Der Autor

Simon Turney – Foto © privat

SIMON TURNEY wuchs in Yorkshire auf, wo er schon früh seine Liebe zu Natur und antiker Geschichte entdeckte. Wann immer er Zeit hat, besucht er geschichtsträchtige Orte und liest oder schreibt über sie. Mittlerweile ist Simon Bestsellerautor, hat mehr als 20 Romane verfasst und kann sich ein Leben ohne Stift in der Hand nicht mehr vorstellen. Er lebt mit seiner Familie und jeder Menge Tiere im ländlichen North Yorkshire.

Das Buch

Rom, 37 nach Christus. Kaiser Tiberius liegt im Sterben. Als er Caligulas Familie in die kaiserliche Erbfolge bestimmt, ahnt er nicht, dass er damit den berüchtigtsten Tyrannen erschafft, den das Reich je sehen wird: Caligula.
Caligula – der römische Kaiser, der zum Inbegriff des wahnsinnigen Gewaltherrschers wird, der unzählige Mordbefehle erteilt, monströse Gladiatoren-Spiele veranstaltet, bei denen er selbst in einen Blutrausch verfällt. Der Kaiser, den bereits seine Zeitgenossen verdammen.
Doch war Caligula tatsächlich das Monster, als das er in die Geschichte einging? Livilla, seine jüngste Schwester, hat ihn auch anders erlebt. In diesem Roman erzählt sie davon, wie ihr stiller Bruder zum mächtigsten Mann seiner Zeit wurde. Und wie Intrigen, Mord und Verrat das römische Reich für immer veränderten.

Simon Turney

Caligula

Roman

Aus dem Englischen
von Holger Hanowell

Ullstein

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Deutsche Erstausgabe im Ullstein Taschenbuch
1. Auflage Oktober 2020
© für die deutsche Ausgabe Ullstein Buchverlage GmbH 2020
© 2018 by Simon Turney
Titel der englischen Originalausgabe: Caligula
(First published 2018 by Orion Books)
Umschlaggestaltung: zero-media.net, München, nach einer Vorlage von Orion Publishing Group
Titelabbildung: © The Orion Publishing Group
E-Book-Konvertierung powered by pepyrus.com
Druck und Bindearbeiten: CPI books GmbH, Leck
ISBN 978-3-548-06332-4

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Widmung

Für Tracey, Marcus und Callie, mit denen ich nie mein Ziel aus den Augen verliere

Damnatio Memoriae

Nach dem Tod eines Kaisers pflegte der Senat den Namen des Herrschers in einer Apotheose zu verklären, wodurch ihm ein Status eines Gottes und eine eigene kultische Verehrung zuteilwurden. War der Kaiser jedoch zu Lebzeiten verachtet worden, konnte der Senat das genaue Gegenteil beschließen und den Herrscher auf ewig schmähen, anstatt ihn zu vergöttlichen: In dem Fall trat die Damnatio memoriae – dies ist ein moderner Begriff – in Kraft. Unverzüglich und ohne irgendein Zeremoniell wurde der Name des Kaisers aus sämtlichen öffentlichen Inschriften entfernt. (In der Antike sprach man von der abolitio nominis.) Die Bildnisse des Herrschers wurden von Fresken gekratzt, seine Statuen zerstört. Manchmal wurde sogar das Konterfei auf einer Münze unkenntlich gemacht. Auf diese Weise verwehrte man dem Herrscher nicht nur einen Platz unter den Göttern, sondern löschte ihn obendrein aus der Geschichte. Dieses Schicksal widerfuhr den böswilligen und unbeliebten Herrschern oder denen, die keine glückliche Hand bewiesen hatten.





Dramatis Personae

Es folgt eine Aufstellung der wichtigsten Figuren, wobei die historischen Personen mit einem * gekennzeichnet sind. Die heute geläufigen Namen sind durch Fettdruck hervorgehoben worden.



Prolog

Es beginnt mit Blitzen.

Mit blendenden, augenversengenden rot-weißen Blitzen, die sich allmählich in einem purpurnen Baldachin auflösen, in den das gleißende Sonnenlicht eines römischen Sommertages gleich einer Klinge hindurchschneidet. Die Welt unter dem schützenden Baldachin glüht in einem grässlichen Scharlachrot – sie wird von diesen grellen Lichtstrahlen übel zugerichtet und durchstoßen.

Das Brüllen der Menge ist immer noch als Lärm im Hintergrund zu vernehmen.

In bin in Bewegung, schreite gelassen, voll innerer Ruhe.

Eine seltsame Langeweile erfüllt mich, doch das ist nichts weiter als ein kleiner Nachen von Empfindungen, der auf einem Meer der Verzweiflung treibt, das immer schon da war, dunkel und gewaltig, und mich ganz zu verschlingen droht. Aber jetzt verändert sich dies allmählich. In meinen sonst so ungetrübten Geist drängen sich neue Empfindungen … brutale, beängstigende Gefühlsregungen.

Das Unerwartete. Ein Schreck. Entsetzen sogar. Wie ist das nur möglich?

Ich strecke die Hand aus, um diese unsichtbare Bedrohung abzuwehren. Nein! Ich bin ausschließlich von denen umgeben, die vertrauenswürdig sind. Dies kann so nicht geschehen. Eine derartige Bedrohung gehört in das Reich der Feinde, nicht meiner Freunde.

Schimmerndes Metall sticht nach mir – bläulicher norischer Stahl, der mit diesem ekelerregenden, alles durchdringenden rötlichen Glühen aufscheint. Ich weiche rasch aus, und die Klinge, die es auf mein Herz abgesehen hat, schneidet stattdessen nur durch Fleisch und schabt über Knochen.

Entsetzlicher Schmerz. Brennender Schmerz und große Angst. Fassungslosigkeit und Schrecken.

Es fließt Blut. Meine Hand taucht auf und wirkt inmitten der roten Schlieren meiner eingeengten Welt merkwürdig dunkel. So viel Blut. Ich versuche, darauf zu reagieren, werde aber daran gehindert. Man gebietet mir Einhalt.

Ich bin hilflos, und es sind diejenigen, die vertrauenswürdig sind, welche mein Ende herbeiführen wollen. Warum nur? Was habe ich ihnen getan, dass ich das verdiene?

Ich verleihe meiner Stimme Kraft, aber mein Rufen verhallt – es wird von dem purpurnen Baldachin aufgefangen und zu mir zurückgeworfen. Die zahllosen Stimmen in weiter Ferne jubeln noch, nicht ahnend, dass ich Gefahren ausgesetzt bin.

Furcht verdrängt jetzt alles andere. Ich vermag nichts mehr auszurichten.

Jene Klinge, inzwischen scharlachrot von meinem Blut, zieht sich zurück. Das Gesicht dahinter ist raubtierhaft, die Zähne sind gebleckt wie bei einem Wolf, der die gerissene Beute nicht mit dem Rudel teilen will.

Ich versuche immer noch zu reagieren – zu kämpfen, aber es misslingt mir; ich bin eingeschränkt. Die Wunde, welche die Klinge vor meinen Augen färbt, ist wie ein alles verzehrender Brand in meinem Fleisch und sendet Schmerz durch meinen gesamten Körper. Ich sehe, wie mein eigener Lebenssaft eine Schwertklinge färbt … Einen kurzen Moment erblicke ich mein Gesicht in dem zähflüssigen, rötlichen Schimmer. Ich sehe weder zu Tode erschrocken noch von mörderischen Schmerzen gezeichnet aus. Nur traurig.

Aber es ist nicht jene Klinge, die ich fürchten sollte.

Die Klinge, die mich meiner Welt beraubt, ist eine unsichtbare. Einer Sense gleich schneidet sie durch mein Fleisch, und ich spüre, wie sie die Fäden in mir durchtrennt, die das Leben an diese irdische Hülle binden. Mein Herz hört auf zu schlagen – eine stählerne Spitze durchbohrt es.

Meine Augen sind geweitet. Das raubtierhafte Gesicht kommt näher. Ich bin bereits tot, stehe aber noch – ich spüre, wie das Tier seine Klinge ein weiteres Mal in mich hineintreibt. Eine andere Klinge erwischt mich hinterrücks. Eine dritte trifft mich von der Seite. Jeder Stoß ist inzwischen nichts weiter als eine Beleidigung, denn der Tod wurde bereits verabreicht. Jeder weitere Stoß ist eine Bekundung jener, die ich einst liebte und denen ich vertraute.

Dreißig Stöße insgesamt. Dreißig Wunden, die tiefer gehen als ins bloße Fleisch – sie treffen meine Seele.

Ich stürze jetzt; der scharlachrote Baldachin weicht zurück, die aufblitzenden, dolchartigen Sonnenstrahlen können mich nicht wärmen. Nichts wird mir je wieder Wärme spenden.

Ich kann die mir so vertrauten Gesichter sehen …

Ich wache ruckartig auf. Mein Lager ist getränkt vom Schweiß des Schreckens. War es wieder nur ein Traum? Oder war es diesmal mehr? Ich erinnere mich wieder. Ich weiß wieder, wer ich bin. Und ich erinnere mich, wie alles begann.

Teil 1
Die Kinder des Germanicus


Mitten im Lager geboren, erzogen im Zelte des Vaters,
War’s nicht Zeichen genug, daß er zum Fürsten bestimmt?
Sueton, De vita caesarum (Die Kaiserviten)