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Über dieses Buch:

Hinter unschuldigen Fassaden verbergen sich Abgründe der Lust … Jeden Montag leitet Ellen Burns einen Kirchen-Gesprächskreis – doch in diesem kommen nur Themen zur Sprache, die dem Papst die Schamesröte ins Gesicht treiben würden: Tabulos sprechen die Teilnehmer über ihre sexuellen Probleme, vom Wunsch nach mehr Oralverkehr bis zur Lust am Exhibitionismus. Ellen Burns leitet die Runden sanft und souverän. Niemand würde auf die Idee kommen, dass sie ein dunkles Geheimnis hat: Sie gibt sich wildfremden Männern hin und lässt sich willenlos benutzen. Als ein anonymer Anrufer sie zu einem Rendezvous in Latex und Leder einlädt, zögert sie keine Sekunde. Doch von ihm wird sie lernen, was Unterwerfung wirklich bedeutet …

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eBook-Neuausgabe Mai 2015

Ein eBook des venusbooks Verlags. venusbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, München.

Dieses Buch erschien bereits 2005 unter dem Titel Nachtblind bei Edition Combes.

Copyright © der Originalausgabe 2005 Edition Combes im Verlag Frank de la Porte, 96328 Küps

Copyright © der eBook-Neuausgabe 2015 venusbooks GmbH, München

Copyright © der aktuellen eBook-Neuausgabe 2020 venusbooks Verlag. venusbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, München.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design, München, unter Verwendung eines Bildmotivs von shutterstock/Kiselev Andrey Valerevich

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH

ISBN 978-3-95885-867-1

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Im realen Leben dürfen Erotik, Sinnlichkeit und sexuelle Handlungen jeder Art ausschließlich zwischen gleichberechtigten Partnern im gegenseitigen Einvernehmen stattfinden. In diesem eBook werden erotische Phantasien geschildert, die vielleicht nicht jeder Leserin und jedem Leser gefallen und in einigen Fällen weder den allgemeinen Moralvorstellungen noch den Gesetzen der Realität folgen. Es handelt sich dabei um rein fiktive Geschichten; sämtliche Figuren und Begebenheiten sind frei erfunden. Der Inhalt dieses eBooks ist für Minderjährige nicht geeignet und das Lesen nur gestattet, wenn Sie mindestens 18 Jahre alt sind.

Andrew Forbes

Die dunkle Seite meiner Lust

Erotischer Roman

venusbooks

Kapitel 1

Ellen Burns begann den Montagmorgen mit einer kühlen Dusche und einem flüchtigen Frühstück. Sie war spät dran heute, und deshalb stand sie mit vollem Mund von ihrem Frühstückstisch auf, schlüpfte kauend in ihren Sommermantel, schnappte sich ihre Arbeitstasche mit den wichtigsten Unterlagen und stürmte zum Lift. Nach zwei Minuten – sie schluckte gerade den letzten Bissen ihres Toastbrotes hinunter – erreichte sie das Parkhaus, wo ihr Toyota stand.

Nach einer Fahrt von fünfzehn Minuten fuhr sie auf den Parkplatz der Alten Nikolaikirche auf Staten Island, wo sie sich als Freiwillige in Diensten der Kirche verdingte. Ellen Burns war eine von den guten Feen, ohne die eine Kirche heute ihre sozialen Aufgaben nicht erfüllen könnte. Sie, die Biologie studieren wollte, wurde gern zur Betreuung gestrauchelter, depressiver oder schlichtweg durchgeknallter Bürger gerufen, die die Kirche um Hilfe baten, weil ihnen die staatlichen Stellen aus welchen Gründen auch immer die Hilfe versagten.

Aus der Betreuung derart verletzter Personen hatte sich innerhalb der Kirchengemeinschaft ein Gesprächskreis entwickelt, der eine inzwischen dreißigjährige Tradition und einen entsprechenden Ruf aufweisen konnte. Der Kirchenrat hatte schnell begriffen, dass in den meisten Fällen das Aussprechen eines Problems beziehungsweise das Finden eines Gesprächspartners, der für die vielen Sorgen ein Ohr hatte, die halbe Lösung war. Als die Erfolge auch von der Öffentlichkeit anerkannt und geschätzt wurden, wurde diese Gesprächsrunde in den Gemeinschaftsräumen von Old Nick zur Institution. Ellen selbst hatte darin als knapp Dreißigjährige einmal Hilfe gesucht, als ihre Ehe in die Brüche gegangen war. Aber das war schon zwölf Jahre her; heute leitete sie selbst diesen Gesprächskreis. Sie tut ihren Dienst hier gern, zumal die Gesprächsthemen in den letzten zwei Jahren immer pikanter wurden. Was sich die Teilnehmer nämlich von der Seele reden wollten, waren zunehmend Probleme mit dem Ehepartner und Eskapaden ins sexuelle Anderswo, die nach vollbrachter Tat am Gewissen rührten oder gar zu Abhängigkeiten führten. Doch manchmal kam es auch viel schlimmer, wenn nämlich gesetzliche Grauzonen betreten wurden oder sexuelle Praktiken die Menschen wie eine Sucht ergriffen hatten.

Ein solcher Gesprächskreis fand auch heute wieder statt. Ellen hatte noch ein wenig Zeit, ihre Haare in Ordnung zu bringen und sich die Teilnehmer noch einmal geistig vor Augen zu führen. Sie blieb vor dem Spiegel stehen, prüfte noch einmal ihr Make-up und strich sich ihre Bluse und den Rock glatt. Sie hatte die geblümte Bluse mit dem verspielten Ausschnitt angezogen, weil es ihr heute einfach in den Sinn gekommen war, möglichst weiblich auszusehen. Ja, einfach nur weiblich. Sie hatte noch nie auf eine gestylte Schönheit, auf Parfüms, die aufdringlich waren oder Schmuck, der zu protzig wirkte, gesetzt. Nein, ihr kam es nur auf die weibliche Ausstrahlung an, und wozu alles andere führte, hatte sie ja genug in diesem Gesprächskreis erfahren. Sie schaute an sich hinunter, und als sie ihre schlanken, aber unrasierten Beine betrachtete, zuckte sie mit den Mundwinkeln. Ein andermal, dachte sie. Die Teilnehmer, alles Menschen wie du und ich, würden ihr diese Nachlässigkeit schon verzeihen.

»Also, wen haben wir denn heute«, murmelte Ellen vor sich hin und blätterte in ihren Aufzeichnungen:

Alice Jones und Daniel Norris, sie schwarz, er weiß. Ihre sechsjährige Beziehung steht vor dem Aus, weil sie noch nie einen Orgasmus hatte und er nur schnörkellosen Sex will. Wie mag der wohl aussehen?, fragte sie sich in Gedanken.

Denise Davis! Aber hoppla! Aktive Exhibitionistin, sehr quirlig, aber harmlos. Regelmäßig Ärger mit den Behörden. Hält sich für suchtkrank. Teilnahme auf Anraten der Polizei von Staten Island.

Josh Mason – Beinahevergewaltiger. Auffälliger Spät-Pubertierender, wegen verschiedener Attacken polizeibekannt, überschreitet gern die Grenzen zur Nötigung.

Carol und Peter McGregor, verheiratet. Sie hat panische Angst vor dem Kinderkriegen. Eigentlich hier fehl am Platze. Schwache Nerven, fast hysterisch.

Joyce Fletcher – eine einzige Triebfeder. Lebenslustig, ein wenig verhurt, schreckt vor nichts zurück, wenn es um Sex geht, ausufernd, ist zeitweilig aus purer Lust an der Sache anschaffen gegangen. Verweisung hierher durch das Ordnungsamt.

Eine feine Runde, sagte sich Ellen. Da ist kein einziger Normaler dabei. Wie schon beim letzten Kurs. Alle haben Probleme mit dem Vögeln. Der eine beim Partner, der andere mit seinen Hormonen. Dabei könnte alles so einfach sein.

Als Ellen eintrat, hatten alle schon ihre Plätze eingenommen. »Guten Morgen«, begrüßte sie die Teilnehmer, die alle im Kreis saßen. »Schön, dass wir vollzählig und pünktlich sind.« Sie setzte sich in ihren Sessel. »Nun, wer fängt heute an?«

»Ich«, sagte Carol McGregor. »Mein Mann und ich sind ja erst seit der letzten Gruppenstunde hier – also neu – in dieser Runde. Wir kamen letztes Mal kaum zu Wort.«

»Das tut mir leid, Carol«, erwiderte Ellen. Sie sah Carol an und stellte fest, dass sie sehr nervös und verkrampft war. »Also, dann dürfen Sie jetzt anfangen.«

Nach einem Seufzer begann sie. »Es ist so, Mrs. Burns, mein Mann Peter und ich wollen schon länger ein Baby. Aber ich habe Angst.«

»Angst? Wovor denn?«, fragte Ellen vorsichtig und mit ruhiger, entspannter Stimme.

»Vor vielem«, antwortete die mollige Carol. »Und möglicherweise geht es auch nicht gut! Wenn ich nur an meine …« Sie konnte nicht mehr weiterreden, sie begann zu weinen. Ihr Mann gab ihr ein Taschentuch.

Für einen kurzen Moment sagte Ellen nichts; sie fand es richtiger, den Gefühlsausbruch der hysterisch schluchzenden Frau jetzt nicht zu unterbrechen.

»Schauen Sie«, sagte Ellen, nachdem sich Carol wieder einigermaßen beruhigt hatte, »jede schwangere Frau wird doch von Anfang an ständig ärztlich betreut. Es werden regelmäßige Ultraschalluntersuchungen gemacht, die Herztöne des Babys werden abgehört, es wird eine Reihe von Blutuntersuchungen durchgeführt, um jedes Risiko auszuschließen, und es wird sorgfältig auf die Gesundheit der Mutter geachtet. Ich selbst habe eine Tochter – Sarah heißt sie –, und glauben Sie mir, Carol, die Zeit der Schwangerschaft war die schönste Zeit meines Lebens.«

»Mrs. Burns, Carols Schwester erlebte eine schwere Geburt, wobei das Baby starb«, unterbrach Peter McGregor sie und legte seinen Arm sanft um seine Frau.

»Oh, das tut mir leid«, sagte Ellen betroffen. »Jetzt verstehe ich Ihre Angst, Carol. Doch leider muss ich zugeben, dass ich im Moment mit so einem Problem überfordert bin. Ich werde zu Hause mal in meinen Büchern nachschlagen. Okay?« Sie blickte kurz in die Runde. »Kann jemand Carol helfen?«

Aber auf diese Frage schüttelten die übrigen Teilnehmer nur die Köpfe. Kurz darauf herrschte eine bedrückende Stille. Niemand sagte etwas.

Die schlanke und noch ziemlich junge Denise Davis räusperte sich. »Ich unterbreche dieses Thema nur sehr ungern, aber gestern …«

»Sorry, Denise …«, fuhr Ellen etwas ungehalten dazwischen, »ich möchte Carol noch fragen, ob sie noch etwas zu ihrem Thema sagen will, bevor wir mit Ihnen fortfahren.«

»Nein, nein, ist schon in Ordnung«, meinte Carol.

»Wirklich?«, fragte Ellen nach.

Carol nickte hastig.

»Gut, Denise, dann können Sie fortfahren.«

Denise Davis setzte sich in ihrem Sessel zurecht. »Ich habe ja bei der letzten Sitzung schon erzählt, dass ich mich in der Öffentlichkeit gern nackt zeige«, begann sie und genoss die sensationslüsternen Blicke der Anwesenden. »Ja, es macht mir einen Höllenspaß, mich splitternackt unter die Leute zu mischen. Natürlich weiß ich, dass ich da zu weit gehe, aber ich bin halt eine lupenreine Exhibitionistin.«

»Okay, Denise, das haben Sie uns alles letztes Mal schon erzählt«, warf Ellen dazwischen. »Doch Sie wollten von Ihrem Erlebnis gestern berichten.«

»Ja, natürlich. Tut mir leid, aber ich rede gern ein bisschen zuviel. Also, um es kurz zu machen: Ich zog mich gestern vor dem McDonald’s-Restaurant aus …« Hier machte Denise eine kunstvolle Pause, bevor sie fortfuhr: »Dann ging ich rein und bestellte, so nackt wie ich war, einen Hamburger und eine Cola, setzte ich mich an einen der mittleren Tische und begann ganz gemütlich zu speisen. Na, da hätten Sie mal die Stielaugen der Männer sehen sollen! Und erst die vielen Mamis, die ihren Sprösslingen die Augen zugehalten haben!«

»Wie, Sie gingen splitternackt in ein Restaurant und haben sich an einen Tisch gesetzt«, platzte Carol so heftig dazwischen, dass jeder in der Gruppe merkte, dass sie ihr eigenes Problem recht schnell vergessen hatte.

»Na, so wie ich es gesagt habe«, erwiderte Denise lächelnd.

»Und das inmitten von allen Leuten?«, wollte es Carol noch einmal ganz genau wissen.

»Ja. Aber kaum war ich mit meinem Hamburger und meiner Cola fertig, tauchten schon zwei Polizisten auf. Sie wickelten mich eine grauslig pieksende Wolldecke und brachten mich aufs Revier, wo ich dann eine Fünfzig-Dollar-Geldstrafe bezahlen musste.« Mit einem triumphierenden Blick in die Runde beendete Denise ihre Geschichte.

Ellen, die schweigend zugehört hatte, musterte sie von Kopf bis Fuß. Dieses kleine Luder hatte unter ihrem dünnen T-Shirt und ihren knappen Shorts nicht einmal Unterwäsche an! Keinen Büstenhalter, keinen Slip, nichts. Und wie steif ihre Brustwarzen beim Erzählen geworden waren! Die dicken Knospen stemmten sich gegen ihr T-Shirt und drohten es zu durchstechen. Dieser Anblick schien auch die männlichen Teilnehmer der Gesprächsrunde zu begeistern. Vor allem Josh Mason, der in der Vergangenheit immer wieder Frauen belästigt hatte, war anzusehen, wie angetan er war von den übermäßig spitzen Nippeln. Himmeldonnerwetter! Gerade er war ja hier, um sich unter Gewalt zu bekommen, damit er eben nicht mehr von optischen Reizen wie diesen unbändigen Türmchen gefangen genommen würde.

»Würden Sie auch gerne hier in dieser Runde nackt sein, Denise?«, fragte Carol unbedarft dazwischen.

»Na klar«, kicherte die junge Frau. »Erlauben Sie mir, dass ich mich ausziehe, Mrs. Burns?«

»Nein, Denise, das wäre sehr dumm von Ihnen, vor allem in Gegenwart von Mr. Mason wäre dies rücksichtslos«, sagte Ellen ruhig und überlegt.

»Na gut, dann eben nicht«, schmollte Denise.

»Wieviel müssen Sie denn in der Woche an Geldstrafen bezahlen?«, kam die nächste dumme Frage – natürlich wieder von Carol.

»Ich hatte es schon einmal auf zweihundertfünfzig Dollar gebracht.«

»Das ist aber ein Haufen Zeug.« Carol pfiff durch die Zähne.

»Ich weiß, das ist ein teures Hobby«, nahm Denis den Faden auf und holte schon Luft für die nächste Story.

»Genau«, schaltete Ellen sich jetzt ein. »Und deswegen sind Sie ja hier, um diesem Hobby, wie Sie es so schön nennen, ein Ende zu machen. Sie handeln sich ja mit der Zurschaustellung Ihres Körpers mit Sicherheit nur Unannehmlichkeiten ein. Außerdem hat diese Art von Nacktheit etwas Flittchenhaftes an sich, das gar nicht zu Ihnen passt. Dies macht zwar die Männer blitzschnell an, aber glauben Sie mir, das gelingt Ihnen angezogen noch viel schneller. Nackt könnte es zu allem Übel auch noch gefährlich werden. Deshalb müssen Sie schnellstens damit aufhören.«

»Aber wie denn?«, fragte Denise ganz treuherzig lächelnd.

Diese Frage war berechtigt, aber ihr Lächeln hinterließ bei Ellen einen anderen Eindruck. Entweder hatte sie immer noch nichts begriffen, dann wäre sie nicht die Hellste, und eine Therapie wäre ungemein schwierig, oder aber sie hatte immer noch richtigen Spaß daran, deshalb fragte sie sie direkt: »Sind Sie sich eigentlich der Tatsache bewusst, dass Sie im Extremfall unter den Exhibitionisten sind, Denise?«

Das Lächeln der jungen Frau erstarb jäh. »Ja sicher, sonst wäre ich nicht hierher gekommen, um damit aufzuhören.«

»Nun, sehen Sie das Ausziehen in der Öffentlichkeit als … eine Sucht an?«, wollte Ellen nun von ihr wissen.

»In gewisser Weise ja.«

»Und wie wollen Sie sie bekämpfen?«

»Ich könnte vielleicht eine Entziehungskur machen.«

Ellen wusste daraufhin nicht, ob Denise einen Witz gemacht hatte oder wirklich so naiv war.

»Denise, ich kenne keine Entziehungskur für Exhibitionisten«, sagte sie ganz sachlich. »Nein, ich denke, dass es richtig war, dass Sie sich zunächst einmal für diesen Gesprächskreis entschieden haben.«

Ellen überlegte kurz. Der richtige Weg wäre vielleicht, Denise dazu zu bringen, ihren Exhibitionismus kontrolliert zu praktizieren. »Haben Sie schon einmal daran gedacht, in einen Nudisten- oder sogar in einen Swingerclub zu gehen?«

»Nein«, reagierte Denise positiv überrascht.

»Ich denke, das wäre für den Anfang das Beste«, sagte Ellen. »Sie können dort nackt essen, nackt spazieren gehen, nackt schwimmen und was weiß ich noch alles tun, und das ganz ohne Probleme mit der Öffentlichkeit. Natürlich wird es für Sie nicht dasselbe sein, aber immerhin können Sie es ganz legal tun. Und zudem verschonen Sie die Gesellschaft … und auch sich selber.«

»War das jetzt eine Beleidigung gewesen?«, fragte Denise und runzelte die Stirn. »Sie wollten doch damit sagen, dass die Gesellschaft von einer solchen psychisch gestörten, sexhungrigen Frau wie mir verschont werden müsse.« Ihr Gesichtsausdruck wurde bedrohlich wie ein aufziehendes Unwetter.

Nun wurden auch Ellens Nerven angespannt.

»Nein, Denise, Sie haben mich falsch verstanden. Was ich sagen wollte, ist, dass ich Sie vor den öffentlichen Problemen verschonen will. Damit meine ich die schockierten Leute, die empört die Polizei anrufen, wenn sie Sie nackt herumtollen sehen. Und natürlich möchte ich Sie selber vor Gefahren verschonen wie zum Beispiel Männern, die Ihr Verhalten falsch interpretieren könnten. Sie haben mir ja selbst erzählt, dass man Sie schon zweimal fast vergewaltigt hätte. Verstehen Sie mich jetzt?«

»Ja«, antwortete Denise, die doch tatsächlich feuchte Augen bekommen hatte. Es dauerte nicht lange, da rollte auch schon eine erste Träne ihre Wange hinunter, und Denise war bemüht, sie mit dem Handrücken schnell abzuwischen.

Ellen war gar nicht wohl dabei. Offensichtlich hatte sie Denise doch verletzt. So etwas durfte auf keinen Fall wieder vorkommen, auch wenn die junge Frau vielleicht ein bisschen überempfindlich reagiert hatte.

»Möchte jemand etwas zu Denises Problem sagen?«, fragte Ellen sichtlich betroffen.

Peinliche Stille trat ein.

»Wenn niemand etwas sagt, dann möchte ich von meinem Problem erzählen«, begann Alice Jones, eine Afroamerikanerin mit großer Oberweite, sportlicher Figur und ziemlich hochgewachsen. »Na ja, es ist so, ich bin nun zweiunddreißig Jahre alt, habe in meinem Leben schon reichlich Sex gehabt, aber noch nie einen richtigen Orgasmus bekommen. Auch nicht mit meinem Freund Daniel, und wir sind schon ewig lange zusammen.«

Ellen horchte auf. »Wenn Sie in Ihrem Leben schon viel Sex gehabt, aber noch nie einen Orgasmus bekommen haben, so haben Sie mit ziemlicher Sicherheit etwas falsch gemacht. Doch wenn ich Ihnen helfen soll, müssten Sie uns noch etwas mehr von sich erzählen, Alice.«

»Ach, ich weiß ja nicht einmal, ob es an mir liegt oder an den Männern. Was soll ich Ihnen da erzählen?«, sagte Alice mit sichtlicher Verzweiflung in der Stimme und legte ihre linke Hand auf den Oberschenkel ihres Freundes.

»Wissen Sie, Alice, ich möchte gar nicht soweit gehen, zu erwähnen, wie viele Frauen, egal wie alt oder jung sie sind, sich beklagen, dass sie in ihrem Leben noch keinen Orgasmus gehabt haben. Ich kann Ihnen nur sagen, dass es ungewöhnlich viele sind«, verriet Ellen und schaute dabei die schwarze Schönheit und ihren weißen Freund Daniel verständnisvoll an.

»Möchten Sie uns jetzt bitte schildern, wie Sie beide zusammen Sex haben?«

Alice blickte kurz zu Daniel, um mit diesem Blick zu fragen, ob sie davon erzählen dürfe. Daniel nickte zustimmend, und Alice begann zu reden: »Nun, wir ziehen uns aus, schmusen ein bisschen, dann steckt Daniel mir seinen Schwanz in den Mund, damit ich ihn hochblase … na ja, und dann ficken wir.«

Ellen hätte fast ein wenig geschmunzelt. »Tja, wenn das so ist, wie Sie es sagen, dann ist ziemlich klar, warum Sie noch nie einen Orgasmus bekommen haben.« Sie überlegte einen Moment und fragte anschließend: »Wie war der Sex, bevor Sie Daniel kennenlernten?«

Mit dieser Frage schien sie Alice ziemlich getroffen zu haben. Über ihren Sex von damals zu reden, stand wohl nicht auf ihrem Plan.

Alice druckste ein wenig herum, bevor sie antwortete. »Okay, ich sag’s Ihnen: Früher war der Sex besser. Leidenschaftliche, heiße Ficks in irgendwelchen Lotterbetten oder gierig wilde Quickies in irgendeiner Toreinfahrt. – Aber gekommen bin ich trotzdem nicht!«, fügte sie noch trotzig hinzu.

Na, da hatte Ellen aber in ein Wespennest gestochen! Sie ließ sich nichts anmerken, straffte den Rücken und sagte: »Fangen Sie doch einfach einmal damit an, Ihr Vorspiel zu intensivieren, etwa mit Küssen und liebevollem Streicheln. Dabei sollten Sie beide erregt werden, so erregt, dass Sie nach mehr verlangen. Jetzt erst ziehen Sie sich gegenseitig aus, und dann sollte der Mann jeden Zentimeter Haut der Frau küssen, denn das stimuliert sie besonders. Vor allem muss er ihre Scham und ihre Klitoris mit seiner Zunge verwöhnen.«

»Wie bitte, ich soll ihre Möse lecken?«, platzte Alices Freund Daniel laut dazwischen.

»Warum empören Sie sich? Wäre das so schlimm? Und außerdem leckt und lutscht Alice ja auch Ihren Penis. Oder habe ich da vorhin etwas missverstanden? Was hält Sie denn davon ab, es zu tun?«

»Aber ihre Möse hat so viele drahtige schwarze Haare.«

Keiner der Anwesenden konnte sich ein Grinsen verkneifen, auch Ellen nicht, die wieder das Wort ergriff. »Nun, ich nehme an, dass es Ihrer Freundin ein Vergnügen sein wird, sich die Möse zu rasieren. Nicht wahr, Alice?« Die Schwarze nickte zustimmend. Und an den jungen Mann gewandt fuhr Ellen fort: »Eines kann ich Ihnen versichern: Wenn die Scham Ihrer Freundin erst einmal blank und unschuldig vor Ihnen liegt und der betörende Geruch ihres Geschlechts in Ihre Nase steigt, werden Sie sie lecken wie ein junger Gott – und das ist dann auch schon der halbe Weg zum Orgasmus.«

»Ich hätte mir denken können, dass ich mich zum Affen mache, wenn ich mit Alice und ihrem Problem zu so einem Laberkreis gehe.«

»Hören Sie, Mr. …«

»Daniel«, ergänzte Daniel genervt.

»Gut, Daniel, Sie machen sich hier keineswegs zum Affen.«

»Und warum grinsen dann alle hier so blöde?«, fragte er aufgeregt.

Daniel hatte recht, die ganze Situation war von einer Portion Humor und Schadenfreude geprägt, gerade deshalb musste Ellen schnell einen Weg finden, wie sie wieder zu einem ernsthaften Gespräch kommen würde.

»Na ja, ehrlich gesagt, das Verwöhnen mit der Zunge ist heute eine durchaus gebräuchliche Praxis. Sie sollten ihr nicht abgeneigt gegenüberstehen. Ich möchte sogar soweit gehen zu behaupten, dass es für beide Partner leichter ist, mit der Zunge zum Orgasmus zu kommen als über normalen Vaginalverkehr, wobei ich hier Orgasmusprobleme beim Mann mit einbeziehen möchte.«

»Also gut, Mrs. Burns, ich werde es ausprobieren und zuerst die Möse von Alice lecken, bevor ich ihr mein Ding reinschiebe.«

»Gut so, Daniel. Ich sehe, Sie sind auf dem richtigen Weg, das freut mich«, lobte Ellen ihn.

»Darf ich auch etwas dazu sagen?«, meldete sich Joyce Fletcher zu Wort. Sie war die schrillste Erscheinung dieser Gesprächsrunde, über einen Meter siebzig groß, sehr schlank, kleine Titten, dafür um so längere Beine. Sie hatte langes blondes Haar, das sie offen trug. Ihr Make-up bewegte sich dicht unter der Grenze des Erträglichen, und irgendetwas an ihr wirkte immer zu dick aufgetragen. Je nachdem, wo sie saß und wie das Licht auf ihr an sich hübsches Gesicht fiel, erschienen entweder die Lippen überzogen geschminkt, oder es waren die Wangen, die wie zwei rötliche Kugeln leuchteten, oder die intensiven Lidschatten.

»Bitte, Joyce.«

»Also, ich bin ja noch nicht so alt, dass ich anderen Ratschläge geben könnte, aber ich kann aus Erfahrung eines bestätigen: Viele, mit denen ich im Bett war, konnten nicht ficken, weil sie entweder keinen hochgekriegt haben oder zu aufgeregt waren oder sonst etwas. Aber geleckt haben sie alle, und mancher ging mit seiner Zunge so virtuos um wie ein Geiger mit seiner Violine.«

»Haben Sie vom Lecken immer einen Orgasmus bekommen?«, wollte Ellen wissen.

»Einen? Ich gehe jedesmal ab wie eine Rakete. Kein Ficken ohne Lecken. Das eine bedingt das andere«, ergänzte Joyce.

»Wenn Sie so glücklich sind beim Ficken, warum sind Sie dann eigentlich hier?«, fragte Daniel.

»Ich bin hier, weil ich mit meinem Sex ein bisschen überzogen habe. Mir haben einfach die paar Freunde, die ich habe, nicht gereicht. Also habe ich mir jemanden von der Straße geholt, der mich auf die Schnelle durchgezogen hat. Hier mal ein Fick im Auto, dort einer im Hausflur. Dann habe ich meinen Job verloren, weil ich während der Dienstzeit mit dem Sohn vom Chef gevögelt habe. Von diesem Zeitpunkt an habe ich dann meine Ficker gebeten, etwas zu meinem Lebensunterhalt beizusteuern. Andere nennen das Prostitution. Ich halte die Bezeichnung aber für falsch, weil bei mir das Vögeln im Vordergrund steht. Eines Tages habe ich es mit einem jungen Bengel getrieben, der gerade auf dem Weg von der Schule nach Hause war, und dieser Idiot hat es seiner Mutter erzählt. Prompt kam eine Verwarnung von den Behörden, unter anderem, weil ich kein Kondom benutzt hatte. Und um heil aus der Sache herauszukommen, habe ich guten Willen gezeigt und mich freiwillig diesem Gesprächskreis angeschlossen, der mich von meiner übermäßigen Freude am Sex befreien soll. Aber das weiß Mrs. Burns ja schon alles. Und ihr jetzt auch.« Joyce kicherte.

Alle hatten mit großen Augen zugehört und erwarteten jetzt natürlich so etwas wie einen Lösungsvorschlag von Ellen. Doch die rief nach einem kurzen Blick auf ihre Armbanduhr: »Oh, schon zwanzig nach neun! Da haben wir doch glatt überzogen! Hat jemand noch etwas Wichtiges vorzutragen? Nein? Sie auch nicht Josh?« Sie wandte sich zu Josh Mason, der heute überhaupt nicht zu Wort gekommen war. Er schüttelte aber nur den Kopf.

Ellen tat es ein wenig leid, die Gespräche so abrupt unterbrochen zu haben. »Okay, dann bis zum Mittwoch. Ich werde mir dann auch wesentlich mehr Zeit nehmen können. Heute geht es leider nicht, ich habe noch einen dringenden Zahnarzttermin.«

Jeder hatte Verständnis, und Ellen verabschiedete sich mit einem kurzen Gruß.

Kapitel 2

Ellen hatte den Zahnarztbesuch Gott sei Dank hinter sich gebracht, saß gerade in ihrem kleinen Arbeitszimmer und ordnete ein paar Unterlagen, als das Handy klingelte. Es war ihr von der Kirchengemeinde zur Verfügung gestellt worden, falls irgendjemand aus ihrem Gesprächskreis dringend Hilfe brauchen sollte.

»Hallo, hier Ellen Burns«, meldete sie sich.

»Hallo, Mrs. Burns! Darf ich Ihnen sagen, wie sehr ich Sie bewundere«, sagte eine männliche, aber offensichtlich verstellte Stimme. Sie klang blechern, technisch, als würde jemand in eine widerhallende Metallmuschel sprechen.

»Na, das freut mich aber, wenn Sie mich bewundern«, tat Ellen ein bisschen überlegen und fügte gleich hinzu: »Und mit wem habe ich bitte das Vergnügen?«

»Wollen Sie das wirklich wissen?«

Es folgte ein dezentes, aber eindeutiges Stöhnen, das Ellen nun doch ein wenig nervös werden ließ.

Der Anrufer schien aber keine Antwort zu erwarten. Im gedämpften Ton redete er weiter: »Mrs. Burns, ich muss sagen, Sie sind wirklich eine sehr schöne Frau. Der Ausschnitt Ihrer Bluse zeigt viel von Ihren schönen, großen Brüsten, und Ihre eleganten, unrasierten Beine finde ich sehr natürlich und geradezu faszinierend. Und dass Sie Sandaletten an Ihren nackten Füßen tragen, das ist auch okay. Es passt zu Ihrem sexy Auftritt …«

Wieder war ein eindeutiges Stöhnen am anderen Ende der Leitung zu hören.

»Onanieren Sie etwa, Mister?«, fragte Ellen leicht angewidert.

Daraufhin war es für einen Moment still.

»Nein, so einer bin ich nicht. Wie kommen Sie denn darauf?«

»Nun, ich hatte das Gefühl, ein Stöhnen oder zumindest ein schweres Atmen zu hören.«

»Da müssen Sie sich getäuscht haben, Mrs. Burns. Nein, ich wollte Ihnen eigentlich nur ein Angebot machen.«

»So? Na, dann lassen Sie mal hören.«

»Ich möchte eine so schöne Frau wie Sie gerne einmal von Kopf bis Fuß verwöhnen. Wir sollten uns morgen Abend um zehn bei mir treffen, und dann …«

Weiter ließ Ellen den unbekannten Anrufer nicht kommen. Sie unterbrach das Gespräch und legte auf. Es war nicht zu fassen, was für perverse Typen auf Gottes Erdboden herumliefen!

Doch der Anrufer wollte ihr nicht aus dem Kopf gehen. Sollte das jemand aus ihrem früheren Bekanntenkreis gewesen sein? Oder gar jemand aus dem laufenden Gesprächskreis? Oder doch nur einer, der sich einen Scherz erlaubte und zufällig ihre Nummer gewählt hatte? Nein, woher sollte er wissen, dass sie große Brüste und unrasierte Beine hatte?

Natürlich wäre es unter Umständen ganz wichtig, so folgerte sie, wenn sie so schnell wie möglich wüsste, wer hinter dieser Aktion stände. Dann könnte man eine Eskalation verhindern und sich mit einem einzigen Gespräch vielleicht einen lang andauernden Psychoterror am Telefon ersparen. Aus Erfahrung wusste sie, dass solche telefonischen Avancen häufig aus einem künstlich angehäuften Übermaß an Mut zustande kommen, der so gar nicht zum Typ des Ausführenden, im Regelfall einer charakterlich schwachen Person, passt. Das wäre dann die Gelegenheit, die Sache mit einem Handstreich zu beenden.