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Agnes Budnowski, Michael Feichtinger, Flora Koller, Martina Kreuter-Müller

Ernährung bei Kinderwunsch

Fruchtbarkeitssteigernde Lebensmittel und therapieunterstützende Ernährung für sie & ihn

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INHALTSVERZEICHNIS

VORWORT

DER WEG INS KINDERGLÜCK

DIE MENSCHLICHE FORTPFLANZUNG

DER UNERFÜLLTE KINDERWUNSCH

ESSEN SIE SICH INS KINDERGLÜCK

ERNÄHRUNGSSTRATEGIEN ZUR STEIGERUNG DER FRUCHTBARKEIT IM FOKUS

FERTILITY FOODS

DIE MODERNE MITTELMEER-DIÄT (MEDDIÄT)

GESUNDE ERNÄHRUNG FÜR JEDES GEWICHT

ERNÄHRUNG BEI POLYZYSTISCHEM OVARSYNDROM (PCOS)

ERNÄHRUNG BEI ENDOMETRIOSE

ERNÄHRUNG BEI FUNKTIONSSTÖRUNGEN DER SCHILDDRÜSE

ERNÄHRUNGSMASSNAHMEN BEI NEBENWIRKUNGEN EINER HORMONTHERAPIE

FRUCHTBARKEIT UND NAHRUNGSERGÄNZUNGSMITTEL

KRÄUTER BEI KINDERWUNSCH NACH TRADITIONELLER EUROPÄISCHER MEDIZIN (TEM)

KOCHEN SIE SICH INS KINDERGLÜCK

FRÜHSTÜCK

AUFSTRICHE

GUT ZUM MITNEHMEN

FÜR DEN KLEINEN HUNGER ZWISCHENDURCH

SUPPEN

VEGETARISCHE HAUPTSPEISEN

HAUPTSPEISEN MIT FLEISCH

HAUPTSPEISEN MIT FISCH

DESSERTS

FRUCHTBARKEITSSTEIGERNDE KRÄUTERREZEPTE

SCHLUSSWORT

ANHANG

EIWEISSBEDARF

GÜNSTIGE UND UNGÜNSTIGE LEBENSMITTEL BEI GESTÖRTER GLUKOSETOLERANZ UND DIABETES

KLEINES KÜCHENLEXIKON

ABKÜRZUNGEN

REZEPTÜBERSICHT

QUELLENVERZEICHNIS

VORWORT

Liebe Leserin, lieber Leser,

„Kinder kriegen – nichts einfacher als das!“ – so die landläufige Meinung, aber Schwierigkeiten beim Schwangerwerden sind leider häufiger als gedacht. Lebensstil und Umwelt spielen dabei eine oft unterschätzte Rolle.

Eine ausgewogene Ernährung bietet der Gesundheit eine gute Grundlage. Damit unser Körper gesunde Eizellen oder Spermien produzieren kann, braucht er geeignete Rohstoffe. Wenn die richtigen Nährstoffe fehlen, kann dies ein Grund dafür sein, dass es mit der Schwangerschaft nicht klappt. Und zwar auf beiden Seiten! Wie Sie durch die Ernährung Ihre Fruchtbarkeit steigern können, haben wir hier für Sie zusammengestellt.

Natürlich können auch Vorerkrankungen für einen unerfüllten Kinderwunsch verantwortlich sein. Auch hier können Sie mit einer gezielten Ernährungsweise unterstützen. Bestimmte Essgewohnheiten können uns helfen, Nebenwirkungen einer Hormontherapie auf dem Weg zum Wunschbaby zu lindern. Spezialistinnen und Spezialisten raten Paaren daher, vor der geplanten Zeugung ihren Lebensstil und ihre Ernährung bewusst umzustellen. Dann ist ihr Körper ideal für die Veränderungen während der Schwangerschaft gerüstet.

Wichtig ist, dass die sinnliche und lustvolle Komponente bei all diesen Ernährungsempfehlungen nicht auf der Strecke bleibt. Bei der Ernährungsumstellung soll es nicht um ein „Kasteien“, sondern um das „Auffüllen“ des Körpers mit Nährstoffen gehen. Strikte Diäten und Ernährungsrichtlinien zur Beschleunigung der Empfängnis sind nicht notwendig und verursachen häufig unnötigen Stress. Entbehrung und Verzicht sollen auf keinen Fall an der Tagesordnung stehen. Gesunde Ernährung soll Spaß und mehr Lust auf Sex machen. Denn je besser der Körper vorbereitet ist, desto fitter und vitaler fühlen wir uns und desto besser werden auch Mutter und Kind in der Schwangerschaft mit Nährstoffen versorgt sein.

Denken Sie daran: Liebe geht durch den Magen! Lesen Sie nach und tun Sie sich und Ihrem Körper etwas Gutes, um sich optimal auf eine Empfängnis vorzubereiten.

Wien, im September 2020

Die Autorinnen, der Autor

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DER WEG INS KINDERGLÜCK

Die menschliche Fortpflanzung

Die menschliche Fortpflanzung ist eine komplexe und sensible Interaktion aus vielen Faktoren, welche sowohl die Frau als auch den Mann betreffen. Mehrere Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit eine Schwangerschaft eintritt. Einige dieser Faktoren können aktiv durch Lebensstilanpassungen beeinflusst werden, andere sind jedoch nicht oder nur sehr schwer zu beeinflussen.

Weibliche Reproduktion

Die weibliche Fortpflanzung ist vom Menstruationszyklus und dem komplexen Zusammenspiel verschiedener Hormone abhängig. Die Eizellreserve einer Frau wird bereits als Embryo gebildet und im Laufe des Lebens nach und nach aufgebraucht, bis die Wechseljahre eintreten. Die Heranreifung der Eibläschen erfolgt in Wellen, das heißt, während eines Monats wachsen mehrere Eibläschen heran. Pro Zyklus gelingt jedoch nur einem Eibläschen die endgültige Reifung – typischerweise 14 Tage vor der erwarteten Blutung –, aus dem schlussendlich eine reife Eizelle springt.

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Damit die Eizelle befruchtet werden kann, sollten zum Zeitpunkt des Eisprungs bereits Samenzellen am äußeren Ende des Eileiters vorhanden sein. Auf ihrer fünftägigen Reise durch den Eileiter in die Gebärmutter durchläuft die befruchtete Eizelle bereits die ersten Teilungsschritte, bis sie sich am sechsten bis siebten Tag nach dem Eisprung als Blastozyste in die Gebärmutterschleimhaut einnistet. Ab diesem Zeitpunkt wird der Embryo von der Mutter mit Nährstoffen versorgt. Der Lebensstil und insbesondere auch die Ernährung wirkt sich jedoch bereits viel früher aus, nämlich während der Bildung und Reifung von Samen- und Eizellen.

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Männliche Reproduktion

In den Samenkanälen der Hoden erfolgt ab Eintreten der Pubertät eine andauernde Samenbildung. Das bedeutet, dass die Samenbildung zwar im Gegensatz zu jener der Eizellen nicht von einer vorgegebenen Reserve, jedoch sehr stark von Einflüssen durch den aktuellen Lebensstil abhängig ist. Die Bildung eines Spermiums dauert in etwa zwei Monate. Während dieser Phase können sich Probleme in der Samenbildung sowohl auf die Menge als auch auf die Beweglichkeit und das Aussehen der Samenzellen auswirken. All diese Faktoren haben Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit, ein Kind zu zeugen. Nicht zuletzt hat auch die Ernährung Auswirkungen auf die männliche Potenz. Das Alter des Mannes spielt im Hinblick auf die Fruchtbarkeit im Gegensatz zur Frau nur eine untergeordnete Rolle. Umso größer ist der Effekt einer Lebensstilumstellung auf die Fortpflanzungsfähigkeit des Mannes.

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Einnistung und Frühschwangerschaft

Nach seiner Reise durch die Eileiter, für die er fünf Tage benötigt, erreicht der Embryo die Gebärmutterhöhle. Bis zu diesem Zeitpunkt entwickelt er sich autark, das heißt, er ist ausschließlich von seiner eigenen Entwicklungsfähigkeit abhängig und wird noch nicht von der Mutter mit Nährstoffen versorgt. Nach der Einnistung in die Gebärmutterschleimhaut und in weiterer Folge Verknüpfung mit den mütterlichen Gefäßen wird der Embryo von der Mutter mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Hierbei hat besonders die Folsäure eine vorbeugende Wirkung in Bezug auf kindliche Fehlbildungen und Fehlgeburten.

Der unerfüllte Kinderwunsch

Mögliche Gründe für eine ungewollte Kinderlosigkeit sollten immer beim Mann und bei der Frau gesucht werden. Sowohl eine eingeschränkte Samenqualität als auch verschiedene Faktoren bei der Frau können zu einem unerfüllten Kinderwunsch führen. Medizinische Hilfe sollten Paare aufsuchen, wenn der Kinderwunsch länger als zwölf Monate unerfüllt bleibt. Frauen über 35 Jahre sollten bereits nach sechs Monaten eine Expertin oder einen Experten aufsuchen, um nicht unnötig Zeit verstreichen zu lassen.

Medizinische Abklärung

Zu Beginn jeder Kinderwunschabklärung steht eine detaillierte Erhebung der Situation (Anamnese). Diese beinhaltet die Hinterfragung des Lebensstils sowie Informationen über frühere Erkrankungen, eingenommene Medikamente und Schwangerschaften in der Vergangenheit. Dadurch können oftmals Hinweise auf einen möglichen Grund der ungewollten Kinderlosigkeit ermittelt werden.

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Klassische Diagnosen, die bei Frauen zu einem unerfüllten Kinderwunsch führen, sind folgende:

Polyzystisches Ovar-Syndrom (PCOS)

Endometriose

verschlossene Eileiter

Myome

Abgesehen von den oben genannten Ursachen sowie dem Lebens- und Ernährungsstil, ist mittlerweile bei vielen Paaren ein fortgeschrittenes Alter der Frau der Hauptfaktor des unerfüllten Kinderwunsches. Durchschnittlich liegt das Alter von Erstgebärenden heute bei über 30 Jahren (vor 30 Jahren waren es 25 Jahre). Die fruchtbare Phase ist physiologisch bedingt zeitlich begrenzt und mit dem Älterwerden nimmt die Qualität der Eizellen ab. Die Fruchtbarkeit sinkt mit dem 35. Lebensjahr – besonders aber nach dem 40. Lebensjahr.

Beim Mann können sich verschiedenste Faktoren negativ auf die Samenqualität auswirken. Beispiele sind:

Hodenhochstand

Krampfadern

abgeheilte Mumpserkrankung

Lebensstil

Neben medizinischen Diagnosen kann sich auch der Lebensstil stark auf die Fruchtbarkeit der Frau sowie auf die Samenqualität auswirken. Mögliche Einflussfaktoren wie schlechte Ernährungsgewohnheiten (siehe S. 15), Rauchen, erhöhter Konsum von Alkohol und Koffein, Bewegungsmangel, Stress am Arbeitsplatz und in der Freizeit, Leistungssport, Schlafmangel, Drogenabhängigkeit oder Missbrauch anderer Substanzen sowie fehlendes Sonnenlicht können eine Empfängnis erschweren. Überdies können Umweltgifte negative Auswirkungen auf die Fortpflanzung, den weiblichen Organismus und das Hormongleichgewicht sowie eine toxische Wirkung auf die Körperzellen (z. B. auf Mitochondrien, die Kraftwerke der Zellen) haben. Hier sind vor allem Chemikalien aus Kosmetika, Pestiziden, Flammschutzmitteln sowie Weichmacher und Schwermetalle zu nennen.

Klassische Therapiemöglichkeiten

Zur Behandlung des unerfüllten Kinderwunsches kommen, je nach zugrunde liegender Ursache, mehrere Möglichkeiten in Betracht. Abgesehen von verschiedensten medizinischen Behandlungen kann jedes Paar selbst durch Lebensstilanpassung die Chancen auf eine sich einstellende und gesund verlaufende Schwangerschaft erhöhen.

Intrauterine Insemination (IUI)

Bei der Insemination wird der männliche Samen zum optimalen Zeitpunkt – kurz vor dem Eisprung – in die Gebärmutterhöhle eingebracht. Dies ist ein schmerzloser Vorgang, vergleichbar mit einer gynäkologischen Untersuchung. Voraussetzung für eine Insemination sind durchgängige Eileiter, die Ausbildung von Eibläschen sowie eine ausreichende Samenqualität. Für viele Kinderwunschpaare ist die Insemination der erste Behandlungs-schritt. Durch dieses Verfahren kann eine leicht erniedrigte Samenqualität kompensiert werden, da der Weg der Spermien in den Gebärmutterhals überbrückt wird. Auch für gleichgeschlechtliche Frauenpaare oder bei Paaren, bei denen der Mann keine Samenzellen produziert (Azoospermie), kann mit einem Samenspender eine Schwangerschaft durch eine Insemination erreicht werden.

In-vitro-Fertilisation (IVF)

Bei der In-vitro-Fertilisation (IVF) wird der Eierstock angeregt, mehrere Eibläschen zu bilden. Dies gelingt durch die Verabreichung von follikelstimulierendem Hormon (FSH), welches auch im natürlichen Zyklus die Ausbildung eines Eibläschens bewirkt. Diese sogenannte Stimulation der Eierstöcke dauert in etwa neun bis zwölf Tage, in denen üblicherweise mehrere Ultraschalluntersuchungen erfolgen. Am Ende der Stimulation erfolgt die Eizellentnahme mittels Punktion, einem kurzen Eingriff, der üblicherweise in einer leichten Narkose schmerzfrei durchgeführt wird. Ei- und Samenzellen werden außerhalb des Körpers zusammengeführt und die Entwicklung der Embryos wird beobachtet. Nach drei bis fünf Tagen werden ein bis zwei Embryos schmerzlos in die Gebärmutterhöhle eingesetzt, überzählige gut entwickelte Embryos können kryokonserviert, also für spätere Versuche eingefroren werden.

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Befruchtung der Eizelle mit der Samenzelle im Rahmen der künstlichen Befruchtung

Die künstliche Befruchtung kann bei Frauen mit verschlossenen oder geschädigten Eileitern, mangelnder spontaner Eibläschenbildung, PCOS, Endometriose oder stark eingeschränkter Samenqualität des Mannes durchgeführt werden. Auch Paaren mit vererbbaren Erkrankungen kann mittels IVF und genetischer Testung der Embryos zu einem gesunden Kind verholfen werden. Weltweit wurden mithilfe der IVF mittlerweile mehr als acht Millionen Kinder geboren, somit gilt sie als sichere Standardtherapie für Mutter und Kind bei ungewollter Kinderlosigkeit.

Nebenwirkungen einer künstlichen Befruchtung

Wie bei jeder medizinischen Behandlung kann es auch bei einer künstlichen Befruchtung zu unerwünschten Nebenwirkungen kommen. Wenn die Frau besonders schlecht auf die Hormonbehandlung anspricht, werden weniger Eizellen gewonnen als gewünscht. Dadurch reduziert sich die Auswahl an Embryos, die transferiert oder eingefroren werden können. Bei einem besonders starken Ansprechen auf die Behandlung spricht man von einer Überstimulation (ovarielles Hyperstimulationssyndrom, OHSS). Durch die vielen gewonnenen Eizellen sind die Eierstöcke deutlich vergrößert, was zu Unterbauchschmerzen und Wassereinlagerungen führen kann. Schwere Verläufe müssen aufgrund von Atemnot und Neigung zu Blutgerinnseln im Krankenhaus betreut werden.

Nicht unerheblich ist die psychische Belastung, die eine Kinderwunschbehandlung mit sich bringt. Diese besteht einerseits durch persönlichen Druck und mögliche Spannungen innerhalb der Partnerschaft, andererseits kann auch die kurzfristig erhöhte Hormonproduktion des stimulierten Eierstockes die Psyche beeinflussen.

Durch das gezielte Einsetzen nur eines Embryos konnte in letzter Zeit die Rate an Zwillingen und Drillingen nach künstlicher Befruchtung stark gesenkt werden. Trotzdem kommt es als Folge von Kinderwunschbehandlungen weiterhin häufiger zu Mehrlingsgeburten als bei spontanen Schwangerschaften.

Trotz diesen möglichen Nebenwirkungen ist die Gesundheit sowohl der Kinderwunschpaare als auch der Wunschkinder langfristig jener der Allgemeinbevölkerung vergleichbar.

ESSEN SIE SICH INS KINDERGLÜCK

Schlechte Ernährungsgewohnheiten wie zu viel Fastfood, Fertigprodukte, Konservierungsstoffe, Kantinen-Essen, viele gesättigte Fette, tierisches Protein und viele einfache Kohlenhydrate wie Zucker und auf der einen Seite sowie wenig frisch gekochte und pflanzliche Lebensmittel auf der anderen Seite führen zu einer Unterversorgung des Organismus mit Vitalstoffen und Antioxidantien. Es kommt zur Fehlernährung, der Körper wird schlecht versorgt. Umweltbelastungen (freie Radikale) können nicht ausreichend abgepuffert werden und der oxidative Stress im Körper nimmt zu.

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Auch Stoffwechselstörungen wie Diabetes, Übergewicht oder erhöhte Blutfettwerte haben einen Einfluss auf die Fruchtbarkeit von Frau und Mann. Ursache dafür sind eine Ernährung mit einer zu hohen Energiezufuhr und ein zu niedriger Energieverbrauch. Das führt zu Veränderungen in vielen Stoffwechselwegen und zu Beeinträchtigungen der fein abgestimmten Wechselbeziehung zwischen Energiestoffwechsel und Fortpflanzung, wodurch die Fruchtbarkeit eingeschränkt werden kann. Aber auch strikte Diätvorschriften oder eine unausgewogene vegane Ernährungsweise können Mangelerscheinungen und Menstruationsstörungen auslösen.

Einseitige Ernährungsformen

Bedenken Sie, dass durch drastische Diäten sowie vegane Ernährungsweise Mangelerscheinungen und Menstruationsstörungen ausgelöst werden können. Dies ist zumeist auf einen Mangel an Eiweiß, Omega-3-Fettsäuren (DHA), Vitamin B12, Zink, Eisen, Kalzium und Jod zurückzuführen. So sollten beispielsweise Veganerinnen, die ihre Ernährungsweise auch in der Schwangerschaft beibehalten möchten, schon bei Kinderwunsch eine ernährungsmedizinische Expertin oder einen ernährungsmedizinischen Experten aufsuchen, um eventuelle Nährstoffmängel noch vor dem Eintreten einer Schwangerschaft auszugleichen.

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Jüngste Erkenntnisse haben gezeigt, dass auch die Darmgesundheit eine wichtige Rolle in der Fruchtbarkeit spielt. Neben der Verbesserung des Scheidenmilieus scheint sie ebenso positive Effekte auf die Spermienqualität zu haben.

Wenn Frau und Mann auf einen gesunden Lebensstil mit einer vitaminreichen und vollwertigen Ernährung und ausreichend körperlicher Betätigung achten, kann die Wahrscheinlichkeit für eine spontane Schwangerschaft erhöht werden. Eine der größten und längsten Untersuchungen, die zum Thema Fruchtbarkeitssteigerung durch die Nahrung bei Frauen durchgeführt wurde, ist die sogenannte „Nurses' Health Study II“. Es wurden 17.544 Frauen zwischen 25 und 42 Jahren in einem Zeitraum von acht Jahren beobachtet. Die Ergebnisse der Studie empfehlen folgende Maßnahmen für eine fruchtbarkeitssteigernde Ernährung:

hohe Aufnahme von ballaststoffreichen Nahrungsmitteln, dafür weniger einfache Kohlenhydrate mit hohem glykämischen Index1 (z. B. Zucker, Weißmehlprodukte)

geringe Aufnahme von tierischem Protein bei höherer Aufnahme von pflanzlichem Protein

geringe Aufnahme von Transfetten bei gleichzeitiger größerer Aufnahme von einfach ungesättigten Fetten

Bevorzugung von fettreichen im Gegensatz zu fettarmen Milchprodukten

hohe Aufnahme an Nicht-Häm-Eisen, das vorwiegend in pflanzlichen Lebensmitteln enthalten ist

Die Ergebnisse sprechen für sich: Bei Frauen, die sich an diese Ernährungsweise hielten, wurde ein um 66 % geringeres Risiko für Unfruchtbarkeit durch Ovulationsstörungen und ein um 27 % geringeres Risiko für Unfruchtbarkeit aufgrund anderer Ursachen beobachtet. Die praktische Umsetzung der Erkenntnisse der „Nurses' Health Study II“ haben wir für Sie zusammengetragen – Sie finden diese in unseren Ernährungsempfehlungen und Rezepten!

Ernährungsstrategien zur Steigerung der Fruchtbarkeit im Fokus

Zum Thema „Ernährung und Fruchtbarkeit“ findet sich in Büchern, Zeitschriften und im Internet ein regelrechter Dschungel an Ernährungsvorschlägen und Diäten. Durch Studien gesicherte Maßnahmen, um die Empfängnisbereitschaft bei der Frau und beim Mann zu verbessern, sind folgende:

Fasten oder Entgiften als Vorbereitung auf die Empfängnis

Wenn eine Ernährungsumstellung sinnvoll oder erwünscht ist, kann vor der Planung einer Schwangerschaft eine Fasten-Phase zur „Entgiftung“ des Körpers vorteilhaft sein (nicht für Untergewichtige geeignet). Sie bewirken dadurch:

einen Abbau von Fettgewebe

eine Verbesserung des hormonellen Gleichgewichts (speziell Insulin und Hormone aus dem Fettgewebe)

die positive Regulation der Stoffwechselvorgänge

die Ausscheidung eingelagerter Umweltgifte

eine verbesserte Funktion der Entgiftungsorgane

Sondersituation „Post-Pill-Syndrom“

Die Verwendung von hormonellen Verhütungsmethoden über einen längeren Zeitraum, vor allem wenn mit dieser schon in jungen Jahren (z. B. bei Akne) begonnen wurde, kann zum sogenannten „Post-Pill-Syndrom“ mit Zyklusschwankungen, ausbleibendem Eisprung, PMS und vaginalen Schleimhautinfektionen führen. Dann ist es sinnvoll, für einen Zeitraum von drei Monaten die Nährstoffspeicher mit einer gesunden und nährstoffreichen Kost optimal aufzufüllen. Sollten Sie nach dem Absetzen der Pille unter Hormonschwankungen leiden, können Sie unterstützende Ernährungsmaßnahmen ab S. 55 nachlesen.

Tipp: Beifuß kann helfen, den Zyklus nach einer längeren Einnahme von hormonellen Verhütungsmitteln wieder zu regulieren (siehe S. 73).

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Folgende Methoden zur Entgiftung haben sich bewährt:

Proteinsparendes oder modifiziertes Fasten

Je nach Ausgangsgewicht sollten für ein paar Tage – bis maximal zwei Wochen – täglich nur ungefähr 500–700 Kilokalorien zugeführt werden, wobei gleichzeitig auf eine ausreichende Eiweißzufuhr zu achten ist (siehe „Eiweißbedarf“ im Anhang, S. 162). Das ist auch im Rahmen eines Intervallfastens möglich, dann nur jeden zweiten Tag. Der Einsatz von Supplementen ist dabei empfehlenswert (siehe „Fruchtbarkeit und Nahrungsergänzungsmittel“, S. 68). Der Vorteil gegenüber dem klassischen Fasten (z. B. Kräuterteekur, Saftfasten) ist, dass der Körper trotz Fastenphase mit den wichtigsten Nährstoffen versorgt wird. Da es zu Stoffwechselkomplikationen und Nebenwirkungen (z.B. Muskelverlust) kommen kann, sollte die Therapie nur unter medizinischer Aufsicht und nach sorgfältiger Eingangsuntersuchung durchgeführt werden.

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Leberfasten nach Dr. Worm

Das Leberfasten ist eine zweiwöchige Kur – meist mittels Formula-Diäten (Shakes) – mit geringer Kalorien- und Kohlenhydratzufuhr und optimierter Eiweißaufnahme. Eine Gewichtsreduktion steht dabei nicht im Vordergrund, ist allerdings häufig ein willkommener Nebeneffekt. Primär sollen, neben der Entfettung der Leber, eine Normalisierung der Stoffwechsellage sowie eine Durchbrechung einer möglichen Insulin-Resistenz (z. B. durch Übergewicht, Diabetes mellitus oder eine Fettleber) gefördert werden. Durch die nährstoffreiche Kost, die diese Art des Fastens beinhaltet, können leere Nährstoffspeicher im Körper wieder aufgefüllt werden. Vor allem beim PCOS haben Studien gute Effekte gezeigt (siehe S. 46).

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Tipp: Sprechen Sie mit einer ernährungsmedizinischen Expertin oder einem ernährungsmedizinischen Experten, welche Kur für Sie am besten geeignet ist. Dafür wird zumeist eine Blutabnahme, eine kurze Eingangsuntersuchung und eine Fettleber-Index-Messung (FLI) oder eine Messung der Körperzusammensetzung (BIA, SECA) durchgeführt.

Anmerkung: In der Entgiftungsphase, bei der es zu Einschränkungen der Energie- und Nährstoffzufuhr kommt, sollte nach Möglichkeit noch keine Schwangerschaft eintreten. Nach dem Fastenprogramm erlangt man allerdings verbesserte Spermiogramme und der Eintritt einer spontanen Schwangerschaft kann somit begünstigt werden.

Kur durch den gezielten Einsatz
von Probiotika und Präbiotika

Eine Kur mit Pro- und Präbiotika kann entscheidend zur Wiederherstellung eines guten Darmmilieus und einer guten Darmbarriere beitragen. Toxische Belastungen, die zu chronischen Entzündungen („silent inflammation“) im Organismus führen, können auf diese Weise reduziert werden. Auch die Scheidenflora wird verbessert, indem die Schleimhaut geschützt und krankheitserregende Keime wieder besser abgewehrt werden können. Immerhin sind bei einem optimalen Scheiden- und Uterusmilieu mit überwiegend Laktobazillen (› 90 %) die Chancen für eine Schwangerschaft deutlich besser als bei einer Fehlbesiedelung der Scheide. Auch die Spermienqualität scheint sich unter Probiotika-Einnahme zu verbessern.

Folgenden Maßnahmen können die Darm- und Scheidenflora verbessern:

Verzehren Sie regelmäßig normal fette gesäuerte Milchprodukte wie Kefir, Joghurt, Buttermilch, Sauermilch und Acidophilusmilch. In diesen sind Milchsäure- und Bifidobakterien enthalten, die sich positiv auf das Darm- und Scheidenmilieu auswirken.

Vergessen Sie dabei nicht, diese Bakterien ausreichend mit sogenannten Präbiotika zu „füttern“. Dabei handelt es sich um Ballaststoffe, die in Vollkorngetreide und daraus hergestellten Produkten (z. B. Brot, Nudeln, Teige), Gemüse, Pilzen, Hülsenfrüchten und Obst vorkommen.

Tipp: Fügen Sie Ihrem Joghurt täglich einen Teelöffel geschrotete Leinsamen bei und trinken Sie danach ein Glas Wasser, damit die Ballaststoffe im Darm quellen können.

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Für eine dreimonatige Kur eignet sich die Einnahme von hochdosierten Probiotika aus der Apotheke und dem Fachhandel, z. B. femibion® Flor Intim (Fa. Merck), OMBE® Intim (Fa. Stada), OMNi-BiOTiC® FLORA plus+ (Fa. AllergoSan). Diese Produkte können entweder oral (Wirkstoffe werden über den Darm in die Scheide abgegeben) oder direkt über die Vagina angewendet werden. Lassen Sie sich in Ihrer Apotheke beraten!

Mitochondriale Ernährung

Die Mitochondrien sind die „Kraftwerke“ unserer Zellen und stellen unsere Energie bereit. Ihr ordnungsgemäßes Funktionieren ist unerlässlich für die Fruchtbarkeit, da sowohl Spermien als auch Eizellen ein hohes Maß an Energie für den Befruchtungsprozess benötigen. Dieser hohe Energiebedarf bleibt auch nach der Befruchtung und während der frühen Embryonalentwicklung bestehen.

Jüngste Erkenntnisse deuten darauf hin, dass bestimmte Nährstoffe (Cofaktoren, Energieverstärker und Antioxidantien) die ordnungsgemäße Funktion der Mitochondrien unterstützen und verbessern können, um letztendlich den gesamten Organismus positiv zu beeinflussen. Zu den wichtigsten gehören Coenzym Q10, Vitamin C, Vitamin E, Vitamin B6, Selen, Catechine, Carnitin, Proanthocyanidine, N-Acetylcystein und Alpha-Liponsäure. Diese Nährstoffe gezielt in einer Art „Mitochondrien-Diät“ zu verzehren, scheint vor allem für Frauen über 35 Jahren von Vorteil. In der ausführlichen Tabelle ab S. 23 finden Sie konkrete Ernährungsempfehlungen für die wichtigsten der oben genannten Nährstoffe.

Ernährung zur Reduktion von oxidativem Stress

Ein hohes Ausmaß an oxidativem Stress2