Wie die Quantenphysik
absolut alles erklärt
(AUSSER DIE SCHWERKRAFT)
Aus dem Englischen von Jürgen Schröder
Sämtliche Angaben in diesem Werk erfolgen trotz sorgfältiger Bearbeitung ohne Gewähr. Eine Haftung der Autoren bzw. Herausgeber und des Verlages ist ausgeschlossen.
Copyright © Tim James, 2019
Die englische Originalausgabe erschien 2019 in Großbritannien unter dem Titel Fundamental. How quantum and particle physics explain absolutely everything (except gravity) bei Robinson, einem Imprint von Little, Brown Book Group.
1. Auflage
© 2020 Ecowin Verlag bei Benevento Publishing Salzburg – München, eine Marke der Red Bull Media House GmbH, Wals bei Salzburg
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Red Bull Media House GmbH
Oberst-Lepperdinger-Straße 11–15
5071 Wals bei Salzburg, Österreich
Satz: MEDIA DESIGN: RIZNER.AT
Illustrationen: Tim James
Umschlaggestaltung: Hauptmann & Kompanie Werbeagentur, Zürich
Umschlagmotiv: © gremlin / Getty Images
Autorenillustration © Claudia Meitert/carolineseidler.com
ISBN 978-3-7110-0252-5
eISBN 978-3-7110-5276-6
Den Schülern der Northgate High School gewidmet
EINLEITUNGDas Ende
EINSVor Stolz glühen
ZWEIKleine Stückchen
DREIAristokraten, Bomben und Pollen
VIERDie Zähmung des Ungeheuers
FÜNFDie Sache wird – noch einmal – merkwürdiger
SECHSDie Kiste und die Miezekatze
SIEBENDie Welt ist eine Täuschung
ACHTDie Quantenmechanik muss sterben
NEUNTeleportation, Zeitmaschinen und Wirbel
ZEHNDie Quantenmechanik beweist, dass ich Batman bin
ELFWeit draußen im Feld
ZWÖLFGeraden und Schlangenlinien
DREIZEHNDie Elementarteilchenphysik wird aufgebockt
VIERZEHNWo ist mein Higgs, Liebling?
FÜNFZEHNDas Problem mit G
Chronologie der Quanten- und Elementarteilchenphysik
ANHANG IEine genauere Betrachtung des Spins
ANHANG IIDie Lösung von Schrödinger
ANHANG IIIEinsteins Fahrrad
ANHANG IVDie Zähmung der Unendlichkeit
ANHANG VEin Anstrich mit allen Farben des Quarks
Danksagung
Anmerkungen
Register
Über den Autor
»Ganz gleich, wie sicher sich die Wissenschaftler zu sein meinen, die Natur überrascht sie doch.«
Nemesis von Isaac Asimov
Die Natur ist verrückt. Wenn man zu den Grundgesetzen der Physik gelangt, direkt ins Kellergeschoss, findet man sich in einem Reich des Wahnsinnes und des Chaos wieder, wo Erkenntnis und Einbildung ein und dasselbe werden.
Das sollte natürlich nicht überraschen – man muss die Vernünftigkeit eines Universums, das die Existenz von Seesternen erlaubt, einfach infrage stellen –, aber selbst wenn man auf den exzentrischen Charakter der Natur gefasst ist, wird man durch nichts auf die Quantenphysik vorbereitet.
Es begann am Ende des 19. Jahrhunderts, als jedermann mit sich selbst zufrieden war. Wir hatten die Sterne kartiert, die DNS isoliert und standen kurz vor der Atomspaltung. Unser Wissen war fast vollständig, und es sah so aus, als ob wir im Begriff wären, Zeugen des großen Finales aller Errungenschaften des Menschen zu werden: des Endes der Naturwissenschaft selbst.
Es gab zwar noch ein paar missliche naturwissenschaftliche Rätsel, die niemand ganz gelöst hatte, aber das waren unbedeutende Kuriositäten, die auf einer Seite herabbaumelten, wie Fransen von einem Wandteppich herabhängen. Erst wenn wir an diesen Fransen kräftig zogen, begann das ganze Bild, das wir jahrhundertelang gewebt hatten, sich aufzulösen, und wir standen Auge in Auge einem neuen Bild der Wirklichkeit gegenüber. Einem Quantenbild.
Der Nobelpreisträger Richard Feynman eröffnete einst eine Vorlesungsreihe über die Quantenphysik mit der Bemerkung: »Meine Physikstudenten verstehen sie nicht. Ich verstehe sie nicht. Niemand versteht sie.«1 Das sind ernüchternde Worte von wohl dem größten Quantenphysiker der Geschichte. Wenn schließlich nicht einmal jemand, der so brillant war wie Feynman, sein Gehirn um das Thema herumwickeln konnte, welche Chance haben dann wir übrigen Sterblichen?
Man sollte jedoch im Auge behalten, dass Feynman nicht sagte, dass die Quantenphysik zu kompliziert ist, um verstanden werden zu können. Er sagte, dass die Quantenphysik zu verflucht sonderbar ist.
Angenommen, jemand würde Ihnen sagen, dass Sie sich ein vierseitiges Dreieck vorstellen oder sich eine Zahl ausdenken sollten, die kleiner als zehn, aber größer als eine Milliarde ist. Diese Anweisungen sind zwar nicht kompliziert, aber sie könnten sie nicht leicht befolgen, weil sie unsinnig sind. Genau so wird unsere Reise in die Quantenphysik aussehen.
Es handelt sich um eine Welt vierseitiger Dreiecke und von Zahlen, die keinen gewöhnlichen Regeln folgen; um einen Ort, an dem parallele Universen und Paradoxien hinter jeder Ecke lauern und die Gegenstände nicht auf Raum oder Zeit achten müssen.
Leider ist unser Gehirn nicht dazu gemacht, um mit dieser Art von Wahnsinn umzugehen, und die Wörter, die uns zur Verfügung stehen, sind nicht verrückt genug, um die Natur so zu erfassen, wie sie wirklich ist. Darum sagte der Physiker Niels Bohr, dass, wenn es um die Quantenphysik geht, »die Sprache nur als Dichtkunst verwendet werden kann«2.
Der Fehler, den viele Leute machen, besteht darin, die ganze Sache verwirrend zu finden und zu denken, dass sie nicht klug genug sind, um sie zu verstehen. Lassen Sie sich jedoch nicht abschrecken. Offen gestanden, wenn Sie dieses Thema skurril und beunruhigend finden, sind Sie in Gesellschaft der größten Geister der Geschichte.
Die Quantenphysik begann mit dem Versuch, das Licht zu verstehen, etwas, worüber wir mit unserem kollektiven Geist schon Jahrtausende rätselten. Der griechische Philosoph Empedokles war um das fünfte Jahrhundert v. Chr. der erste Mensch, der eine Theorie über das Wesen des Lichtes entwarf.
Er glaubte, dass das menschliche Auge einen magischen Feuerstein enthielte, der Strahlen von unserem Gesicht aussandte und all das erhellte, was wir anschauen wollten.3 Eine poetische Idee, die jedoch einen offensichtlichen Makel hatte: Wenn unsere Augen das Licht erzeugen, sollten wir immer in der Dunkelheit sehen können, weil unsere Augen selbst Fackeln sind.
Empedokles war auch derjenige, der uns die inzwischen widerlegte Vorstellung von vier elementaren Substanzen gab (Feuer, Wasser, Wind und Erde) und versuchte, die biologische Vielfalt als das Ergebnis davon zu erklären, dass Gliedmaßen ohne Körper in der Welt herumkrochen, bis sie sich zufällig miteinander vereinigten, um Lebewesen zu bilden.
Empedokles’ Aufgabe in der Wissenschaftsgeschichte bestand eigentlich darin, mit verrückten Ideen aufzuwarten, deren Falschheit alle anderen bewiesen. Obwohl wir im Fall der Lichtstrahlen dreizehnhundert Jahre brauchten, um seinen Fehler zu bemerken.
Erst als der arabische Gelehrte Alhazen die Bühne betrat, ließen wir schließlich Empedokles’ Vorstellung fahren. Alhazen führte ein Experiment durch, bei dem er den Augapfel eines Schweines sezierte und zeigte, dass das Licht im Innern des Hohlraums genauso umhersprang, wie in einem dunklen Zimmer, das heißt, die Lichtstrahlen kommen von Gegenständen um uns herum, und unsere Augen fangen einfach nur ihre Pfade ab.4
Es mag zwar als eigenartig erscheinen, dass wir über tausend Jahre brauchten, um sicher zu sein, dass unsere Augen nicht magische Laserkanonen abfeuerten, aber das waren andere Zeiten. Damals glaubte jeder, dass die Menschen den Dingen ihren Daseinszweck verliehen, weshalb die Dinge nicht zu erscheinen brauchten, wenn man sie nicht anblickte.
Zum Glück setzte sich Alhazens Vorschlag, dass Experimente das menschliche Ego ausstechen sollten, allmählich durch, und wir entschieden uns dafür, dass das Licht, was immer es auch sei, von den Dingen selbst ausging und geradlinig in unsere Augen einfiel. Stichwort Renaissance.
Der einflussreichste Naturwissenschaftler und Philosoph der Renaissance war wohl René Descartes, der uns unsere nächste zündende Idee zur Physik des Lichtes bescherte.
Descartes bemerkte, dass, wenn man eine Kerze anzündet, die Beleuchtung gleichzeitig jeden Winkel eines Zimmers erreichen kann, genauso wie eine Welle, die im Zentrum eines Teiches anfängt, jede Ecke gleichzeitig erreicht. Licht, so schloss er, war eine ähnliche Erscheinung; es gab ein unsichtbares Material, das uns in jeder Richtung umgab und das er als »Plenum« bezeichnete, und das Licht war das Ergebnis von Wellen und Wogen, die sich durch dieses Plenum hindurchbewegten.5
Der einzige Mensch, der sich mit seiner Plenum-Wellen-Idee nicht einverstanden zeigte, war Isaac Newton, der es zu seiner Hauptaufgabe machte, anderer Meinung als alle die zu sein, die er für weniger intelligent hielt als sich selbst (was im Grunde alle waren).
Newton wies darauf hin, dass, wenn das Licht eine Welle wäre, die sich durch ein Medium bewegt, es sich um einen Gegenstand herumkrümmen sollte, wenn es an ihm vorbeiging, genauso wie eine Wasserwelle sich leicht krümmt, wenn sie um einen Felsen herumgeht. Dadurch würden Schatten verschwommene Ränder erhalten, da sie aber scharf begrenzt sind, hatte es mehr Sinn, sich das Licht so vorzustellen, dass es aus Teilchen besteht, die er »Korpuskel« nannte.6
Die korpuskulare Theorie des Lichtes wurde unweigerlich gegenüber Descartes’ Plenumswellen akzeptiert, und zwar weitgehend aufgrund Newtons Berühmtheitsstatus und der Tatsache, dass er ein Fiesling gegenüber jedem war, der ihn herausforderte.
Daher wäre Newton entsetzt gewesen, wenn er von den Ergebnissen eines Experimentes erfahren hätte, das von einem Mann namens Thomas Young durchgeführt wurde und 70 Jahre nach seinem Tod zum entgegengesetzten Schluss kam. Damit meine ich, dass das Experiment 70 Jahre nach Newtons Tod durchgeführt wurde. Nach seinem eigenen machte Thomas Young nur noch sehr wenige Experimente.
Thomas Young war einer der bemerkenswertesten Geister des 18. Jahrhunderts. Wahrscheinlich ist er am bekanntesten für die Übersetzung des Steines von Rosette und entzifferte somit als erster moderner Mensch ägyptische Hieroglyphen. Er war auch der Erste, der Farbrezeptoren in unseren Augen erkannte, mehrere Bücher über Medizin schrieb, vierzehn Sprachen sprach, ein Dutzend Musikinstrumente spielte und unsere moderne Theorie der Elastizität entwickelte.7
Sein Experiment, das wirklich Wellen für die Theorie des Lichtes schlug (Wortspiel völlig beabsichtigt), führte er 1803 durch; es wird als Doppelspalt-Experiment bezeichnet.
Kehren wir für einen Augenblick zu der Vorstellung von Wellen zurück, die sich über einen Teich bewegen. Stellen wir uns einen regelmäßigen Impuls von Wellen vor, die sich über eine ruhige flüssige Oberfläche bewegen und durch ein Hindernis hindurchgehen, in dem sich eine Lücke befindet. Während diese Wellen auf die andere Seite dieser Lücke wabern, fächern sie sich leicht auf – ein Vorgang, den wir als Beugung bezeichnen.
Der Grund ihrer Ausbreitung besteht darin, dass der Rand einer Welle seine Energie an das umgebende Wasser abführt. Von oben gesehen, erhalten wir ein Muster, das so aussieht, wie das unten abgebildete, bei dem die Wellengipfel als durchgängige Linien und die Wellentäler gestrichelt gezeichnet sind.
Probieren wir es jetzt stattdessen einmal mit zwei Lücken in unserem Hindernis. Es wird dasselbe geschehen, nur sehen wir dieses Mal zwei Wellen, die sich gleichzeitig beugen, und zwar schließlich so, dass sie sich überschneiden und miteinander vermischen. Von oben gesehen, sieht das so aus:
An manchen Stellen kann man sehen, dass die Wellen sich vollkommen überkreuzen, wobei ein Gipfel der einen Welle auf einen Gipfel der anderen Welle trifft, was zu einem Megagipfel auf der Wasseroberfläche führt. Zwischen diesen Megagipfeln erhalten wir den gegenteiligen Effekt, wo sich die Wellen nicht im Einklang miteinander befinden und ein Gipfel auf ein Tal stößt. An diesen Stellen neutralisieren sich die Wellen und hinterlassen so gut wie überhaupt keine Welle.
Wenn wir jetzt einen Bildschirm an das Ende des Teiches stellen würden, träfen die vermischten Wellen in abwechselnden Regionen von Megagipfeln und neutralisiertem Nichts auf ihn. Wenn wir geradewegs (anstatt von oben) auf diesen Bildschirm blicken, erscheint das Muster, das unsere Wellen hinterlassen, folgendermaßen:
Wir schauen hier auf die Wirkung dessen, dass Wellen miteinander interferieren, während sie durch einen Doppelspalt gebeugt werden, wodurch auf der anderen Seite ein Muster von abwechselnder hoher und niedriger Stärke entsteht. Ein Phänomen, das wir als »Superposition« bezeichnen.
Thomas Young reproduzierte nun dieses Wellen-Superpositionsmuster anhand von Lichtstrahlen anstatt von Wasser. Indem er eine Kerze durch zwei Schlitze in einer Wand leuchten ließ, erzeugte Young am Ende sich abwechselnde Zebrastreifen aus Licht und Schatten auf seinem Detektorbildschirm, die ähnlich aussahen wie das Muster, das sich miteinander vermischende Wasserwellen hinterlassen:
Wenn Licht aus Teilchen besteht, wie Newton meinte, dann sollten sie durch die beiden Schlitze schießen und in einem großen Haufen auf die Wand auf der anderen Seite treffen. Das Zebramuster, das wir tatsächlich erhalten, lässt sich nur erklären, wenn das Licht irgendwie wellenartig ist.
Newtons Einwand mit den scharf geränderten Schatten hatte zwar immer noch einen gewissen Einfluss, aber jetzt, da er tot war, wagten ein paar Leute, seine Lehren infrage zu stellen. Wenn man sich die Grenze eines Schattens wirklich genau ansieht, dann gibt es wirklich verschwommene Ränder: Nur sind sie eben klein und leicht zu übersehen. Das lässt sich nicht mit einer Teilchentheorie erklären, kann aber als Welle erklärt werden, die sich um den Gegenstand herumkrümmt.
Dem Material, das der Träger dieser Wellen ist und das Descartes »Plenum« genannt hatte, wurde ein ausgefallenerer Name gegeben – (lichtspendender) Äther –, und das Wesen des Lichtes war schließlich entschieden.
Descartes’ Idee war zwar gewiss ihrer Zeit voraus, aber sie wurde so lange nicht akzeptiert, wie es keinen experimentellen Beweis gab. Das ist eine eindringliche Erinnerung daran, dass man Descartes nicht vor das Pferd spannen kann. Der Witz tut mir fast leid.* Fast.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts stellte niemand mehr infrage, woraus Licht bestand. Young hatte es entschieden. Es gab jedoch ein paar Dinge, die nicht recht zusammenpassten, wobei das Bedeutendste in der Frage bestand, was geschieht, wenn Licht mit einem heißen Gegenstand interagiert. Um dieses Rätsel zu verstehen, müssen wir über Schläuche sprechen.
Stellen Sie sich einen Schlauch vor, dessen Tülle am Boden einer Kiste befestigt ist. Wenn wir das Wasser aufdrehen, wird sich die Kiste allmählich mit Wasser füllen, bis sie nicht mehr standhalten kann. Aber angenommen, wir bohren drei Löcher in den Deckel – ein kleines, ein mittleres und ein großes.
Wenn wir das Wasser jetzt aufdrehen, wird es zwar wie gewöhnlich ansteigen, aber dann anfangen, aus den Löchern im Deckel zu laufen. Offensichtlich kommt das meiste Wasser aus dem größten Loch und nur ein spärliches Rinnsal aus dem kleinsten. Der Bau einer solchen Vorrichtung wäre zwar etwas witzlos, aber es passiert hier nichts Unverständliches. Wir pumpen Wasser am Boden hinein und es läuft aus den Löchern im Deckel heraus.
Das ist eine recht gute Methode, um sich zu veranschaulichen, warum ein Gegenstand glüht, wenn er heißer wird. Wenn irgendein Gegenstand sich erwärmt, wird die Wärmeenergie absorbiert, und zwar so lange, bis der Gegenstand genug aufgenommen hat, zu welchem Zeitpunkt sie anfängt, in Form von Licht zu entweichen.
Der Schlauch in dem Vergleich stellt Wärme dar, die dem Gegenstand zugeführt wird, und die Löcher stehen für verschiedene Typen von Licht, die abgestrahlt werden können. Das kleinste Loch stellt infrarotes Licht dar (das zu wenig Energie besitzt, um sichtbar zu sein), das mittlere Loch stellt sichtbares Licht dar (von rot bis violett) und das größte Loch repräsentiert ultraviolettes Licht (das zu viel Energie besitzt, um sichtbar zu sein).
Dunkel gefärbte Gegenstände neigen dazu, diesen Umwandlungsprozess von Wärme in Licht am effektivsten zu vollziehen, da sie die ganze Energie absorbieren, die auf sie trifft, und daher wird ein theoretisch perfekter Wärmeabsorbierer in der Fachsprache der Physik als »Schwarzkörper« bezeichnet (selbst wenn er nicht buchstäblich schwarz ist).
Das Ganze wird durch eine einfache Gleichung angemessen beschrieben, die als Rayleigh-Jeans-Gesetz bezeichnet wird und die eine gute Näherung darstellt, insbesondere bei kalten bis gemäßigten Temperaturen. Wenn es jedoch glühend heiß wird, geschieht etwas wirklich Sonderbares.
Logischerweise sollte das meiste Licht, das von einem heißen Gegenstand ausgestrahlt wird, in Form von Ultraviolett erscheinen, weil das das Licht mit der höchsten Energie ist (das größte Loch in unserem Vergleich mit der Kiste). In Wirklichkeit kommt jedoch fast alles Licht aus dem Gegenstand mit einem mittleren Wert heraus.
Es gibt zwar auch ein bisschen Infrarot und ein bisschen Ultraviolett, aber der größte Teil des Lichtes, das von einem heißen Gegenstand abgestrahlt wird, sprudelt als Gelborange aus ihm heraus, was keinerlei Sinn ergibt. Es wäre so, als ob wir unsere Kiste mit Wasser füllten und alles dann aus dem mittleren Loch herausflöße anstatt aus dem großen.
Tatsächlich ist die wirkliche Situation noch verwirrender als unser Vergleich mit den drei Löchern; weil das wirkliche Licht jede beliebige Energie aufweisen kann, anstatt auf nur drei Typen beschränkt zu sein. Ein genaueres Bild könnte darin bestehen, dass man sich einen Spalt vorstellt, der entlang des Deckels der Kiste eingeschnitten ist, und dann feststellt, dass das Wasser nur aus der Mitte des Schlitzes herausquillt und die Enden irgendwie ignoriert.
Der Physiker Paul Ehrenfest bezeichnete dieses Problem als »Ultraviolett-Katastrophe«8, und seither nennt man es in Physikbüchern die berüchtigte »Ultraviolett-Katastrophe«.
In dieser Situation haben wir eine fehlende Übereinstimmung zwischen Theorie und Experiment, und in der Naturwissenschaft ist es immer die Theorie, die geändert werden muss. Man hat einem Experiment nicht zu sagen, welche Ergebnisse es hervorbringen soll. Wenn Ihre Theorie also die Daten, die Sie wirklich erhalten, nicht vorhersagt, dann heißt das, dass Sie sich von Ihrer Theorie verabschieden müssen.
Die Katastrophe ergab sich daraus, dass wir anscheinend falsche Vorstellungen davon hatten, wie Lichtenergie funktioniert, aber niemand hätte ahnen können, dass ein leichtes Überdenken dieser Vorstellungen auf den Weg zur Quantenrevolution führen würde. Obwohl der Mann, der die Antwort entdeckte, nicht versuchte, irgendetwas so Radikales zu tun. Er wollte nur eine billige Glühbirne.
Max Planck war das jüngste von sechs Kindern und schloss das Gymnasium 1875 ab, ein Jahr vor seinen Klassenkameraden. Er bewarb sich für ein Physikstudium an der Universität München, aber der Mann, der seine Bewerbung begutachtete, Professor P. von Jolly (ein echter Name), versuchte, ihm abzuraten, weil die Physik fast abgeschlossen war und es sich um eine Verschwendung von Plancks Intellekt handeln würde.9
Obwohl Jolly dermaßen ernst war, machte Planck keinen Rückzieher und bestand darauf, das Fach zu studieren, das er wollte. Ihm lag nicht daran, etwas Neues zu entdecken, weil er kein Interesse an Vermächtnissen hatte. Er wollte nur verstehen, wie die Welt funktionierte, und würde eine ablehnende Antwort nicht akzeptieren. Planck gab nicht klein bei.
Jolly war so beeindruckt von dieser hartnäckigen Haltung, dass er schließlich beschloss, Planck zuzulassen, und bald schon wurde dieser zu einer der am meisten verehrten Figuren des europäischen Physikerkreises. Seine Vorlesungen waren angeblich so beliebt, dass die Leute sich in der Regel Schulter an Schulter drängten, um ihn sprechen zu hören, und es gibt Berichte darüber, dass Zuhörer, die von der Wärme ohnmächtig geworden waren, von allen anderen ignoriert wurden, damit Planck zu Ende sprechen konnte.
Es war dieser Ruf, der ihm die Aufmerksamkeit des deutschen Eichamts einbrachte, das anfragte, ob er bei dessen Projekt mithelfen wolle, Deutschland mit elektrischer Straßenbeleuchtung auszustatten. Elektrizität war in anderen Ländern zwar schwer in Mode, aber sie war teuer, und das Eichamt wollte die effektivste Beleuchtungsmethode herausfinden. Planck nahm die Einladung bereitwillig an und begann mit der Arbeit, indem er die Beziehung zwischen Wärme und Licht bei einer heißen Glühbirne untersuchte.10
Der Glühfaden einer solchen Birne ist tatsächlich ein »Schwarzkörper«. Während er von innen erwärmt wird, absorbiert die äußere Oberfläche alle Energie und strahlt sie wieder als Licht ab, vor allem als sichtbares Licht. Wenn er jedoch heißer wird, beginnt er nicht, die Arten von Licht hervorzubringen, die vom Rayleigh-Jeans-Gesetz vorhergesagt werden, weshalb Planck beschloss, ein neues Gesetz zu erfinden, eines, bei dem er sich die Lichtenergie als eine Art von Gas vorstellte.
In einem Gas gibt es eine Gruppe von Teilchen, die wahllos herumfliegen, und wenn sie zusammenstoßen, wird ihre Wärme aufgeteilt. Durch bloßen Zufall haben manche Teilchen eine niedrige Energie und manche haben eine hohe Energie, aber die meisten konvergieren auf einen mittleren Wert – was wir als Temperatur bezeichnen.
Planck bemerkte, dass diese Energieverteilung mit dem übereinstimmte, was er bei seinen Experimenten mit Glühbirnen beobachtete. Wenn wir einen Gegenstand erwärmen, bewegt sich das abgestrahlte Licht um einen mittleren Energiewert, wobei ein paar Strahlen am unteren und oberen Ende herauskommen. Daher schlug Planck vor, dass die Energie zwischen Lichtstrahlen genauso aufgeteilt wird, wie Wärme unter den Teilchen in einem Gas aufgeteilt wird.
Der einzige Haken ist, dass das Gas-Wärme-Phänomen nur deshalb stattfindet, weil ein Gas in Teilchen aufgespalten ist. Wenn Plancks Idee funktionieren sollte, dann musste das Licht ebenfalls aus Teilchen bestehen.
Er bezeichnete diese winzigen Lichtkörnchen als »Quanten« vom lateinischen quantitas, was Quantität bedeutet, und fuhr ungestört mit seiner Arbeit fort.
Damit keine Missverständnisse entstehen, Planck behauptete nicht ernsthaft, dass Licht aus Teilchen bestand – das wäre absurd. Er wandte nur – weitgehend aus Verzweiflung – einen albernen mathematischen Trick an, um seinen Ergebnissen einen Sinn abzugewinnen. Jedermann wusste aufgrund von Youngs Experiment, dass Licht eine Welle war, die sich durch den Äther bewegt; wir hatten schon vor langer Zeit mit Newtons Korpuskel-Idee aufgeräumt.
Was Planck anging, so waren Lichtquanten nur die halbe Antwort, die nicht ernst genommen werden sollte. Daher war er natürlich verblüfft, als er einen Forschungsartikel erhielt, der nachwies, dass sie wirklich waren. Tatsächlich so starr wie eine Planke.
* Im Englischen gibt es die Wendung »to put the cart before the horse« (das Pferd von hinten aufzäumen) und »the cart« klingt so ähnlich wie »Descartes« (A. d. Ü.).
Bis 1905 hatte Planck seine Idee von Lichtteilchen schon weitgehend vergessen und arbeitete als Chefherausgeber für die Annalen der Physik, eine der angesehensten Physikzeitschriften der Welt. In dieser Position zu sein bedeutete, dass er eine Menge von windigen Vorschlägen erhielt, die an sein Posteingangsfach gesendet wurden. Die meisten davon entsorgte er.
Der Essay, den er im März jenes Jahres erhielt und der behauptete, dass Licht wirklich aus Teilchen bestand und nicht nur ein Schwindel war, um zu den richtigen Zahlen zu kommen, schien zunächst nichts als eine weitere verrückte Idee zu sein. Sie kam von einem unbekannten 26-jährigen Amateurphysiker aus der Schweiz, der die Befähigung zum Gymnasialunterricht und nur wenig mehr aufwies. Doch die Physik in dem Aufsatz war nicht nur makellos, sondern löste auch noch ein anderes Rätsel, das man schon jahrelang zu beantworten versucht hatte.
Planck konnte es anfangs nicht glauben und schickte sogar seinen Assistenten in die Schweiz, um zu überprüfen, ob dieser »A. Einstein« echt war und nicht jemand, der unter einem Pseudonym schrieb, um Spott zu vermeiden.11 Als er feststellte, dass Einstein tatsächlich ein wirklicher Mensch war (wenn auch ein ziemlich unerfahrener – er hatte noch nicht einmal einen Doktorgrad), veröffentlichte Planck seinen Aufsatz sofort. Seine lächerliche Idee mit den Lichtquanten war vielleicht am Ende doch nicht so lächerlich.
Einsteins Aufsatz handelte von etwas, das als fotoelektrischer Effekt bezeichnet wird. Einfach ausgedrückt: Wenn man Licht auf ein reines Stück Metall strahlt, können Elektronen auf der Außenseite der Metallatome herausgeschlagen werden und von der Oberfläche wegfliegen.
Der Grund dafür ist, dass Elektronen Licht absorbieren und, wenn der einlaufende Strahl eine ausreichende Energie hat, ein Elektron dieses Licht absorbieren und losgeschlagen werden kann. Das ist zwar an sich nicht so überraschend, aber was überraschend ist, ist die Tatsache, dass das nicht bei jeder Farbe geschieht.
Jedes Metall ist einzigartig, aber im Allgemeinen haben rotes, oranges und gelbes Licht keine Wirkung auf eine Metalloberfläche, wohingegen grünes, blaues und violettes Licht zur Abgabe von Elektronen führen. Grünes, blaues und violettes Licht enthalten mehr Energie als rotes, oranges und gelbes Licht; das ergibt also einen Sinn. Seltsam ist jedoch, dass, wenn man die Helligkeit von rotem Licht erhöht (bis es einem blauen Licht gleicht), nichts passiert.
Wir messen die Quantenenergie in Einheiten, die als Elektronenvolt bezeichnet werden (abgekürzt durch eV), und ein rotes Licht von 10 eV enthält denselben Energiebetrag wie ein blaues Licht von 10 eV. Wie kommt es also, dass rotes und blaues Licht gleicher Energie nicht dieselbe Wirkung haben? Sind 10 eV von rotem Licht nicht dasselbe wie 10 eV von blauem Licht? Einstein zeigte, dass das nicht der Fall wäre, wenn man Plancks Quantentheorie ernst nähme. Zehn ist nicht immer gleich zehn.
Stellen Sie sich vor, dass jemand einen Apfel mit ausgestrecktem Arm hält. Wenn Sie mit einer Wasserpistole auf den Arm dieser Person spritzen (fragen Sie nicht, warum Sie das tun, so funktionieren Vergleiche in der Physik), wird der Apfel so lange an seinem Ort bleiben, bis Sie die Intensität zu einem kräftigen Strahl erhöhen. An diesem Punkt kann die Wasserenergie den Griff der Hand überwinden, und der Apfel fliegt in die Luft.
Genauso ist ein Elektron an sein Atom mit einem bestimmten Energiebetrag gebunden, und wenn wir die Helligkeit des einlaufenden Lichtes erhöhen, sollten wir es schließlich losschlagen, und zwar unabhängig davon, mit welcher Farbe wir es zu tun haben. Im Labor erhalten wir jedoch nicht dieses Ergebnis, weshalb wir unsere Theorie wieder umkrempeln und etwas Neues ausprobieren müssen.
Wenn wir unseren roten Strahl betrachten und uns vorstellen, dass er in kleine Stückchen zerhackt ist, wie Planck vorschlug, dann wird jedes Stückchen einen bestimmten Energiebetrag enthalten. Ein Strahl von blauem Licht lässt sich natürlich in dieselbe Anzahl von Stückchen zerhacken, aber jedes einzelne wird mehr Schlagkraft haben.
Anstatt sich die Lichtenergie als einen nahtlosen Wasserstrahl vorzustellen, müssen wir im Sinne von Teilchen denken. Rote Lichtquanten wären etwa so wie Tischtennisbälle. Wenn man einen Tischtennisball auf die Hand einer Person feuert, wird der Apfel sich nicht bewegen, auch wenn man die Intensität erhöht. Man kann einen ganzen Eimer Tischtennisbälle auf die Versuchsperson werfen, aber da jede Interaktion zwischen Apfel und Ball gering ist, bewegt sich nie etwas, gleichgültig wie viel Licht es gibt.
Im Gegensatz dazu ist ein Quant von blauem Licht eher so wie eine Kanonenkugel. Wenn Sie ein einzelnes blaues Teilchen auf die Person feuern, die Ihren Apfel hält, wird es den Apfel wegschlagen und wahrscheinlich auch die Hand. Suchen Sie Ihre Versuchsperson sorgfältig aus.
Hundert Tischtennisbälle haben vielleicht dieselbe Gesamtenergie wie eine einzige Kanonenkugel, aber die Kanonenkugel wird leicht mehr Wirkung haben. Daher ist die Gesamtenergie eines Lichtstrahles irrelevant, wenn er in Teilchen aufgespalten ist; alles, was zählt, ist die Farbe. Und genau das beobachten wir auch.
Einstein zufolge hat Plancks Quantentheorie des Lichtes eine wirkliche physikalische Bedeutung. Sie war nicht nur ein Mittel, um uns nahe an die Antwort heranzubringen, sie war buchstäblich die Antwort selbst. Licht besteht am Ende doch aus Teilchen. Bald nach Einsteins Beweis beschloss der Chemiker Gilbert Lewis, dass diese Teilchen einen eingängigeren Namen als »Lichtquanten« haben sollten, und er begann, das Wort »Photon« (griechisch für Licht) zu verwenden, das jetzt hängen geblieben ist.12
Sowohl Planck als auch Einstein erhielten Nobelpreise für ihren neuen Ansatz in der Physik des Lichtes, jeweils 1918 und 1921. Gilbert Lewis bekam leider keinen Nobelpreis, aber er hatte einen fantastischen Schnurrbart, und die Erfindung des Wortes »jiffy« (Sekundenschnelle) wird ihm zugeschrieben, insofern hatten alle etwas gewonnen.
Als Einstein bewies, dass Licht aus Teilchen bestand, bestätigte das nicht nur Plancks Quantentheorie, sondern stand auch im Widerspruch zu Youngs Lichtwellen.
Einerseits konnten der fotoelektrische Effekt und die Ultraviolett-Katastrophe nur erklärt werden, wenn Licht aus Teilchen bestand. Andererseits zeigt das Doppelspalt-Experiment, dass Licht eine Welle in irgendeiner Art von Hintergrundmedium sein muss.
Wenn zwei vorgeschlagene Hypothesen im Konflikt miteinander stehen, lösen Naturwissenschaftler die Unstimmigkeit dadurch auf, dass sie Experimente durchführen, um sie zu unterscheiden. Aber was tun wir im Namen von Newtons Äpfel mampfendem Geist, wenn die Experimente selbst nicht übereinstimmen? Das war eine noch nie da gewesene Situation für die Naturwissenschaft, weshalb wir versuchen mussten, eine Hintertür zu finden.
Vielleicht könnten wir die Ergebnisse von Youngs Doppelspalt-Experiment im Sinne von Photonen erklären. Sprüht unsere Lichtquelle sie wie ein Maschinengewehr und sie stoßen in der Luft miteinander zusammen, um das Zebramuster zu erzeugen?
Die beste Methode, das zu bestätigen, bestünde darin, die Möglichkeit zu eliminieren, dass die Photonen miteinander interagieren, während sie durch die Spalte fliegen. Anstatt sie alle auf einmal zu versprühen, sollten wir versuchen, sie einzeln abzufeuern und unser Maschinengewehr im Endeffekt durch ein Scharfschützengewehr zu ersetzen.
Im Lauf der Jahre wurden viele Varianten dieses Experimentes entworfen, aber die beste war zweifellos diejenige, die von Akira Tonomura 1994 durchgeführt wurde, als er für Hitachi arbeitete.13 Dieselbe Firma, die Tanks, Kühlschränke und Massagestäbe herstellt, erhebt auch Anspruch auf das genaueste Doppelspalt-Experiment, das je durchgeführt wurde.
Die Einzelheiten von Tonomuras Versuchsaufbau sehen ganz anders aus als das Experiment, das Thomas Young durchführte, aber sie erreichen dasselbe Ziel; daher werde ich um der Einfachheit und der Bequemlichkeit willen dieselbe Terminologie verwenden, auch wenn es nicht ganz so einfach war, wie es meiner Darstellung nach klingt.
In seinem Experiment konnte Tonomuras Strahlenerzeuger von hoher zu niedriger Helligkeit verändert werden, indem er Photonen auf zwei Spalte feuerte. Auf der anderen Seite wurde ein Detektorbildschirm aufgestellt, der aus einem Material hergestellt wurde, das aufleuchtete, wenn es getroffen wurde, und überall dort einen Licht-Nadelstich erzeugte, wo ein Teilchen landete.
Wenn eine ganze Menge Licht auf die Spalte gefeuert wurde, wie Young es in seinem ursprünglichen Experiment tat, erhielt Tonomura das erwartete Zebramuster, aber wenn er die Intensität auf jeweils ein Photon reduzierte, erhielt er ein wirklich merkwürdiges Ergebnis.
In den ersten paar Minuten geschah nichts Interessantes. Jedes Photon schoss auf den Spalt zu und traf scheinbar zufällig auf dem Detektorschirm auf. Aber als er weiter zusah, begann das Punktemuster sich folgendermaßen in Streifen anzuordnen … kommt Ihnen das bekannt vor?
Das sollte nicht möglich sein, weil jedes Teilchen einzeln abgefeuert wird. Das Zebramuster erfordert, dass ein Photon durch einen Spalt geht und sich mit einem anderen Photon vermischt, das aus dem anderen Spalt kommt. Wenn jedes Photon einzeln abgefeuert wird, dann sollte es nichts geben, womit es sich vermischen kann. Wie erzeugen die Photonen ein Interferenzmuster, wenn es gar nichts gibt, womit sie interferieren können? Gehen die Photonen etwa gleichzeitig durch beide Spalte?
Ich erinnere mich, wie ich einmal ein Paar Schlafanzughosen aus der Waschmaschine zog und verblüfft war, weil ich sie anscheinend gleichzeitig anhatte. Einige Sekunden lang stand ich ratlos da und glaubte, ich sei der Besitzer von Quantenhosen, die in der Lage sind, in einer örtlichen Hosensuperposition zu existieren.
Man wies mich dann darauf hin, dass ich zwei Paar derselben Hosen besitze und mir das nie zuvor aufgefallen war. Zu meiner Verteidigung dachte ich damals über Quantenphysik nach, und in der Quantenphysik entscheidet man sich nie für die einfache Erklärung. Die einfache Erklärung funktioniert nie.
Das Doppelspalt-Experiment zeigt, dass Licht sich wie ein Teilchen verhalten kann, wenn es von einer Quelle abgefeuert wird, dass es sich aber auch wie eine Welle verhalten kann, wenn es durch die Spalte geht.
Im Sinne der »klassischen Physik« – der Physik von Isaac Newton, wo sich alles vernünftig verhält – sind Teilchen und Wellen verschieden. Die Quantentheorie begann, diese Grenze zu verwischen.
Als Einstein seinen Nobelpreis in Schweden abholte, nahm ein junger dänischer Physiker und Fußballfan14 namens Niels Bohr die Quantentheorie auf und wandte sie auf ganze Atome an.
Atome bestehen aus Teilchen, die als Protonen bezeichnet werden und sich in einem zentralen Kern gruppieren, und Elektronen, die außen herum summen wie Bienen, die ein Nest umschwärmen. (NB: Neutronen, die sich ebenfalls im Kern befinden, waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht entdeckt worden.)
Es war bekannt, dass Licht, welches von einem glühenden Atom ausging, mit Intensitätswerten abgestrahlt wurde, die für den jeweiligen Typ von Atom einzigartig sind. Heißes Eisen strahlt andere Frequenzen ab als beispielsweise heißes Nickel, und umgekehrt absorbiert es andere Lichtfarben, die darauf gestrahlt werden. Zuvor war das schwer zu erklären, weil man sich Licht als eine nahtlose wellenartige Substanz vorstellte, aber sobald wir erfuhren, dass ein Lichtstrahl manchmal aus Teilchen mit spezifischen Energien bestand, wurde es möglich, seine Interaktionen mit der Materie zu erklären. Die Energie von Photonen nimmt spezifische Werte an, daher leuchtete es ein, dass das auch für die Energie von Elektronen galt.
In Bohrs Quantentheorie des Atoms werden Elektronen nicht so vorgestellt, dass sie nach dem Zufallsprinzip um einen Kern herumflitzen. Stattdessen bewegen sie sich über die Oberfläche unsichtbarer Kugeln in ganz bestimmten Entfernungen. Bohr nannte diese Kugeln »Elektronenschalen«, obwohl er sie natürlich »bohrsche Umlaufbahn«, Bohrbits, hätte nennen sollen.
Bohrs Atom war eine dreidimensionale Variante eines Sonnensystems, und das ist das beliebte Bild eines Atoms, das man heute immer noch zeichnet. Der Unterschied zwischen Elektronen und Planeten besteht jedoch darin, dass Planeten in jeder beliebigen Entfernung um die Sonne herumwandern können. Die Gravitation übt an jedem Punkt im Raum eine Kraft aus und nimmt stetig ab, wenn man zurückweicht. Daher ist jede Entfernung einer Umlaufbahn erlaubt, vorausgesetzt, Sie bewegen sich mit der richtigen Geschwindigkeit, um zu verhindern, eingesaugt zu werden.