem!

Heute habe ich noch etwas versucht: Nach all den Jahren habe ich meine Mutter zurückgerufen. Ich wollte hören, warum sie vor vielen Jahren nach unserer Trennung noch einmal angerufen hat…aber die Nummer war nicht mehr vergeben. Vielleicht ist sie weggegangen, vielleicht ist sie tot…ehrlich gesagt, es spielt keine Rolle mehr…

Ich kann es meiner Mutter gar nicht mehr verübeln, dass sie mich in all den Jahren nie geliebt hat.

Dass sie mich in all den Jahren so verflucht hat.

Ich bin ein Fluch und kein Segen.

In diesem Augenblick ist all die Last wieder weg. Ich habe nämlich den Entschluss gefasst, der uns alle wieder glücklich machen wird: Ich gehe…mit Julia…für immer.

Wir sitzen im Auto.

Heute ist der Tag gekommen.

Julia fragt: „Wo fahren wir hin, Mama?“

„Das wirst du bald sehen“, antworte ich.

Sie lächelt. Ich lächle.

Frühling

„Entschuldigen Sie…fliegen Sie diese Strecke öfters?“

„Wie bitte?“

„Ich wollte Sie vor dem Start nicht stören, ich dachte nur, vielleicht…“

„Nein.“

„…“

„…“

„Meinen Sie mit Nein, dass Sie diese Strecke nicht öfters fliegen oder Nein, ich störe Sie nicht?“

„Was?“

„Meinen Sie Nein, Sie fliegen diese Strecke nicht öfters oder ich störe…“

„Äh...beides.“

„…“

„…“

„Entweder antworten Sie generell nur mit Wortbrocken oder Sie sind zu vertieft. Was mich wiederum neugierig macht. Zumindest was Sie beruflich machen könnten. Ich tippe auf...na ja...Anwalt?“

„Nein…Sie sehen ja, dass ich lese…“

„…“

„…“

„Heißt das, Sie unterbrechen Ihr Leseverhalten generell nie?“

„…“

„…“

„Für gewöhnlich genieße ich die Anonymität in der Fremde.“

„Ah, ein Einzelgänger. Ein gedanklich vertiefter Einzelgänger, also doch Anwalt. Die mögen ja ganz wenige. Solange zumindest, bis man keinen selbst braucht.“

„Sind für Sie gedanklich vertiefte Menschen mit der Neigung zum Alleinsein immer Anwälte?“

„Nein. Ja. Eigentlich kenne ich gar keine.“

„Woher wollen Sie dann wissen, dass ich ein Anwalt wäre, wenn Sie keinen kennen?“

„Oh Gott. Jetzt wo Sie das wiederholen, merke ich erst, wie schrecklich sich das anhört. Klingt wie eine billige, schlechte Anmache nicht? Es wirkt so, als würde ich krampfhaft versuchen, Sie mit irgendwelchem Nonsens in ein Gespräch zu verwickeln. Dabei wollen Sie sicher nur Ihre Ruhe haben und das Buch lesen.“

„Na ja, aber ist das nicht prinzipiell erlaubt?“

„Was?“

„Eine billige, schlechte Anmache garniert mit Nonsens für einen Gesprächseinstieg zu nützen.“

„Sie haben Ihr Buch geschlossen und antworten in ganzen Sätzen. Das freut mich jetzt aber.“

„Na ja, ich hoffe, dass Sie jetzt mehr Spannung zu bieten haben. Schließlich haben Sie mich ja unterbrochen. Darum gebe ich Ihnen nun die Chance, mich zu unterhalten.“

„Ich muss ehrlich sein: Hätten Sie es umgekehrt so gemacht wie ich, würde ich mich sicher beschweren.“

„Zu Recht. Billig und schlecht. Das sind ja sicher eher männliche Eigenschaften in Sachen Anmache.“

„Wow. Das klingt jetzt schon sehr sexistisch Ihrem Geschlecht gegenüber. Das bin ich nicht gewöhnt...“

„Na ja…machen wir uns doch bitte nichts vor: Männer mit Niveau sind eine ganz, ganz seltene Gattung.“

„Also entweder versuchen Sie, mich zu beeindrucken, oder Sie haben keinen anständigen Freundeskreis.“

„Witzige Schlussfolgerung. Weder noch. Ich zähle mich nur zur anderen Gattung Mann…“

„Ah, ich verstehe. Sie sind also ein Mann mit Niveau. Dazu sehr selbstbewusst. Wahrscheinlich ein Einzelkind?“

„Gut getippt…äh…“

„Lydia.“

„Ich bin Peter. Sagen wir so, ich kann auch niveaulos, aber von Grund auf sind die Ansprüche höher. Ich bin da wie ein Chamäleon und passe mich dem an, was der Untergrund so hergibt…“

„Beruhigend. Aber für einen Zeltfest-Typen hätte ich Sie jetzt auch nicht gehalten.“

„Weil ich ein Buch in der Hand halte?“

„Exakt.“

„Trotz schwacher Anmache beobachten Sie gut und ziehen noch bessere Schlüsse daraus, Lydia.“

„…“

„…“

„War die Anmache wirklich so schlecht, Peter?“

„Ich wiederhole nur Ihre Einschätzung, meines Erachtens war es nicht so schlimm. Das Zeltfest-Niveau haben Sie knapp überschritten.“

„Das klingt beruhigend.“

„Aber das bedeutet wohl, dass Sie, Lydia, generell eher den passiven Part beim Dating übernehmen.“ „Machen das Frauen nicht in 99,9% der Fälle? Übrigens sind Sie jetzt ganz schön in Fahrt gekommen, was die Kommunikation betrifft. Zuerst haben Sie gerade mal so ein paar Brocken serviert, jetzt sind es ganze Sätze mit humorvollen Untermalungen.“

„Das ist Ihre Schuld, Lydia. Sie haben ja nicht aufgehört zu reden, da blieben mir nur zwei Mittel: Mitreden oder totale Ignoranz. Für Letzteres bin ich zu höflich.“

„Na was ich für ein Glück habe…“

„Sie sind auch selbstbewusst. Was für meine Interpretation aber bedeutet: Sie sind kein Einzelkind. Sie haben Geschwister, womöglich männlich. Sie mussten sich stets durchsetzen, sind vielleicht sogar ein Sandwich-Kind. Darum bleiben Sie auch beharrlich, wenn Ihnen ein Mann mit Buch anfangs nur Wortfetzen entgegenwirft.“

„Sehr gut geraten. Zwei Brüder, ja, ich bin das mittlere Kind, und ja, ich muss mich heute noch bei den Familienfeiern behaupten. Das hat sich in all den Jahren nicht geändert.“

„…“