Buch
Meistens arbeitet die Mathematik in unserem Alltag unauffällig hinter den Kulissen. Bis jemand vergisst, eine ›1‹ einzutragen und eine Brücke einstürzt, ein Flugzeug vom Himmel fällt oder ein Gebäude wankt. Was passiert, wenn Mathematik in der realen Welt schiefgeht? Matt Parker erkundet und erklärt eine Reihe von Beinahe-Unfällen und Pannen und zeigt damit höchst anschaulich, wie allgegenwärtig die Mathematik in unserer Welt ist – und wie sie uns ab und zu ein Bein stellt. Wir wären alle besser dran, wenn wir Mathe als praktischen Verbündeten ansehen würden, ist Matt Parker überzeugt. Brillant erzählte Tipping-Point-Geschichten, die beweisen, dass man am besten mit allem rechnet.
Autor
Matt Parker ist Mathematiker und Stand-up-Comedian. Der Australier studierte Maschinenbau an der University of Western Australia, wandte sich aber vor dem Abschluss dem Unterrichten von Mathematik zu und zog nach London. Er betreibt den YouTube-Kanal »StandUpMaths«, hält Vorträge und tritt in Radio und Fernsehen auf. Parker ist für die Queen Mary University London (Public Engagement in Mathematics Fellow) im Outreach Program für Mathematik tätig und war Popular Lecturer der London Mathematical Society.
MATT PARKER
Die größten Mathe-Irrtümer der Menschheit
Aus dem Englischen von
Susanne Kuhlmann-Krieg
Die englische Originalausgabe erschien 2019 unter dem Titel »Humble Pi. A Comedy of Maths Errors« bei Allen Lane, einem Imprint von Penguin Random House UK, London.
Alle Ratschläge in diesem Buch wurden vom Autor und vom Verlag sorgfältig erwogen und geprüft. Eine Garantie kann dennoch nicht übernommen werden. Eine Haftung des Autors beziehungsweise des Verlags und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist daher ausgeschlossen.
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Deutsche Erstausgabe Mai 2022
Copyright © 2019 der Originalausgabe: Matthew Parker
Copyright © 2022 der deutschsprachigen Ausgabe:
Wilhelm Goldmann Verlag, München,
in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,
Neumarkter Str. 28, 81673 München
Bildnachweis: siehe Seite -5
Umschlag: UNO Werbeagentur, München
Umschlagmotive: FinePic®, MünchenDaten; © Kelly Sillaste/Trevillion Images
Redaktion: Eckard Schuster
Satz: Uhl + Massopust, Aalen
KF ∙ IH
ISBN 978-3-641-26508-3
V001
www.goldmann-verlag.de
Gewidmet meiner Frau Lucie,
die mir unerschütterlich zur Seite steht.
Ja, mir ist klar, dass es schon auch
was von einem Fehler hat,
der eigenen Frau ein Buch über Fehler zu widmen.
Mehrere der in diesem Buch berichteten Episoden handeln von Computersystemen, die rückwärtszählen, abstürzen, wenn sie bei null angelangt sind, und »überlaufen«. Auch wurden einige Mathefehler aus den Geschichten ganz bewusst in die Gestaltung und Struktur dieses Buches übernommen.
Null – Einleitung
Eins – Wenn das Zeitgefühl beim Teufel ist
Zwei – Konstruktionsfehler
Drei – Little Data
Vier – Außer Form
Fünf – Darauf können Sie nicht zählen
Sechs – Unberechenbar 1
Sieben – Wahrscheinlich falsch
Acht – Investieren Sie Ihr Geld da, wo Ihre Fehler schon sind
Neun – Rund gerechnet
9,49 – Unterhalb unserer Wahrnehmungsschwelle
Zehn – Einheiten, Konventionen – Warum können wir uns da nicht einigen?
Elf – Statistik, wie ich sie mag
Zwölf – Tlota Fuzligäl
Dreizehn – Unberechenbar 2
Dank
Abbildungsverzeichnis
Sach- und Personenregister
Im Jahr 1995 veranstaltete Pepsi eine Werbeaktion, bei der man die Kunden Punkte sammeln ließ, die dann in Pepsi-Produkte eingetauscht werden konnten: Für 75 Punkte gab es ein T-Shirt, für 175 eine Sonnenbrille, ja, sogar eine Lederjacke für 1450 Punkte war im Angebot. Wenn man die drei Sachen zusammen auf- oder anhatte, konnte man in den 1990ern damit echt punkten. In der Fernsehwerbung zur Punkte-Aktion ließ man jemanden auftreten, der das vormachte.
Aber die Leute, die den Werbespot drehten, wollten ihn mit einem gehörigen Knaller und in »klassischer Pepsi-Verrücktheit« enden lassen. Also flog der Protagonist samt Pepsi-T-Shirt, -Sonnenbrille und -Lederjacke mit einem Senkrechtstarter zur Schule. Angeblich sei das Militärflugzeug für schlappe sieben Millionen Pepsi-Punkte zu haben.
Der Witz daran ist jedem klar: Man hat die Idee hinter der Treuepunkte-Aktion auf die Spitze getrieben und ins Lächerliche verkehrt. Solide Comedy-Schreibe. Allerdings hatte man dabei offenbar vergessen, seine Matheaufgaben zu machen. Sieben Millionen klingt erst einmal nach einer großen Zahl, aber ich glaube, das Team, das den Werbespot zu verantworten hatte, hat sich nicht die Mühe gemacht nachzurechnen, ob sie wirklich groß genug ist.
Jemand anders hingegen schon. Damals kostete ein einsatzbereiter Senkrechtstarter vom Typ AV-8 Harrier II das US-Marinekorps mehr als 20 Millionen Dollar, und dankenswerterweise gibt es eine einfache Möglichkeit der Umrechnung zwischen den Währungen US-Dollar und Pepsi-Punkte: Pepsi gestattete jedermann, Extrapunkte käuflich zu erwerben, das Stück zu 10 Cent. Nun bin ich nicht allzu bewandert, was die Marktpreise für Kampfflugzeuge aus zweiter Hand betrifft, aber für mich klingt die Summe von 700000 Dollar für ein Zwanzig-Millionen-Flugzeug nach einem guten Deal. Das galt auch für John Leonard, der versuchte, diesen umzusetzen.
Dabei ging es allerdings nicht um ein zahmes »versuchte«. Er setzte alles auf eine Karte. Die Werbeaktion sah vor, dass Leute für eine Bestellung aus dem Original-Pepsi-Katalog ein Minimum von 15 ordnungsgemäß erworbenen Pepsi-Punkten vorweisen mussten, dem sie dann einen Scheck über die restliche Summe plus 10 Dollar für Versand und Bearbeitung beilegen konnten. John hielt sich daran. Er verwendete ein Originalformular, sammelte 15 Punkte durch den Kauf von Pepsi-Produkten und legte bei seinen Anwälten 700008,50 Dollar auf einem Treuhandkonto ein, um den Scheck zu decken. Der Typ hat das Geld sogar aufgenommen! Es war ihm todernst.
Pepsi wies seine Forderung zunächst lapidar zurück: »Der Harrier-Jet in der Pepsi-Werbung ist ein Jux, allein dazu da, dem Spot ein witziges und amüsantes Ende zu verleihen.« Aber Leonard hatte bereits Anwälte eingeschaltet und war bereit zu kämpfen. Seine Anwälte schossen zurück: »Hiermit fordern wir Sie in aller Form auf, Ihrer Zusage nachzukommen und auf der Stelle Vorkehrungen zu treffen, unserem Klienten das neue Harrier-Flugzeug zukommen zu lassen.« Pepsi gab nicht nach, Leonard klagte, und die Sache ging vor Gericht.
Der Fall trat ein ordentliches Hin und Her darüber los, ob der fragliche Spot ganz offensichtlich ein Witz sei oder ob die Möglichkeit bestehe, dass ihn jemand mit Fug und Recht ernst nehmen könne. Die offizielle Stellungnahme des Vorsitzenden Richters war ein Vorgeschmack darauf, wie abstrus das alles werden würde: »Das Bestehen des Klägers darauf, dass der Werbespot ein ernst gemeintes Angebot darstelle, verlangt vom Gericht zu klären, was den Spot witzig macht. Zu erläutern, warum ein Witz witzig ist, ist eine verzwickte Angelegenheit.«
Aber sie haben es versucht!
Die Aussage des Teenagers, einen Harrier-Jet zur Schule zu nehmen »schlage jeden Bus«, offenbart eine wenig plausible unbekümmerte Vorstellung von den Schwierigkeiten und Gefahren, die mit dem Führen eines Kampfflugzeugs – im Vergleich zur Benutzung eines öffentlichen Transportmittels – in einem Wohngebiet einhergehen würden.
Keine Schule würde eine Landefläche für den Kampfjet eines Schülers zur Verfügung stellen, noch würde sie die Störung durch ein solches Flugzeug dulden.
Im Lichte des gut dokumentierten Einsatzspektrums des Harrier-Jets als Kampfflugzeug gegen Ziele am Boden und in der Luft, zur bewaffneten Aufklärung und Abriegelung aus der Luft sowie zur offensiven und defensiven Luftabwehr im Kriegsfalle ist die Darstellung eines solchen Flugzeugs als Transportmittel für den morgendlichen Schulweg ganz eindeutig nicht ernst gemeint.
Leonard hat seinen Jet nie bekommen, und Leonard gegen PepsiCo Inc. ist heute ein Stück Rechtsgeschichte. Ich persönlich finde es tröstlich, dass mir nun, wenn ich etwas in Richtung »gehörigem Knaller« äußere, ein gesetzlich anerkannter Präzedenzfall zur Verfügung steht, der mich vor Leuten schützt, die mich ernst nehmen. Und wenn irgendwer ein Problem damit haben sollte, sammle er einfach genügend Parker-Punkte für ein kostenloses Foto von mir, das zeigt, wie wenig mich das schert (Versand- und Bearbeitungskosten sind selbst zu tragen).
Pepsi bemühte sich seinerseits, sich vor künftigen Problemen solcherart zu schützen, und veröffentlichte den Spot in überarbeiteter Form mit einem Wert von 700 Millionen Pepsi-Punkten für die Harrier. Ich habe mich gewundert, dass man diese große Zahl nicht gleich zu Anfang genommen hatte, schließlich sind sieben Millionen nicht einen Deut witziger. Das Unternehmen hatte sich schlicht nicht die Mühe gemacht nachzurechnen, als es sich für eine willkürlich gewählte Zahl entschied.
Wir Menschen sind nicht sonderlich gut darin, den Wert einer großen Zahl korrekt zu erfassen. Und selbst wenn wir wissen, dass eine Zahl größer ist als eine andere, schätzen wir die tatsächliche Differenz häufig nicht richtig ein. 2012 musste ich bei den BBC-Nachrichten antreten, um zu erklären, wie groß eine Billion ist. Die Schulden des Vereinigten Königreichs waren soeben auf über eine Billion Pfund angewachsen, und so losten sie mich aus, um zu erklären, dass das eine große Zahl ist. Ganz offensichtlich würde es nicht reichen, lauthals zu verkünden: »Das ist wirklich ’ne Menge Kohle, und damit zurück ins Studio!«, also musste ich mir ein Beispiel einfallen lassen.
Ich verlegte mich auf meine Lieblingsmethode, und zwar das Veranschaulichen von großen Zahlen mithilfe von Zeit. Wir wissen, dass eine Million, eine Milliarde und eine Billion unterschiedliche Größenordnungen sind, aber oft ist uns nicht klar, wie atemberaubend groß der Abstand von einer zur anderen ist. Eine Million Sekunden von jetzt an, das bedeutet ein bisschen weniger als elf Tage und vierzehn Stunden. Nicht so schlimm. So lange könnte ich warten. Das sind weniger als zwei Wochen. Eine Milliarde Sekunden sind mehr als einunddreißig Jahre.
In einer Billion Sekunden von heute an schrieben wir das Jahr 33700 unserer Zeitrechnung.
Diese erstaunlichen Zahlen sind nach einem kurzen Nachdenken klar wie Kloßbrühe. Million, Milliarde und Billion sind jeweils das Tausendfache voneinander. Eine Million Sekunden sind grob über den Daumen gepeilt ein Drittelmonat, also entspricht eine Milliarde Sekunden etwas in der Größenordnung von 330 (ein Drittel von tausend) Monaten. Und wenn eine Milliarde ungefähr 31 Jahren entspricht, dann entspricht eine Billion natürlich 31000 Jahren.
Im Laufe des Lebens lernen wir, dass Zahlen linear angeordnet sind, mithin der Abstand zwischen zwei Zahlen immer der gleiche ist. Wenn Sie von eins bis neun zählen, ist jede neue Zahl eins mehr als die vorangegangene. Wenn Sie jemanden fragen, welche Zahl auf halber Strecke zwischen eins und neun liegt, wird er entgegnen: »fünf« – aber nur, weil man es ihm so beigebracht hat. Schafsnasen aufgewacht! Wir Menschen haben bei Zahlen nämlich instinktiv eine logarithmische Wahrnehmung und keine lineare. Wenn Sie ein kleines Kind fragen oder jemand anderen, der nicht durch unser Bildungssystem indoktriniert wurde, wird es oder er die Drei auf halber Strecke zwischen eins und neun einordnen.
Drei ist eine andere Art von Mitte. Sie ist das logarithmische Mittel, will sagen, die Mitte im Kontext der Multiplikation, nicht der Addition. 1 x 3 = 3. 3 x 3 = 9. Sie können von eins nach neun gelangen, indem Sie entweder in Viererschritten addieren oder indem Sie in Dreierschritten multiplizieren. Das »Multiplikationsmittel« ist demnach drei, und das ist das, was Menschen von Natur aus sehen – bis man es uns anders beibringt.
Als man die Angehörigen der indigenen Munduruku am Amazonas bat, Gruppen von Punkten auf einer Art Zahlenstrahl ohne Unterteilung, aber mit einem Punkt am Anfang und zehn Punkten am Ende, einzuordnen, platzierten sie Dreiergruppen in der Mitte. Wenn Sie ein Kind im Kindergartenalter oder kleiner kennen, dessen Eltern nichts gegen Ihre Experimente haben, wird es genau dasselbe tun, wenn es Zahlen einordnen soll.
Selbst nach lebenslangem Lernen und Umgang mit kleinen Zahlen bleibt uns das rudimentäre Empfinden, dass große Zahlen einer logarithmischen Beziehung gehorchen, mithin der Abstand zwischen einer Billion und einer Milliarde sich ungefähr genauso weit anfühlt wie der zwischen einer Million und einer Milliarde – in beiden Fällen geht es um ein Tausendfaches. In Wirklichkeit aber ist der Abstand zur Billion sehr viel größer: so wie der Unterschied zwischen dem Erreichen eines Alters von Anfang dreißig und einer Zeit, da die Menschheit womöglich nicht mehr existiert.
Unser Gehirn ist einfach nicht so verschaltet, dass es die Schulmathematik locker beherrscht. Verstehen Sie mich nicht falsch: Wir kommen mit einem fantastischen Spektrum an zahlenassoziierten und räumlichen Fertigkeiten zur Welt. Selbst Babys können die Zahl an Punkten auf einem Blatt Papier erfassen und rudimentäre Berechnungen damit anstellen. Wir werden außerdem voll ausgestattet für das Erlernen von Sprache und für symbolisches Denken geboren. Aber die Fertigkeiten, die uns ermöglichen zu überleben und Gemeinschaften zu bilden, gehorchen nicht notwendigerweise den Kriterien der formalen Mathematik. Eine logarithmische Skala ist in jedem Falle eine gültige Form der Anordnung und des Vergleichs von Zahlen, aber die Mathematik braucht eben auch die lineare Zahlengerade.
Alle Menschen sind zuerst einmal töricht, wenn es um das Erlernen formaler mathematischer Elemente geht. Es ist ein Prozess – wir nehmen, was die Evolution uns gegeben hat, und weiten unsere Fertigkeiten in Sphären aus, die zunächst unseren Verstand übersteigen. Wir werden nicht mit einer wie auch immer gearteten Fähigkeit geboren, Brüche oder negative Zahlen zu verstehen oder eines der vielen anderen schrägen Konzepte, die von Mathematiker-Gehirnen entwickelt wurden. Doch im Laufe der Zeit kann Ihr Gehirn peu à peu lernen, mit ihnen umzugehen. Wir verfügen heute über Schulsysteme, die Schüler zwingen, sich mit Mathematik auseinanderzusetzen, und durch eine genügend intensive Beschäftigung damit können unsere Gehirne lernen, mathematisch zu denken. Aber wenn diese Fertigkeit nicht mehr benutzt wird, fällt das Gehirn sehr rasch wieder auf seine Fabrikeinstellung zurück.
Im Vereinigten Königreich musste ein Rubbel-Los noch in der Woche seiner Einführung wieder vom Markt genommen werden. Das Unternehmen Camelot (das unter anderem Veranstalter der englischen National-Lotterie ist – Anm. d. Ü.) hatte sich das Konzept ausgedacht und schob sein Scheitern auf »Verwirrung bei den Spielern«. Die Lotterie trug den Namen Cool Cash, und auf den Losen war ein Temperaturwert aufgedruckt. Ergab das Gerubbel des Spielers eine Temperatur, die unter dem abgedruckten Sollwert lag, hatte er gewonnen. Aber eine Menge Spieler schienen Probleme mit negativen Zahlen zu haben:
Auf einem meiner Lose hieß es, ich müsse im Rubbelfeld eine Temperatur von weniger als -8 Grad haben. Die Zahlen, die bei mir erschienen waren -6 und -7 Grad, also dachte ich, ich hätte gewonnen, die Frau im Lottogeschäft auch. Aber als sie das Los einlas, sagte die Maschine, ich hätte nichts gewonnen. Ich habe bei Camelot angerufen, aber sie haben mich abgewimmelt und wollten mir weismachen, dass -6 mehr und nicht weniger als -8 sei. Aber ich kaufe ihnen das nicht ab.
Was das Ausmaß an Mathematik, wie wir sie in unserer modernen Gesellschaft anwenden, eindrücklich und erschreckend zugleich vor Augen führt. Unsere Art hat gelernt, mathematische Sphären zu erkunden und zu nutzen, um Dinge zu tun, die weit über das hinausgehen, was unsere Gehirne von Natur aus verarbeiten könnten. Das erlaubt uns Leistungen weit jenseits dessen, wofür unsere innere Hardware angelegt ist. Wenn wir abseits unserer Intuition operieren, können wir die interessantesten Dinge tun, aber genau da sind wir auch am verwundbarsten. Ein einfacher Rechenfehler kann hier unbemerkt durchgehen, aber am Ende verheerende Folgen haben.
Die Welt von heute ist gelebte Mathematik: Computerprogramme, Finanzwirtschaft, Technik … all das ist Mathematik in unterschiedlicher Verkleidung. Alle möglichen Arten von scheinbar harmlosen Schnitzern können daher die abstrusesten Konsequenzen haben. Dieses Buch ist eine Sammlung meiner mathematischen Lieblingsfehler aller Zeiten. Fehler wie die auf den folgenden Seiten sind nicht einfach nur amüsant, sie sind entlarvend. Sie lüpfen kurz den Vorhang und enthüllen uns eine Mathematik, die normalerweise still und unbemerkt hinter den Kulissen agiert. Es ist, als werde hinter unserer modernen Hexerei ganz kurz der Zauberer von Oz sichtbar, der mit Rechenschieber und Abakus Überstunden schiebt. Immer erst dann, wenn etwas schiefgeht, bekommen wir ein Gefühl dafür, wie weit die Mathematik uns aufsteigen lässt – und wie tief der Fall hernach sein kann. Ich habe nicht die Absicht, mich über die Leute lustig zu machen, die für diese Versehen verantwortlich sind. Auf mein Konto gehen mit Sicherheit genug eigene Fehler. Uns allen geht es so. Als zusätzliche Spaßaufgabe habe ich mit Absicht drei meiner eigenen Patzer im Buch stehen lassen. Geben Sie mir Bescheid, wenn Sie sie alle drei gefunden haben!