Cover

Mark Miodownik, geboren 1969, ist Materialwissenschaftler am University College London. Bereits 2010 zählte ihn die Times zu den 100 einflussreichsten Wissenschaftlern. In Großbritannien ist er in Radio und Fernsehen ein gefragter Gesprächspartner und Moderator von Wissenschaftssendungen. Miodownik schreibt außerdem regelmäßig für den Guardian und die Times. Sein Buch »Wunderstoffe« wurde 2014 als bestes Wissenschaftsbuch des Jahres mit dem Royal Society Winton Prize ausgezeichnet.

Fabelhafte Flüssigkeiten in der Presse:

»Dieses Buch liefert genau, was es verspricht … eine vortreffliche Suppe aus flüssiger Wissenschaft. Ein Genuss!« Sunday Times

»Wieder hat Miodownik ein Buch geschrieben, das so ist, wie die Substanzen, die es beschreibt: aufregend, eigenwillig und überraschend. Und es wärmt und erfrischt wie eine perfekte Tasse Tee.« Guardian

»Das Buch belohnt den Leser mit faszinierenden Fakten und Einblicken.« Wall Street Journal

Besuchen Sie uns auf www.penguin-verlag.de und Facebook.

Mark Miodownik

Fabelhafte
Flüssigkeiten

Kuriose Fakten über alles,
was durch unser Leben sickert,
tröpfelt, rinnt und fließt

Aus dem Englischen
von Jürgen Neubauer

Die Originalausgabe erschien 2018 unter dem Titel Liquid. The Delightful and Dangerous Substances That Flow Through Our Lives bei Viking, London.



Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.





Copyright © der Originalausgabe 2018 by Mark Miodownik
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2021 by Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, München

ISBN 978-3-641-25583-1
V002

www.penguin-verlag.de

In liebevollem Andenken an meine Eltern

Inhalt

Einleitung

Kapitel 1 Explosiv

Kapitel 2 Berauschend

Kapitel 3 Tief

Kapitel 4 Klebrig

Kapitel 5 Fantastisch

Kapitel 6 Körperlich

Kapitel 7 Anregend

Kapitel 8 Reinigend

Kapitel 9 Kühlend

Kapitel 10 Dokumentenecht

Kapitel 11 Wolkig

Kapitel 12 Fest

Kapitel 13 Nachhaltig

Nachwort

Zum Weiterlesen

Dank

Bildnachweis

Register

Einleitung

Erdnussbutter, Honig, Pesto, Zahnpasta – was haben mir die Sicherheitskontrolleure am Flughafen nicht schon alles weggenommen. Besonders geschmerzt hat mich der schottische Single Malt Whisky. In solchen Situationen verliere ich immer wieder die Fassung. Dann werde ich laut und sage Dinge wie »Ich möchte mit Ihrem Vorgesetzten sprechen!« oder »Erdnussbutter ist doch keine Flüssigkeit!«, obwohl ich es natürlich besser weiß. Erdnussbutter fließt und schmiegt sich an das Glas an, und weil sich nun einmal nur Flüssigkeiten so verhalten, ist die Erdnussbutter eben auch eine Flüssigkeit. Aber es macht mich einfach wütend, dass die Sicherheitskontrollen trotz aller vermeintlich intelligenten Technologie noch immer nicht in der Lage sein sollen, einen harmlosen Brotaufstrich von einem Flüssigsprengstoff zu unterscheiden.

Seit 2006 ist es nun verboten, mehr als 100 Milliliter Flüssigkeit in den Abflugbereich mitzunehmen, doch unsere Durchleuchtungsapparate haben sich seither kaum weiterentwickelt. Mit Röntgengeräten kann man höchstens Koffer durchleuchten und Gegenstände identifizieren. Sie dienen vor allem dazu, das Sicherheitspersonal auf verdächtige Formen aufmerksam zu machen: Ist das eine Pistole oder doch nur ein Haartrockner? Ein Messer oder ein Kugelschreiber? Aber Flüssigkeiten haben keine eigene Form, sondern passen sich dem Behälter an, in dem sie sich gerade befinden. Die Scanner können zwar die Dichte eines Stoffs und verschiedene chemische Elemente erkennen. Doch auch hier ergibt sich eine Schwierigkeit: Erdnussbutter unterscheidet sich in ihrer Zusammensetzung gar nicht so sehr von Nitroglyzerin. Beide bestehen sie vor allem aus Kohlenstoff, Wasserstoff, Stickstoff und Sauerstoff, mit dem Unterschied, dass Ersteres eine wohlschmeckende Paste ist und Letzteres ein hochexplosives Sprengmaterial. Es gibt eine Unmenge gefährlicher Gifte, Bleichmittel und Krankheitserreger, die man nur mit einiger Mühe von harmlosen Flüssigkeiten unterscheiden kann. Dieses Argument musste ich mir auch immer wieder von den Sicherheitskontrolleuren (und ihren Vorgesetzten) anhören. Und dann musste ich jedes Mal zähneknirschend zustimmen, dass die Erdnussbutter oder irgendeine andere Flüssigkeit, die ich aus Schusseligkeit nicht aus meinem Handgepäck genommen habe, tatsächlich ein Risiko darstellen könnte.

Flüssigkeiten sind in vieler Hinsicht das Gegenteil von verlässlichen Feststoffen. Feste Materialien waren schon immer der Freund des Menschen und nehmen in Kleidung, Schuhen, Telefonen, Autos und natürlich auch in Flughafengebäuden zuverlässige Gestalt an. Flüssigkeiten sind dagegen fließend – sie können jede beliebige Form annehmen, aber nur, solange sie von irgendetwas festgehalten werden. Andernfalls sind sie dauernd in Bewegung, sie sickern, zersetzen, tröpfeln und zerrinnen uns zwischen den Fingern. Wenn Sie einen Feststoff irgendwo hinstellen, dann bleibt er da auch stehen (es sei denn, er wird mit Gewalt entfernt); oft macht er sich dort nützlich und trägt ein Gebäude oder erzeugt Strom für die ganze Stadt. Flüssigkeiten sind dagegen die geborenen Anarchisten und haben einen Hang zur Zerstörung. Im Bad ist es zum Beispiel ein konstanter Kampf, das Wasser daran zu hindern, in Ritzen zu laufen und sich in Hohlräumen unter dem Fußboden zu sammeln, wo es Dielen und Balken zernagt. Nicht weniger gefährlich ist es als rutschige Pfütze auf den Fliesen, wo es für zahllose Unfälle verantwortlich ist; und wenn es sich in den Ecken festsetzt, bietet es Nahrung für schwarzen Schimmel und glibberige Bakterien, die uns krank machen können. Doch trotz seiner Heimtücke lieben wir das Wasser – wir räkeln uns unter dem Strahl der Dusche, planschen in der Wanne und tauchen ganz darin ein. Und was wäre ein Bad ohne eine ganze Flut von Seifen, Shampoos, Spülungen, Cremes und Pasten? Wir lieben diese köstlichen Flüssigkeiten, aber sie sind uns auch immer ein wenig unheimlich: Sind sie wirklich gut für uns? Oder könnten sie nicht vielleicht Krebs verursachen? Schaden sie der Umwelt? Bei Flüssigkeiten gehen Genuss und Misstrauen immer Hand in Hand. Sie haben eine Doppelnatur, sie sind weder Feststoff noch Gas, sondern irgendetwas dazwischen, sie sind undurchschaubar und geheimnisvoll.

Zum Beispiel Quecksilber, das die Menschheit seit Jahrtausenden beglückt und vergiftet. Als Kind habe ich mit flüssigem Quecksilber gespielt, ich habe es auf dem Tisch herumgeschnippst und war fasziniert von seinem scheinbar unwirklichen Verhalten, bis mich jemand darauf aufmerksam machte, dass es giftig ist. Aber in vielen antiken Kulturen glaubte man, dass Quecksilber das Leben verlängere, Knochenbrüche heile und gut für die Gesundheit sei. Wie die Menschen darauf kamen, weiß heute niemand mehr – vielleicht galt es als etwas Besonderes, weil es als einziges Metall bei Zimmertemperatur flüssig ist. Der chinesische Kaiser Qin Shihuangdi nahm zur Stärkung Quecksilberpillen und starb im Alter von 39 Jahren; kaum zu glauben, dass es da keinen Zusammenhang gegeben haben sollte. Trotzdem wurde er in einem Sarg mit Flüssen aus Quecksilber beigesetzt. Die alten Griechen rührten das Metall in ihre Cremes. Die Alchemisten glaubten gar, eine Kombination aus Quecksilber und Schwefel sei die Basis aller Metalle, und im Gold befänden sich beide im perfekten Gleichgewicht. Daher waren sie überzeugt, sie könnten aus verschiedenen Metallen Gold herstellen, wenn sie nur das richtige Mischungsverhältnis fänden. Das erwies sich zwar als Irrglaube, doch Gold löst sich tatsächlich in Quecksilber. Wenn man diese Flüssigkeit dann erhitzt, bis das Quecksilber verdampft, bleibt ein Goldklumpen zurück. Vor dem Zeitalter der Wissenschaft war das für die meisten Menschen reine Magie.

Quecksilber ist nicht die einzige Flüssigkeit, die andere Stoffe in sich aufnehmen kann. Wenn man Salz in Wasser rührt, wird es rasch unsichtbar – das Salz ist nicht verschwunden, aber wo ist es? Wenn man Salz dagegen in Öl gibt, setzt es sich einfach am Boden ab. Wieso? Flüssiges Quecksilber nimmt Gold in sich auf, aber Wasser weist es ab. Weshalb? Wasser nimmt Gase auf, zum Beispiel Sauerstoff; andernfalls würden wir in einer ganz anderen Welt leben, denn der in Wasser gelöste Sauerstoff erlaubt Meereslebewesen das Atmen. Wasser nimmt zwar nicht genug Sauerstoff auf, damit der Mensch atmen kann, aber andere Flüssigkeiten tun das sehr wohl. Eine bestimmte Sorte von Ölen, die Fluorchlorkohlenwasserstoffe, sind chemisch und elektrisch so träge, dass Sie Ihr Handy hineinwerfen können, ohne dass seine Funktion beeinträchtigt wäre. Sie können auch Sauerstoff in solchen Mengen aufnehmen, dass wir durch sie atmen können. Diese Art von Flüssigkeitsatmung lässt sich vielseitig einsetzen, zum Beispiel zur Behandlung des Atemnotsyndroms bei Frühgeburten.

Aber nicht dem Fluorchlorkohlenwasserstoff verdanken wir das Leben, sondern dem Wasser und seinen besonderen Eigenschaften. Es kann nämlich nicht nur Sauerstoff lösen, sondern auch zahlreiche andere Chemikalien, darunter auf Kohlenstoff basierende Moleküle. Dieses Umfeld war die Voraussetzung für das Leben und für die spontane Entstehung neuer Organismen auf unserer Erde. So weit zumindest die Theorie. Deshalb fahnden Wissenschaftler auch nach Hinweisen auf flüssiges Wasser, wenn sie nach Leben auf fernen Planeten suchen. Aber im Universum ist Wasser selten. Unter der Eisdecke des Jupitermonds Europa könnten sich Wasserozeane befinden, genau wie auf dem Saturnmond Enceladus. Aber in unserem Sonnensystem ist die Erde der einzige Himmelskörper, auf dem Wasser direkt auf der Oberfläche vorhanden ist.

Die Oberflächentemperatur und der Atmosphärendruck auf der Erde bieten genau die richtigen Bedingungen für flüssiges Wasser. Hätte die Erde beispielsweise keinen flüssigen Kern aus geschmolzenem Metall, dessen Magnetfeld uns vor den Sonnenwinden schützt, dann hätte sich das Wasser vermutlich schon vor Milliarden von Jahren verflüchtigt. Doch auf unserem Planeten ermöglicht die Existenz einer Flüssigkeit im Innern die Existenz einer anderen auf der Oberfläche, und diese wiederum brachte das Leben hervor.

Aber Flüssigkeiten können auch zerstörend wirken. Schaum fühlt sich weich an, weil er sich leicht zusammendrücken lässt – wenn Sie auf eine Schaummatratze springen, dann spüren Sie, wie sie unter Ihnen nachgibt. Flüssigkeiten können das nicht. Sie fließen, das heißt, ein Molekül rückt an die Stelle, die ein anderes freigegeben hat. Das können Sie in einem Fluss beobachten, oder wenn Sie den Wasserhahn aufdrehen, oder wenn Sie mit einem Löffel den Kaffee umrühren. Wenn Sie vom Sprungbrett ins Schwimmbecken springen und auf die Wasseroberfläche auftreffen, dann verdrängt Ihr Körper das Wasser. Das braucht allerdings eine gewisse Zeit, und wenn Sie mit zu hoher Geschwindigkeit aufprallen, dann kann das Wasser nicht schnell genug abfließen und setzt Ihnen einen Widerstand entgegen. Deshalb ist ein Bauchplatscher so schmerzhaft, und deshalb ist das Wasser hart wie Beton, wenn Sie aus großer Höhe hineinspringen. Aus dem gleichen Grund können auch Wellen eine derart tödliche Kraft entwickeln: Deshalb zerstören Tsunamis Gebäude und ganze Städte und reißen Autos mit sich wie Treibholz. Das Erdbeben, das im Dezember 2004 den Indischen Ozean heimsuchte, verursachte gleich mehrere solcher Tsunamis und tötete 230 000 Menschen in vierzehn Ländern. Auf der Liste der schlimmsten jemals registrierten Naturkatastrophen belegt es den achten Platz.

Eine weitere unangenehme Eigenschaft von Flüssigkeiten ist, dass sie explodieren können. Während der Forschungen für meine Doktorarbeit bereitete ich kleine Proben für die Untersuchung unter einem Elektronenmikroskop vor und musste unter anderem eine Elektropoliturlösung auf minus 20 Grad abkühlen. Die Flüssigkeit war eine Mischung aus einem Glycolether, Essigsäure und Perchlorsäure. Mein Kollege Andy Godfrey demonstrierte mir, was ich zu tun hatte, und ich dachte, ich hätte es kapiert. Doch nach einigen Monaten bemerkte Andy, dass sich meine Lösung während der Arbeit mit dem Elektronenmikroskop oft erwärmte. »An deiner Stelle wäre ich vorsichtiger«, sagte er mit gerunzelter Stirn. Als ich ihn nach dem Grund fragte, zeigte er auf das Laborhandbuch der gefährlichen chemischen Substanzen:

Perchlorsäure ist ätzend und zerstört Hautgewebe. Perchlorsäure ist gesundheitsschädlich, wenn sie eingeatmet oder eingenommen wird oder in Kontakt mit Haut oder Augen kommt. Bei Temperaturen über Raumtemperatur oder in Konzentrationen über 72 Prozent (unabhängig von der Temperatur) wirkt Perchlorsäure stark oxidierend. Organisches Material entzündet sich leicht spontan bei Mischung oder Kontakt mit Perchlorsäure. In den Lüftungsrohren können die Dämpfe der Säure erschütterungsempfindliche Perchlorate bilden.

Mit anderen Worten, das Zeug kann mir um die Ohren fliegen.

Bei einem Gang durchs Labor entdeckte ich ähnliche durchsichtige und farblose Flüssigkeiten, die sich äußerlich nicht voneinander unterschieden. Zum Beispiel arbeiteten wir mit Flusssäure, die sich durch Beton, Metall und Fleisch frisst und nebenbei ein Kontaktgift ist, das die Nervenfunktionen stört. Es ist eine besonders hinterhältige Säure, denn Sie spüren nicht, wenn Sie sich damit verätzen. Wenn Sie zufällig damit in Berührung kommen, kann sie Ihnen Löcher in die Haut fressen, und Sie bemerken es zunächst gar nicht.

Auch Alkohol zählt zu den Giften. Obwohl er nur in hoher Dosierung tödlich wirkt, hat er sehr viel mehr Menschen auf dem Gewissen als die Flusssäure. Trotzdem spielt er in allen Gesellschaften und Kulturen der Welt eine wichtige Rolle als Desinfektions-, Husten-, Beruhigungs- und Allheilmittel sowie als Brennstoff. Alkohol ist so attraktiv, weil er das Nervensystem dämpft – er ist eine psychoaktive Droge. Viele Menschen können ohne ihr tägliches Gläschen Wein nicht sein, und für unsere sozialen Zusammenkünfte wählen wir gern Orte, an denen Alkohol ausgeschenkt wird. Sosehr wir diesen Flüssigkeiten misstrauen, so sehr lieben wir sie auch.

Die körperliche Wirkung des Alkohols spüren wir, wenn er in unser Blut gelangt. Das Pochen unseres Herzens erinnert uns fortwährend an die Bedeutung, die das Blut für unseren Körper hat, und an die Tatsache, dass es ständig herumgepumpt werden muss. Von allen Flüssigkeiten in der Welt ist das Blut für unser Leben unmittelbar am wichtigsten. Das Herz kann heute zum Glück schon ersetzt und repariert, und das Blut kann zugeführt, entfernt, aufbewahrt, weitergegeben, eingefroren und wiederbelebt werden. Ohne Blutbänke würden jedes Jahr viele Millionen Unfallopfer, Verletzte und Operationspatienten nicht überleben.

Unser Blut kann allerdings auch mit Erregern wie Bakterien und Viren verunreinigt werden, weshalb es uns nicht nur Heil, sondern auch Schaden bringen kann. Wie alle anderen Flüssigkeiten hat also auch das Blut eine Doppelnatur. Die Frage ist allerdings nicht, ob man einer bestimmten Flüssigkeit vertrauen kann oder nicht und ob sie an sich gut oder schlecht, gesund oder giftig, lecker oder eklig ist. Die Frage ist vielmehr, ob wir sie gut genug verstehen, um sie kontrolliert für uns zu nutzen.

Das Fliegen ist ein großartiges Beispiel dafür, was wir alles leisten können, wenn wir Flüssigkeiten in den Griff bekommen. Und deswegen stehen im Mittelpunkt dieses Buchs ein Transatlantikflug und all die merkwürdigen und wunderbaren Flüssigkeiten, die daran beteiligt sind. Für dieses Thema habe ich mich entschieden, weil ich mich während der Forschung für meine Doktorarbeit nicht selbst in die Luft gesprengt habe und schließlich Direktor des Institute of Making am University College London wurde. Dort beschäftigen wir uns zum Beispiel mit Flüssigkeiten, die sich als Feststoffe tarnen. Der Teer, aus dem unsere Straßen gemacht sind, ist zum Beispiel genau wie die Erdnussbutter eine Flüssigkeit, auch wenn er den Eindruck macht, als sei er fest. Die Ergebnisse unserer Forschung präsentieren wir auf Konferenzen in aller Welt, und in diesem Buch geht es um eine Reise von London zu einer solchen Tagung in San Francisco.

Diesen Flug beschreibe ich in der Sprache der Moleküle, Herzschläge und Meereswellen. Damit möchte ich die geheimnisvollen Eigenschaften von Flüssigkeiten erklären und zeigen, wie wir gelernt haben, sie für uns zu nutzen. Der Flug führt uns über die Vulkane Islands, die eisigen Weiten Grönlands, die Seen rund um die Hudson Bay und schließlich an die Pazifikküste. Unterwegs sehen wir uns Flüssigkeiten in ganz unterschiedlichen Dimensionen an, angefangen von den Tröpfchen in den Wolken bis hin zu den Ozeanen, aber wir lernen auch die merkwürdigen Flüssigkristalle im Videobildschirm kennen, auf dem ich mir an Bord das Unterhaltungsprogramm ansehe, die Flüssigkeiten, die das Bordpersonal serviert, und nicht zu vergessen natürlich das Flugbenzin, das uns überhaupt erst abheben lässt.

In jedem Kapitel geht es um einen anderen Aspekt des Flugs und um die Eigenschaften der Flüssigkeiten, die ihn möglich machen, zum Beispiel ihre Brennbarkeit, Löslichkeit oder Braubarkeit. Ich zeige, wie Sogkraft, Tropfenbildung, Zähigkeit, Löslichkeit, Druck, Oberflächenspannung und viele andere sonderbare Eigenschaften von Flüssigkeiten zu unserem Flug über den Ozean beitragen. Dabei erkläre ich, wie Flüssigkeiten einen Baum hinauf-, aber einen Berg hinunterfließen, warum Öl klebrig ist, warum sich Wellen so weit fortsetzen, warum etwas austrocknet, wie eine Flüssigkeit aus Kristallen bestehen kann, wie wir uns mit Selbstgebranntem nicht selbst vergiften und – für mich als Engländer ganz besonders wichtig – wie man die perfekte Tasse Tee zubereitet. Steigen Sie also ein und fliegen Sie mit – ich verspreche Ihnen, es wird eine Reise in ein Wunderland.