Kristina Peuschel / Anne Burkard
Sprachliche Bildung und Deutsch als Zweitsprache in den geistes- und gesellschaftswissenschaftlichen Fächern
A. Francke Verlag Tübingen
Neben Lehr- und Studienmaterialien mit Videos auf DVDs wie in Beese et al. (2014) und Brandt/Gogolin (2016) werden Videodatenbanken wie z.B. das Videoportal ProVision der Universität Münster eingesetzt (https://www.uni-muenster.de/ProVision/).
In der Definition des Statistischen Bundesamtes (Statistisches Bundesamt 2018, 4) wird zunächst nur das Merkmal der Staatsbürgerschaft durch Geburt gesetzt („Eine Person hat einen Migrationshintergrund, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit nicht durch Geburt besitzt.“). Für schulische Zwecke, bildungspolitische Entscheidungen oder Forschungszwecke werden z.T. abweichende Definitionen und Operationalisierungen herangezogen, wie eine Übersicht im Themenband zur Bildungsberichterstattung „Migration und Bildung“ für das Land Baden-Württemberg zeigt (Landesinstitut für Schulentwicklung, Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 2017, 53).
Am Abschnitt „Sprach(lern)förderliche Unterrichtskommunikation“ hat Eva-Larissa Maiberger mitgewirkt. Frau Maiberger war als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Tübingen an der Umsetzung des Projekts MüHLe (Leitung: Kristina Peuschel) beteiligt. Wir danken herzlich für die Unterstützung.
Mit * werden in sprachwissenschaftlicher Literatur nicht-normgerechte Äußerungen markiert. Die im Studienbuch verwendete *-Schreibweise erfüllt andere Funktionen und ist unabhängig von dieser Konvention.
Zu Kurzdarstellungen einzelner Sprachen siehe beispielsweise Krifka et al. 2014, Hoffmann et al. 2017 sowie die kontrastiven Analysen in den Darstellungen verschiedener Einzelsprachen im Vergleich zum Deutschen in Helbig et al. 2001, Kapitel VI/IV.
Ausdruck/Wort: sprachliche Bezeichnung; Begriff: hinter der Bezeichnung liegendes Konzept.
Albus/Frank/Geier (2017) ist der bislang einzige im deutschsprachigen Raum vorliegende Band zum Thema sprachliche Bildung im Philosophieunterricht; vgl. auch vereinzelte Aufsätze wie Düfel (2017), Hitz (2013) und Schmidt (2009). Für unterrichtspraktische Vorschläge vgl. z.B. Rösch (2015a), Wittschier (2016) und die Beiträge im Heft Methoden der Texterschließung der Zeitschrift Praxis Philosophie und Ethik, 5/2016. Im englischsprachigen Raum werden gelegentlich Ansätze wie das Scaffolding und die Beförderung metakognitiver Reflexion zur Unterstützung philosophischer Lernprozesse thematisiert (z.B. Colter/Ulatowski 2015; Stokes 2012), allerdings ohne expliziten Bezug auf sprachliche Bildung.
Materialien hierzu finden sich z.B. in den Oberstufenbüchern DenkArt und Zugänge zur Philosophie (Althoff/Franzen 2015, Kap. 3.2.1; Aßmann et al. 2015, Kap. 2.2.2). Bisweilen wird die Sein-Sollen-Schranke (auch: Sein-Sollen-Fehlschluss) fälschlicherweise mit einer verwandten Kritik gleichgesetzt, dem von G.E. Moore formulierten ‚Naturalistischen Fehlschluss‘ (so auch in Aßmann et al. 2015, 158); den Unterschied erläutert Dupré in Althoff/Franzen (2015, 135).
Methodische und inhaltliche Anregungen dazu, wie im Philosophieunterricht der Sekundarstufe II generell argumentative Texte analysiert und Argumente rekonstruiert und besprochen werden können, finden sich z.B. in Brun (2016) sowie im oben angeführten Schulbuch DenkArt.
Der ‚Sprecher‘ als sprachwissenschaftlicher Fachbegriff schließt trotz der grammatisch maskulinen Form alle sozialen Geschlechter ein.
Die hiesige Verwendung des Adjektivs ‚epistemisch‘ unterscheidet sich damit von dem*r Lesenden möglicherweise vertrauten Verwendungen in epistemische Funktion der Bildungssprache oder in epistemisches Schreiben, in denen ‚epistemisch‘ ungefähr mit Wissen bildend/aufbauend/strukturierend beschrieben werden kann.
Ich beziehe mich hierbei auf Arbeiten aus dem Projekt Sprachen – Bilden – Chancen: Innovationen für das Berliner Lehramt. Das vom Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache finanzierte gemeinsame Projekt der Humboldt Universität zu Berlin, der Freien Universität Berlin und der Technischen Universität Berlin mit einer Laufzeit von 2014 bis 2017 hatte zum Ziel, die Berliner Lehrer*innenbildung in den Bereichen Sprachbildung, Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache zu verbessern. In einem der Teilprojekte wurden u.a. exemplarische sprachbildende Lernaufgaben als Materialien für die universitäre Lehre entwickelt. Ein Beispiel für eine sprachbildende Lernaufgabe für den Geschichtsunterricht findet sich bei Sieberkrob/Brunzlow (2017). Weitere sprachbildende Lernaufgaben, auch für andere Fächer, finden sich auf www.sprachen-bilden-chancen.de.
SchriFT = Schreiben im Fachunterricht der Sekundarstufe I unter Einbeziehung des Türkischen, https://www.uni-due.de/schrift/ (15.12.2018)
Die Kürzel verweisen auf anonymisierte Texte von Schüler*innen aus der Pilotierung im SchriFT I-Projekt.
Obwohl die Kompetenzfacetten nicht trennscharf voneinander zu definieren sind, bezieht sich das Verhandeln und Entscheiden eher auf das partizipative politische Handeln (Massing 2013, 71) und erfährt sowohl im realen politischen Handeln als auch im simulierten politischen Handeln mehr Aufmerksamkeit als bei der Formulierung von politischen Urteilen.
Um den Rahmen dieses Beitrags nicht zu sprengen, wird sich die Argumentation im Folgenden auf die Wortebene beschränken und die ebenfalls relevante Satz- und Textebene vernachlässigen.
Alle Übersetzungen von Texten, die nicht auf Deutsch publiziert wurden, sind Übersetzungen der Verfasserin.
So sind auch beispielsweise die Bezeichnungen ‚Hinduismus‘ (erstmals 1787) oder ‚Buddhismus‘ (erstmals 1801) als ‚Religionen‘ relativ jung und keine Selbstbezeichnungen (ebd., 2).
Der Begriff ‚muslimizing‘ ist in Anlehnung an den oben zitierten Begriff des ‚judaizing‘ von Nongbri geprägt.
Um den Rahmen dieses Artikels nicht zu sprengen, kann die Problematik des Begriffes ‚dīn‘, der hier unter Benutzung des Begriffs ‚Religion‘ übertragen wurde, nicht weiter erörtert werden.
Vgl. auch die Koransuren 3:19, 9:33, 30:30–32.
Mit ‚Vormoderne‘ drückt Ghandour die Zeit vor dem 19. Jh. bzw. Ende des 18. Jh. aus.
Der Begriff geht auf Frederik Barth zurück (Barth 1969, 15).
Etliche der Ensikat-Illustrationen sind im Religionsbuch reli plus 1. Evangelische Religion abgedruckt (Hahn/Schulte 2013).
Das Projekt wurde von Juli 2016 bis Juni 2018 vom ESF gefördert und in Zusammenarbeit mit der Universität Paderborn, der Bezirksregierung Detmold sowie Bildungsexpert*innen von insgesamt vier Berufskollegs aus NRW durchgeführt. Ziel des Projektes war es, nach einer Analyse des Status Quo an den jeweiligen Berufskollegs gemeinsam in die Entwicklung praxistauglicher und adaptierbarer Qualifizierungsbausteine einzusteigen, die aktuell erprobt und schließlich in den Curricula implementiert werden sollen. Die Ergebnisse des Projekts sind nachzulesen in Frehe-Halliwell/Kremer (2018).
Der Fragebogen wurde den sechs beteiligten Fachlehrkräften verschiedener Fächer des Bildungsgangteams als Vorbereitung auf die danach durchgeführten Entwicklungsgespräche zur Bearbeitung gegeben, um a) die Bedarfe der Sprachförderung sowie b) die typischen Sprachprobleme im Fachunterricht der AV zu erheben. Die Fragen wurden teils offen, teils halboffen gestellt. Bei den Zitaten handelt es sich um in der Gruppe formulierte Einschätzungen, welche die Ausgangslage des Berufskollegs für die weitere Entwicklungsarbeit bildeten. Sie stellen somit die aus Sicht der Lehrkräfte dringendsten Probleme der Lernenden dar.
Checkout ist ein durch das Bildungsgangteam gewählter Titel für die Zusammenstellung von Aufgaben, die das zuvor Gelernte bei Schüler*innen prüfen. Die Lösung zum Checkout ist in diesem Beitrag nicht enthalten.
Zahlreiche Personen haben das Entstehen dieses Studienbuches in vielfältiger Weise unterstützt. Dank gebührt zunächst den 16 Autor*innen der fachdidaktischen Kapitel 4 bis 15 im zweiten Teil des Buches dafür, dass sie eine so große Bandbreite fachlicher Perspektiven beigesteuert haben und auf diese Weise das multidisziplinäre Format des Studienbuches ermöglichen. Ebenso bedanken wir uns bei Eva-Larissa Maiberger für ihr Mitwirken an Kapitel 2 im Abschnitt „Sprach(lern)förderliche Unterrichtskommunikation“. Zu einzelnen Textpassagen von Teil I haben wir hilfreiche Kommentare von Marcel Müllerburg, Prisca Rütermann, Johannes Schmincke und Friederike Wenzel erhalten. Prisca Rütermann danken wir zudem ganz besonders für die Unterstützung bei der Erstellung des Manuskripts. Kathrin Heyng und Katharina Wituschek vom Narr Francke Attempto Verlag gilt unser herzlicher Dank für ihre umsichtige Begleitung des Projekts und das sorgfältige Lektorat.
Von großer Bedeutung für das Entstehen des Studienbuches waren darüber hinaus die Lehrveranstaltungen, die wir in Augsburg, Berlin, Köln und Tübingen zu Sprachförderung und sprachlicher Bildung insbesondere in geistes- und gesellschaftswissenschaftlichen Lehramtsstudiengängen durchgeführt haben. Den Studierenden dieser Seminare und Vorlesungen danken wir für ihr Interesse, ihre Diskussionsbeiträge und ihre Rückmeldungen. Nicht zuletzt hat die Konzeption des Studienbuches von den vielfältigen Anregungen der interdisziplinären Lehr- und Forschungskontexte profitiert, in denen wir in den letzten Jahren jeweils tätig waren.
In der Zeit seit der Konzeption des Buches im Sommer 2017 bis zu seinem Erscheinen hat sich der Diskurs um Sprache in allen Fächern weiter intensiviert. Wir verstehen das Studienbuch zum einen als ein Ergebnis dieses Diskurses und zum anderen als einen Beitrag dazu. Wir wünschen allen Leser*innen eine gewinnbringende Lektüre.
Kristina Peuschel und Anne Burkard
Augsburg, Köln im Sommer 2019
Anliegen dieses Studienbuches ist es, die vielfältigen interdisziplinären Verknüpfungen von Sprache und Lernen in Schule und Unterricht unter dem Fokus von Sprachförderung und sprachlicher Bildung aufzuzeigen und Lehramtsstudierenden sowie Lehrkräften der geistes- und gesellschaftswissenschaftlichen Fächer der Sekundarstufen praxisorientierte Reflexionsangebote zu machen.
Hierfür werden sowohl Aspekte von Sprachförderung als auch Aspekte von Sprachbildung thematisiert. Während Sprachförderung vor allem diejenigen Kinder und Jugendlichen gezielt in ihrer sprachlichen Entwicklung unterstützt, die diagnostizierte Entwicklungsrückstände im Bereich der (deutsch-)sprachlichen Fähigkeiten haben, richten sich Sprachbildungsangebote grundsätzlich an alle Lernenden. Sie sollen in der Entwicklung ihrer sprachlichen Fähigkeiten unterstützt werden, auch wenn sie keinen spezifischen Sprachförderbedarf haben. Insbesondere Sprachbildung gilt als eine Aufgabe für den Unterricht in allen Fächern und Jahrgangsstufen, zumal sie häufig den Ausbau fachsprachlicher Kenntnisse und Fähigkeiten umfasst, wovon alle Schüler*innen profitieren können. Doch auch Sprachförderung findet nicht nur in speziellen, additiven Maßnahmen und Förderkursen statt, sondern ebenso fachintegriert im Regelunterricht. Insofern sind Grundkenntnisse in beiden – ohnehin nicht scharf voneinander abgrenzbaren – Bereichen für alle Lehrer*innen an allgemeinbildenden Schulen von Bedeutung.
Unter Rückgriff auf theoretische Erkenntnisse und empirische Ergebnisse der Sprach- und Fachdidaktiken sowie deren Bezugsdisziplinen steckt das Studienbuch die gesellschaftlichen und schulischen Rahmenbedingungen sprachlicher Heterogenität ab. Von dort ausgehend werden zu spezifischen sprachlichen und fachlichen Anforderungen sowie mit Bezug auf curriculare Vorgaben unterrichtspraktische Methodenvorschläge und fachdidaktische Reflexionen aus der geistes- und gesellschaftswissenschaftlichen Fächergruppe entwickelt. Die Leser*innen dieses Buches sollen dabei in doppelter Hinsicht sensibilisiert werden: Fachlehrkräfte für die Rolle von Sprache für das fachliche Lernen und Sprachlehrkräfte für die Bedarfe und Inhalte der Fächer. Studierenden und Lehrer*innen der Sekundarstufen werden die breitgefächerten fachlichen und sprachlichen Anforderungen der verschiedenen Fächer und Jahrgangsstufen nahegebracht und Konzepte für sprachförderlichen und sprachlich-bildenden Unterricht vom Beginn der Sekundarstufe bis hin zum Abitur vorgeschlagen.
(Angehende) Lehrkräfte der geistes- und gesellschaftswissenschaftlichen Fächer in den Sekundarstufen erhalten durch die Lektüre des Studienbuches Einblick in den wissenschaftlichen Diskurs über Sprachförderung und Sprachbildung und können sich Grundlagenwissen zu ausgewählten Aspekten des Themenfeldes aneignen. Mit einer kritisch hinterfragenden, interdisziplinären Perspektive, die dem Studienbuch eigen ist, werden konkrete Vorschläge für die Aus- und Weiterbildung sowie für den eigenen Unterricht verbunden.
Die hier versammelten sprachdidaktischen Beiträge für den Fachunterricht der Fächer(gruppen) Philosophie/Ethik, Geschichte, Politik/Gesellschaftslehre, Geographie, Islamische und Evangelische Religionslehre sowie Wirtschaft zeigen auf, wie Herausforderungen eines sprachförderlichen und sprachlich-bildenden Unterrichts in einzelnen Fächern und spezifischen Jahrgangsstufen bewältigt werden können.
Damit rückt in diesem Studienbuch eine Fächergruppe in den Fokus, für die einerseits Sprache eine besonders große Bedeutung hat und für die andererseits bisher nur verhältnismäßig wenig Literatur zu Sprachbildung und -förderung vorliegt (das gilt weniger für einzelne Fächer wie Geographie, umso mehr aber beispielsweise für die Fächer Evangelische und Islamische Religionslehre, Philosophie/Ethik und Politik/Gesellschaftslehre). Im Folgenden werden sowohl Gemeinsamkeiten dieser Fächer thematisiert, z.B. in Form von Analysen sprachlicher Handlungen, die für sie bedeutsam sind, als auch Spezifika der Fächer und ihrer sprachlichen Anteile in den Blick genommen. Damit leistet das Studienbuch einen wichtigen Beitrag dazu, die Lücke zwischen allgemeinen Einführungswerken zu Sprachförderung und Sprachbildung auf der einen Seite und fachspezifischen Zugängen auf der anderen Seite zu schließen.
Trotz der langen Zuwanderungsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland und umfangreicher Forschungsergebnisse kommt es erst in jüngerer Zeit zu einer breiteren Wahrnehmung und systematischen bildungspolitischen Berücksichtigung der Bedeutung sprachlicher Ressourcen und Kompetenzen für schulische Erfolge. Einen besonderen Einfluss hatten hierbei seit 2001 die Ergebnisse der PISA-Studien der OECD. Vor diesem Hintergrund erfolgt schrittweise eine breiter angelegte Implementierung entsprechender Studieninhalte in bestehende Lehramtsstudiengänge. An vielen lehrkräftebildenden Universitäten und Hochschulen werden inzwischen Grundkenntnisse über die Bedeutung von Sprache für Bildung und Lernen vermittelt, die angehende Lehrkräfte in einer heterogenen Gesellschaft in ihrem unterrichtlichen Handeln unterstützen sollen. Studieninhalte umfassen Grundlagen zu Deutsch als Zweitsprache (DaZ), zu sprachlicher Bildung in der Schule und zum Umgang mit sprachlicher Heterogenität im Fachunterricht. In Entwicklungs- und Forschungsprojekten wurde und wird eine Basis dafür geschaffen, den schulischen Ausbau von bildungssprachlichen Deutschkenntnissen aller Schüler*innen in der Ausbildung von Lehrkräften thematisch zu verankern. Zunehmend werden in allen Phasen der Lehrkräftebildung, von der Universität über das Referendariat bis hin zur Fort- und Weiterbildung, fächerübergreifende sowie fach- und zielgruppenspezifische Ausbildungsangebote zur Förderung von DaZ oder zur Sprachbildung als Querschnittsthema aller Fächer gemacht. Je nach Bundesland unterscheiden sich diese und reichen von verpflichtenden DaZ- bzw. Sprachbildungsmodulen über DaZ-spezifische Leistungspunkte in den Fachdidaktiken und fachübergreifende sowie fachspezifische Seminare bis hin zu breiter angelegten Heterogenitätsmodulen und dem Studium von DaZ als Erweiterungs- oder Unterrichtsfach.
Insgesamt wird gegenwärtig durch die zunehmende Beschäftigung mit Fragen der Sprachförderung und sprachlichen Bildung, auch im Zusammenhang mit Bemühungen um ein inklusiveres Schulsystem, der gesamtgesellschaftlichen Heterogenität stärker Rechnung getragen. Die Bedeutung sprachlicher Entwicklungen im Schulverlauf rückt verstärkt in den Fokus. Vor diesem Hintergrund werden Studierenden und Lehrkräften im Rahmen von Studium, Aus- und Weiterbildung Wissensbestände und Handwerkszeug für den Unterricht in sprachlich heterogenen Klassen mit auf den Weg gegeben. Die Wissensbestände werden um Reflexionsangebote erweitert, mit deren Hilfe sich einer systematischen Benachteiligung sowie der Produktion von Ungleichheiten aufgrund individueller sprachlicher Ressourcen von Schüler*innen im alltäglichen unterrichtlichen Handeln entgegenwirken lässt. In diesem gesellschaftlichen Kontext ist das vorliegende Studienbuch verortet.
Die Kenntnisse und Fähigkeiten, die Lehrkräfte für den Unterricht in sprachlich heterogenen, mehrsprachigen Gruppen benötigen, werden im Idealfall bereits im Studium angelegt und in den weiteren Phasen der Lehrkräftebildung ausgebaut und kontinuierlich reflektiert. Anhand dieses Studienbuches können sich Studierende und Lehrkräfte der geistes- und gesellschaftswissenschaftlichen Fächer die folgenden Gegenstände erarbeiten:
die Bedeutung sprachlicher Fähigkeiten für schulisches Lernen;
sprachliche Heterogenität als gesellschaftlicher und schulischer Normalfall;
Konzepte und Methoden der Sprachförderung und Sprachbildung aus dem akademischen Fach DaZ;
ausgewählte Aspekte des Zweitspracherwerbs des Deutschen;
die Rolle unterschiedlicher Sprachen und deren Verwendungsweisen in der Schule;
ausgewählte sprachliche Anforderungen der geistes- und gesellschaftswissenschaftlichen Fächer;
die bildungs- und fachsprachlichen Herausforderungen von Lehr- und Lernmaterialien;
ein sprachdidaktisches Standardrepertoire, insbesondere Maßnahmen zur Unterstützung der Arbeit an Wortschatz, an Lese- und Schreibkompetenzen im Fachunterricht sowie zur sprachförderlichen Unterrichtskommunikation;
die Bedeutung von Mehrsprachigkeit im schulischen (Fach-)Unterricht;
Möglichkeiten der Adaption und Erweiterung sprachdidaktischer Methoden für verschiedene Fächer unter Berücksichtigung der jeweiligen spezifischen sprachlich-fachlichen Anforderungen.
Das Studienbuch ist in zwei Hauptteile gegliedert: Teil I (Grundlagen) umfasst die beiden umfangreichen Kapitel 1 und 2, die eine fächerübergreifende Perspektive auf Sprachförderung und Sprachbildung in den geistes- und gesellschaftswissenschaftlichen Fächern einnehmen. Die theoretischen Grundlagen werden um Anwendungsbeispiele und fachspezifische Erläuterungen aus der hier fokussierten Fächergruppe ergänzt. In den Kapiteln von Teil II des Studienbuches (Fachdidaktische Perspektiven) werden nach einer Einführung (Kapitel 3) fachspezifische Anwendungen und Umsetzungen von Sprachförderung und Sprachbildung in den Sekundarstufen dargestellt. Von Vertreter*innen der jeweiligen Fachdidaktiken werden Ansätze aus Philosophie/Ethik (Kapitel 4 und 5), Geschichte (Kapitel 6 und 7), Politik/Gesellschaftslehre (Kapitel 8 und 9), Geographie (Kapitel 10 und 11), Islamische Religionslehre (Kapitel 12), Evangelische Religionslehre (Kapitel 13) und Wirtschaft (Kapitel 14 und 15) vorgestellt. Unterrichtspraktische Überlegungen werden theoretisch verortet und auf ihre Übertragbarkeit auf andere Fächer und Schulstufen hin beleuchtet.
Jedem Kapitel des Studienbuches ist eine kurze inhaltliche Übersicht vorangestellt. Definitionen, zentrale Inhalte, ausgewählte Studienergebnisse und Beispiele werden graphisch hervorgehoben. Kapitel 1 und Kapitel 2 werden zudem abschließend kurz zusammengefasst. Die fachdidaktischen Kapitel 4 bis 15 schließen jeweils mit Reflexionsfragen und weiterführenden Literaturhinweisen ab. Das Literaturverzeichnis am Ende des Bandes enthält die gesamte zitierte und referierte Literatur des Studienbuches und stellt damit eine umfangreiche Sammlung für vertiefende sprach- und fachdidaktische, linguistische, migrationspädagogische und erziehungswissenschaftliche Lektüren zum Themenfeld Sprachförderung und Sprachbildung in den geistes- und gesellschaftswissenschaftlichen Fächern der Sekundarstufen dar.
Das Studienbuch führt somit in die Breite und Komplexität des interdisziplinär verhandelten Gegenstandes ein und stellt exemplarisch auch divergierende theoretische Zugänge vor. Lehramtsstudierende und praktizierende Lehrkräfte erhalten für ihre Unterrichtsfächer vielfältige Anregungen für einen reflektierten sprachförderlichen und sprachlich-bildenden Fachunterricht. Darüber hinaus liefert das Studienbuch Grundlagen für die Gestaltung universitärer Lehrveranstaltungen sowie von Fort- und Weiterbildungen.