Teflon Fonfara

Der neue Bahnhof isch fertig

Frau Kächele & Frau Peters unterwegs

Mit Illustrationen von Teflon Fonfara

Teflon Fonfara ist freier Künstler, Gitarrist, Performer und Videomacher aus Stuttgart. Er ist Autor und Produzent verschiedener Comedy-Serien für den Südwestrundfunk und seine Vorgängeranstalten.

Mit seiner Band ASIAN STARS spielt er Elektro-Weltmusik.

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1. Auflage 2020

© 2020 by Silberburg-Verlag GmbH, Schweickhardtstraße 5a, D-72072 Tübingen.

eISBN 978-3-8425-2282-4

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Die Fakten

Frau Kächele & Frau Peters« heißt eine Mundart-Comic-Show, die von Oktober 1986 bis zum Ende des SDR im August 1998 in Radio und TV gesendet wurde. Die wilden »Hefezopf-Weiber« sind die Kult-Figuren und Imageträger vom »Radio für den Wilden Süden« und erschienen pro Woche mit einer oder zwei neuen Ausgaben.

Der Ursprung ist ein Radio-Comic im surrealistischen Umfeld zwischen »Kehrwoche«, süddeutschem Erfinderreichtum und dem unendlichen Verzehr von Hefezopf »mit einem Haufen Butter drin!« (Original-Slogan). Und wenn der Moderator die Kächeles ansagte, wurden in Baden-Württemberg die Radios lauter gedreht.

Teflon Fonfara ist der Erfinder der Kultserie, er schrieb und produzierte über 800 Folgen, spricht alle Figuren selbst (Radio), spielt vor der Kamera beide Damen und zeichnet auch die Comics.

2019 machte er aus »Frau Kächele & Frau Peters« ein Bühnenprogramm, zusammen mit Babs Steinbock, sie spielt die Frau Kächele, Teflon Fonfara ist Frau Peters.

Aufgeführt werden die Originaltexte aus der SDR-Show. Das ist schrille, wilde schwäbische Comedy pur!

www.frau-kaechele.de

Vorwort

Endlich ist es so weit. Hier kommt – als schriftstellerische Leistung getarnt – die Verherrlichung des umstrittenen Bahnhofsprojekts Stuttgart 21. Mit einer schwäbischen Fröhlichkeit sollten wir den Luxus genießen, denn in diesem neuen Gebäude bietet die Bahn bestimmt ein ausgereiftes Unterhaltungskonzept an.

Mit diesen Gedanken sitze ich auf dem Balkon bei einem Kännchen Schwarztee und notiere mir die spannenden Ideen.

Es läutet an der Tür. Ich öffne, und es kommt unerwarteter Besuch. Ich begrüße Frau Kächele. Sie ist eine der beiden wilden Hefezopfweiber. Sie meint, dass Frau Peters, ihre Hefezopf-Partnerin, auch gleich kommen werde. Wir setzen uns auf den Balkon, und natürlich hat sie einen Hefezopf mitgebracht. Während sie ihn aufschneidet, kommt auch schon Frau Peters: »Der Parkplatz war z’ kloi, no han i mi halt a bissle neidruckt, jetzt isch a Blechle heganga!«

In gemütlicher Runde wollen mir die Damen nun verklickern, dass sie bereits über 800 Kurzgeschichten veröffentlicht haben, aber jetzt keine mehr spielen wollen. Die Damen hätten gerne eine lange Story, abendfüllend, etwas Seriöses mit ernsthafter Dramaturgie. Mir fallen vor Schreck die Zibeben aus der Gosch: »Etwas Ernsthaftes?« »Ja«, meint Frau Peters, »möglichst im Samstagabend-Programm!« Also doch nicht ernsthaft, denke ich. Frau Kächele ergänzt, dass sie mit einer Hammer-Story klassische Sendungen wie »Verstehen Sie Spaß?« locker aus dem Abendprogramm kicken könnten. Es müsste halt eine wirklich geile Performance sein.

Ich sage dazu nichts, es klingt ja irgendwie utopisch. Dann machen wir das komplette Hefezöpfle nieder, fett bestrichen mit dem Waldbeeren-Xsälz von Frau Peters. Ich will etwas ablenken, doch die Damen kommen immer wieder auf das Thema zurück: »Mir solltet ebbes macha, was no koiner g’macht hot!«

Da fällt mir der neue Bahnhof ein und ich schlage den Damen vor: »Wenn der Stuttgarter Bahnhof irgendwann fertig ist, könnten Sie von dort nach Ulm fahren und dabei ein Hefezöpfle essen! Das wäre doch eine unglaubliche Story, oder nicht?«

Die Damen schauen mich verstört an, als würden sie denken: Ja, wirklich unglaublich! Und wann wird das sein?

Vollkommen unerwartet packt jetzt auch Frau Peters ein frisches Hefezöpfle aus, das wir in Kombination mit Waldbeeren-Xsälz ebenso komplett niedermachen.

Währenddessen unterhalten wir uns über die futuristischen Möglichkeiten eines neuen Bahnhofs. Frau Kächele meint, das wichtigste Gleis sei das Abstellgleis, weil man hier praktischerweise alles abstellen könne. »Manche bringen ihren Müll, andere bringen altes Fallobst«. Frau Peters entgegnet, bei Sicherheitslücken sollte die Bahn den Gästen ein Ersatz-Schienbein anbieten. Mit Kalauern wie diesen kichern wir uns durch den späten Vormittag.

Inhalt

Kein Einlass ohne Training

Südseeklima mit Schieflage

Eckige Hefezöpfe

Kunst & Kultur im Bahnhof

Die Bahnhofspuffer

Performances mit Delikatessen

Der Volksfest-Raum

Feuchtgebiet im unterirdischen Park

Im Tretboot nach Ulm

Seltsame Begegnung beim Wasserfall

10.000 Zigeunerschnitzel an der Neckarschleuse

Der Akku-Schwarzmarkt vom Neckar

Der Flug zur Wendlinger Kurve

Die Tunnel-Dealer

Harmonie in der Raststätte

Das Warten der Ingenieure

Abenteuer auf Wasserkufen

Technische Tricks im ICE

Im verbotenen Zug

Mystisches Geschehen

Kein Einlass ohne Training

Zwei legendäre schwäbische Figuren, bekannt durch ihren Hefezopf-Enthusiasmus und unzählige Erfindungen wie das »Kehrwochenfrühwarnsystem« oder die »Orgasmusschaukel«, sind unterwegs durch Stuttgart. Sie schlendern bei schönstem Wetter die Königstraße entlang.

Frau Peters:

Gell, Frau Kächele, onser wunderbare Königstroß isch ons erhalta blieba. Eine Einkaufsstroß voller Läben und Kultur.

Frau Kächele:

Jo, Frau Peters, bloß kauft do niemand me ei. Sähn Sie do Leut rumlaufa?

Frau Peters:

Eigentlich net. Vielleicht send die älle beim Vesper?

Frau Kächele:

Do! Frau Peters! Glotze Se! Do isch grad ebber rausglaufa – beim Amazon-Hochhaus.

Frau Peters:

Ond dort drüba standet au drei Leut rom – am Sushi-Eck von Ebay. Ond gegenüber in d’r Parship-Launch den älle zwälf Sekunda die Leut romknutscha.

Frau Kächele:

Des isch bloß virtuell, Frau Peters. Von so äbbes kriagt m’r koine Kender.

Frau Peters:

Ja, das Läben ischt wirklich bunt auf d’r Königstroß.

Frau Kächele:

Es gibt halt leider koine Kinos meh!

Frau Peters:

Aber dafür hot’s an jedem Eck diese herzige Youtube-Ständla, do kosch au einen geselligen Obend verbrenga.

Frau Kächele & Frau Peters schlendern weiter und bewundern diese vielen neuen Läden im Stuttgarter Zentrum.

Frau Peters:

Saget Se mol, Frau Kächele, sähn Sie auch diese ronde G’wächshäuser?

Frau Kächele:

Des isch glaub onser neuer Bohnhof.

Frau Peters:

Waas? So sieht der jetzt aus? Ond was wächst do jetzt?

Frau Kächele:

Koi Ohnung. Vielleicht send des die Vorgärtla vom Bohhofsvorstand?

Frau Peters:

Aber den Turm gibt’s no.

Frau Kächele:

Den wället se demnächst sprenga!

Frau Peters:

Onsern scheena Turm wellat die sprenga? Wegen was wellat die den sprenga?

Frau Kächele:

Des isch wega der Sternwarte. Der Bahnhofsturm wird gsprengt, weil er von dr Uhlandshöhe die Sicht zum Lichterfest am Killesberg versperrt.

Frau Peters:

I dät gern onsern neua Bohhof besichtiga. Isch des möglich, Frau Kächele?

Frau Kächele:

I han gar net g’wisst, dass der scho eröffnet isch.

Frau Peters:

Wo isch der Eigang? Jetzt freu i mi auf unsern neua Bohhof!