Madeleine Walker

Wie Tiere Seelen heilen

Madeleine Walker

Wie Tiere

Seelen heilen

Aus dem Englischen von

Karl Friedrich Hörner

AN EXCHANGE OF LOVE

© 2008 by Madeleine Walker

published by O Books (John Hunt Publishing Ltd.), S024 OBE, UK

Deutsche eBook Ausgabe:

1. Auflage 20

© Aquamarin Verlag GmbH

Voglherd 1

85567 Grafing

www.aquamarin-verlag.de

Übersetzung aus dem Englischen: Karl Friedrich Hörner

Umschlaggestaltung: Annette Wagner

ISBN 978-3-96861-050-4

Inhalt

Geleitwort

Vorgeschichte

Einführung

Kapitel 1 Mulberry erzählt

Kapitel 2 Unsere tierischen Freunde in der geistigen Welt

Kapitel 3 Seelenrückholung und Traumalösung

Kapitel 4 Kriegsverwundungen

Kapitel 5 Negative Energien und Wesen

Kapitel 6 Mediale Operationen und Lichtkristall-Behandlungen

Kapitel 7 Blaupausen, Huf-, Pfoten- und Fußabdrücke!

Kapitel 8 Heilen über die Chakras

Kapitel 9 Fernbehandlungen und Haarproben-Readings

Kapitel 10 Zuhören lernen – kann das jeder?

Kapitel 11 Die Liebe stirbt nie

Nachgeschichte

Danksagungen

Über die Autorin

* * *

Dieses Buch widme ich meinen Kindern

Sophie, Christopher und Cameron, die mir

auf meiner Seelenreise alle gleichermaßen

und unterschiedlich geholfen haben – und

meiner ganzen Familie: Den Menschen

und den Tieren in Vergangenheit,

Gegenwart und Zukunft.

* * *

Solange du kein Tier geliebt hast,

verharrt ein Teil deiner Seele im Schlafe.

Geleitwort

Ich habe das große Glück, seit einigen Jahren mit Madeleine zusammenarbeiten und in diversen Fällen, die ich nicht selbst auszuloten vermochte, von ihrer Sachkenntnis profitieren zu können. Den Tieren eine Chance zu geben, über ihre Probleme zu „sprechen”, ermöglicht ihnen, Ängste abzubauen. Darüber hinaus hilft es mir bei der Entscheidung über den weiteren Weg ihrer Behandlung und – was sehr wichtig ist – verhilft sowohl dem Besitzer/Versorger als auch dem Tier zu einem viel tieferen und näheren gegenseitigen Verständnis in ihrer Beziehung. In Verbindung mit der Heilbehandlung, die Madeleine durchführt, trägt es dazu bei, eine umfassende Heilung herbeizuführen, da wir den Kern, die zentrale Störung eines Falles, ansprechen und somit Geist, Seele und Leib behandeln können.

Vielen Lesern wird die Vorstellung von Reinkarnation und früheren Leben bekannt sein. Das vorliegende Buch veranschaulicht, wie bedeutsam und folgenreich frühere Erdenleben für die Gesundheit unserer Tiere in deren aktueller Inkarnation sind und wie das Erkennen und Handhaben dieser Dinge dazu beitragen können, ein krankes Tier zu heilen und möglicherweise das Leben seiner Besitzer zu erleichtern.

In diesem Buch erkundet Madeleine die oft komplexen Verbindungen und Themen zwischen einem Tier und seinem Besitzer/Versorger, denen ganzheitlich arbeitende Veterinärmediziner wie ich im Rahmen unserer Tätigkeit täglich begegnen.

Dieses Buch wird ein breites Spektrum von Lesern ansprechen, von Haustierbegeisterten bis hin zu Menschen, die professionell in der Tierpflege oder -Heilkunde arbeiten. Lesen und genießen Sie dieses Buch – und seien Sie bereit, sich von der Macht der bedingungslosen Liebe in Staunen versetzen zu lassen.

Judith Webster

* * *

Vorgeschichte

Viele Menschen haben gerne ein Haustier, und die Zahl derer, die in die Gesellschaft eines Tieres ein unerklärliches Behagen empfinden, ist noch größer. Viele spüren und erkennen auch, dass es eine spirituelle Verbindung zwischen Tieren und Menschen gibt. Der „Austausch von Liebe” (Titel des engl. Originals), so hat mich die Philosophie gelehrt, geht sogar noch weiter.

Ich hoffe, zu einem wachsenden Gewahrsein beizutragen, dass die Tiere, die das Leben mit uns teilen, mit unsere engsten Freunde sind. Häufig sind sie durch viele Erdenleben in anderen Inkarnationen bei und um uns gewesen und haben als unsere mehr-als-lebenslangen Freunde Zugang zu Aspekten unseres Unbewussten, auf die wir selbst uns nicht mehr einzustimmen vermögen, weil wir zu sehr technisch orientiert sind. Manchmal versuchen sie, Aufmerksamkeit auf unser tiefsitzendes Unbehagen zu lenken und geraten wegen eines solchen „Hilfeschreis” in Schwierigkeiten. In vielen Fällen, in denen sich ein Tier so „schlecht benimmt”, dass der Besitzer es für notwendig hält, Hilfe von einem Psychologen, einem Tierverhaltens-Spezialisten oder schließlich von einem Heiler wie mir in Anspruch zu nehmen, werden durch meine Kommunikation mit dem Haustier Traumata aufgedeckt, die der Heilung bedürfen – nicht nur beim Tier, sondern auch bei seinem Halter. Da es seinen menschlichen Begleiter so gut kennt, ist das Haustier in der Lage, auf ein tiefsitzendes Problem aufmerksam zu machen, dessen sich sein Besitzer vielleicht gar nicht bewusst ist, bis er im Rahmen einer Tierkommunikations-Sitzung darauf hingewiesen wird und eine Erklärung übermittelt bekommt.

Die Formulierung „Austausch von Liebe” steht für die Fähigkeit und Bereitwilligkeit des einen, den anderen zu heilen. Diese Art von Kommunikation funktioniert auf vielen Ebenen. Da gibt es die Eins-zu-eins-Verbindung zwischen mir selbst und dem Tier auf einer physischen und mentalen Ebene. Alles, was ich dabei empfinde, ist ein Geben und Empfangen von überwältigender Liebe. Wenn erst ein Vertrauen besteht, entspannt sich selbst das scheinbar aggressivste und gefährlichste Tier, und die Kommunikation beginnt. Sie kann eine komplizierte Verstrickung verschiedener Themen und Traumata zutage fördern, die das Tier im derzeitigen oder in einem früheren Leben erlitt, bis hin zu Szenarien in vergangenen Erdenleben, die das gleiche Tier und der gleiche Besitzer heute neu inszenieren und die es aufzudecken und zu heilen gilt. Da sie ständig unsere energetische Verfassung registrieren, können unsere Tiere selbst auf noch nicht diagnostizierte gesundheitliche Probleme ihres Besitzers aufmerksam machen oder sogar Ereignisse erspüren und wahrnehmen, die ihrem Besitzer andernorts zugestoßen sind und dazu führten, dass dieser in einer negativen Gemütsverfassung heimkehrte. Die „schartigen” Energien, die er dabei mitbringt, können die Tiere wahrnehmen, die nun ihrerseits mit auffälligem oder Fehlverhalten darauf reagieren.

Wie tief und weit das Gewahren und Verstehen, die Liebe und das Mitgefühl der Tiere reichen, die sich um unser Wohlbefinden sorgen, dürfen wir nicht unterschätzen.

Mit diesem Buch bitte ich Sie nur, Ihr Fühlen und Denken zu öffnen. Legen Sie Ihre Zweifel und Skepsis beiseite – es könnte geschehen, dass diese Geschichten Ihre Erwartungen übertreffen. Im Laufe meiner Lehrzeit im Dienst an meinen tierischen Freunden habe ich oft an meinem Verstand gezweifelt und schon fast damit gerechnet, den festen Griff der Männer in den weißen Kitteln an meiner Schulter zu spüren, die mich in psychiatrische Obhut entführen!

Doch die Echtheit und außerordentliche Reichweite und Tiefe der Wahrnehmung wurde ein ums andere Mal nachträglich bestätigt, wenn die Botschaften der Tiere deren Besitzern übermittelt wurden.

Geben Sie der Möglichkeit Raum, von den Tieren zu lernen. Lösen Sie sich von Ihrer festgefahrenen Wirklichkeit und öffnen Sie sich unbegrenzten Möglichkeiten.

Manche der in diesem Buch behandelten Themen mögen weit hergeholt scheinen. Die Tiere haben tatsächlich einen weiten Weg zurückgelegt, um diese enorme Weisheit zu „holen”, um unser Wieder-Erwachen zu erleichtern. Erlauben Sie den Berichten in diesem Buch, Samen neuen, kräftigenden Wissens zu legen, die zu einem Verstehen Ihrer selbst heranwachsen werden.

Der „Austausch” macht uns darauf aufmerksam, dass wir unsere Tiere lieben, aber nicht uns selbst. Unsere Tiere lehren uns, uns selbst zu vertrauen, und sie wecken uns, damit wir uns erinnern, dass alles eins ist. Ihre Liebe zu uns hat sie getragen, so dass sie nicht an uns verzweifeln – trotz ihrer Schwierigkeiten, uns zu erreichen.

Wir Menschen müssen unser Gefühl des Getrenntseins loslassen und das Gespür für uns selbst zurückgewinnen, um uns zu erinnern, dass es nur Liebe gibt. Das ist das Geschenk der Tiere. Sie öffnen uns Herz und Sinne, mit ihnen zu kommunizieren, damit wir mit uns selbst kommunizieren können. Wir haben uns von unserer Wahrheit sehr weit entfernt. Die Tiere sind hier, um uns sanft auf unseren Pfad zum Verstehen zurück zu stupsen. Sie haben uns viel zu lehren, und wir haben viel zu lernen. Alles, was wir wissen müssen, ist in unserem Inneren; wir haben es nur im Laufe der Zeit vergessen.

Auf Ihrem Weg durch dieses Buch wird jedes seiner Kapitel Sie auffordern, Ihre Vorstellungen über die gewohnten, vorgefassten Begrenzungen hinaus auszudehnen. Lassen Sie zu, dass Sie sich erinnern, wie erstaunlich Sie sind …

Gute Reise!

Madeleine Walker

Einführung

Die Landschaft in Somerset war von glitzerndem Raureif bedeckt, und das Gras stand in frostigen Reihen erstarrt, verziert von Spinnweben, die aussahen, als hätten eisige Finger sie gehäkelt. Aber das war draußen. Ich saß drinnen, die Hände um eine Tasse heißen Tees geschlossen, und genoss die Wärme im Bauernhaus meiner Freundin Leigh. Ich hatte mich zum Aufwärmen in ihre Küche gesetzt, nachdem ich draußen in der Kälte ihre Pferde bewundert hatte. Dort, im kalten Morgenwind, musste ich zittern und beneidete die Tiere um ihre warmen Decken.

Hier, in der gemütlichen Küche, konnte ich nicht widerstehen, die Gelegenheit zu nutzen, Sam zu streicheln, Leighs neuen Jack-Russell-Welpen. Er war einfach hinreißend, wie er sich mit seinem kleinen Körper auf meinem Schoß rekelte und faul auf dem Rücken lag, während ich sein rosiges Bäuchlein kraulte. Ich staunte über seine weiche Haut und genoss den zarten Welpenduft, der es verdiente, in Flaschen abgefüllt und zur Freude aller Tierliebhaber verkauft zu werden.

Als ich so wunschlos glücklich dahindämmerte, fing Sam zu meinem größten Erstaunen an, zu mir zu sprechen. Ich hörte eine Stimme im Kopf, die so ähnlich wie meine eigene klang, aber von irgendwo außerhalb zu kommen schien. Sam selbst fixierte intensiv meine Augen, als bohrte er seine Gedanken und Worte per Blickkontakt in meinen Kopf. Sachlich und wie selbstverständlich erklärte er mir, dass er eine Reinkarnation von Leighs altem Hund sei, einem Border-Collie. Nun sei er in seinem Jack-Russell-Körper zu ihr zurückgekommen, um die liebevolle Beziehung von früher fortzusetzen. Ich war so schockiert, dass ich ihn fast fallenließ. Ich starrte hinüber zu Leigh, die jedoch gerade damit beschäftigt war, einem Kunden homöopathische Medikamente zu geben.

Damit der kleine Sam nicht hinunterfiel, hielt ich es für angebracht, ihn auf den Boden abzusetzen, während ich mich von meinem Schrecken erholte. Doch der Abbruch meiner Erholung ließ nicht lange auf sich warten: Direkt vor meinen Augen verwandelten sich Sams Züge in die eines Border-Collies, um mir noch deutlicher zu veranschaulichen, wie er in seiner früheren Inkarnation ausgesehen hatte. Mir war bewusst, was ich gerade sah, aber das machte es mir nicht leichter, das Geschehen zu begreifen. Ich erkannte die schwarze und weiße Zeichnung eines Collies auf dem Gesicht des Hundes und die deutlichen Flecken an seiner Schnauze. Das wurde mir unheimlich! Ich war überzeugt, dass ich im Begriff war, den Verstand zu verlieren und obendrein alle Tassen, die ich bisher ordentlich im Schrank geborgen wusste. Doch dann, ebenso plötzlich, verwandelte sich das Hundegesicht zurück und nahm wieder die kindlichen Züge des Jack-Russell-Welpen an.

Angesichts von Sams Enthüllung war ich sprachlos. Obwohl ich an meinen medialen und intuitiven Fähigkeiten gearbeitet hatte, war dies nun doch etwas anderes. Endlich war Leigh mit der Medikamentenausgabe fertig, und ihre Klientin verließ das Haus. Leigh kam in die Küche zurück und entschuldigte sich für die Unterbrechung. Sie plauderte über dies und jenes, während ich damit beschäftigt war, all meinen Mut zusammenzuklauben, um zu berichten, was Sam mir mitgeteilt hatte. Schließlich fühlte ich, dass ich es ihr einfach sagen musste. Statt sie geradewegs zu fragen, ob sie früher einmal einen Border-Collie besessen habe, fragte ich nur allgemein, ob sie schon einmal einen Hund besessen habe. Leigh antwortete, sie habe seit Jahren keinen Hund gehabt, doch ihren Border-Collie namens Briar habe sie einst sehr geliebt. Sie wollte wissen, warum ich ihr diese Frage gestellt hatte. Als ich ihr mitteilte, was Sam mir anvertraut hatte, war sie nicht weniger erstaunt, als ich es gewesen war. Doch nach reiflicher Überlegung könne sie es vielleicht glauben, da Sam immer zu wissen scheine, was von ihm erwartet wurde, und sie anscheinend sehr gut verstehe. Er scheine viel klüger zu sein, als es seinem Alter entspreche; dies hätten schon viele Menschen bemerkt.

Ich fragte Leigh, ob sie ein Foto von Briar besitze, und sie machte sich auf die Suche nach einem alten Schnappschuss von ihrem geliebten Border-Collie. Sie fand ein Bild von Briar, der all die unverwechselbaren Merkmale aufwies, die Sam mir vorher gezeigt hatte.

Ich erkannte, dass hier etwas ganz Besonderes geschehen war. Ich hatte eine Rückführung in eine frühere Existenz erlebt und erkannte ihr heilsames Potenzial zur Lösung von Traumata und emotionalen Belastungen: Eine solche Rückschau hilft uns, zu verstehen, wo unerklärliche Phobien oder negative Glaubensmuster herrühren könnten. Untersuchungen früherer Leben zeigen auch, wie wir in Seelen-Gruppen unterwegs sind, um in aufeinander folgenden Lebenszeiten wechselnde Rollen zu spielen, die es uns ermöglichen, unerledigte Geschäfte abzuschließen und ungelöste Themen zu klären. Nachdem ich schon einiges davon erlebt und ein wenig über die therapeutische Arbeit mit früheren Leben gelesen hatte, war ich durchaus offen für den menschlichen Aspekt dieses Konzepts, aber es war mir nie in den Sinn gekommen, mir die Frage zu stellen, ob dies auch für Tiere möglich sein könnte.

Die Vorstellung, dass Tiere tatsächlich wählen und entscheiden können, wo und bei wem sie inkarnieren, um die liebevolle Beziehung mit ihrem früheren Besitzer fortzusetzen, und sich verpflichten, auf verschiedenen Ebenen zu unserer Heilung beizutragen, war verblüffend. Ich fühlte mich geradezu gezwungen, meine Reise in diese neue Welt zu erzählen und dieses Buch zu schreiben, um Sie durch die Phasen der Entdeckungen und des Verstehens zu führen und so anderen Menschen zu helfen, zu erfahren und wertzuschätzen, wie viel unsere tierischen Begleiter uns zu lehren haben. So viele Tiere werden aufgrund ihrer schwierigen Verhaltensprobleme ins Heim zurückgebracht, geschlagen, missbraucht, ausgesetzt und getötet. In Fernsehsendungen über Tiere, die sich schlecht benehmen, werden die Probleme gewöhnlich – bewusst oder unbewusst – dem unsachgemäßen Verhalten der Besitzer zugeschrieben.

Es gibt einige wunderbare Verhaltensforscher, die brillante Arbeit leisten, doch der Unterschied zwischen ihrer Arbeit und meiner ist, dass ich eine direkte, telepathische Verbindung mit den Tieren aufnehme. Die Tiere kommunizieren auf einer sehr tiefen Ebene und informieren mich dabei über ihre Verbindung mit ihren Besitzern und zeigen mir Themen und Probleme zwischen Mensch und Tier, die einer Heilung bedürfen. Hierbei kann es sich um eine Angelegenheit aus einem früheren Leben handeln, die auf einer körperlichen oder emotionalen Ebene zur Beeinträchtigung wird; manchmal spiegeln die Tiere auch den Stress ihres Besitzers wider. Schon häufig wurde beobachtet und dokumentiert, dass sich die Gesellschaft von Hauskatzen auf ihre Besitzer geradezu heilsam auswirkt; doch dies ist ein noch viel weiter reichendes Konzept.

Ich weiß, wie traumatisch es für Tierfreunde sein kann, ein geliebtes Haustier zu verlieren, und so fühlte ich mich sehr getröstet durch die Tatsache, dass unsere lieben tierischen Begleiter in anderer Gestalt zurückkehren konnten, um die intensiven Verbindungen fortzusetzen, sowie durch die Entdeckung, dass es möglich war, von diesen unglaublichen Geschöpfen so klare Botschaften zu empfangen. Je mehr ich lernte, besonders von Pferden, desto mehr staunte ich, wie viel sie von ihren Besitzern wahrnahmen und verstanden. Die tief- und weitreichende Bedeutung ihrer Botschaften machten mir zunehmend bewusst, dass es hier einen Austausch gab, ein Heilen in beide Richtungen. Häufig zeigen Tiere Symptome, die anscheinend angesprochen werden müssen, während der wirkliche Zweck ihrer Behandlung darin besteht, die Aufmerksamkeit auf ein drängendes Problem im Leben ihres Besitzers zu lenken. Es ist wunderbar, zu erleben, wie sehr es meine Klienten beruhigt, Liebe und Rat von ihren Tieren zu erhalten, und nun auch zu wissen, dass sich Tiere so sehr um ihre Menschen kümmern, dass sie bereit sind, ihre früheren menschlichen Gefährten erneut durchs Leben zu begleiten.

Ich staune immer wieder neu über meine Erlebnisse und fühle mich sehr geehrt durch das Vertrauen, das es mir erlaubt, in viele sehr schmerzliche physische und emotionale Erinnerungen mit einzutauchen. Ich fühle mich klein und privilegiert zugleich, Teil eines Heilungsprozesses sein zu dürfen, und ich danke dem Universum, dass ich mein Leben der heilenden Arbeit widmen darf. Mir ist klar, dass mir eine wunderbare Gabe anvertraut wurde. Es sind keine außergewöhnlichen Kräfte, die mir allein zur Verfügung stehen, sondern das Wissen, dass es in unserer physischen Welt so viel mehr gibt, als wir uns je vorgestellt haben. Unsere tierischen Freunde besitzen die Fähigkeit, bedingungslos zu lieben – trotz der Grausamkeit, die ihnen manchmal angetan wird. Sie können unsere Lehrer sein.

Mir scheint, dass es nur eines gibt, das wirklich real ist: Liebe. Liebe ist nicht durch eine physische Ebene begrenzt. Sie dauert fort in Ewigkeit. Wir alle können uns öffnen, um dieses Geschenk zu empfangen. Es liegt latent in jedem von uns. Tiere und Menschen können Liebe geben, Liebe austauschen, Liebe empfangen und – geheilt werden durch LIEBE.

Kapitel 1

Mulberry erzählt

Wenn ich über die Richtungen und Wendungen nachdenke, die unser Leben genommen hat, dann staune ich über alle die Schritte entlang des Weges, die seinerzeit eher wahllos und zufällig anmuteten. Ich glaube, dass uns besondere Tiere geschickt werden, die uns auf unserem Lebensweg helfen; sie können wichtige Katalysatoren sein, die uns wieder „auf die Spur” bringen, wenn wir vom Kurs oder der Bestimmung unseres Lebens abgekommen sind.

Es war eine kleine Ziege, die mein Leben und das meines jüngsten Sohnes Cameron für immer radikal veränderte. Der tiefgreifende Wandel begann, als uns Mulberry 1995 als Zicklein gegeben wurde, genauer gesagt, als eine einjährige Ziege. Das heißt, Mulberry war kein Kind mehr, sondern in dem Alter, in dem sich Ziegen gebärden wie halbstarke Jugendliche, bevor sie zur Ruhe kommen und sich auf eine reifere und leichter zu beherrschende Beziehung mit ihren Besitzern einlassen.

Wir hatten eine kleine Landwirtschaft mit einer seltsamen Menagerie von Tieren, darunter Pferde und Ponys, Hunde und Katzen, Minischweine, Enten und Gänse – alle viel zu geliebt, um verspeist zu werden! Ich hatte seit etlichen Jahren reinrassige British-Alpine-Ziegen gezüchtet und liebte ihre Lebhaftigkeit und ihren starken Charakter. Ihr glänzend schwarzes Sommerkleid zu betrachten, das wie Ebenholz schimmerte, war reine Freude. Leider teilten die anderen Ziegen mein Vergnügen beim Empfang eines so wunderbaren Geschenkes nicht. Sie jagten und belästigten Mulberry gnadenlos. Wie alle anderen Herdentiere, scheinen Ziegen ihre Hackordnung festzustellen und sehr bald zu entscheiden, wer in ihrer Hierarchie welchen Rang einnimmt. Dieser Faktor hat bei der Entwicklung von Mulberrys Charakter wohl eine wichtige Rolle gespielt. Als das Tier in der Rangordnung unserer kleinen Herde aufstieg, beschloss es, sich nie wieder piesacken zu lassen. Wenn es jemand wagte, Mulberry zu behelligen, war sie es, die jedem arglosen Ziegentier, das ihr Missfallen erregt hatte, disziplinarische Maßnahmen angedeihen ließ.

Mein Sohn Cameron wurde 1994 geboren, und so waren er und Mulberry etwa gleichaltrig. Mulberry wurde im März geboren, Cameron im Mai. Mit den Jahren entwickelte sich eine starke Bindung zwischen ihnen. Nie war Cameron glücklicher, als wenn er in seinen Gummistiefeln steckte und gemeinsam mit Mulberry in unserem Paddock zugange war. Mulberry war aufgrund ihres unglückliches Starts in der Herde gegenüber anderen Ziegen ein echter Drachen, doch im Umgang mit Cameron war sie der Inbegriff von Sanftmut. Wehe der Ziege, die ihn unabsichtlich stieß: Mulberry eilte augenblicklich zu seiner Verteidigung herbei. An Sommertagen war Cameron so pittoresk wie ein Kitschgemälde, wenn er sich an Mulberry klammerte, die Arme um den Hals des zickigen Kindermädchens geschlungen. Selig zogen die beiden über die Weide, Mulberry dabei stets auf der Suche nach saftigen Leckerbissen. Camerons goldene Ringellöckchen leuchteten im Sonnenlicht, wenn er in T-Shirt, kurzen Hosen und Gummistiefeln dahinstapfte, so gut seine kleinen Beine es vermochten, Seite an Seite mit seiner zuverlässigen Freundin. Als Peak, Mulberrys eigenes Kind, Cameron einmal umrannte, hatte dieses Fehlverhalten schmerzliche Konsequenzen, da Mulberry ihren Nachwuchs ins Ohr biss, so dass das Ziegenmädchen jämmerlich blökte. Eine größere Ziege erlitt einst eine ähnliche Bestrafung, als Mulberry ihre Autorität in der Verteidigung ihres jungen menschlichen Schutzbefohlenen geltend machte.

Wir machten häufig Bemerkungen darüber, wie klein Cameron innerhalb der Herde war. Wenn er irgendwo im Obstgarten ein Stöckchen fand, tippte er den Ziegen damit sanft auf den Rücken; dabei kam es uns vor, als sei er ein alter Hirte. Er war immer sanft und ruhig mit ihnen. Wir kamen nicht auf den Gedanken, dass er damit auf Erfahrungen aus seinem früheren Leben zurückgriff und sie neu inszenierte.

Die arme Mulberry hatte große Schwierigkeiten, als sie ihre ersten Zwillinge gebar. Ich schrieb dies dem Umstand zu, dass es ihr erstes Mal war, doch als sie wieder Junge zur Welt zu bringen versuchte, geriet sie leider abermals in große Not. Die Geburtswehen zogen sich hin, und sie schien ohnmächtig zu werden, deshalb rief ich den Tierarzt, der eine Notfallentbindung per Kaiserschnitt anordnete. Die arme Mulberry war in einer verzweifelten Situation. Dem Tierarzt gelang es, ein weibliches Zicklein lebend zu entbinden, aber Mulberry war in einem sehr schlechten Zustand, als wir sie nach Hause brachten. Sie war so schwach, dass ich Strohballen um sie schichtete, um sie zu stützen, und ihr Kleines neben sie legte, durch Strohballen getrennt, um es vor Schaden zu bewahren, falls Mulberry umfiel oder sich unglücklich bewegte. Ich hoffte, dass ihr der Anblick ihres Kindes den Lebenswillen wiedergeben würde.

Nacht für Nacht stand ich Stunde um Stunde auf und versuchte, Mulberry zu bewegen, etwas zu essen oder zu trinken. Sie verlor zusehends an Substanz. Ich war so verzweifelt, dass ich fieberhaft versuchte, mich zu erinnern, was ich über die heilende Energie in unseren Händen gelernt hatte – ohne wirklich zu glauben, dass ich sie retten könne. Sie sah so mitleiderregend aus, war nur noch Haut und Knochen, ihr herrliches schwarzes Fell wurde stumpf und matt. Dass Mulberry starb, kam nicht infrage. Wie könnte ich Cameron erklären, dass seine beste Freundin auf der ganzen Welt gestorben war?! Ich betete inständig um Hilfe. Ich legte meine Hände um das Tier und strich die riesige Wundnaht entlang, die wie ein bizarrer Reißverschluss an ihrer hohlen Seite aussah. Plötzlich spürte ich, dass etwas aus meinen Händen strömte, und ich fühlte mich geführt, sie an verschiedene Stellen des Ziegenkörpers aufzulegen. Ich wusste, dass ich dabei Hilfe und Führung erhielt. Im Spaß sagte ich zu Mulberry: „Wenn du mir stirbst, bringe ich dich um!” Ich konnte die Vorstellung nicht ertragen, Cameron mitzuteilen, dass sie gegangen war. Mulberry war wirklich ein integraler Bestandteil unserer Familie geworden, und wir waren alle verzweifelt und in Sorge um sie. Wenn sie sterben müsste, wären wir alle untröstlich.

Irgendwie begann sie sich ihren Weg zur Gesundheit zurück zu erkämpfen. Es war ein langsamer Prozess. Die einzige Flüssigkeit, die sie trank, war warmes Wasser, das ich auf Haferflocken goss. Sie leckte das warme, milchige Nass auf, und als sie an Kraft zunahm, gelang es ihr, auch die durchweichten Haferflocken aufzuschlürfen. Manchmal inhalierte sie etwas von dem Haferschleim und musste niesen; dabei bedeckte sie mein Gesicht mit spritzendem Haferbrei, was unter anderen Umständen recht wirkungsvoll für meinen Teint gewesen wäre. Wenn ich dann vom Ziegenschuppen zurückkehrte, trug ich einen seltsamen Kleckerhafer-Look zur Schau.

Endlich, nach drei Monaten intensiver, liebevoller Pflege, begann Mulberry wieder auszusehen und sich zu verhalten wie früher. Sie setzte ihre Autorität und Disziplin durch – sie spürte offenbar selbst, dass sie diese Elemente zuletzt eher vernachlässigt hatte – und sorgte dafür, dass jedem unachtsamem Verhalten ihrer Artgenossen eine Strafaktion folgte. Mulberry nahm ihren Platz als Königin der Herde wieder ein, und unser Respekt vor ihrem Mut und Lebenswillen nach einer so schlimmen Zeit nahm zu.

Cameron verbrachte weiterhin viele glückliche Stunden mit der Ziege. Er war ein wunderbares Kind, doch sein Vater und ich mühten uns ab, weil es unmöglich schien, dass er abends zur Ruhe kam. Wir ertrugen Jahre gestörter Nächte, und Camerons Eigenheiten nahmen noch zu. Im Spaß sagten wir uns, dass wir in einem früheren Leben wohl irgendetwas Schlimmes verbrochen haben mussten, um jetzt in diesem Leben so viel Mühe mit Cameron zu haben. Wir liebten ihn beide, aber sein Verhalten – außer mit den Tieren – begann seinen Tribut zu fordern. Er entwickelte eine Obsession für Lokomotiven und Modelleisenbahnen, die für kleine Jungen anscheinend durchaus normal war. Doch angesichts seiner nächsten Obsession mussten wir uns fragen, ob hier emotional und mental alles in Ordnung war. Cameron war fasziniert von Telegrafenmasten. Er konnte sie detailliert beschreiben – jeden einzelnen Masten auf unserem sechs Kilometer weiten Weg zur Schule – und versuchte, sie auf Papiere zu zeichnen, die er über den Fußboden unseres Wohnzimmers verteilte. Wenn er einen Draht dicker gezeichnet hatte, als er sein sollte, dann tauschte er nicht das Blatt Papier aus oder korrigierte das Bild des störenden Telegrafenmasts, sondern er brach aus in einer Explosion von Frustration und Zorn und ließ das ganze Projekt wütend liegen.

Wir waren natürlich beunruhigt, da er sich selbst so sehr unter Druck zu setzen schien und so verzweifelt war. Diese Obsession begann sein Leben zu beeinträchtigen. In der Schule wurde er gehänselt wegen der Art und Weise, wie er angesichts von Telegrafenmasten ins Schwärmen geriet, und Cameron selbst konnte nicht verstehen, warum sich niemand sonst dafür zu interessieren schien. Wir mussten in unserem Garten einige „Masten” errichten, und unsere Geduld wurde extrem auf die Probe gestellt, als er sehr pedantisch wurde in Bezug auf das präzise Maß des Durchhängens oder die Höhe der „Leitungen”, die wir aus Seilen nachgebildet hatten, die wir an die hölzernen Pfosten banden. Zu unserer großen Verzweiflung mussten alle Versuche, Ebenbilder seiner geliebten Masten zu erschaffen, unbefriedigend bleiben.

Als Cameron sieben Jahre alt war, wurde ich gebeten, an einem Seminar über Autismus und das Asperger-Syndrom teilzunehmen. Ich hatte von Asperger nie etwas gehört, doch bei Beschreibung einiger Symptome begannen mir die Ohren zu klingen – und ich dachte an meinen Sohn. Camerons Probleme schienen zwar vergleichsweise mild, doch es gab definitiv erkennbare Tendenzen. Dies könnte möglicherweise eine Erklärung für seine seltsamen Obsessionen sein. Wir konsultierten Allgemein- und Kinderärzte und entdeckten, dass dies der Fall war. Obwohl Cameron unglaublich gut klarkam, war es eine Herausforderung, ihn auf eine Weise zu unterstützen, die ihm ein möglichst glückliches Leben gestattete. Solange er bei Mulberry sein konnte, war er zufrieden.

Der Wendepunkt trat ein, als eine Therapeutin, die ich konsultiert hatte, meinte, dass Cameron unter einem Trauma aus einem früheren Leben leide. Dies war ein kleiner Schock, und als sie beschrieb, was sie intuitiv über die Ursache von Camerons Tod in jenem früheren Leben wahrnahm, gefror mir das Blut in den Adern. Es war entsetzlich, doch es erklärte auf irgendeine bizarre Weise einige seiner Ängste, für die es in seinem jetzigen Leben keinen Grund zu geben schien.

Sie teilte mir mit, wie Cameron im frühen 18. Jahrhundert in einen sehr dunklen kleinen Raum oder Schrank gesperrt worden sei. Er war damals etwa sechs Jahre alt und recht ungezogen gewesen. Der Mann, der sein Vormund war, hatte ihn in jenes schreckliche Dunkel eingesperrt, wo er sein Verhalten überdenken sollte. Cameron war in dieser Zwangslage so entsetzt und verängstigt, dass er sich erbrach und dann erstickte. Als der Mann wiederkam, um nachzusehen, ob Cameron seine Lektion gelernt hätte, war es sehr zu seinem Leidwesen schon zu spät, um den Jungen wiederzubeleben.

Ich wusste nicht, was ich von dieser seltsamen und erschreckenden Information halten sollte. Sie entsetzte mich zutiefst, doch sie schien auch weit hergeholt. Als ich mit Camerons Vater darüber sprach, erinnerte er mich an eines von Camerons ersten Wörtern. Abgesehen von dem gewöhnlichen „Mama, Mama, Papa, Papa”, pflegte er vor unserem großen Schrank stehen zu bleiben und zu sagen: „In a dubber, in a dubber!” Dies ging so einige Wochen lang. Wir hatten damals keine Ahnung, was er damit meinte oder was er uns auf seine noch recht unbeholfene Weise zu sagen versuchte. Christopher, sein älterer Bruder, übersetzte für uns: „Er sagt: In the cupboard, in the cupboard!” [” Im Schrank, im Schrank!”] Ich hatte jene Episode längst vergessen, doch nun hatten wir allen Anlass, die Anzeichen neu und ernstlich zu überdenken, die diese Geschichte vom Trauma in einem früheren Leben bestätigen könnten.

Cameron wurde immer völlig hysterisch, wenn er allein in einem Raum gelassen oder gar hingelegt wurde. Dann steigerte er sich in eine Raserei, bis er sich übergab. Dann fing er an zu würgen. Wann immer er unter großem Druck war, machte er beängstigende Erstickungsgeräusche, und er fürchtete sich sehr vor abgeschlossenen dunklen Orten. „Einfach zuzulassen, dass er sich in den Schlaf schreit oder weint”, wie uns oft empfohlen wurde, war keine Option. Leichte Quengeleien hatte ich von meinen anderen Kindern erlebt, wenn sie ins Bettchen gelegt wurden; später beruhigten sie sich dann, und wir konnten sehen, wie sie friedlich schliefen. Nicht so Cameron. Er zeigte vielmehr schieres Entsetzen. Jahrelang schlief er entweder bei uns im Bett oder wir spielten die ganze Nacht „Reise nach Jerusalem” – wir probierten alles, um nur wenigstens etwas Schlaf zu bekommen. Schließlich suchten wir Hilfe von Therapeuten komplementärer Disziplinen. Homöopathie und Craniosakral-Therapie trugen viel dazu bei, Symptome zu lindern, aber einen ganzen Nachtschlaf zu bekommen, gelang uns schließlich erst, als Cameron etwa acht Jahre alt war.

Durch all diese Jahre und Nöte begleiteten uns unsere geliebten Tiere, wobei Mulberry immer das Geschehen dominierte. Sie war die Konstante inmitten unseres Chaos. Sie war auch weiterhin sein Halt im Leben und die Vertraute Camerons, und wenn ich ehrlich bin, auch für mich. Sie schien so weise und allwissend, wie sie seelenruhig widerkäute, als betrachte sie die Dilemmata und Herausforderungen des Lebens von einer höheren Warte. Bis auf eine Gelegenheit – als sie sich beinahe zwischen ihren Stalltüren erhängte, als sie versuchte, einige schmackhafte Weinblätter zu stehlen, die sie lockten – behielt sie ihre herablassende und überlegene Fassung. Nichts kam dem Behagen gleich, sich an Mulberrys weichen, pelzigen Hals zu kuscheln und ihren beruhigenden, sanften Ziegenduft einzuatmen, der sich so sehr unterschied von dem stechenden Geruch ihrer männlichen Artgenossen. Es gab viele Gelegenheiten in den Turbulenzen des Lebens, bei denen ich Mulberry in die Arme schloss, weil ich Trost und Unterstützung suchte. Ich verstand, warum Cameron Ruhe und Zufriedenheit fand in dem schlichten Vergnügen, mit Mulberry zusammen zu sein.

Aus beruflichen Gründen und wegen der Schule zogen wir mehrere Male um und mussten am Ende unsere Ziegenherde reduzieren und feststellen, dass es nur dann wirklich praktisch und zu bewältigen war, wenn wir allein Mulberry behielten. Für unsere anderen Ziegen fanden wir geeignete und liebevolle Plätze, und Mulberry wurde in unserem neuen Zuhause installiert, zu dem ein großer Garten und ein Stall gehörten. Obwohl ich niemals irgendein anderes Herdentier einzeln halten würde, schien sie die menschliche Gesellschaft vorzuziehen und genoss es immer, mit eisernen Hufen unsere Hunde, Katzen und Hühner zu dominieren. Solange es reichlich Aktivität gab, die sie beaufsichtigen konnte, war sie glücklich. Wir nannten unser neues Haus sogar „Mulberry Cottage”. Als ich bei seiner ersten Besichtigung die Vorzüge dieses Hauses aufzählte, war bereits klar, dass es fantastische Gegebenheiten für Mulberry bot. Meine Freundin fragte gleich, ob es auch für Menschen geeignet sei. Wir lachten, als ich bemerkte, dass es nur eines gab, was mir an dem Haus nicht gefiel – sein Name. So kam es zu dem Vorschlag, es zu Mulberrys Ehren umzutaufen.

In jenen Jahren entfaltete sich meine Arbeit als Heilerin und Lehrerin. Ich begann, Heilergruppen zu leiten. Ich führte Einweihungs-Sitzungen und Workshops an verschiedenen Orten und zu Hause durch. Ich hatte erkannt, wie es sich anfühlte, entmachtet zu sein, und ich wollte Menschen helfen, sich selbst wieder zu spüren. Es gab sehr viele Wechsel, Drehungen und Wendungen auf der mäandernden Reise meines Lebens.

Cameron hatte Schwierigkeiten in der Schule und wurde oft gehänselt. Im Unterricht galt er als „langsam”, was, wie wir wissen, ein völliger Irrtum war. Wir beschlossen, es irgendwie zu ermöglichen, ihn auf eine Privatschule zu schicken, wo sein Selbstvertrauen wieder zunehmen und seine Fähigkeiten anerkannt werden könnten. Der Junge war äußerst ordentlich, und ihm graute davor, Fehler zu machen. Deshalb brauchte er so lange, um mit seiner Arbeit fertigzuwerden. Unglücklicherweise war dieser Weg sehr teuer, und unsere vereinten Einkünfte reichten nicht aus, das große Haus und Camerons Schulgebühren zu finanzieren. Also beschlossen wir, uns zu verkleinern, und zogen in eine Doppelhaushälfte mit drei Morgen Land in der Nähe von Camerons neuer Schule.

Alle unsere Tiere wurden im neuen Zuhause untergebracht, und das Leben ging einige Wochen weiter. Mulberry war, wie gewohnt, die Nummer eins; an ihrem Gatter empfing sie viele Besucher und Leckerbissen, da die Passanten sie liebten.

Mit dem fortschreitenden Sommer begann Mulberry Zeichen ihres Alters zu zeigen. Ein wunderbarer Schamane namens Dave hatte uns ein hübsches altes Pferd namens Troy geschenkt. Diese beiden neuen Figuren in unserem Leben erwiesen sich als wichtige Katalysatoren. Ich hatte Dave über Leigh kennengelernt, die ihm zugesehen hatte, als er in Cornwall krebskranke Pferde behandelte. Ich hatte ihn um Hilfe gebeten bei der Behandlung meiner Mutter, die schwer erkrankt war. Er war uns eine wichtige Stütze, und ich habe viel von ihm gelernt. Als ich Troy das erste Mal sah und hörte, dass „Plod” sein Spitzname war, brach ich in Tränen aus. Das war recht peinlich, denn niemand konnte meinen Gefühlsausbruch verstehen. Ich aber „wusste” einfach, dass Troy ein Pferd war, das ich vor fünfundzwanzig Jahren in seiner früheren Inkarnation besessen hatte. Damals war er ein sehr ähnlich aussehender gescheckter Cob namens Mister Plod. Über seinen Verlust war ich tieftraurig gewesen.

Da war etwas in Troys Blick, das mich im Innersten berührte. Ich wünschte, ich könnte dem Tier einen glücklichen Lebensabend ermöglichen, wenn die Zeit gekommen wäre, und hatte das Gefühl, er wäre ein wunderbarer Gefährte für Mulberry. Dave jedoch hatte andere Pläne für ihn. Sie sollten sich ändern, ohne dass ich davon wusste, denn das Universum richtete es irgendwie ein, dass Troy zu uns nach Hause kam.

Cameron und ich waren von unserem Urlaub zurückgekehrt und fanden auf unserem Anrufbeantworter eine Nachricht von einem gemeinsamen Freund, der fragte, ob wir interessiert seien, Troy zu übernehmen, da Dave ein gutes Zuhause für ihn brauche. Wir riefen sofort zurück, und wenige Wochen später kam der alte Knabe an und stampfte mit seinen von starker Fesselbehaarung geschmückten Hufen die Ladeklappe herunter. Troy, dessen rundlicher Leib ihn mahnte, die nächstgelegene Futterquelle aufzusuchen, ging sofort daran, Gras zu mampfen. Mulberrys erste Reaktion war Entsetzen. Sie war schockiert, diese riesige, haarige, pferdige Vision in ihrem Hof zu gewahren, den sie bis dato allein beherrscht hatte.

Doch Troy und Mulberry wurden gute Freunde und spielten sich ständig Streiche, indem sie versuchten, einander in Schwierigkeiten zu bringen. Ich beschwerte mich über Troys Zappelei, während ich ihm die Hufe auskratzte. Ich protestierte, weil seine großen behaarten Füße recht schwer hochzuhalten waren und seine zuckenden Bewegungen meinen Rücken belasteten. Tatsächlich aber war es Mulberry, die ihn provozierte. Ich ertappte sie dabei, wie sie büschelweise Haar aus Troys wolligem Fell zupfte, weil sie eifersüchtig war auf die Aufmerksamkeit, die ich ihm gab. Noch mehr erfreute es die Ziege, dass ich ihn tadelte, statt sie zu schimpfen. Das war ganz ihr Charakter, sie hatte immer den Schelm im Nacken und brachte mich zum Lachen. Allmählich jedoch begann sie ruhiger zu werden, und ihre Gelenke brachten knirschende Geräusche hervor. Sie schien langsam ihren Glanz zu verlieren.

Als ich aus Ägypten zurückkehrte, wo ich eine Woche verbracht hatte, um mein Gespür für uralte Energien zu vertiefen, entdeckte ich einen großen Tumor in Mulberrys Brustkorb. Sie war auch rasch an Fußfäule erkrankt und einer ernsten Verschlimmerung ihres Hinterhufs. Reinrassige Ziegen sind erfahrungsgemäß nicht so langlebig wie Rassenkreuzungen oder Buschland-Ziegen, da sie gezüchtet werden, um reichlich Milch hervorzubringen. Ein großer Teil ihrer Lebenskraft geht in die Milchproduktion. Diese Gegebenheiten und ihre physischen Traumata in der Vergangenheit forderten ihren Preis. Ich spürte, dass das Tier mir mitteilte, es habe genug, und es sei nun an der Zeit zu gehen. Ich fühle in der Tat, dass Tiere uns zeigen können, wann sie bereit sind hinüberzugehen. Als ich sie telepathisch fragte, teilte sie mir mit, dass sie gehen wolle. Sie sei auch sehr verärgert, nicht mehr so beweglich auf den Beinen zu sein, wie sie es gewohnt war. Ich rief unsere Tierärztin um Rat an. In unser aller Interesse wollte ich sicher sein, das Richtige zu tun.

Ich war verzweifelt, dass Cameron nach einer sehr traumatischen Zeit voller familiärer Probleme einen noch größeren Verlust zu bewältigen hätte. Mir graute davor, mit ihm darüber zu sprechen. Ich wusste nur zu gut, was er in jenem Jahr durchgemacht hatte und wie schwer es gewesen war. Doch er sah ein, dass Mulberry in ihrer Verfassung nicht glücklich war, und wir hatten ein langes Gespräch über die Verantwortung für das Leben und Wohlbefinden der Tiere in unserer Obhut, aber auch darüber, dass wir tragischerweise manchmal die Verantwortung für ihren Tod übernehmen mussten, um sie von ihrem Leiden zu befreien.

Cameron war entsetzt bei der Vorstellung, dass Mulberry erschossen würde. Er meinte, wenn diese schreckliche Tat begangen werden müsse, wäre eine Spritze das Beste. Ich wusste aus früherer Erfahrung, dass dies bei Ziegen nicht immer die optimale Lösung war und entschied, Cameron mit unserer Tierärztin sprechen zu lassen. Er war einverstanden, ihren fachlichen Rat zu respektieren, da er großes Vertrauen in ihre Befähigung hatte. Sie empfahl, dass der Jagdhundehüter mit einem Bolzen eine humane Tötungstechnik anwenden sollte; dies sei das Beste für Mulberry, die Injektionen hasste.