DAS BUCH
Mississippi-Delta, 1962. In den Sümpfen werden mehrere Weiße erhängt aufgefunden. Der einzige Tatverdächtige ist ein kleiner schwarzer Junge. Als FBI-Agent Earl Solomon ihn verhören will, muss er feststellen, dass der Junge mit Ketten ans Bett gefesselt ist und sich wie verrückt gebärdet. Er stößt immer wieder ein einzelnen Wort hervor: Blackwood.
Newark, New Jersey, 2019. Die FBI-Agenten Odessa Hardwick und Walt Leppo werden zu einem Tatort gerufen. Der Mörder hat seine ganze Familie brutal abgeschlachtet, ehe er selbst getötet werden konnte. Nur seine kleine Tochter hat überlebt. Leppo will sich um das Kind kümmern – und rastet plötzlich völlig aus. Odessa muss ihren Partner erschießen. Im Moment seines Todes glaubt sie, einen Schatten zu sehen, der Leppos Körper verlässt. Sie ist beinahe davon überzeugt, dass sie sich das alles nur eingebildet hat, als sie Agent Solomon kennenlernt, der eine unheimliche Geschichte zu erzählen hat …
DIE AUTOREN
GUILLERMO DEL TORO wurde 1964 in Guadalajara, Mexiko, geboren, wo er auch die Filmschule besuchte. Heute zählt Del Toro, der mit Werken wie Pans Labyrinth und Hellboy Filmgeschichte schrieb, zu den bekanntesten und erfolgreichsten Regisseuren der Welt. Für seinen Film The Shape of Water – Das Flüstern des Wassers wurde er mit einem Oscar ausgezeichnet. Nach der Trilogie The Strain – Die Saat arbeitet er nun erneut mit Bestsellerautor Chuck Hogan zusammen.
CHUCK HOGAN ist Autor internationaler Thriller-Bestseller wie Endspiel und Mördermond. Für Endspiel wurde er mit dem renommierten Hammett Award ausgezeichnet. Chuck Hogan lebt in Massachusetts.
GUILLERMO DEL TORO
CHUCK HOGAN
DIE SCHATTEN
DIE BLACKWOOD-TAPES
ROMAN
AUS DEM AMERIKANISCHEN VON
KRISTOF KURZ
WILHELM HEYNE VERLAG
MÜNCHEN
Titel der Originalausgabe:
THE HOLLOW ONES
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Deutsche Erstausgabe 03/2021
Redaktion: Sven-Eric Wehmeyer
Copyright © 2020 by Guillermo del Toro and Chuck Hogan
Copyright © 2021 der deutschsprachigen Ausgabe
und der Übersetzung by Wilhelm Heyne Verlag, München,
in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,
Neumarkter Straße 28, 81673 München
Umschlaggestaltung: DAS ILLUSTRAT, München,
unter Verwendung eines Motivs von Shutterstock.com/FOTOKITA
Satz: Leingärtner, Nabburg
e-ISBN 978-3-641-26548-9
V001
www.heyne.de
CH:
Für Richard Abate
GDT:
Für Algernon Blackwood,
Lord Dunsany und Arthur Machen
Dem aufmerksamen Leser wird sicher nicht entgangen sein, dass der Name unserer Hauptfigur eine Verbeugung vor einem Schriftsteller darstellt, den wir sehr bewundern: Algernon Blackwood, Erfinder des Genres der »okkulten Detektivgeschichte«. Obwohl einige der in diesem Buch beschriebenen religiösen Riten der dramatischen Wirkung wegen ein bisschen ausgeschmückt wurden, haben wir uns bemüht, so eng wie möglich bei den Tatsachen zu bleiben. Insbesondere möchten wir darauf hinweisen, dass Grabräuberei und Leichendiebstahl aus okkulten Motiven in New Jersey weder der Vergangenheit noch dem Reich der Fiktion angehören. Beides geschieht tatsächlich. Auch heute noch.
AUFTAKT
Der Briefkasten
Eingezwängt zwischen zwei Hochhäusern im Bankenviertel Manhattans steht zwischen Stone Street Nummer 13 und 15 ein kleines Gebäude, das offiziell die Nummer 13½ trägt.
Seine graue Steinfassade ist keine eineinhalb Meter breit und nur zehn Meter hoch. Ihr einziger Zweck scheint zu sein, einem altmodischen Briefkasten aus Gusseisen als Befestigung zu dienen.
Der schmucklose Briefkasten verfügt lediglich über einen Einwurfschlitz. Ein Türchen, durch das man an die Post gelangen könnte, ist nirgendwo zu finden.
Hinter dem Briefkasten ist nichts als Mörtel und massiver Stein.
Die Geschichte dieses kleinen urbanen Mysteriums lässt sich bis in die holländische Kolonialzeit zurückverfolgen. Seit 1822 wird die Grundsteuer stets pünktlich von der Anwaltskanzlei Lusk and Jarndyce beglichen. Für die Zeit davor lassen sich keine Grundbucheinträge finden, doch nichts gibt zur Vermutung Anlass, dass es irgendwann einmal zu Unregelmäßigkeiten gekommen wäre.
Die älteste Erwähnung des Kastens reicht bis zu einem im 18. Jahrhundert gedruckten Traktat zurück, das den Titel Die höchlichst vollständige Erzählung der merkwürdigen Geschicke und wundersamen Wechselfälle im Leben des Jan Katadreuffe bis zu seinem schlussendlichen Eingang in das ewige Reich Unseres Herrn trägt.
In dieser vierseitigen Flugschrift – erschienen 1763 im Folioformat bei Long and Blackwood – wird die Geschichte eines wohlhabenden Gewürzhändlers erzählt, der einen Pakt mit einem Dämon eingeht, welcher ihm die sichere Ankunft seiner Schiffe und ihrer Ladung garantieren soll.
Die Schiffe erreichen wohlbehalten ihr Ziel, doch seitdem wird der Kaufmann von einem bösen Geist heimgesucht. Nacht für Nacht beißt ihn dieser Geist, zerkratzt seinen Rücken und bemächtigt sich seines Körpers, sodass die gequälte Seele unter erbarmungswürdigem Geheule dazu gezwungen ist, sündhafte und äußerst gewalttätige Handlungen zu begehen.
Das Stück berichtet weiter von einem hilfsbereiten Laien, der einem gelehrten Geistlichen folgende Lösung des Problems anempfiehlt: »Ein Eisenkasten in Neu-Yorkens High Street nimmt/nur Briefe, die an Blackwood adressieret sind. Darin legt nieder, wer von derlei Spuk geplagt/seines Kummers Natur, und baldig Hilfe naht …«
Der Geistliche beharrt jedoch darauf, dass der einzige Weg zur Erlösung im Herrn und in den Sakramenten liege. Katadreuffe bezahlt Litaneien und Messen, wird so wenige Stunden vor seinem Tod vom Fluch befreit und stirbt als erlöster Mensch.
Ein kleiner unscheinbarer Grabstein auf dem zur Rector Street zugewandten Friedhof der Trinity Church erinnert an ihn:
Hier ruhen die sterblichen Überreste von Jan Katadreuffe, Gewürz- und Holzhändler, gestorben am 16. Oktobertag des Jahres 1709 im zweiundvierzigsten Lebensjahre. Du, der du an mir vorübergehst: Ich bin, was du sein wirst. Ich war, was du bist. Bedenke, dass du sterben musst, und sei bereit, mir nachzufolgen …
Im Lauf der Jahrhunderte war Stone Street Nummer 13½ des Öfteren Objekt rechtlicher Streitigkeiten, doch kein noch so kostspieliger Prozess, egal ob von Behörden oder Privatfirmen angestrengt, konnte einen Besitzerwechsel erzwingen. Und so kommt es, dass sich der Briefkasten noch immer an Ort und Stelle befindet. Ein Geheimnis vor aller Augen – nur dass die meisten Menschen daran vorbeigehen, ohne ihn überhaupt eines Blickes zu würdigen.
Vor zehn Jahren installierte ein großer Versicherungskonzern, der im Gebäude auf der anderen Straßenseite residiert, drei Überwachungskameras. Ein geduldiger Beobachter hätte herausfinden können, dass, obwohl durchaus einige wenige Briefe in den Kasten geworfen werden – etwa einer alle drei Wochen –, niemand kommt, um sie abzuholen. Trotzdem scheint der Briefkasten nie überzuquellen.
Ein den Briefkasten umgebendes Gerücht hat sich im Laufe der Jahrzehnte allerdings erhärtet: Jeder Brief, der in den Kasten geworfen wird, ist eine dringende Bitte – ein verzweifelter Hilfeschrei –, und auf jedem Umschlag steht derselbe Name:
Hugo Blackwood, Esq.