Ingrid Walther
Madame Beaumarie
und die Melodie
des Todes
Ein Provence-Krimi
Sämtliche Personen in diesem Roman sind frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit lebenden Personen ist rein zufällig. Von den Schauplätzen des Romans sind einige der Fantasie der Autorin entsprungen, andere sind ganz real. Es bleibt den Lesern und Leserinnen überlassen, den Unterschied herauszufinden.
Florence Beaumarie ließ sich ermattet auf die Bank vor dem großen roten Klavier fallen, dem Instrument, das jedem, der sich halbwegs mit der Bedienung der schwarzen und weißen Tasten auskannte, zur Verfügung stand. Es war die einzige freie Sitzgelegenheit in der Halle des Bahnhofs Gare de Lyon in Paris. Niemandem würde es in der nächsten halben Stunde gelingen, ihr diesen Platz streitig zu machen. Sie hatte im Laufe ihres Lebens mehr als genug Trainingsstunden im Sportstudio von Monsieur Atlas verbracht, um diesen Sitz erfolgreich verteidigen zu können.
Ihr Blick umfing die Menschenmassen, die wie ein vom Sturm gepeitschtes Meer um sie herum wogten. Abgekämpft und gereizt wirkte der Großteil der Leute, was keinesfalls verwunderlich war. Bestimmt war niemand ohne Komplikationen hierhergekommen. Wie so oft in Paris hatte auch heute ein Heer von Streikenden bereits am frühen Morgen die halbe Stadt lahmgelegt. Nur eine alteingesessene und dazu noch besonders krisenfeste Bewohnerin dieser Stadt, wie Florence es zweifellos war, hatte es so früh vor Abfahrt des Zuges bis hierher schaffen können.
Sie stützte sich auf ihren Regenschirm. Den hätte sie jetzt wirklich nicht gebraucht. Nach dem kurzen nächtlichen Gewitterregen war der Himmel über Paris wieder blau wie eine frisch erblühte Glockenblume und die von den Straßenpflastern aufsteigenden Dämpfe kündigten bereits die tropische Hitze an, die die Stadt heute noch heimsuchen würde. Unwillkürlich musste Florence bei der Betrachtung ihres Schirmes den Kopf schütteln. Schon verrückt, dass ihr noch immer so viel daran lag, dass jeder Teil ihrer Garderobe haargenau zum anderen passte. Nein, mit einem x-beliebigen Schirm würde sie sich beim Musikfestival in Avignon nicht blicken lassen. Der weiße Schirm mit seinen schwarzen und orangefarbenen Punkten war ohnedies schon ein Kompromiss und würde noch am ehesten zu ihrer Garderobe passen, die sie in den letzten Tagen genauso sorgfältig für diese Reise ausgewählt hatte, wie sie das am Vorabend eines jeden einzelnen Arbeitstages ihres langen Berufslebens getan hatte. Nur auf diese Weise hatte sie sich für den Ansturm all jener Schrecknisse und Abenteuer gerüstet gefühlt, die einem begegneten, wenn man im Kommissariat des 4. Arrondissements in Paris zeit seines Lebens offiziell die Sekretärin des Chefs, inoffiziell aber jene Person war, die so manchen scheinbar unlösbaren Mordfall aufgeklärt und dafür über die Grenzen des Dienstortes hinaus Anerkennung gefunden hatte. Dass für diese Position nun, da sie in Pension gegangen war, rasch ein Ersatz gefunden werden konnte, war kaum anzunehmen. Immerhin hatte sie sich diese in vierzig Berufsjahren peu à peu erarbeitet. Ihr erster Chef, Kommissar Mordent, hatte in einer Zeit, in der die Stellung eines Kommissars noch ausschließlich Männern vorbehalten war, rasch ihre besonderen Fähigkeiten erkannt und sie nach Kräften gefördert. Jeder in ihrer Dienststelle wusste, dass es aussichtslos war, einen auch nur annähernd gleichwertigen Ersatz für sie zu finden. Würde der Eiffelturm auswandern, könnte man diesen schließlich auch nicht so mir nichts, dir nichts ersetzen.
Apropos Eiffelturm. Direkt vor ihr hatte sich soeben ein Mann aufgebaut, der sie an das berühmte Wahrzeichen ihrer Heimatstadt erinnerte, denn er überragte all die Menschen um sie herum um Haupteslänge. Obwohl sein weißer Anzug bei näherer Betrachtung ein wenig ramponiert wirkte, bot er mit seinem hageren, von feinen Falten durchzogenen Gesicht und seinem langen, silberweißen Haar, das er im Nacken zurückgebunden hatte, einen interessanten und eleganten Anblick.
Jetzt hob er seinen Zeigefinger und richtete ihn direkt auf Florence. „Dieser Platz ist einem Pianisten vorbehalten, Madame. Ich darf Sie bitten, ihn für mich frei zu machen.“
Florence musste laut lachen. „Monsieur, Sie glauben doch nicht, dass hier im Augenblick irgendjemand an einer Beethoven-Sonate interessiert sein könnte. In fünfzehn Minuten muss ich zu meinem Zug und dann wird der Platz für Sie frei sein und Sie können den ganzen Tag hier sitzen und Ihr Talent demonstrieren.“
„In fünfzehn Minuten, Madame, muss ich auch zum Zug, aber ich bin gerade durch halb Paris gerannt und muss mich sofort setzen, sonst klappe ich zusammen. Dieser verdammte Streik …“
Florence unterdrückte das Mitleid, das sie beim Anblick der leicht schwankenden Gestalt erfasst hatte. „So wie Sie sich halten, Monsieur, werden Sie tatsächlich nicht lange stehen können. Also – Beine etwas weiter auseinander, Fersen und Zehenballen fest gegen den Boden drücken, Schultern zurück und ruhig aus- und einatmen!“
Ihre klare, dunkle Stimme, in der ein Hauch von Amüsement mitschwang, verfehlte die gewohnte Wirkung nicht. Es war, als hätte sie ihrem Gegenüber einen Anker zugeworfen, denn schon folgte er ihren Anweisungen und schien sogleich etwas fester und entspannter zu stehen. Florence öffnete ihre Tasche, nahm eine kleine Plastikdose heraus und überreichte ihm einen Riegel aus Trockenfrüchten, Haferflocken und Sesam. „Stärken Sie sich ein wenig, Monsieur! Das Zeug ist selbstgemacht und wird Ihnen guttun.“ Mit einem gemurmelten „Merci, Madame“ nahm er die Gabe in Empfang, biss sofort hinein, und als er sich gleich darauf in Richtung Bahnsteig entfernte, lag tatsächlich ein kleines Lächeln auf seinen Lippen. Sie blickte ihm nach, bewunderte seinen teuer aussehenden Koffer aus rötlichem Leder und dachte sich, dass es doch gut gewesen sei, ihren Platz zu behaupten. Schließlich hatte sie schon eine umständliche Anreise hinter sich, war nicht mehr die Jüngste und eine Vertreterin des zarteren Geschlechts, auf das Männer nun einmal Rücksicht zu nehmen hatten.
Als sie eine gute halbe Stunde später im Schnellzug Richtung Avignon Platz genommen hatte und die Landschaft Frankreichs in verwischten Farbtönen an ihr vorbeiflitzte, konnte sie endlich entspannt aufatmen. Wie sehr hatte sich das Zugfahren doch seit ihrer Kindheit verändert! In den Fünfzigerjahren war sie jeden Sommer mit dem Zug zu ihrer Oma in das zu jener Zeit noch idyllische Montfermeil gefahren. Damals konnte man noch alle Fenster öffnen, um sich den Fahrtwind um die Nase wehen zu lassen. In nostalgische Kindheitserinnerungen versunken, nahm sie ihre Mitreisenden erst allmählich wahr. Eine langweilige Bande schien das zu sein. Fast jeder hatte Kopfhörer auf und die Augen auf irgendein elektronisches Gerät geheftet. Nur das junge Mädchen ihr direkt gegenüber, eine ganz reizende Elfe, las altmodisch in einem Buch. In ihrer schulterfreien Bluse würde sie sich bestimmt noch eine Erkältung holen, dachte sich Florence in einer Aufwallung mütterlicher Gefühle, denn die Klimaanlage lief auf höchsten Touren. Natürlich trug auch die Elfe Kopfhörer, vermutlich nur als Schutz vor dem störenden Geschwätz anderer Passagiere. Die Kopfhörer waren himmelblau und halb in die Stirn gerutscht, denn am Kopf thronte ein mit einem Gummiband zusammengehaltener Knoten aus widerspenstigen dunklen Locken.
Gerade jetzt schaute die Elfe von ihrem Buch auf und musterte Florence. Als diese ihren Blick erwiderte und lächelte, überzog sich das blasse Gesicht mit einem Hauch von Röte und sie nahm ihre Kopfhörer ab.
„Entschuldigen Sie, Madame“ – ihre Stimme klang robuster, als Florence es von einer Elfe erwartet hatte – „ich musste einfach Ihre Jacke bewundern. So etwas Elegantes habe ich auf einer Fahrt von Paris nach Avignon schon lange nicht mehr gesehen. Die meisten Reisenden hier tragen furchtbar langweilige Klamotten.“ Sie blickte an sich hinunter. „Ich ja auch, wie ich zugeben muss. Aber so wie Sie sich kleiden, das finde ich viel interessanter.“
„Sie interessieren sich für Mode?“ Florence schnappte nach dem ersten Gesprächshäppchen. „Habe ich vielleicht eine zukünftige Modeschöpferin vor mir?“
„Oh nein“, die Elfe klang beinahe entrüstet, „dazu habe ich bestimmt kein Talent, und ehrlich gesagt interessiere ich mich normalerweise auch nicht besonders für Mode.“ Florence vermeinte aus dieser Antwort ein wenig Enttäuschung herauszuhören und folgte dem Impuls, der jungen Dame etwas Freundliches zu sagen.
„Wenn ich in meiner Jugend so eine hübsche Mademoiselle wie Sie gewesen wäre, hätte ich es wohl auch nicht nötig gehabt, mir allzu viele Gedanken über meine Garderobe zu machen.“
Jetzt errötete die Elfe gleich noch einmal. „Sehr freundlich von Ihnen, Madame, aber bei einer Musikstudentin kommt es weniger auf die Schönheit als auf den Fleiß und das Können an.“
Florence folgte dem Blick der jungen Frau in Richtung Gepäckablage, wo ein großer, knallroter und seltsam geformter Koffer lag. „Meine Trompete“, erklärte die Elfe, „ich habe gerade mein letztes Studienjahr am Pariser Konservatorium abgeschlossen.“
Florence freute sich. Ihre allererste Reise zu einem Festival für klassische Musik hätte nicht besser beginnen können. Dass sie schon im Zug einer echten Musikerin begegnete, war ein gutes Omen für ein Unternehmen, das den Auftakt zu einer neuen Lebensphase bilden sollte. Eigentlich hatte ihre Begegnung mit diesem Möchtegern von Pianisten am Pariser Bahnhof auch schon ganz gut dazu gepasst.
Sie ließ ihrer Neugier freien Lauf und begann die junge Dame nach ihren Interessen und Lebensumständen auszufragen. Weil sie dabei jene superfreundliche Verhörtechnik anwandte, mit der sie im Kommissariat oft den verstocktesten Übeltätern ihre Geheimnisse entlockt hatte, dauerte es nicht lange, bis sie bald so ziemlich alles über die Trompete spielende Elfe wusste, die Chantal Florentin hieß und aus Avignon stammte.
Florence hatte nicht von ungefähr Avignon als Ziel ihrer Reise gewählt. Innerhalb der Landesgrenzen wollte sie schon allein deshalb bleiben, weil sie einer anderen Sprache als Französisch bedauerlicherweise nicht mächtig war, und von einer Reise in den Süden hatte sie schon immer geträumt. Ausschlaggebend war schließlich, dass gerade in diesem Jahr in Avignon erstmals ein kleines, feines Festival stattfinden sollte, das der Barockmusik gewidmet war. Der Initiator dieses Festivals war der berühmte und gefeierte Dirigent Stephan Lemercier. Es war ausgerechnet Lemercier, der vor einigen Jahren mit der konzertanten Aufführung von Händels Oper Xerxes im Pariser Théâtre des Champs-Élysées Florences Leidenschaft für die barocken Klänge geweckt hatte. Lemercier schien sich jedoch mit seinem Konzept eines Barockmusik-Festivals in Avignon bedauerlicherweise nicht nur Freunde geschaffen zu haben, wie Florence den Zeitungen entnommen hatte. Vor allem die Verantwortlichen des bekannten Theaterfestivals, das zur selben Zeit stattfinden sollte, schienen Lemercier als störenden Konkurrenten um die Aufmerksamkeit des Publikums zu betrachten und hatten lange, aber zum Glück vergeblich versucht, das Musikfestival zu verhindern.
Ihre neue Reisebekanntschaft hatte bereits im Zugabteil darauf bestanden, sie zu ihrem Ferienquartier zu begleiten, und ihr davon abgeraten, mit dem Taxi zu fahren.
„Wir fahren zusammen mit dem Bus, Madame“, hatte sie vorgeschlagen, „und dann begleite ich Sie das letzte Stück. Der Fußweg ist nicht lang und beginnt an der Stadtmauer, aber die Taxifahrer kurven gerne durch die halbe Stadt, um möglichst viel Geld aus den Touristen herauszuholen.“
Als sie auf ihrem Weg an einer großen Plakatwand vorbeikamen, blieb Chantal Florentin, die ihren roten Instrumentenkoffer auf dem Rücken trug und einen großen schwarzen Reisekoffer hinter sich herzog, plötzlich stehen.
„Was sagen Sie dazu, Madame? Hier ist kein einziges Plakat vom Barockmusikfestival zu sehen. Das gibt es doch gar nicht!“
Das Festival war mittlerweile zu ihrer gemeinsamen Angelegenheit geworden, denn noch während der Zugfahrt hatte Florence erfahren, dass Chantal für die Aufführung von Marc-Antoine Charpentiers selten aufgeführter Oper Médée nach dem Ausfall einer Trompete als Substitutin verpflichtet worden war. Gemeinsam musterten sie die großen Theaterplakate und entdeckten, dass unter einem ein kleiner Zipfel Rot und Gold hervorlugte. Florence streckte ihre Hand aus und löste ein Stück vom Theaterplakat ab, bis darunter tatsächlich ein rot-goldenes Konzertplakat zum Vorschein kam.
„Was fällt Ihnen ein! Das ist Vandalismus!“
Erschrocken drehten sich die beiden Frauen um. Die strenge Miene des noch recht jungen Polizisten, der unbemerkt hinter ihnen aufgetaucht war, hellte sich beim Anblick der Elfe wieder auf.
„Oh, du bist es, Chantal! Wieder mal zurück in der alten Heimat?“
„Wie du siehst, Pierre.“ Sie setzte eine empörte Miene auf. „Kannst du mir bitte erklären, warum die Plakate für das Barockmusikfestival, bei dem auch ich mitspielen werde, mit diesen Theaterplakaten überklebt wurden?“
Der Polizist errötete und schaute schuldbewusst. Chantals hübsches Gesicht hatte einen verkniffenen und herausfordernden Ausdruck angenommen und ihr Gegenüber beeilte sich mit der Antwort:
„Mit diesem Barockfestival gibt es nur Ärger. Es ist auch so schon genug los in der Stadt wegen des Theaterfestivals, aber diesen Lemercier stört nicht nur der Autolärm, sondern sogar das Geläute der Kirchenglocken während einer Aufführung. Großräumig absperren sollen wir den Platz vor der Kirche, damit eine adäquate Kulisse für die Konzerte geschaffen wird! Er ist eine Nervensäge. Ständig taucht er bei uns auf dem Revier auf und bringt eine Beschwerde vor. Nichts scheint ihm zu passen. Wir hätten sein Event wirklich nicht gebraucht!“
Während Florence sich der Betrachtung der kleinen Szene hingab, die sich vor ihr entfaltete, trat Chantal zur Verteidigung ihres Festivals an.
„Übertreib nicht, Pierre! Monsieur Lemercier ist ein supernetter Typ, aber in dieser Stadt werden ja jedem, der von außen kommt und der etwas anderes als das Gewohnte will, Prügel zwischen die Beine geworfen.“
„Von wegen Prügel, Chantal. Gestern hat mir meine Maman, die als Statistin im Theater arbeitet, erzählt, dass sich Gabriel Perou, der Regisseur, der gerade ein Bühnenstück für das Theaterfestival in der Opéra Grand Avignon vorbereitet, ständig über Lemercier beklagt. Beide proben gleichzeitig im Operntheater und müssen sich auf der Haupt- und Probebühne abwechseln. Dauernd gibt es Streit. Die Hauptschuld, sagt Maman, liegt aber bestimmt bei diesem Lemercier. Er bezeichnet die Arbeit von Perou als Mist und wirft ihm vor, dass er von wahrer Schönheit nichts verstehe.“
Florence lauschte dem Wortgefecht gespannt. Es dauerte jedoch nicht lange, bis der Polizeibeamte gegenüber der zunehmend erregteren Musikerin den Rückzug antrat.
„Nichts für ungut, Chantal. Ich finde es ganz toll, dass du bei der Oper spielen wirst. Vielleicht werde ich sie mir sogar ansehen. Du musst aber auch uns verstehen. Die Polizeistation von Avignon ist chronisch unterbesetzt und da können wir auf diese unnötigen Einsätze, die Lemercier verlangt, wirklich verzichten.“
„Schon gut, Pierre. Ich glaube trotzdem, dass ihr Monsieur Lemercier Unrecht tut! Seine Ansprüche bestehen sicher zu Recht und seine Aufführungen sind einfach große Klasse! Nicht wahr, Madame Florence?“
Mit ihrer offenen Hand zeigte sie auf den Polizisten.
„Darf ich Ihnen Pierre Caspari vorstellen, Madame? Er ist – wie man hört und sieht – ein aufrechter Kämpfer für Recht und Gerechtigkeit. Wir sind miteinander in die Schule gegangen. Pierre, Madame Florence Beaumarie ist eine große Kunstkennerin aus Paris und extra wegen des Barockmusikfestivals angereist.“
„Dann sind Sie wohl so etwas wie eine Musikkritikerin, Madame! Es tut mir leid wegen vorhin. Ich wusste noch nichts von den überklebten Plakaten.“
„Wie herrlich!“, dachte Florence amüsiert. Drei Wochen nach ihrer Abschiedsfeier war sie in den Augen eines jungen Polizisten bereits zur Pariser Musikkritikerin avanciert. Ihre neue Lebensphase ließ sich interessant an.
„Nein, Monsieur, Musikkritikerin bin ich nicht. Ich bin aber sehr an Musik interessiert. Was Monsieur Lemercier betrifft, muss ich Mademoiselle unbedingt recht geben. Er ist einer der größten französischen Dirigenten und überdies ein inspirierender Regisseur des barocken Musikdramas. Ich könnte mir vorstellen, dass seine Beschwerden gerechtfertigt sind.“
Sie wandte sich an Chantal: „Kommen Sie, Chantal! Höchste Zeit, dass ich in meine Unterkunft komme. Wir dürfen den Arm des Gesetzes nicht weiter bei seiner Dienstausübung stören.“
Mit einem „au revoir“ trennte man sich, ohne dass eine polizeiliche Amtshandlung stattgefunden hätte.
Bald darauf standen Florence und Chantal vor dem blau gestrichenen Tor eines Hauses in der Rue des trois faucons, das als Teil einer Reihe alter Stadthäuser von außen weder als Hotel noch als Pension zu erkennen war.
„Sind Sie sicher, Madame, dass das die richtige Adresse ist? Gerade diese Ecke von Avignon ist in der Nacht etwas unsicher!“
„Keine Sorge. Ich habe mir das Haus bereits im Internet angesehen und erkenne dieses Tor. Ich kann schon auf mich aufpassen. Schauen Sie, was für ein schöner alter Türrahmen das ist!“
Florence beugte sich vor und inspizierte die drei kleinen Messingschilder neben den Klingelknöpfen.
„Ach – und hier steht es ja: B&B Ciel Bleu. Ich bin genau richtig! Sie können mich jetzt wirklich allein lassen, liebe Chantal. Ich sehe Sie ja übermorgen bei der Aufführung der Médée. Ich habe eine Karte in der dritten Reihe und werde Ihnen zuzwinkern.“
„Nein, Madame, nicht nur zwinkern. Treffen wir uns doch in der Pause vor dem Bühnenaufgang!“
„Aber gerne, Chantal. Das wird ja dann ein ganz besonderes Erlebnis für mich. Jetzt aber los. Sie haben schon viel zu viel Zeit für mich geopfert. Ihr Herr Papa wird sich Sorgen machen. Au revoir und bis bald!“
Mit einer Zuneigung, die sie selbst überraschte, blickte sie der fragil wirkenden Gestalt nach, die in einer engen Straße verschwand. Es hätte ihr gefallen, eine solche Tochter zu haben! Chantal hatte ihr erzählt, dass sie hier in Avignon bei ihrem Vater wohnen würde. Sie war sein einziges Kind. Ihre Mutter hatte sich schon vor vielen Jahren mit einem anderen Mann in Richtung Paris verabschiedet und Chantal war bei ihrem Vater geblieben.
Florence drückte den blauen Klingelknopf. Sofort ertönte von innen ein lautes Bellen. Sie zuckte zusammen. Hunde konnte sie nicht leiden. Eine Narbe auf ihrem Kinn zeugte bis heute von einem schrecklichen Erlebnis in ihrer Kindheit. Der Hund, der sie damals gebissen hatte, gehörte der Concierge in ihrem Wohnhaus und trotz der Beschwerde ihrer Maman hatte sie den Hund behalten dürfen – und die kleine Florence hatte sich noch jahrelang vor ihm gefürchtet.
Als sich das blaue Tor öffnete, trat Florence vorsichtshalber drei Schritte zurück. Eine kleine, weißhaarige Dame in einem geblümten Kleid und ein riesiger schwarzer Köter, der glücklicherweise an einer kurzen Leine gehalten wurde, standen vor ihr.
„Madame müssen Florence Beaumarie sein. Bitte haben Sie keine Angst, der Hund tut keinem etwas zuleide. Er ist wie ein Lamm. Ich weiß, alle Hundebesitzer behaupten das von ihrem eigenen Hund, aber bei meinem ist es wirklich so. Sie werden ihn mögen und Ihr Zimmer auch. Es hat ein großes Fenster in den blauen Himmel hinauf. Deshalb heißt mein Bed-and-Breakfast Ciel bleu. Sie wohnen im fünften Stock und es gibt sogar einen Lift. Ich wohne im Erdgeschoss und bin sozusagen die Concierge. Wenn Sie mögen, kann ich Ihnen das Frühstück hier im Hof servieren. Der Hund ist im Hof immer an der Leine. Ja, und ich bin natürlich Madame Robert. Kommen Sie doch herein! Es wird Ihnen hier gefallen.“
Florence hatte den Hund schon fast vergessen. Fasziniert blickte sie die kleine Dame an. Die Worte waren wie ein flinkes Bächlein aus ihrem Mund hervorgesprudelt und Florence ahnte, dass die Quelle dahinter unversiegbar war. Überwältigt reichte sie ihrer Vermieterin die Hand. Sie betraten einen kühlen Flur, Madame Robert schubste den Hund durch eine Tür mit der Aufschrift „Concierge“ und gleich darauf schwebten sie in einem winzigen Lift nach oben.
Endlich allein, ließ Florence sich ermattet in einen blauen Ohrensessel fallen, der einladend mitten in ihrem Zimmer stand. Sie dachte sich, dass sie in den letzten Stunden eigentlich gar nicht viel gesprochen, aber sehr viel erfahren hatte. Waren die Leute hier im Süden gesprächiger als in Paris? Dort dauerte es oft lange, bis man mehr von den Menschen erfuhr, die einem täglich über den Weg liefen. Ihr war es immer recht so gewesen. Im Berufsalltag war dies ohnehin anders und am Abend hatte sie die Stille ihrer in einem idyllischen Hinterhof gelegenen Wohnung zu schätzen gewusst. Je älter sie wurde, desto mehr hatte es sie nach dem abendlichen Alleinsein verlangt. Das allerdings hätte im Kommissariat niemand von ihr gedacht, denn dort galt sie als Kommunikationsgenie. Eine Fähigkeit, die auch ihren Preis hatte. Je mehr sie sich während der Arbeit auf ihr jeweiliges Gegenüber einließ, desto mehr brauchte sie später ihre Ruhe. Außer mit ihrer Maman und mit ihrem Sohn Michel, der längst über alle Berge war, hatte sie nie mit jemand anderem zusammengelebt.
Mit ihrem Ferienquartier war sie jedenfalls zufrieden. Der Raum war groß und wunderbar altmodisch eingerichtet. Eine große Kommode mit fünf Laden, ein Schreibtisch samt einem mit Leder gepolsterten Sessel sowie zwei Lehnstühle, einer davon mit Fußschemel. Vom ciel bleu, der dem kleinen Hotel seinen Namen gab, war momentan allerdings nichts zu sehen. Die ebenfalls blauen Jalousien ließen nur wenig Licht herein. „Bitte lassen Sie die um diese Tageszeit unbedingt geschlossen“, hatte Madame Robert gesagt, „sonst wird es furchtbar heiß im Zimmer.“
Apropos Tageszeit! Wie spät mochte es eigentlich sein? Florence hatte normalerweise einen untrüglichen Zeitsinn und trug keine Uhr, aber auf dieser für sie ungewohnt langen Reise war ihr Zeitgefühl komplett durcheinandergeraten. Sie holte ihr Mobiltelefon aus der Umhängetasche. Schon fünf Uhr nachmittags! Kein Wunder, dass sie langsam wieder hungrig wurde. Einen Moment lang wusste sie nicht, was sie tun sollte: essen, duschen, Koffer auspacken oder schlafen? Sie musste ihre Gedanken ordnen. „Essen, duschen, essen, schlafen, essen, duschen“, schwirrte es durch ihren Kopf. Es dauerte nicht lange und sie war in ihrem Lehnsessel eingeschlafen.
Als ihr Kopf von der Lehne rutschte und nach vorne fiel, schreckte sie hoch. Durch ihren Schlaf waren gerade noch unzählige Konzertplakate gewirbelt, die immer bedrohlichere Formen angenommen und sich wie eine riesige dunkle Wolke auf ihr niedergelassen hatten. Obwohl sie nicht abergläubisch war, konnte sie sich des Gefühls nicht erwehren, dass sie hier in dieser Stadt nicht nur Gutes erwartete. Wie versteinert blieb sie sitzen und schaffte es nicht, sich zu bewegen. Nach diesem Traum fühlte sie sich niedergeschlagen und lustlos.
„Ach was“, sagte sie sich schließlich. „Du hast nur zu lange geschlafen.“ Endlich erhob sie sich und ging zum Fenster. Auf Knopfdruck fuhren die schmalen Lamellen der Jalousie nach oben und gaben ein Stück blauen Himmels frei. Florences Aussichtspunkt lag über den Dächern. Auf dem Platz unter ihr entdeckte sie ein Lokal, vor dem einige Leute an kleinen Tischen saßen. Vielleicht konnte man da etwas essen. Sie schlüpfte in ein frisches T-Shirt und machte sich auf den Weg nach unten. Zu ihrer Erleichterung begegneten ihr am Weg hinaus weder der Hund noch seine Besitzerin. Das Lokal am Platz entpuppte sich als eine Bar, in der es nichts zu essen gab. In einer Seitenstraße entdeckte sie jedoch ein winziges marokkanisches Restaurant, in dem man ihr die beste Lamm-Tagine servierte, die sie jemals verspeist hatte. Als sie eineinhalb Stunden später beglückt von dieser wunderbaren Mahlzeit ihr Quartier betrat, war ihre Welt wieder in Ordnung.
Madame Robert hatte den Frühstückstisch im Innenhof gedeckt. Am Morgen war es dort noch einigermaßen kühl, eine hohe Platane spendete Schatten und das niedrige Holzpodest, auf dem die Tische standen, wurde von mehreren mit Lavendel und Rosen bepflanzten Blumenkästen gesäumt. Schon beim Aufstehen hatte Florence sich vorgenommen, die sprudelnde Quelle von Madame Roberts Wortreichtum durch ihre eigene morgendliche Schweigsamkeit einzudämmen. Es stellte sich jedoch heraus, dass Madame ohnedies mit den Frühstücksvorbereitungen beschäftigt war, die sie – wie es aussah – ohne zusätzliche Hilfe bewältigte. Florence war jedenfalls der erste Gast und durfte sich einen Platz aussuchen. Sie konnte es sich dennoch nicht verkneifen, ihrer quirligen und freundlichen Gastgeberin, die sie am Vorabend nicht mehr zu Gesicht bekommen hatte, eine Frage zu stellen.
„Wie viele Zimmer vermieten Sie denn eigentlich, Madame?“
„Gute Frage! Das hängt davon ab, ob gerade einer meiner fünf Söhne zu Besuch ist und von mir verwöhnt werden will. Wenn alle fünf da sind, kann ich natürlich nichts vermieten, aber meine Söhne wissen, dass sie mir das früh genug ankündigen müssen. Gleich nach Ihrer Abreise kommt Pascal, mein Jüngster, und dann ist Ihr schönes Dachzimmer schon mal weg. Sie müssen wissen, Madame, dass dieses Zimmer einmal ein Teil unserer großen Maisonnette war. Nach dem Tod meines Mannes habe ich alles umbauen lassen und bin in die Wohnung hinuntergezogen, in der es früher eine Concierge gab. Gott sei Dank hat mein Alain – Gott hab ihn selig – gut verdient und ich habe als pensionierte Lehrerin auch eine Rente. Ich habe schon immer von einem kleinen Hotel geträumt und diesen Traum habe ich mir mit meinem B&B erfüllt. Es ist doch schön geworden, nicht wahr?“
Florence beeilte sich, ihr zuzustimmen. Nun wollte sie wirklich in Ruhe ihren Kaffee trinken. Madame Robert, an diesem Morgen mit rüschenbesetzter Schürze, verschwand in Richtung Küche, war aber bald darauf wieder da. Sie schob einen Servierwagen vor sich her, der mit Köstlichkeiten geradezu überladen war. Als Erstes stellte sie ein Tablett auf den Tisch, auf dem sich eine ganze Kompanie kleiner Gläser mit Konfitüren versammelt hatte, die mit handgeschriebenen Etiketten versehen waren. Es folgten eine große Kanne Kaffee, ein Krug Milch, Brot, Butter, Schinken, Käse, frische Feigen und Aprikosen und schließlich ein großer Korb mit verführerisch duftendem Brot und Brötchen. All das wurde von einem weiteren Wortschwall Madames begleitet, die jede einzelne Marmelade und deren Herkunft erklärte. Einer ihrer Söhne besaß nämlich ein Landhaus in der Nähe von Lourmarin, und die Schwiegertochter, die in ihren Augen sonst nur über wenige Talente verfügte, hatte alles selbst hergestellt.
Glücklicherweise musste sie ihre Erklärungen abrupt abbrechen, weil ein weiteres Gästepaar erschienen war, das an einem der Nebentische Platz nahm.
Florence atmete auf. Sie war froh, dass sie den Tisch für sich alleine hatte, und widmete sich dem Studium der ihr dargebotenen Delikatessen. Dieses Frühstück unterschied sich deutlich von dem, was sie sonst gewohnt war. Die Croissants, die sie in Paris alltäglich am Weg zur Arbeit im Café Deux Artistes samt einem Café au lait zu sich nahm, fehlten hier gänzlich. Das Frühstück war jedenfalls eine gute Gelegenheit, auch diesbezüglich etwas Neues auszuprobieren, denn schließlich hatte sie sich für ihr neues Dasein die größtmögliche persönliche Flexibilität verordnet.
Nach dem Frühstück machte sie sich unverzüglich auf den Weg in die Stadt. Es war noch früh und in den verwinkelten Gassen ging es ruhig zu. Die beiden berühmtesten Sehenswürdigkeiten von Avignon – den Papstpalast und die Brücke – ließ sie vorerst links liegen und strebte stattdessen dem Ort zu, an dem das erste ihrer Konzerte stattfinden sollte. Wie auch sonst in ihrem Leben musste sie sich zu allem und jedem ihren höchst persönlichen Zugang verschaffen. „Dieses Kind hat seinen ganz eigenen Kopf“, hatte die Lehrerin schon nach dem zweiten Schultag zu Florences Mutter gesagt – und das war nicht wirklich freundlich gemeint gewesen. Sie war nur die Erste einer Reihe von Erziehungspersonen, die versucht hatten, den Kopf des ungewöhnlichen Kindes nach eigenen Vorstellungen zurechtzurücken. Erfolglos, wie sich herausstellte.
Dieser Kopf trug heute eine weiße Schirmkappe über widerspenstigen, rötlichbraunen Locken. Es war Juli und Florence musste sich vor der Sonne schützen. Schon gestern Abend hatte sie sich dazu das fliederfarbene Leinenkleid herausgesucht, das in einem gewissen Gegensatz zu der sportlichen Kopfbedeckung und ihren robusten Sandalen stand. Florence liebte Gegensätze, sie hatten etwas Erfrischendes und Anregendes.
Ausgerüstet mit einem guten Orientierungssinn und einem Stadtplan marschierte sie beschwingt in Richtung ihres ersten Zieles und schon nach fünfzehn angenehmen Gehminuten trat sie aus einer der kühlen und schattigen Gassen auf einen Platz, den das Sonnenlicht gerade frisch erobert hatte. Was für ein Anblick! Das musste das berühmte Licht des Südens sein! Es sah aus, als seien die Häuserfassaden, die Bäume und die Kirche mit einem Gespinst von allerfeinstem, leuchtendem Himmelsstaub überzogen.
Sie gab sich der Betrachtung dieser göttlichen Inszenierung hin und entdeckte bald ein rot-goldenes Plakat, das an der Kirchentür prangte. Hier hatte sich niemand getraut, es zu überkleben, denn hier sollte heute Abend das Eröffnungskonzert stattfinden. Ob man jetzt schon in die Kirche hineinkonnte? Nein, das Tor ließ sich nicht öffnen. Gerade als sie sich wieder abgewandt hatte, drehte sich knarrend ein Schlüssel. Neugierig wandte sie sich um. Die Tür war offen und vor ihr stand ein mittelgroßer Mann in einem kurzärmeligen, blauweiß-karierten Hemd und langen hellen Baumwollhosen. Ein dichter Haarkranz umgab eine kleine Glatze und auf seiner Nase saß eine sehr blaue und sehr modische Brille, durch die er Florence überrascht, aber freundlich anblickte.
„Bonjour, Madame! Kommen Sie schon zur Probe? Sind Sie ein Mitglied des Orchesters?“
Florence überlegte rasch. Die Gelegenheit, ihrem Lieblingsdirigenten beim Proben zuzuschauen, durfte sie sich nicht entgehen lassen. Als Orchester- oder Chormitglied konnte sie sich nicht ausgeben, aber ob sie als eine ganz gewöhnliche Besucherin zugelassen würde? Chantal fiel ihr ein und blitzartig entschloss sie sich zu einer Notlüge.
„Ich bin wohl ein wenig zu früh dran. Nein, Orchestermitglied bin ich nicht. Ich komme aus Paris und treffe hier eine meiner Musikschülerinnen. Sie spielt zum ersten Mal in diesem Orchester mit und hat mich zur Probe eingeladen.“
Erst jetzt bemerkte Florence ein kleines Kreuz an der Brusttasche ihres Gegenübers. Dann gehörte er wohl nicht zu den Leuten vom Festival, sondern war ein Vertreter der Kirche.
„Aha! Sie wissen aber schon, dass Sie um einiges zu früh dran sind? Die Probe beginnt ja erst um zehn. Da haben Sie noch mehr als eine Stunde Zeit!“
„Ja, das weiß ich. Ich kenne mich in Avignon nicht aus, daher wollte ich erst meinen Weg hierher finden und dann noch in der Nähe einen Kaffee trinken, mein Frühstückskaffee war mehr als schwach. Könnten Sie mir vielleicht ein Lokal empfehlen?“
„In unmittelbarer Nähe leider nicht. Einen akzeptablen Kaffee bekommen Sie bei Patrick und der ist etwa zehn Gehminuten von hier entfernt. Sie können aber gerne auch in unserem kleinen Pfarrsaal einen trinken. Bei uns bekommen Sie einen ausgezeichneten Kaffee. Sie haben Glück: Ich bin nicht nur der Pfarrer dieser kleinen Gemeinde, ich bin auch Kaffeeliebhaber und als solcher habe ich eine Espressomaschine angeschafft. Ich lade Sie ein.“
Florence hatte ein strategisches Problem. Dass sie dem Pfarrer eine Lüge aufgetischt hatte, war ihr bereits unangenehm. Wenn sie seine Einladung annahm, musste sie ihn weiterhin anlügen. Wenn sie aber jetzt wegging, würde sie womöglich nicht mehr zur Probe in die Kirche eingelassen werden. Nach einem kurzen Stoßgebet akzeptierte sie die Einladung des Pfarrers. Während sie an seiner Seite das prächtige Bauwerk umrundete, begann sie ein Gespräch, denn sie wollte ihn von weiteren Fragen zu ihrer Person abhalten.
„Die Kirche ist wunderschön“, sagte sie, „und auch der Platz davor – so still und friedlich.“
„Das ist er aber nur heute“, antwortete der Pfarrer. „Monsieur Lemercier hat nämlich darauf bestanden, dass die ganze Umgebung für den Autoverkehr gesperrt wird. Wie er das bei der Stadtverwaltung durchgesetzt hat, ist mir ein Rätsel. Die Anrainer haben jedenfalls keine Freude, wenn sie nicht zufahren können. Der Platz ist allerdings viel schöner ohne Autos. Na ja, solange neben dem Chauffeur des Dirigenten auch noch mir und meinem alten Saab die Zufahrt gestattet ist, soll es mir recht sein. Ich bin nämlich ein Saab-Fan, müssen Sie wissen.“
Er deutete auf das türkisfarbene Prachtexemplar eines schon in die Jahre gekommenen Autos, das neben einem grauen Mercedes schräg gegenüber der Kirche geparkt war.
Florence schaute ihn verwundert an: „Eine recht ungewöhnliche Leidenschaft für einen geistlichen Herrn, wenn ich so sagen darf!“
„Da haben Sie schon recht, Madame. Ich habe den Wagen wirklich sehr günstig von meinem Bruder kaufen können. Der hat die Autowerkstatt unseres Herrn Papa geerbt. Der Chauffeur von Lemercier war von diesem Modell auch ganz angetan.“
Florence nickte. „Das kann ich mir vorstellen. So einen bildschönen Wagen sieht man heute nur noch selten.“
Sie waren kurz stehen geblieben und betrachteten das Auto. Als sie weitergingen, kam Florence wieder auf den Dirigenten zu sprechen. „In einem Interview hat Lemercier einmal gesagt, dass er nicht nur die Musik, sondern auch die Stille sehr schätzt. Wahrscheinlich hat er sich deshalb eine autofreie Zone um die Kirche herum gewünscht. Bei ihm darf ja auch erst am Ende eines Konzertes und nicht zwischen den Stücken geklatscht werden. Ich habe schon einmal erlebt, dass er einen hustenden Mann im Publikum beschimpft hat.“
„Das würde zu ihm passen.“ Der Pfarrer nickte zustimmend. „Von mir hat er verlangt, dass ich ihm für die Dauer der Konzerte die Sakristei samt Schlüssel zur Verfügung stelle, damit er sich in aller Stille auf jede Aufführung vorbereiten kann. Ich habe für die Zeit der Proben und der Aufführungen alle Messen in die Taufkapelle verlegen müssen. Ach ja, und die Burschen, die vor der Kirche gerne mit ihren Skateboards auf- und abfahren, hat er auch erfolgreich in die Flucht geschlagen.“
Der Pfarrsaal befand sich hinter der Kirche. Der Zugang führte durch einen imposanten Innenhof samt Kreuzgang aus dem 14. Jahrhundert, der jetzt aber seltsam aus der Achse geraten wirkte. Wie der Pfarrer erklärte, habe einer seiner Vorgänger unmittelbar nach dem Zweiten Vatikanum diesen schönen Ort durch einige Zubauten, die dem Gemeindeleben nützlich waren, verschandelt. Monsieur Lemercier, ein Ästhet von echtem Schrot und Korn, habe ihn seit seiner Ankunft hier schon mehrmals aufgefordert, diese Bausünden wieder rückgängig zu machen. Er renne da bei ihm prinzipiell offene Türen ein, habe aber keine Ahnung, wie kostenintensiv und schwierig ein solches Unternehmen wäre.
All das erzählte der Pfarrer Florence, während er für sie an einer großen, sehr professionell wirkenden Espressomaschine ein Tässchen Kaffee zubereitete. Allein dessen Geruch ließ die Kaffeeliebhaberin in Verzückung geraten. Zuvor hatte der Pfarrer ihr gezeigt, welche von den beiden weiteren Türen vom Kreuzgang aus ins Kircheninnere und welche in die Sakristei führte. Der Dirigent, der sich schon seit einer Viertelstunde in der Sakristei aufhielte, dürfe dort keinesfalls gestört werden.
Florence trank in Ruhe ihren Kaffee und genoss die Situation. Alles hatte sie erwartet, nur nicht, dass sie gleich zu Beginn ihrer Reise Bekanntschaft mit einer Musikerin machen und dann vom Pfarrer der Kirche, in der das Eröffnungskonzert stattfinden sollte, mit Kaffee bewirtet werden würde.
Eine halbe Stunde später saß sie in Erwartung der Orchesterprobe in der Kirche. Sie hatte sich durch die vom Pfarrer bezeichnete Tür hineingeschlichen, sich hinter eine dicke Säule gesetzt und hoffte, dass man sie dort vom Altarraum aus nicht sehen würde. Bis zum Beginn der Probe waren es noch zehn Minuten und vor dem Altar, wo bereits alles für das Orchester bereitstand, begann ein geschäftiges Treiben. Lichter wurden ein- und ausgeschaltet, Instrumente ausgepackt, Notenpulte und Sessel hin- und hergerückt.
„Nein“, überlegte Florence, „hier wird mich schon niemand bemerken. Hier sind alle viel zu sehr beschäftigt.“
Kaum hatte sie das gedacht, hörte sie hinter sich eine ihr nun schon vertraute Stimme.
„Ich hatte erwartet, Madame, dass Sie heute als Allererstes unseren berühmten Papstpalast besichtigen würden – und nun treffe ich Sie hier in diesen heiligen Hallen an.“
„Pssst“, Florence drehte sich zu Chantal um, die unbemerkt und elfengleich hinter ihr aufgetaucht war. „Es ist wohl besser, wenn ich hier niemandem auffalle.“
„Ach, die sind ohnedies alle mit sich selbst beschäftigt. Ich bin ja bei dieser Probe hauptsächlich auch nur Zuhörerin und werde mich in die erste Reihe setzen. Kommen Sie doch auch mit nach vorne!“
„Vielen Dank! Mir gefällt es hier sehr gut. Von hier aus habe ich einen schönen Überblick. Ich muss nicht unbedingt auffallen.“
„Alles klar! Wir könnten uns aber nach der Probe vor dem Eingang der Kirche treffen und vielleicht zusammen ins Zentrum spazieren?“
„Wunderbar!“ Florence freute sich über die Anhänglichkeit der jungen Frau und sah ihr zu, wie sie mit ihrem Instrumentenkoffer am Rücken der vordersten Reihe zustrebte.
Punkt zehn Uhr saßen die etwa zwanzig Mitglieder des Orchestre pour la Musique Anthémique, kurz OhLaMusique, mit bereits gestimmten Instrumenten und nur gelegentlich miteinander flüsternd auf ihren Plätzen. In der ersten Reihe hatten neben Chantal noch einige andere Leute Platz genommen. Florence mutmaßte, dass es sich dabei um Bekannte der Orchestermitglieder oder um Musiker handelte, die erst später zum Einsatz kommen würden.
Der Meister ließ jedoch auf sich warten, was höchst ungewöhnlich war, war er doch für seine Pünktlichkeit bekannt. Es dauerte auch nicht lange, bis einige der Musikerinnen und Musiker unruhig wurden. Man wandte die Köpfe hin und her und auch Chantal drehte sich um und blickte stirnrunzelnd in Richtung Florence. Ehe jedoch dieses leise Lüftchen des Unmuts zu einem veritablen Sturm anschwellen konnte, flog eine Tür seitlich hinter dem Altar auf und der berühmte Dirigent Stephan Lemercier betrat den Raum. Ohne nach links und rechts zu blicken, strebte er dem Dirigentenpult zu, stieg die zwei Stufen hoch und blieb stumm und gesenkten Hauptes stehen. Auf der Stelle erstarben die Stimmen, die Instrumente wurden in Einsatzbereitschaft gebracht und alle Augen hefteten sich auf den Dirigenten. Hinter dem Altar schloss sich leise eine Tür und Florences Blick erhaschte gerade noch den Zipfel eines blau karierten Hemdes, das dem Pfarrer gehörte.
„Mesdames et Messieurs! Ich muss mich für meine Verspätung entschuldigen. Dies ist jetzt eine ganz wichtige Probe und soeben gab es noch einen unangenehmen Vorfall.“ Seine Stimme schwankte kurz, er hatte sich aber rasch wieder gefasst.
„Nein, nein! Das hat nichts mit Ihnen zu tun und braucht Sie nicht zu beschäftigen. Ich möchte Sie alle ganz herzlich begrüßen.“ Er wandte sich um und blickte in den Kirchenraum. Florence zog sich gänzlich hinter ihre Säule zurück. Sein Blick hatte aber nicht ihr, sondern den Zuhörern in der ersten Reihe gegolten.
„Die beiden Proben des heutigen Tages werden sich insofern etwas anders gestalten, als wir zusätzlich noch einige der anspruchsvollsten Stellen der Opernaufführung vom morgigen Tag mit unseren Substituten proben wollen. Ich danke Ihnen, dass Sie schon jetzt anwesend sind.“
Wieder dem Orchester zugewandt, erhob er den Taktstock: „Mesdames et Messieurs! Johann Sebastian Bach – Ouvertüre zur Orchestersuite!“
Sogleich folgte das gesamte Orchester dem Taktstock mit einer Präzision, die keinen Zweifel daran ließ, wer hier das Sagen hatte. Binnen Minuten war der Kirchenraum von Klängen reinster Magie erfüllt und Florence dachte sich, dass die Akustik vermutlich selbst im berühmten „Goldenen Saal“ der Stadt Wien nicht besser sein konnte.
Lemercier ließ die ganze Ouvertüre ohne Unterbrechung spielen und erhob dann erneut seine Stimme.
„Merci. Das war Gott sei Dank schon sehr schön. Die eine oder andere Stelle müssen wir uns noch genauer anschauen. Am Abend werde ich dann etwas schnellere Tempi geben. Wenn die Kirche voll mit Menschen ist, hallt es weniger und dann können wir uns das erlauben. Bitte noch einmal den Anfang ab dem Einsatz der Trompeten, jetzt aber die dritte Trompete bitte mit der richtigen Intonation!“
Fasziniert beobachtete Florence das Geschehen. Die Probe verging wie im Flug und sie konnte feststellen, dass der Meister mit dem Orchester äußerst zartfühlend und sogar recht humorvoll umging. Ein einziges Mal riss ihm jedoch der Geduldsfaden. Eine der Trompeten störte immer wieder die ansonsten ausnahmslos harmonischen Klänge.
„Luc, so geht das leider nicht!“, rief Lemercier schließlich in Richtung Trompeten. „Ich kann mich einfach nicht mehr darauf verlassen, dass du richtig spielst.“ Dann drehte er sich um und blickte fragend in Richtung erste Reihe.
„Haben wir hier noch eine Ersatztrompete?“
Sofort schnellte Chantals Hand in die Höhe.
„Haben Sie den Trompetenpart dieses Stückes schon studiert? Können Sie auch den Händel spielen, der nachher kommt?“
Chantal nickte heftig, brachte aber vor Aufregung keinen Ton heraus.
„Dann, Mademoiselle, bitte ich Sie, sofort den Platz mit unserem Trompeter hier zu tauschen. Tut mir wirklich leid, Luc, so geht das nicht. Das bin ich dem hervorragenden Ruf unserer Truppe schuldig.“
Während sich der Angesprochene betont langsam erhob und mit feuerrotem Kopf durch die Reihen seiner Kolleginnen und Kollegen ging, begannen diese leise miteinander zu tuscheln. Florence beobachtete, wie die Konzertmeisterin, eine ältere Frau mit einem akkurat geschnittenen schwarzen Pagenkopf, ihrem Dirigenten anerkennend zunickte und von diesem ein resigniertes Schulterzucken erntete.
Inzwischen war der Trompeter bis zum Dirigentenpult vorgedrungen. Es war offensichtlich, dass er sich nicht ohne Protest den Anweisungen seines Vorgesetzten fügen wollte. Mit halblauter Stimme, der die Wut anzuhören war, stieß er ein paar kurze Sätze hervor, die Florence trotz der großartigen Akustik des Raumes nicht verstehen konnte.
Die Worte von Monsieur Lemercier waren jedoch überdeutlich zu hören. „Dann mach, was du willst! Ich will dich in meinem Orchester nicht mehr sehen!“
Leise vor sich hin fluchend durchquerte der Gescholtene das Kirchenschiff in Richtung Hauptausgang. Kurz vor Verlassen der Kirche erhob er eine Faust gegen Lemercier und gleich darauf fiel die Tür mit lautem Knall ins Schloss.
Mittlerweile hatte Chantal den frei gewordenen Platz neben dem zweiten Trompeter eingenommen. Der Dirigent musste ab nun keine einzige Rüge mehr in Richtung Trompeten aussprechen. Für Florence war dies der Beweis, dass Chantal trotz ihres jugendlichen Alters bereits eine Musikerin von außergewöhnlichem Format war. Kurz vor dem Ende der Probe gab es noch eine weitere kleine Unterbrechung. Der Pfarrer schaute erneut bei der Tür des Altarraums herein und nickte dem Dirigenten bestätigend zu. Dieser wandte sich nun mit einer kleinen Rede an seine Musiker.
„Mesdames et Messieurs! Ich muss Ihnen jetzt noch eine Mitteilung machen, ersuche Sie aber schon im Vorhinein, Ruhe zu bewahren. Das, was ich zu sagen habe, wird unsere Zusammenarbeit und unser Festival in keinster Weise beeinträchtigen.“
Die Spannung, die sich nun in der Kirche ausbreitete, war mit der Hand zu greifen.
„Ich wollte Sie mit dieser Information nicht beunruhigen, aber ich habe nun keine Wahl mehr. Den meisten von Ihnen wird es nicht entgangen sein, dass unser Festival in dieser Stadt nicht nur Freunde hat. Einige haben mich auch darauf aufmerksam gemacht, dass unsere Plakate mit Theaterplakaten überklebt worden sind. Ich habe mich bemüht, dem keine große Bedeutung beizumessen. Seit heute Morgen gibt es jedoch neue und etwas anders geartete Vorfälle. Es sind feindselige Plakate aufgetaucht, die ich leider nicht mehr ignorieren kann. Sie sind gelb und handgeschrieben. Das erste wurde schon heute Morgen im Foyer meines Hotels entdeckt, das zweite von meinem Chauffeur an meinem Wagen. Auch das dritte hat er entdeckt, es wurde wohl erst kurz vor der Probe über unser Plakat an der Kirchentüre geklebt.“
Als auf diese Ansprache hin ein Sturm der Entrüstung loszubrechen drohte, hob er gebieterisch seine Hände.
„Bitte bewahren Sie Ruhe! Da Sie erfreulicherweise alle pünktlich zur Probe erschienen sind, hatte der Übeltäter leider das Glück, nicht auf frischer Tat ertappt zu werden. Meinem Chauffeur, Monsieur André, ist das Plakat aber sogleich aufgefallen und er hat mich und den Herrn Pfarrer umgehend informiert. Ich entschied mich daraufhin, die Polizei einzuschalten. Wie mir der Herr Pfarrer gerade zu verstehen gegeben hat, ist diese bereits eingetroffen. Ich gehe davon aus, dass die Beamten mir und eventuell auch einigen von Ihnen nach dem Ende der Probe ein paar Fragen stellen werden, und ersuche Sie, noch kurz hinten im Kreuzgang zu warten.“
„So sagen Sie uns doch bitte endlich, was auf den drei Plakaten steht!“, ertönte eine Stimme aus dem Orchester.
„Es sind nur drei Worte und ein Rufzeichen“, antwortete der Dirigent mit nahezu emotionsloser Stimme, „und diese sind in großen roten Buchstaben geschrieben. Auf den Plakaten steht: ‚Stille kann töten!‘ Die Bedeutung dieser Nachricht entzieht sich meiner Kenntnis und jetzt bitte ich Sie, sich um dreizehn Uhr, wie vereinbart, zu einer weiteren Probe einzufinden. Wir werden dann noch einige wichtige Passagen aus unserer Oper ohne Sänger und mit unseren Substituten proben.“
Als alle Musiker die Kirche in Richtung Kreuzgang verlassen hatten, blieb Florence alleine unter dem imposanten Gewölbe zurück. Chantal hatte sich den anderen Musikern angeschlossen und würde vermutlich nun, da sich die Umstände geändert hatten, nicht so schnell wie verabredet zum Eingang kommen können.
Die Worte des Dirigenten hatten Florence beunruhigt. Ihr Traum von gestern fiel ihr wieder ein. Ein unheilschwangeres Vorzeichen? Nun ja, sie wollte jetzt nicht ausgerechnet im Hause Gottes den Teufel an die Wand malen! Besser, sie ging von einer harmlosen Fehde unter Künstlerkollegen oder einem Dummejungenstreich aus. Langsam erhob sie sich und ging Richtung Ausgang.
Draußen stand die Sonne hoch am Himmel, die wenigen Geschäfte hatten ihre Rollläden hochgezogen, ein paar kleinere Kinder waren mit Rollern und Fahrrädern unterwegs und eine Gruppe älterer Leute stand plaudernd vor einem kleinen, offenen Pavillon. Einige der hohen Platanen waren von Sitzbänken umsäumt. Florence schlenderte über den Platz, betrachtete das nicht besonders spannende Geschehen, und als Chantal nach zehn Minuten nicht erschienen war, fragte sie sich, ob diese überhaupt noch kommen würde. Jetzt, wo sie für den hinausgeworfenen Trompeter eingesprungen war, hatte sie möglicherweise andere Pläne. Florence hätte jetzt einfach alleine losmarschieren können, aber stattdessen trieb sie ihre Neugierde erneut nach hinten zum Kreuzgang, dessen Türe offenstand und der sich inzwischen in einen summenden Bienenstock verwandelt hatte. Die Musikerinnen und Musiker hatten ihre Pullover und Jacken abgelegt und standen sommerlich gekleidet in kleinen Gruppen zusammen, unter ihnen auch zwei Polizisten. Einer davon unterhielt sich gerade mit Chantal und Florence erkannte in ihm den jungen Beamten, der sie gestern angesprochen hatte.
„Wer ist denn nun eigentlich Ihre Schülerin, wegen der Sie extra aus Paris angereist sind?“ Florence hatte gar nicht bemerkt, dass der Pfarrer an ihre Seite getreten war. Sie merkte, dass sie errötete. Jetzt war es wohl Zeit, Farbe zu bekennen. Man konnte einem Mann Gottes nicht ungestraft eine Lüge auftischen. Noch dazu, wo Chantal sie ebenfalls schon entdeckt hatte und auf sie zusteuerte, natürlich in Begleitung des jungen Polizisten.
„Madame Florence“, Chantal strahlte sie an, „ich wollte gerade zu Ihnen. Ich habe nämlich eine große Bitte an Sie.“
Bevor Florence reagieren konnte, kam ihr der Pfarrer zuvor.
„Ah, dann sind Sie wohl die Schülerin dieser Dame aus Paris?“