ISBN: 978-3-86191-129-6
1. Auflage 2020
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Dem nachfolgend wiedergegebenen Gespräch liegt eine längere Vorgeschichte zugrunde. Meine Wege haben sich mehrmals mit denen von Hans-Peter Dürr gekreuzt, darunter ein langes Pfingst-Wochenende auf dem Monte Verita in Ascona, dem berühmten »Berg der Wahrheit«, der schon so vielen spirituellen Impulsen als Inspirationsplatz gedient hat. Anlass war damals eine Veranstaltung über die »Geburt eines neuen Weltbewusstseins«. Am Pfingstsonntag begannen wir nach dem Abendprogramm noch ein Gespräch über die zum Teil schier unglaublichen Hintergründe und »Zufälligkeiten«- bestimmter weltgeschichtlicher Ereignisse, vor allem im Zusammenhang mit dem Bau der ersten Atomwaffen, über die Hans-Peter Dürr in faszinierender Weise aus seinen Begegnungen mit den Beteiligten berichten konnte.
Im Verlauf dieses Pfingst-Treffens kamen wir dann auch auf den »Dialog der Weltreligionen« zu sprechen, und Hans-Peter Dürr zeigte großes Interesse an meinem Konzept von »Weltreligion«, das ich in einem gleichnamigen Buch niedergelegt hatte. Ich versprach, ihm gleich nach meiner Rückkehr ein Exemplar zukommen zu lassen.
Schon wenige Wochen später bekam ich einen langen, sehr freundlichen Brief mit einer ausführlichen Stellungnahme. Hans-Peter Dürr hatte »Weltreligion« außerordentlich gründlich studiert und war interessiert, sich den dort angesprochenen Themen noch intensiver – auch im Dialog – zuzuwenden.
Bei einem Mann, der, im neunten Lebensjahrzehnt stehend, einen Terminkalender zu bewältigen hat, der einen Fünfzigjährigen wohl überfordern könnte, ist es nicht einfach, einen Zeitpunkt zu ermitteln, der Raum für einen langen Dialog bietet. Nach einem weiteren Vorgespräch in Zürich fand sich dann aber doch ein Platz in seiner Agenda.
Unser Treffen war im Max-Planck-Institut in München anberaumt, das weiterhin die wissenschaftliche Heimstatt von Hans-Peter Dürr ist. Wenn man das unscheinbare Gebäude am Stadtrand von München betritt, findet man seinen Namen noch immer an prominenter Stelle an der Orientierungstafel im Eingangsbereich, und man ist geneigt anzunehmen, dass sich hier seit etlichen Jahrzehnten nicht viel geändert hat.
Sein Arbeitszimmer im Institut ähnelt einer kleinen Bibliothek. Man wundert sich, wie angesichts der Bücherstapel, die Wände und Tische füllen, überhaupt noch ein kleiner Arbeitsplatz bleibt, um die extrem umfangreiche Korrespondenz zu bewältigen, die ein »Weltreisender in Diensten der Wissenschaft« abzuarbeiten hat. Heute in Peking, morgen in Washington – Hans-Peter Dürr ist nicht nur ein überaus gefragter Referent und Berater, sondern er ist phänomenal gut vernetzt. Dadurch kann er politische und gesellschaftliche Entwicklungen in Ost und West, in Nord und Süd besser einschätzen als die meisten seiner Kollegen, die im wissenschaftlichen Betrieb stärker eingebunden sind.
Interessanterweise befinden sich unter seinen Gesprächspartnern nicht nur Wissenschaftler oder Politiker, sondern Hans-Peter Dürr findet stets Zeit, um sich mit buddhistischen Mönchen oder christlichen Zen-Lehrern zu treffen und mit ihnen über ihre Weltsicht zu reden. Dieses weite Spektrum hat dazu geführt, dass ein weltberühmter Physiker mit Advaita-Anhängern oder Zen-Buddhisten auf Augenhöhe spricht und als gleichberechtigter Dialogpartner anerkannt wird.
Hans-Peter Dürr weist gerne mit einem Augenzwinkern darauf hin, dass er »nie im Leben meditiert hat«. Was seine spirituellen Gesprächspartner zu der Replik veranlasst: »Du meditierst eben auf Deine Weise!« Es ist dieser Geist des Meditativen, diese »Physik des Kontemplativen«, die ihn wie kaum einen anderen Naturwissenschaftler der Gegenwart dazu qualifiziert, intellektuelle Brücken zwischen scheinbar unvereinbaren Welten zu errichten. Unser nachfolgendes Gespräch stellt eine dieser »Brücken« dar. Möge sie von vielen Interessierten in beide Richtungen beschritten werden!
Dr. Peter Michel