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Über das Buch

Bei einem Waldbrand kann die junge Wolfsexpertin Carla zwei kleine Wolfswelpen retten. Auch der professionelle Wolfsjäger Jason wird zur Unglücksstelle gerufen. Jason, zu dem Carla sich trotz ihrer gegensätzlichen Überzeugungen hingezogen fühlt. Auch diesmal geraten die beiden aneinander. Zurück in ihrem Wolf Center beschließt Carla, die beiden jungen Wölfe aufzuziehen. Dann erfährt sie, dass der Waldbrand Vorsatz war. Als kurz darauf eins der Wolfsjungen entführt wird, folgt Carla seiner Spur in die Wildnis …

Der fesselnde dritte Band der Liebesgeschichte von Carla und Jason!

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Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

1

Von einer Sekunde auf die andere wurde es schwarz. Zu spät hatte der Pilot der Cessna die riesige Rauchwolke erkannt. Die kleine Maschine bockte widerspenstig und schien sich selbstständig machen zu wollen, taumelte orientierungslos durch die Luft, bis der Pilot die Kontrolle zurückgewann. Er ging in eine steile Linkskurve und lenkte die Maschine nach unten, atmete erleichtert auf, als sie die Rauchwolke hinter sich ließen und wieder freie Sicht hatten.

»Sorry«, entschuldigte er sich, ohne eine Miene zu verziehen, »die hatte ich nicht auf dem Schirm. Muss sich selbstständig gemacht haben. Bei einem so großen Feuer weiß man nie, vor allem, wenn der Wind verrücktspielt.«

Carla war blass geworden. Sie bekam keine Flugangst und hatte sich in kleinen Maschinen wie der Cessna immer sicher gefühlt, auch bei schlechtem Wetter. Wer in Alaska aufgewachsen war, einem Land, in dem es mehr Flugzeuge als Autos gab, stieg in eine Cessna wie andere Leute in den Stadtbus.

Sie wollte etwas antworten wie »Kein Problem« oder »Schon gut, wir leben ja noch«, doch bei dem Anblick, der sich ihnen jenseits des Kenai Lake bot, verschlug es ihr den Atem. Sie stöhnte auf. Das Land brannte. Orangerote Flammen hatten sich in die Wälder gefressen, loderten unter einer gigantischen Rauchwolke, die sie auf fatale Weise an einen Atompilz erinnerte. Ein verwüstetes Land wie ein Kriegsgebiet.

Der Wind war noch immer heftig, und der Pilot hatte alle Hände damit zu tun, die Cessna sicher auf dem See zu landen. Scheinbar widerwillig holperten die Schwimmer über den unruhigen See. Erst fünfzig Meter vor dem Ufer kam die Maschine zur Ruhe und kämpfte sich mit gedrosseltem Motor zur Anlegestelle. Der Pilot sprang auf den Steg und half ihr von Bord. Auch ihn hatte der Anblick der brennenden Wälder getroffen. »Ich hätte nicht gedacht, dass es so schlimm ist. Ich mache wohl besser, dass ich wegkomme.« Er stieg wieder in die Maschine. »Passen Sie gut auf sich auf und riskieren Sie nicht Ihr Leben für ein paar Wölfe. Rufen Sie mich an, wenn Sie zurückwollen.«

»Mach ich. Guten Flug!«

Carla griff nach ihrem Rucksack und stieg zum Ufer empor. Pearl Lorraine, die Besitzerin des Kenai Inn, hatte die Cessna landen gesehen und wartete vor ihrem Hotel, einem zweistöckigen Blockhaus mit zehn Zimmern. Im Sommer vermietete sie es hauptsächlich an Angler. Sie war um die Fünfzig, hatte ihre Haare nicht gefärbt und auch kein Make-up aufgetragen. Sie schien sich ganz auf ihr freundliches Lächeln zu verlassen. »Carla Gorman? Ich darf doch Carla sagen? Ich bin Pearl Lorraine. Mir gehört der Laden hier, seitdem mein treuer Gatte, Gott hab ihn selig, sich endgültig aus dem Staub gemacht hat.«

»Freut mich, Pearl. Das Feuer sieht schlimm aus.«

»Als ob wir nicht schon genug gelitten hätten. Das Feuer vor zwei Jahren war zwar nicht ganz so schlimm, hat mich aber eine ganze Saison gekostet. Und dieses Jahr hab ich auch nur Stornierungen. Sie sind mein erster Gast.« Sie gingen ins Haus und erledigten die Formalitäten. »Zeit für einen Kaffee?«

»Gern. Ich muss sowieso auf meinen Kontaktmann warten.«

»Chief Baxter?«

»Al Baxter von der Division of Forestry. Er koordiniert den Einsatz der Firefighter auf der Kenai-Halbinsel.« Carla zog ihr Handy aus der Anoraktasche und wählte seine Nummer. Es dauerte eine Weile, bis er antwortete. »Ja?«

»Carla Gorman von Wolf Aid. Ich bin im Kenai Inn.«

»Okay. Ich lasse Sie von einem meiner Firefighter abholen.« Im Hintergrund erklangen laute Rufe, und man hörte den lauten Motor eines Bulldozers. »Kann eine Weile dauern, Miss, hier geht’s gerade drunter und drüber.«

»Ich warte hier.«

Sie zog ihren Anorak aus und setzte sich. Obwohl sie erst gestern von einer Tagung an der University of Alaska in Anchorage zurückgekommen war und kaum geschlafen hatte, sah sie einigermaßen manierlich aus. Zumindest so attraktiv, dass der Pilot sie anerkennend gemustert hatte. Das lag vor allem an ihren wachsamen blauen Augen, hatte sie sich sagen lassen, und ihrer sportlichen Erscheinung. Ihre dunkelblonden Haare, die sie wie meist während der Arbeit zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte, wirkten eher bieder.

»So, da wäre ich wieder«, sagte Pearl, als sie mit dem Kaffee erschien. Sie setzte sich in den Sessel gegenüber. »Mein Sohn arbeitet für den Chief. So nennen wir Al Baxter hier. ›Wildland Fire and Resource Technician‹ klingt zu kompliziert, finden Sie nicht auch? Lucky, so heißt mein Sohn, ist erst seit einem halben Jahr dabei, dies ist sein erster großer Einsatz.« Sie nippte an dem heißen Kaffee, sichtlich stolz auf ihren Sohn. Wo ihr Mann abgeblieben war, verriet sie nicht. »Sie arbeiten für Wolf Aid? Sie retten wilde Tiere?«

Carla trank ebenfalls. Sie mochte lieber Cappuccino, und der Kaffee war ihr viel zu stark, aber sie ließ sich nichts anmerken. »Ich bin Biologin. Für Wolf Aid betreiben wir ein Wolf Center, in dem wir verletzte Wölfe gesund pflegen und die Öffentlichkeit über Wölfe aufklären. Solange viele Menschen noch glauben, Wölfe wären so gefährlich wie der große böse Wolf in ›Rotkäppchen‹ oder den Mickey-Mouse-Geschichten, gibt es da noch einiges zu tun. Und wir werden natürlich gerufen, wenn es Probleme mit Wölfen gibt, oder wenn Tiere wie bei einem Waldbrand oder anderen Katastrophen in Gefahr geraten oder verletzt werden. Nicht nur Menschen sind dann bedroht.«

Die Fröhlichkeit war ein wenig aus Pearls Augen verschwunden. »Na, dann seien Sie froh, dass mein Mann mit einer Jüngeren durchgebrannt ist. Gus hasste Wölfe wie die Pest. ›Die Bestien sollte man ausrotten‹, sagte er immer, die wären schlimmer als Ratten und würden kleine Kinder fressen.«

»Und Sie? Denken Sie auch so?«

»Begegnen möchte ich keinem, aber ich hab nichts gegen Wölfe. Ich finde manche Hunde viel schlimmer. Wenn ich vor einem Supermarkt aus dem Wagen steige, faucht mich garantiert einer an. Aber mein Ex musste auch alle paar Tage in den Wald, er war Holzfäller, und mochte weder Wölfe noch Bären. Oder alle anderen Viecher, die einem dort gefährlich werden können.«

Von draußen klang Motorengeräusch herein. Ein Firefighter in voller Montur erschien und stellte sich als Philip McDonald vor. Er war überhaupt nicht ihr Typ, hatte rötliche Haare und Sommersprossen um die Nase, war aber durchtrainiert und sportlich und begrüßte sie mit einem sympathischen Lächeln. »Sagen Sie Phil zu mir. Bei McDonald’s bestellt man Hamburger.«

»Carla«, erwiderte sie.

Er musterte sie. »Sie haben feuerfeste Stiefel und Hosen an, wie ich sehe. Schutzjacke, Helm und Handschuhe hab ich im Wagen.« Er deutete auf ihren Rucksack. »Wasserflasche? Proviant? Verbandszeug? Man hat mir gesagt, Sie wüssten, wie man sich in der Wildnis verhält. Der Chief lässt Sie nicht zu dicht ans Feuer ran, zu gefährlich, aber bei einem Waldbrand weiß man nie.«

»Wie geht es meinem Sohn?«, fragte Pearl. »Lucky ist doch okay?«

»Lucky? Den wirft so schnell nichts um. Er ist am Jean Lake oben und hilft den Hot Shots aus Palmer, eine Brandschneise gegen die Flammen zu graben. Es geht ihm gut, Ma’am. Hot-Shot-Teams bestehen aus erfahrenen Spezialisten, die lassen nichts anbrennen. Im wahrsten Sinne des Wortes.«

Carla hatte ihren Rucksack umgeschnallt. »Könnte spät werden«, sagte sie zu Pearl, bevor sie dem Firefighter zu seinem Geländewagen folgte. Sie zog die gelbe Schutzjacke an und nahm den Helm mit auf den Beifahrersitz. Ein leichter Schutzhelm mit einem herunterklappbaren Visier gegen Funkenflug.

Die ersten Meilen kamen sie gut voran. Wegen des Feuers war kaum Verkehr, und nur die dichten Rauchwolken, die aus nordwestlicher Richtung über das Land zogen, machten ihnen zu schaffen. Zusammen mit dem Widerschein der Flammen, die bisher noch in respektvoller Entfernung vom Highway brannten, verband der Qualm sich zu einem orangefarbenen Nebel, der ohne seine verheerenden Auswirkungen sicher als Naturereignis gefeiert worden wäre.

»Seit einigen Tagen geht das schon so«, sagte Phil, »schlimmer war es nur vor zwei Jahren nördlich von Valdez.« Dichte Rauchschwaden, vom Wind über die Straße getrieben, zwangen ihn, langsam zu fahren. »Ihr erstes Feuer?«

Sie blickte nervös in den Rauch. »Einige kleine Brände, nicht zu vergleichen mit der Katastrophe hier. Bekommen Sie das Feuer unter Kontrolle?«

»Wir haben alle Firefighter im Einsatz, die greifbar waren. Sogar ein Hot-Shot-Team aus Montana. Diese Hot-Shot-Männer sind noch besser ausgebildet als wir, so was wie die Marines der Feuerbekämpfung. Und einige der Piloten, die mit Löschflugzeugen und Hubschraubern unterwegs sind, haben schon riesige Ölbrände in Texas und Mexiko gelöscht. Das Feuer hat keine Chance, aber es wird wohl einige Zeit dauern, bis wir es gelöscht haben.«

»Ich hab gehört, ein Blitz soll es ausgelöst haben.«

»Vor einer Woche gab’s ein Gewitter in unserer Gegend, da hat es ordentlich gekracht und geblitzt. So entstehen die meisten Waldbrände. Aber es kann auch was anderes gewesen sein. Eine achtlos weggeworfene Zigarettenkippe, das Lagerfeuer eines Campers, wahrscheinlich erfahren wir das nie.«

»Brandstiftung?«

»So verrückt war hoffentlich keiner.«

Sie hatten die Rauchschwaden durchquert und sahen sich einer Absperrung gegenüber. Ein Schild wies die Autofahrer an, auf das Pilot Car zu warten, das sie über die jetzt einspurige Strecke bis kurz vor Sterling führen würde.

»Wenn wir das Feuer nicht bald unter Kontrolle bekommen, müssen wir den Highway ganz schließen«, sagte Phil. »Unsere Leute sind dabei, eine breite Brandschneise nördlich des Sterling Highway zu graben, nur so können wir die Flammen davon abhalten, die Straße zu überqueren. Ich bin bei dem Team, das die Schneise von Gestrüpp befreit und kleinere Brände löscht.«

Carla wusste, dass ein Teil der Firefighter mit Wasserrucksäcken und einer Pumpe unterwegs war, um abseits der Stützpunkte gegen das Feuer vorgehen zu können. »Und es sind noch keine Menschen zu Schaden gekommen?«

»Zum Glück nicht. Nur ein paar Verletzte mit Rauchvergiftungen.«

»Und Tiere?«

»Tausende«, gestand er, »und wenn Sie Insekten, Käfer und Würmer mitzählen, wahrscheinlich Hunderttausende. Selbst Bären, Wölfe und Elche schaffen es oft nicht, vor einem Feuer zu fliehen. Die Schnelligkeit, mit der sich Flammen ausbreiten, wird meist unterschätzt, auch von Menschen.«

Das Pilot Car war erschienen und wendete vor ihnen. Der Fahrer winkte ihnen zu und fuhr mit flackernden Warnleuchten voraus. Der Wind stand hier günstiger, und es gab nur wenig Rauch, doch als Carla aus dem Seitenfenster blickte, konnte sie die Flammen in einiger Entfernung sehen, flackernde Feuerzungen, die trockenes Gras und Gestrüpp verbrannten und sich gierig an den Schwarzfichten emporfraßen. Ein faszinierender, aber beklemmender Anblick, der ihr Angst einjagte, obwohl das Feuer noch meilenweit entfernt war.

Carla war nach ihrer Rückkehr aus Anchorage von Chief Baxter angerufen worden. »Wir haben hier etliche Leute vom BLM und Fish & Wildlife im Einsatz«, hatte er gesagt, »aber Sie wissen ja, wie diese Beamten sind. Unflexibel wie sonst was. Ich weiß, dass sich am Mystery Creek etliche Wölfe rumtreiben und hätte gern eine Expertin hier. Keine Ahnung, was wir bezahlen können, aber für ein paar Scheine wird es schon reichen. Ich hab was für Wölfe übrig, wissen Sie? Für Tiere überhaupt. Was wären wir in Alaska ohne Tiere? Die Leute kommen vor allem wegen unserer Natur. Wie sieht’s aus?«

So hörte Carla nur selten einen Mann reden. Die meisten waren nicht gut auf Wölfe zu sprechen, verteufelten sie und behaupteten, es gäbe sowieso zu viele in Alaska, und dass diese Bestien Kinder und hilflose Alte in Gefahr brächten. Reine Stimmungsmache, wie sie wusste. Wölfe wurden Menschen selten gefährlich, und Schafe und Kälber rissen sie nur, wenn es extrem kalt wurde und sich keine Beutetiere mehr in den Wäldern aufhielten. Sie gingen den Menschen möglichst aus dem Weg. Selbst Einheimische bekamen sie selten zu Gesicht.

Seine Einstellung, für einen Firefighter ausgesprochen bemerkenswert, und seine lockere Sprache nahmen sie sofort für Baxter ein. Normalerweise lag sie mit Regierungsbeamten und anderen Offiziellen im Clinch. Wölfe hatten ein schlechtes Image, auch bei den Behörden. Es gab über zehntausend Wölfe in Alaska. Was machte es schon, wenn ein paar Dutzend verbrannten? Viele Männer waren passionierte Jäger, die Wölfe als Feinde betrachteten.

»Und wie könnte ich helfen?«

»Wir haben genug mit dem Feuer zu tun und damit, gefährdete Menschen aus dem Gefahrenbereich zu bringen. Für Tiere bleibt da wenig Zeit. Die meisten Vierbeiner, die wir finden, sind bereits tot. Am Mystery Creek soll es ein Wolfsrudel geben, vielleicht sogar zwei, und da wir gerade Frühjahr haben, könnten sich einige Welpen in ihren Bauten aufhalten. Wie gesagt, uns fehlen die Leute und das Know-how. Sie wissen, wo Sie suchen müssen, und können vielleicht einige retten, solange das Feuer ihnen nicht zu nahe kommt.«

Carla war überrascht. »Sie rufen mich wegen ein paar Welpen an?«

»Aber ich dachte …«

»Ich bin nur überrascht, Mister Baxter.«

»Chief. Selbst meine Frau nennt mich so.«

»Angenehm überrascht. Und ich bezweifle, dass Sie auch nur einen Dollar für mich lockermachen können. Wie wär’s stattdessen mit Apple Pie und leckerem Cappuccino? Mit viel Schlagsahne und Schokostreuseln obendrauf.«

Er lachte. »Das lässt sich machen, Miss.«

»Carla.«

»Carla. Ich lasse Sie im Kenai Inn in Cooper Landing abholen. Okay?«

Auf dem Weg zum Stützpunkt bog Phil auf die Mystery Creek Road nach Norden ab. Die schmale Straße, eigentlich eher ein Feldweg, führte am Bach entlang und war so holprig, dass er ständig gegensteuern musste. Über den Schwarzfichten hingen schmutzige Rauchwolken, die zunehmend dichter wurden. Durch den Rauch waren bereits die Flammen zu sehen, die in den Wäldern weiter nördlich ein Inferno entfacht hatten. Vom Himmel war kaum etwas zu sehen, der Rauch und der Feuerschein versperrten ihnen die Sicht. Eine bedrohliche Umgebung, als wären sie auf einem fremden Planeten.

Das Camp der Firefighter sahen sie erst, als sie schon dicht davor waren. Eine Ansammlung von kuppelförmigen Zelten, die gelb in den Rauchschwaden zwischen den Bäumen leuchteten. Auf dem Boden dazwischen lagen Backpacks und Ausrüstung. Vom anderen Ufer des Mystery Creek drangen die Motorengeräusche zweier Bulldozer herüber, mit denen die Männer eine breite Schneise durch das Unterholz trieben. Als Carla ausstieg, erkannte sie andere Firefighter, die herumliegendes Gestrüpp einsammelten und kritische Stellen mit Wasser aus ihren Löschrucksäcken besprühten. Das Kreischen von Kettensägen begleitete die Männer, die im Weg stehende Bäume fällten.

Phil führte sie zu einem schnauzbärtigen Mann mit gutmütigen Augen. Mit einem Filzstift markierte er irgendwelche Stellen auf einer gefalteten Landkarte, griff nach seinem Funkgerät und wies einige Männer seines Teams an, sich etwas zurückzuziehen. »Denkt an den Wind, der spielt hier ständig verrückt! Den Helden könnt ihr zu Hause spielen, also seht euch gefälligst vor!«

»Chief, das ist Carla, die Wolfsexpertin«, stellte Phil sie vor.

»Höchste Zeit, dass Sie kommen«, erwiderte der Chief. Er sah wie ein Westernheld im Fernsehen aus, um die Fünfzig, aber sportlich und mit der angeborenen Autorität eines Leaders. Auf so einen Mann hörten selbst hartgesottene Burschen. »Ich dachte, Sie wären etwas älter.«

Den Satz hörte Carla oft. »Alt genug für den Job, Chief. Und nicht so jung, wie Sie denken. »Meine Eltern haben mir gute Gene vererbt, das ist alles.«

»Ich spüre langsam, dass ich älter werde«, erwiderte der Chief, »aber so ein Waldbrand ist ein gutes Training.« Er grinste. »Hier geht es schlimmer als in einem Bootcamp zu. Wir arbeiten hier rund um die Uhr. Tag und Nacht.«

»Ich hoffe, ich enttäusche Sie nicht. Wie kann ich helfen?«

Seine Miene verdüsterte sich. »Ich habe leider schlechte Nachrichten. Vor einer Stunde haben wir zwei Kadaver von Wölfen entdeckt. Die Tiere waren nicht markiert. Keine Ahnung, ob sie zum Mystery-Creek-Rudel gehören.«

»Einer mit einer rötlichen Narbe an der Stirn?«

»Keine Ahnung. Sie haben schwer was abbekommen, und man kann kaum noch was erkennen.« Er deutete über die Zelte hinweg. »Sie liegen dort drüben. Phil kann sie Ihnen zeigen. Vielleicht erkennen Sie ja mehr als wir.«

Carla war auf einiges gefasst, erschrak aber dennoch, als sie die verkohlten Wölfe im Gras liegen sah. Sie waren kaum noch als Tiere zu erkennen, und ihre Zähne wirkten inmitten der schwarzen Asche besonders Furcht einflößend. Die Kadaver qualmten noch. Der beißende Gestank war kaum zu ertragen. Während ihrer Arbeit war sie dem Tod schon einige Male begegnet, und sie war immer sehr gefasst gewesen, aber dieser Anblick war beinahe zu viel.

Sie nahm ein Paar Latexhandschuhe aus ihrem Rucksack und beugte sich über die toten Wölfe. Erwachsene Tiere, vielleicht drei oder vier Jahre alt. Ihr Fell war fast vollständig verbrannt. Sie tastete ihre Stirnpartien ab, so behutsam, dass sie Abweichungen von der Norm erkennen würde, brauchte aber mehrere Minuten, bis sie eine Einkerbung im Schädel eines der Wölfe fand.

»Das müsste Luna sein«, sagte sie.

»Luna?« Phil blickte sie fragend an.

»Die Alpha-Wölfin des Mystery-Creek-Rudels«, erklärte sie. »Ich nehme an, sie wurde vom Huftritt eines aufgebrachten Elchs getroffen. Andere Wölfe wären sofort tot gewesen, aber sie war hart im Nehmen. Den anderen Wolf kann ich nicht identifizieren. Männlich, vermute ich. Der Alpha-Wolf?«

Sie kehrte zum Chief zurück und erstattete ihm Bericht. »Sie wissen, was das bedeutet«, schloss sie. »Wenn es Welpen gibt, was ich doch stark annehme, sind sie jetzt ohne Mutter und sitzen vielleicht hilflos in ihrem Bau.«

»Da können wir wahrscheinlich nicht mehr viel ausrichten.«

»Ich könnte es doch versuchen?«

Statt einer Antwort krachte ein Schuss in unmittelbarer Nähe. Selbst der Chief zuckte zusammen und sagte: »Ich glaube, jetzt haben wir noch einen toten Wolf. Das war Jason. Der Wolfsjäger, den die Farmer geschickt haben.«

2

Carla glaubte, sich verhört zu haben. Sie blickte ungläubig in die Richtung, aus der das Echo des Schusses kam, und fragte: »Jason? Jason Harper?«

»Sie kennen den Burschen?«

»Wir sind uns mehrmals begegnet«, erwiderte sie.

»Eine Tierschützerin und ein Wolfsjäger … ein interessantes Treffen. Sie hatten sich bestimmt einiges zu sagen.« Das Motorengeräusch eines Four-Wheelers drang durch die Bäume. »Das wird er sein. Er legt den Kadaver sicher bei den verbrannten Wölfen ab.« Er überlegte kurz. »Sie sehen so aus, als wollten Sie ihm unbedingt die Meinung sagen. Tun Sie’s, aber brechen Sie keinen Streit vom Zaun. Wir kommen nur gegen so ein Feuer an, wenn wir alle zusammenhalten. Persönlicher Zoff hat bei uns nichts zu suchen.«

»Aye, Chief.«

Carla erkannte den Wolfsjäger, noch bevor sie auf die Lichtung mit den toten Wölfen trat. Er hatte sich nicht verändert, war noch immer der drahtige Mann mit dem kantigen Gesicht, den dunklen Augen und den breiten Schultern. Er stammte aus Montana, ein echter Cowboy, der auf der Ranch seiner Eltern in Montana aufgewachsen war, Rinder gehütet und bei zahlreichen Rodeos gewonnen hatte. Deshalb auch die leicht gekrümmten Beine. »Die haben alle Cowboys«, hatte er mal gesagt, »kommt vom Reiten.«

Jason war gerade dabei, den erlegten Wolf neben die verkohlten Kadaver zu legen, als er Carla bemerkte. »Carla! Das hätte ich mir ja denken können.«

»Tolle Begrüßung.«

»Ich musste den Wolf erschießen«, kam er ihr zuvor. Er rieb sich die Hände an seiner Schutzhose trocken und trat einen Schritt auf sie zu. Mit dem Schutzhelm sah er nicht gerade wie ein Cowboy aus, aber auch sie nicht wie eine Wolfsexpertin. »Sieh ihn dir an, seine Hinterläufe waren fast verbrannt. Er hätte nie wieder laufen können. Ich hab ihm den Gnadentod geschenkt.«

»Wie großzügig. Erst schießen, dann fragen. Wie im Wilden Westen.«

»Dass der Wolf am Ende war, hätte ein Blinder gesehen. Er schleppte sich mit den Vorderläufen durch den Rauch und muss unsagbare Schmerzen gehabt haben. Ich hab ihm einen Gefallen getan, Carla, das sieht man doch.«

»Und wieso haben dich ausgerechnet die Farmer verpflichtet? Hoffen sie, dass du bei der Gelegenheit gleich noch ein paar gesunde Wölfe erledigst?«

Jason nahm den Helm ab und fuhr sich mit gespreizten Fingern durch die Haare. Sein Gesicht war gerötet, und er schwitzte stark. Er musste nahe am Feuer gewesen sein. »Selbst wenn es so wäre … du müsstest doch inzwischen wissen, dass ich die Wölfe nicht aus Mordlust erledige. Ich bin kein Killer, auch wenn du das immer noch glaubst.« Er setzte sich den Helm wieder auf.

»Du benimmst dich aber wie einer!« Sie blickte auf den erlegten Wolf, den die Kugel genau ins Herz getroffen haben musste. »Sieh ihn dir doch an!«

»Ich bin kein Kopfgeldjäger.«

»Ich werde trotzdem nie verstehen, warum du ausgerechnet Wölfe umbringen musst. Macht es dir so viel Spaß, die Tiere abzuknallen? In Alaska gibt’s doch auch Ranches. Du könntest als Cowboy arbeiten, wie in Montana.«

»Die drei Monate im Sommer? Und was mache ich im Winter?«

Sie führten immer die gleiche Auseinandersetzung und kamen niemals zu einer Einigung. Er behauptete, dass das Töten von Wölfen ein Job wie jeder andere war und auch nicht unmenschlich sei, weil er Wölfe niemals aus Spaß töte, und sie wehrte sich gegen das unnütze Töten von Tieren, die Ranchern und Farmern nicht gefährlich wurden.

Wenn er nur nicht so verteufelt gut aussähe, dachte sie und begann zu husten, als mit dem plötzlich drehenden Wind dunkle Rauchschwaden heranzogen und ihr für einen Augenblick den Atem nahmen. Auch Jason hustete, zog ein Taschentuch hervor und reichte es ihr. Es nützte wenig gegen den Rauch.

»Verdammt ungemütlich hier«, sagte sie nach einer Weile.

»Und heiß«, fügte er hinzu.

Sie gab ihm das Taschentuch zurück. Es tat ihr beinahe leid, dass sie ihn wieder so scharf angegangen hatte. »Bleibst du noch lange in der Gegend?«

»Bis das Feuer unter Kontrolle ist.«

»Ich werde wohl auch eine Weile bleiben.«

Sie wollte noch etwas sagen, irgendetwas Nettes, dass ihm zeigte, wie sehr sie ihn eigentlich mochte, als Phil zwischen den Bäumen hervortrat. »Ah, da sind Sie, Carla. Der Chief will Sie sehen. Wir haben die Welpen gefunden.«

»Ich muss gehen«, sagte sie.

Der Chief wartete bereits. »Ich hab Ihnen doch gesagt, dass wir für persönlichen Kram keine Zeit haben. Bei so einem Feuer zählen oft Sekunden. Wenn Sie hier was erreichen wollen, müssen Sie sich an die Regeln halten.«

»Tut mir leid, Chief.«

Baxter reichte ihr einen Helm mit Klappvisier. »Hier, nehmen Sie den. Klappen Sie das Visier runter, sonst fliegen Ihnen Funken in die Augen. Das tut höllisch weh, und wenn Sie Pech haben, können Sie nichts mehr sehen.«

Sie tauschte den Helm aus, bekam es plötzlich mit der Angst zu tun.

Er sah, wie sie zögerte. »Ich bringe Sie hin. Wenn Sie dicht hinter mir bleiben, kann Ihnen nichts passieren.« Er überprüfte ihre Kleidung und nickte zufrieden. »Wir gehen nicht weit. Eine Viertelmeile am Bach entlang und dann ans andere Ufer. Dort ziehen meine Männer eine zweite Brandschneise und glauben, auf den Wolfsbau gestoßen zu sein. Sind Sie bereit, Carla?«

»Das will ich doch hoffen.«

Sie bahnten sich einen Weg durch das Ufergestrüpp, liefen einer hinter dem anderen am Bach entlang und gerieten dabei dichter an die Flammen heran, die an manchen Stellen sogar drohten, auf ihre Seite überzugreifen. Der Wind stand ungünstig, trieb ihnen mörderische Hitze entgegen, die trotz der Schutzkleidung schmerzhaft auf der Haut zu brennen schien. Durch das teilweise verschrammte Visier sah sie die Flammen in den Baumkronen toben, gelb und rot flackernd, auf fatale Weise faszinierend schön und gleichzeitig bedrohlich. Das Knistern und Knattern des Feuers war extrem laut, der heiße Atem eines Ungeheuers, das alles verschlingen wollte, was sich ihm in den Weg stellte. Jeder Schritt schien sie ihrem Untergang näher zu bringen.

Bevor Baxter den Bach überquerte, sah er sich nach ihr um. Carla war nur wenige Schritte hinter ihm und rief: »Alles klar, Chief!«. Sie stapfte hinter ihm durch den knöcheltiefen Bach, vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzend, damit sie auf den glatten Flusskieseln nicht ausrutschte, und ließ sich von ihm auf die Uferböschung helfen. Die Luft glühte vor Hitze. Der heiße Wind wehte leuchtende Funken heran, die wirkungslos auf ihrer Schutzkleidung und dem feuerfesten Visier zerplatzten. Die Hitze war kaum noch zu ertragen.

Aus der Ferne war bereits der Bulldozer zu hören, aber es dauerte noch über eine Viertelstunde, bis sie ihr Ziel erreicht hatten. Dass sie länger als von Baxter vermutet gebraucht hatten, lag vor allem an dem sich ständig drehenden Wind, der sie immer wieder zu Umwegen gezwungen hatte. Vor ihnen hatten die Firefighter eine Schneise quer durch eine Lichtung geschlagen, breit genug, um das Feuer am Übergreifen zu hindern und den Waldbrand wenigstens auf dieser Seite zu stoppen. Die Flammen auf der anderen Seite loderten so heftig, dass man nicht mal den Himmel sah und keine Ahnung hatte, ob es schon Abend war. Hier draußen gab es nur das Feuer, eine elementare Macht von ungeheurer Zerstörungswut, die keine anderen Gefühle zuließ, nur die Angst, von dem tobenden Ungeheuer verschlungen zu werden.

Als sie in die aufgewühlte Erde der Brandschneise stiegen, kam ihnen einer der Firefighter entgegen. Er gehörte zu dem Team, das die gerodeten Furchen von Gestrüpp und Unkraut befreite. »Chief … Miss …«, begrüßte er sie. »Der Bau ist da hinten.« Er ging bereits voraus, führte sie über die Brandschneise zu einer steilen Böschung, wo das Feuer zum Greifen nahe war.

Er bückte sich vor dem Eingang zur Wolfshöhle. »Wir hätten den Bau beinahe übersehen, aber dann hat einer der Welpen seine Nase rausgestreckt. Aber als wir ihn packen wollten, zog er sich rasch wieder zurück. Wir kommen da nicht rein, Chief, aber die Lady ist schlank, die könnte es schaffen.«

»Ich will’s versuchen«, sagte sie. Sie legte sich vor dem Eingang auf den Boden, schaltete die Taschenlampe ein, die der Chief ihr reichte, und robbte in den Bau hinein. Der Gang war gerade so breit und hoch, dass sie hindurchpasste. Mit ihrem Körper blockierte sie alles Licht, das von draußen hereinfiel, und war auf den Lichtstrahl ihrer Taschenlampe angewiesen, brauchte aber einige Zeit, bis sich ihre Augen an das Dämmerlicht gewöhnt hatten.

»Alles okay?«, drang es dumpf von draußen herein.

»Alles klar, Chief«, antwortete sie.

Sie war froh, nicht an Platzangst zu leiden, sonst wäre sie in dem engen Bau sicher durchgedreht. Auch so fiel es ihr schwer, ruhig zu bleiben. In dieser Enge war die Hitze noch unerträglicher, und sie fürchtete, keine Luft mehr zu bekommen und zu ersticken. Nur mühsam behielt sie sich unter Kontrolle.

Im Schein der Taschenlampe suchte sie nach den Welpen. Erst nachdem sie fast vollständig in den Bau gekrochen war, sah sie die jungen Wölfe verängstigt in einer Ecke hocken. Nur zwei Tiere waren noch am Leben. Die anderen drei waren tot. »Keine Bange«, beruhigte sie die Welpen, »ich bin gekommen, um euch zu helfen. Zuerst mal müssen wir hier raus, und dann bringe ich euch zu einem Arzt. Habt keine Angst, wir kriegen euch wieder hin.«

Sie nahm die Taschenlampe in den Mund und packte die Welpen mit beiden Händen. Die Kleinen wehrten sich nicht, waren viel zu schwach und erschöpft. Auf Knien und Ellbogen kehrte sie mit den Welpen ins Freie zurück.

»Wow!«, staunte der Firefighter. »Das war ganze Arbeit!«

Carla reichte dem Chief einen der beiden Wölfe und wischte sich mit der freien Hand den Schweiß von der Stirn. Der Firefighter half ihr auf. »Keine Wunden, aber sie sehen schwach aus«, sagte sie, nachdem sie die Tiere flüchtig untersucht hatte. »Ich schätze mal, sie waren zwei, drei Tage allein. Sie sind dehydriert und brauchen dringend Ersatz-Muttermilch. Haben wir alles bei uns im Wolf Center. Um sie aus dem Gröbsten herauszuholen, müsste ich Ihnen etwas Zuckerwasser einflößen, das haben Sie doch sicher im Camp?«

»Kein Problem«, erwiderte der Chief. »Phil soll Sie mit den Welpen nach Cooper Landing fahren. Dort gibt es einen Tierarzt, der die Versorgung der Kleinen übernehmen kann, bis Ihre Leute kommen. Fahren Sie mit den Welpen zurück?«

»C. J., so heißt unser Tierarzt und Chefpfleger, wird mit dem Flieger kommen. Wir haben gute Beziehungen zu den Flugdiensten. Aber ich würde gern noch zwei, drei Tage bleiben, falls die Mutter eines Welpen auftaucht.«

»Kein Problem. Meinen Sie, die Mutter ist noch am Leben?«

»Ehrlich gesagt, habe ich nicht viel Hoffnung.« Sie dachte an den Wolf, den Jason erschossen hatte. Eine Wölfin. »Für solche Fälle haben wir Muttermilch eingefroren. Wir kriegen sie wieder gesund, da bin ich sicher, aber es wird einige Zeit dauern. Wie Menschen, die bei so einer Katastrophe ein Trauma erleiden können, müssen auch Tiere einen solchen Schock erst mal überwinden. Unsere Leute sind für so was ausgebildet, vor allem C. J.«

Mit den Wölfen im Arm kehrten sie zum Camp zurück. Jason war nicht mehr dort, aber einige Firefighter, die gerade abgelöst worden waren, blickten neugierig zu ihr herüber, wegen der Welpen oder ihretwegen, vermochte sie nicht zu sagen. Sie rührte Zuckerwasser an und flößte den Welpen etwas davon ein, um eine weitere Dehydration zu vermeiden und den größten Hunger zu stillen, dann legte sie die jungen Wölfe auf ihren Rucksack und zog ihr Handy heraus. Ein Wunder, dass sie in dieser abgelegenen Gegend Empfang hatte. Es klingelte ein paarmal, bis C. J. an den Apparat kam. »Hi, C. J.«

»Carla! Ich kann dich kaum verstehen. Was gibt’s?«

Sie erklärte ihm in wenigen Worten den Sachverhalt. »Überrede Randy, dich mit der Cessna herzufliegen.« Randy veranstaltete Touristenflüge zum Gulkana-Gletscher und zum Mount Denali. »Morgen früh am Kenai Inn.«

»Wird gemacht.«

»Danke. Sonst alles okay bei dir?«

»Ja, bis auf die Niederlage im Februar.«

Im Februar hatten die San Francisco 49ers den Superbowl verloren. Ein Nackenschlag für C. J., einen der größten Fans des Footballclubs.

»Irgendwann kommst du drüber weg. Bis morgen!«

Sie steckte ihr Handy weg und kehrte zu Baxter zurück. Der Chief versprach, ihr bei dem Papierkram für die Adoption der Wolfswelpen zu helfen, er habe gute Beziehungen zu den Behörden auf der Kenai-Halbinsel, und rief Phil herbei. Er trug ihm auf, sie zum Tierarzt und zu ihrem Hotel zu fahren. »Und dann komm gleich wieder zurück! Hier gibt’s einiges zu tun.« Er blickte Carla an. »Morgen müssen Sie sich leider selbst einen Wagen in Cooper Landing besorgen. Jetzt kennen Sie ja den Weg. Rufen Sie mich auf dem Handy an, wenn es Probleme gibt. Und sorgen Sie sich nicht wegen des Papierkrams. Es hat bestimmt niemand was dagegen, dass Sie die Welpen in Ihrem Center aufziehen. Im Gegenteil, die Leute sollten Ihnen dankbar sein.«

»Vielen Dank für alles, Chief! Sie haben mir sehr geholfen.«

Carla stieg neben Phil in den Geländewagen. Er wäre wohl lieber beim Feuer geblieben und hätte seinen Kameraden geholfen, schien sie aber zu mögen und sich in ihrer Gegenwart wohlzufühlen. Auch sie mochte den Firefighter, vor allem, weil er wenig Aufhebens von seinem Job machte. Sie mochte Männer nicht, die sich als Helden verkauften und den »Action Hero« spielten. Es reichte ihr, wenn sie solche Machos im Kino oder Fernsehen sah.

»Ganze Arbeit!«, lobte er, als sie die beiden Welpen auf die Rückbank legte und mit einer Wolldecke zudeckte. »Ohne Sie hätten wir die Welpen da nicht mehr rausgeholt. Wie geht es den beiden?«

»Sie brauchen dringend ärztliche Hilfe.«

»Dann rufen wir wohl besser Dr. Chandler an.« Er wählte die Nummer des Tierarztes in Cooper Landing und ließ Carla sprechen, als der Arzt sich meldete. Sie nannte ihren Namen, schilderte Dr. Chandler, was geschehen war, und teilte ihm mit, dass sie in spätestens einer halben Stunde bei ihm wären.

Während der Fahrt blieben die lodernden Flammen in den Rückspiegeln, bis sie den Highway erreicht hatten und nach Cooper Landing zurückfuhren. Noch vor dem Hotel bogen sie nach links ab und parkten vor dem Haus von Doktor Chandler. Der Tierarzt war ein leicht gebückter Mann in den Sechzigern, trug einen Anzug, der ihm mindestens zwei Nummern zu groß war, und violette Crocs, die weder zu seinem geröteten Gesicht noch zu seiner Erscheinung passten. Beim Anblick der Welpen zog er überrascht die Augenbrauen hoch. »Und die haben Sie vor dem Feuer gerettet?«, fragte er den Firefighter.

»Sie.« Phil deutete auf Carla. »Sie kennt sich mit Wölfen aus.«

Dr. Chandler wunderte sich. »Auf den Tisch mit ihnen.«

Der Tierarzt untersuchte die Welpen gründlich, konnte glücklicherweise keine Verletzungen feststellen. »Ich würde sie gerne eine Nacht hierbehalten«, sagte er. »Ich hab die passende Milch hier und würde sie mit einigen Medikamenten aufpäppeln. Bis morgen früh dürften sie transportfähig sein.«

»Das trifft sich gut«, sagte sie. »Dann hole ich sie morgen früh ab.«