Atwood, Margaret Die Füchsin

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Übertragen von Ann Cotten, Ulrike Draesner, Christian Filips, Dagmara Kraus, Kerstin Preiwuß, Elisabeth Plessen, Monika Rinck, Jan Wagner und Alissa Walser

 

und mit einem Vorwort von Michael Krüger

 

Die Anthologie, aus der Die Füchsin zusammengestellt wurde, erschien 1998 und 2010 unter dem Titel Eating Fire bei Virago Press, London.

© 1998 O. W. Toad Ltd, Toronto

© für die deutschsprachige Ausgabe:

Berlin Verlag in der Piper Verlag GmbH, Berlin/München 2020

 

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Gibt es eine kanadische Poesie? Mit Sicherheit leben auch in Kanada wie in allen Ländern der Erde fünfhundert Dichter, die für die Darstellung der Wahrnehmung der Welt und des eigenen Ichs die ehrwürdige Form des Gedichts wählen, von dem man ja nicht behaupten kann, dass es in Kanada erfunden wurde. Es wurde gefunden, eingeschleppt, übertragen und hat sich mit der Gesellschaft entwickelt, die eine aus allen Teilen der Welt zusammengewürfelte Menge darstellt. Und das auf einem Gebiet, auf dem vor zweihundert Jahren noch hundert verschiedene Sprachen von mehr als sechshundert Stämmen gesprochen wurden, ein Reichtum, den es in dem vielsprachigen Europa nie gab. Und jede Sprache hatte eine eigentümliche Grammatik und einen Wortschatz, der besonders für die Tiere, die Umwelt und den Himmel einmalig ausdrucksvoll und herrlich war.

 

Heute lebt der Großteil der Kanadier in Städten, und das Glaubensbekenntnis kann man nicht nur protestantisch oder katholisch auf Englisch oder Französisch hören, sondern auch in indischer oder arabischer Sprache. Natürlich haben auch die First Nations eine Literatur, und gewiss tut der Staat einiges, um diese zu erhalten, aber all das spielt sich doch meistens in folkloristisch angehauchten, künstlich am Leben erhaltenen Reservaten ab. Die bedeutendste Literatursprache ist – noch vor dem Französischen – das Englische, die damit ein Teil dieser riesigen Literaturindustrie ist, die in dem ganzen ehemaligen Commonwealth tätig ist und ein dichtes Netz zwischen England und Irland, Kanada und den Vereinigten Staaten, Australien, Indien und Südafrika geknüpft hat. Diese automatische Verbreitung über alle Grenzen hinweg hat natürlich auch auf den Stil sich ausgewirkt. Nur wer diese Einheit zerbricht und wieder neu zusammensetzt, kann als ein ernsthafter Schriftsteller wahrgenommen werden. Das gilt ganz besonders für die Dichter unter den Schriftstellern, diese Minderheit unter der Minderheit der Schreibenden.

 

Nur wenige kanadische Dichter haben wir als solche wahrgenommen. Anne Carson, die bei uns gerade entdeckt wird, eine gelehrt-verspielte Mythenforscherin, die Antike und Gegenwart gegeneinanderschneidet; sie unterrichtet seit vielen Jahren in Harvard. Leonard Cohen, der kürzlich verstorbene große Liederpoet, der die meisten seiner traurigen Balladen auf einer griechischen Insel geschrieben hat. Michael Ondaatje, der Dichter der »Zimtschäler«-Gedichte, ein Einwanderer aus Sri Lanka niederländisch-tamilisch-singhalesischer Herkunft (der das schönste Buch über Toronto geschrieben hat: In der Haut eines Löwen).

Und nun, endlich, auch Margret Atwood, die bekannteste Schriftstellerin des Landes, deren Romane, Erzählungen und Essays in alle denkbaren Sprachen übersetzt worden sind und die ein noch größeres Publikum durch die Verfilmungen kennengelernt hat.

Aber sie musste rund zwanzig Gedichtbände schreiben, bis dieser Gedichtband von ihr in deutscher Sprache vorliegt – und noch dazu von deutschen Kollegen übersetzt wurde. Alles hat seine Zeit, sagt der Psalmist, aber achtzig Jahre zu warten ist keine Kleinigkeit in einer Welt, die sich damit brüstet, jede Nachricht in Sekundenschnelle um den Erdball schicken zu können.

Nimmt man die Berühmtheit der Autorin, fragt man sich natürlich nach den Gründen für diese Verzögerung. Jeder weiß, dass Gedichte irgendwie nicht mehr dazugehören. Ein Gespräch über den Report der Magd, über Science-Fiction vs. Speculative Fiction, über feministische Literatur unter besonderer Berücksichtigung der Romane von Margaret Atwood kann man sich vorstellen, ein Gespräch über ihre Gedichte (bisher) nicht. Liegt es vielleicht daran, dass man froh ist, wenn man einen Autor, eine Autorin in einer halbwegs sicheren Schublade untergebracht hat? Keiner würde den spröden Charme der Diatriben des Dichters John Updike rühmen, keine die selbstvergessenen Meditationen der Dichterin Joyce Carol Oates. Und selbstverständlich hat kein Mensch sich um die Gedichte von Hemingway gekümmert oder die schönen, vom Surrealismus beeinflussten Gedichte von Paul Auster oder die metaphernreichen Gesänge der »Zimtschäler« von Atwoods Landsmann Michael Ondaatje. Sie schreiben Romane, damit basta. Die Poesie ist nur ein Anhängsel, eine Entgleisung, auf jeden Fall eine Nebensache. Keine Angst, ich will dieses Problem hier nicht erörtern, aber es wäre einmal eine Untersuchung wert. Denn die überwältigend reiche, in englischer Sprache geschriebene Poesie wäre ohne den poetischen Beitrag dieser Romanciers ärmer.

 

Für die Leser von Gedichten, die Freunde der Poesie, ist es immer ein Ereignis, wenn sich viele sehr unterschiedliche deutsche Dichter um eine fremdsprachige Poetin kümmern. Seit dem Barock hat diese Praxis Literaturgeschichte geschrieben, man denke nur an die vielen Versuche, sich Petrarcas Laura im Deutschen zu vergegenwärtigen, oder die Sonette Shakespeares, oder man denke an die enigmatischen Kürzel Ungarettis, die nicht nur Paul Celan und Ingeborg Bachmann in ihrer Widerständigkeit gereizt haben. Wir lesen also in diesem Band von Margaret Atwood ihre Gedichte aus zehnfacher Perspektive, und man sollte sich von der oft nur scheinbaren Einfachheit nicht täuschen lassen. Denn selbstverständlich übersetzen Dichter nicht nur das, was da im Englischen steht, sondern sie übersetzen es auch ins Deutsche und einverleiben sich gewissermaßen das englische Gedicht. Es ist, wenn es gelungen ist, ein Teil auch ihres Werks geworden. Die provençalischen Dichter sind durch Pounds Übersetzungen im Englischen heimisch geworden, St. John Perse ist ohne Whitman nicht denkbar, Eliot nicht ohne Dante, Celans Übertragungen von Alexander Bloks Die Zwölf gehören selbstverständlich zum Korpus des Celanschen Werks. Und eines Tages wird man auch die Übersetzungen in diesem Band von Margaret Atwood dem Werk der jeweiligen Übersetzerdichter zuschlagen.

 

Das größte Vergnügen an dieser Zusammenarbeit sollten natürlich die hoffentlich zahlreichen Leser haben. Ich glaube, dass die Bewunderer von Margaret Atwoods oft kämpferisch verfahrenden Romanen und Erzählungen eine ganz andere Seite dieser Autorin kennenlernen können – eine sehr meditative, nachdenkliche, zu sich selbst gekommene Dichterin, die keine großen Gesellschaftsentwürfe entwickelt, keine Szenarien der Angst und der Krise, sondern Augenblicke des Innehaltens, der plötzlichen Erinnerung an Ereignisse, an denen sie sich entscheiden musste, weil verschiedene Wege in die Zukunft vor ihr lagen, sie aber nur einen nehmen konnte.

Eines meiner Lieblingsgedichte in diesem Band ist »Eine Papiertüte« aus den Zweiköpfigen Gedichten von 1978, in dem das »Ich« sich eine grell bemalte Papiertüte über den Kopf stülpt und eine andere wird. Hier darf man an das Märchenmotiv denken: Wessen Hut einer trägt, dessen Gedanken kann er lesen. Die letzten Verse lauten:

 

Papierkopf, dich ziehe ich vor
aufgrund deiner Leere,
aus dir heraus könnte ein jedes
Wort noch immer gesagt werden.

Mit dir hätte ich
Mehr als eine Haut,
einen leeren Innenraum, ein Repertoire
unerzählter Geschichten,
einen Neuanfang.[1]

 

Noch expliziter wird von einem anderen Leben, von einem Neuanfang, in dem gewaltigen Gedicht »Gestaltwandler im Winter« gesprochen, einer im wahrsten Sinne des Wortes großartigen Ballade der Selbstbefragung, des Zweifels, vom »Hinein- und Hinausgleiten/aus meiner eigenen glitschigen Aalhaut«, zugleich aber auch ein Liebesgedicht, das Rückschau hält auf die gemeinsam verbrachten Jahrzehnte. Es schließt mit den bewegenden Worten (und einem Ja am Ende):

Doch die Kunst besteht darin, auszuharren

in allen Erscheinungsformen; und wir tun es,

und ja, ich weiß, das bist du;

und darauf wird es hinauslaufen, früher

oder später, wenn es noch dunkler ist

als jetzt schon, wenn der Schnee kälter ist,

wenn es am dunkelsten und am kältesten ist

und Kerzen uns nicht mehr nützen

und die Sicht gleich null ist: Ja.

Du bist es noch immer. Du bist es noch immer.[2]

Michael Krüger
Allmannshausen, im Sommer 2020

Aus
THE CIRCLE GAME/DAS KREISSPIEL
(1966)

Deutsch von Dagmara Kraus

After the Flood, We

We must be the only ones

left, in the mist that has risen

everywhere as well

as in these woods

 

I walk across the bridge

towards the safety of high ground

(the tops of the trees are like islands)

 

gathering the sunken

bones of the drowned mothers

(hard and round in my hands)

while the white mist washes

around my legs like water;

 

fish must be swimming

down in the forest beneath us,

like birds, from tree to tree

and a mile away

the city, wide and silent,

is lying lost, far undersea.

 

You saunter beside me, talking

of the beauty of the morning,

not even knowing

that there has been a flood,

 

tossing small pebbles

at random over your shoulder

into the deep thick air,

 

not hearing the first stumbling

footsteps of the almost-born

coming (slowly) behind us,

not seeing

the almost-human

brutal faces forming

(slowly)

out of stone.

Nach der Sintflut, wir

Wir müssen die einzigen

übrig Gebliebenen sein in dem Dunst,

der überall aufzog,

so auch in diesen Wäldern

 

ich gehe über die Brücke

auf die sichere Hochebene zu

(die Baumwipfel sind wie Inseln)

 

sammle die versunkenen

Knochen der ertrunkenen Mütter

(hart und rund in meinen Händen)

indes der weiße Dunst meine Beine

umspült wie Wasser;

 

es müssen Fische im Wald

dort unter uns schwimmen,

wie Vögel, von Baum zu Baum,

und eine Meile entfernt,

die Stadt, groß und still,

liegt verloren, tief unter dem Meer.

 

Du schlenderst neben mir, sprichst

von der Schönheit des Morgens

und weißt nicht einmal,

dass es eine Flut gegeben hat,

 

wild Kiesel

über deine Schulter schleudernd

in die satte, dicke Luft;

 

die ersten taumelnden Schritte

des fast Geborenen überhörst du,

die uns (leise) folgen,

siehst nicht

die menschenähnlichen

brutalen Gesichter, die sich bilden

(langsam)

aus dem Stein.

The City Planners

Cruising these residential Sunday

streets in dry August sunlight:

what offends us is

the sanities:

the houses in pedantic rows, the planted

sanitary trees, assert

levelness of surface like a rebuke

to the dent in our car door.

No shouting here, or

shatter of glass; nothing more abrupt

than the rational whine of a power mower

cutting a straight swath in the discouraged grass.

 

But though the driveways neatly

sidestep hysteria

by being even, the roofs all display

the same slant of avoidance to the hot sky,

certain things:

the smell of spilled oil a faint

sickness lingering in the garages,

a splash of paint on brick surprising as a bruise,

a plastic hose poised in a vicious

coil; even the too-fixed stare of the wide windows

 

give momentary access to

the landscape behind or under

the future cracks in the plaster

when the houses, capsized, will slide

obliquely into the clay seas, gradual as glaciers

that right now nobody notices.

 

That is where the City Planners

with the insane faces of political conspirators

are scattered over unsurveyed

territories, concealed from each other,

each in his own private blizzard;

 

guessing directions, they sketch

transitory lines rigid as wooden borders

on a wall in the white vanishing air

 

tracing the panic of suburb

order in a bland madness of snows.

Die Stadtplaner

In diesen sonntäglichen Wohnviertelstraßen

im trockenen Augustsonnenlicht herumzufahren:

was uns ärgert, sind

die säuberlichen Verhältnisse:

die Häuser in pedantischen Reihen, die säuberlich

gepflanzten Bäume, sie behaupten

die Ebenheit von Fläche als Rüge

für die Delle in unserer Autotür.

Kein Geschrei hier, kein

Glasgesplitter; nichts ist jäher

als das nüchterne Gejammer eines Motormähers,

der eine gerade Schneise in das mutlose Gras rasiert.

 

Doch obwohl die Einfahrten sich durch ihr Ebenmaß

geschickt der Hysterie entziehen,

zeigen die Dächer dem heißen Himmel alle

die gleiche Ausweichneigung,

bestimmte Dinge:

der Geruch von verschüttetem Öl, ein flaues

Kränkeln, hängt in den Garagen,

ein Farbspritzer auf Ziegel, überraschend wie ein blauer Fleck,

ein Plastikschlauch, der in einer heimtückischen

Rolle harrt; sogar der allzu starre Blick der breiten Fenster

 

verschafft vorübergehend Zugang zur

Landschaft hinter oder unterhalb

der künftigen Risse im Putz,

wenn die Häuser, gekentert, schief

in die Meere aus Lehm hinabrutschen, wie Gletscher sanft,

die gerade niemand bemerkt.

 

Dies ist, wo die Stadtplaner

mit den Wahnsinnsgesichtern politischer Verschwörer

verstreut sind über unüberwachte Gebiete,

einander verborgen, jeder

in seinem eigenen privaten Schneesturm;

 

Richtungen ratend, skizzieren sie

vorläufige Linien, wie hölzerne Grenzen streng, auf eine Wand

in der weißen, schwindenden Luft,

 

zeichnen die Panik vorstädtischer

Ordnung in den dumpfen Schneewahnsinn.

Journey to the Interior

There are similarities

I notice: that the hills

which the eyes make flat as a wall, welded

together, open as I move

to let me through; become

endless as prairies; that the trees

grow spindly, have their roots

often in swamps; that this is a poor country;

that a cliff is not known

as rough except by hand, and is

therefore inaccessible. Mostly

that travel is not the easy going

from point to point, a dotted

line on a map, location

plotted on a square surface

but that I move surrounded by a tangle

of branches, a net of air and alternate

light and dark, at all times;

that there are no destinations

apart from this.

 

There are differences

of course: the lack of reliable charts;

more important, the distraction of small details:

your shoe among the brambles under the chair

where it shouldn’t be; lucent

white mushrooms and a paring knife

on the kitchen table; a sentence

crossing my path, sodden as a fallen log

I’m sure I passed yesterday

(have I been

walking in circles again?)

 

but mostly the danger:

many have been here, but only

some have returned safely.

 

A compass is useless; also

trying to take directions

from the movements of the sun,

which are erratic;

and words here are as pointless

as calling in a vacant

wilderness.

Whatever I do I must

keep my head. I know

it is easier for me to lose my way

forever here, than in other landscapes

Reise ins Innere

Es gibt Ähnlichkeiten,

die ich bemerke: dass die Hügel,

von den Augen wie zu einer Wand verflacht, zusammen-

geschweißt, sich öffnen, wenn ich mich bewege,

um mich durchzulassen; endlos werden

wie Grassteppe; dass die Bäume

spindeldürr sprießen, ihre Wurzeln

oft in Sümpfen haben; dass dies ein armes Land ist;

dass keine Klippe bekannt ist so rau,

außer der Hand, und daher

unzugänglich. Dass Reisen meist

kein einfaches von Punkt

zu Punkt Gehen ist, keine gepunktete

Linie auf einer Karte, kein Standort,

geplant auf einer quadratischen Fläche,

sondern dass ich mich stets in einem Gewirr

aus Zweigen bewege, in einem Netz aus Luft und

ständig wechselndem Hell und Dunkel;

dass es keine Ziele gibt,

abgesehen von diesem.

 

Durchaus sind da Unterschiede:

der Mangel an verlässlichen Grafiken;

die Ablenkung, wichtiger, durch kleine Details:

dein Schuh in den Brombeeren unter dem Stuhl,

wo er nicht sein sollte; leuchtend

weiße Pilze und ein Schälmesser

auf dem Küchentisch; ein Urteil, das meinen Weg

kreuzt, durchweicht wie ein gefällter Baumstamm,

an dem ich gestern ganz sicher vorbeiging

(bin ich wieder

im Kreis gelaufen?)

 

doch vor allem die Gefahr:

viele sind hier gewesen, aber nur

wenige sind heil zurückgekehrt.

 

Ein Kompass ist nutzlos; so

der Versuch, die Richtung aus den Bewegungen

der Sonne zu lesen,

die unberechenbar sind;

und Worte sind hier so sinnlos

wie das Rufen in leerer

Wildnis.

Was auch immer ich tue, ich muss

meinen Kopf bewahren. Ich weiß,

für mich ist es leichter, den Weg für immer

hier zu verlieren, als in anderen Landschaften

Against Still Life

Orange in the middle of a table:

 

It isn’t enough

to walk around it

at a distance, saying

it’s an orange:

nothing to do

with us, nothing

else: leave it alone

 

I want to pick it up

in my hand

I want to peel the

skin off; I want

more to be said to me

than just Orange:

want to be told

everything it has to say

 

And you, sitting across

the table, at a distance, with

your smile contained, and like the orange

in the sun: silent:

 

Your silence

isn’t enough for me

now, no matter with what

contentment you fold

your hands together; I want

anything you can say

in the sunlight:

 

stories of your various

childhoods, aimless journeyings,

your loves; your articulate

skeleton; your posturings; your lies.

 

These orange silences

(sunlight and hidden smile)

make me want to

wrench you into saying;

now I’d crack your skull

like a walnut, split it like a pumpkin

to make you talk, or get

a look inside

 

But quietly:

if I take the orange

with care enough and hold it

gently

 

I may find

an egg

a sun

an orange moon

perhaps a skull; centre

of all energy

resting in my hand

 

can change it to

whatever I desire

it to be

and you, man, orange afternoon

lover, wherever

you sit across from me

(tables, trains, buses)

 

if I watch

quietly enough

and long enough

 

at last, you will say

(maybe without speaking)

 

(there are mountains

inside your skull

garden and chaos, ocean

and hurricane; certain

corners of rooms, portraits

of great-grandmothers, curtains

of a particular shade;

your deserts; your private

dinosaurs; the first

woman)

 

all I need to know:

tell me

everything

just as it was

from the beginning.

Wider das Stillleben

Orange in der Mitte eines Tisches:

 

Es reicht nicht,

auf Abstand um sie

herumzugehen, zu sagen:

das ist eine Orange:

sie hat nichts mit uns

zu tun, nichts

anderes: lass sie

 

ich will sie

in die Hand nehmen,

ich will die Haut

abschälen; ich will,

dass mehr zu mir gesagt wird

als bloß Orange:

will alles erfahren,

was sie zu sagen hat

 

Und du, am Tisch mir

gegenüber, auf Abstand, mit

verhaltenem Lächeln, und wie die Orange

in der Sonne: still:

 

Dein Schweigen

ist mir jetzt nicht genug,

ganz gleich, mit welcher

Zufriedenheit du deine Hände

faltest; ich nehme

was auch immer du im Sonnenlicht

sagen kannst:

 

Geschichten von deinen verschiedenen

Kindheiten, ziellosen Reisen,

deinen Liebschaften; dein deutliches

Skelett; deine Posen; deine Lügen.

 

Dies orangene Schweigen

(Sonnenlicht und verstecktes Lächeln)

macht mir Lust,

dich zum Reden zu zwingen;

am liebsten würde ich deinen Schädel knacken

wie eine Walnuss, ihn spalten wie einen Kürbis,

um dich zum Sprechen zu bringen oder

einen Blick hineinzuwerfen

 

Nur mit der Ruhe:

wenn ich die Orange

mit gebührender Vorsicht greife und behutsam

halte

 

finde ich womöglich

ein Ei

eine Sonne

einen orangenen Mond

vielleicht einen Schädel; Zentrum

aller Energie,

die in meiner Hand ruht

 

kann sie verwandeln in

was auch immer ich verlange,

dass es sei

und du, Mann, orangener Nachmittags-

liebhaber, wo immer

du mir gegenübersitzt

(an Tischen, in Zügen, Bussen)

 

wenn ich bloß ruhig genug

und lange genug

zuschaue

 

wirst du endlich sprechen

(vielleicht ohne zu reden)

 

(es sind Berge

in deinem Schädel-

garten und Chaos, Ozean

und Orkan; bestimmte

Zimmerecken, Porträts

von Urgroßmüttern, Vorhänge

in einem besonderen Farbton;

deine Wüsten; deine privaten

Dinosaurier; die erste

Frau)

 

alles, was ich wissen muss:

sage mir

alles,

so wie es war,

von Anfang an.

The Explorers

The explorers will come

in several minutes

and find this island.

 

(It is a stunted island,

rocky, with room

for only a few trees, a thin

layer of soil; hardly

bigger than a bed.

That is how

they’ve missed it

until now)

 

Already their boats draw near,

their flags flutter,

their oars push at the water.

 

They will be jubilant

and shout, at finding

that there was something

they had not found before,

 

although this island will afford

not much more than a foothold:

little to explore;

 

but they will be surprised

 

(we can’t see them yet;

we know they must be

coming, because they always come

several minutes too late)

 

(they won’t be able

to tell how long

we were cast away, or why,

or, from these

gnawed bones,

which was the survivor)

 

at the two skeletons

Die Entdecker

Die Entdecker werden in

wenigen Minuten kommen

und diese Insel finden.

 

(Eine verkümmerte Insel,

felsig, mit Platz

für nur wenige Bäume, eine dünne

Schicht Erde; kaum

größer als ein Bett.

Darum haben sie

sie bis jetzt

übersehen)

 

Ihre Boote nähern sich bereits,

ihre Fahnen flattern,

ihre Ruder drängen durchs Wasser.

 

Sie werden jubeln

und schreien, wenn sie herausfinden werden,

dass es da etwas gab,

das sie zuvor nicht gefunden hatten,

 

obwohl diese Insel nicht viel mehr bieten wird,

als Platz für ein Standbein:

wenig zu erforschen;

 

aber sie werden überrascht sein

 

(wir können sie noch nicht sehen;

wir wissen, dass sie kommen werden,

denn sie kommen immer

einige Minuten zu spät)

 

(sie werden außerstande sein

zu sagen, wie lange

wir gestrandet waren oder warum

oder wer, diesen abgenagten Knochen zufolge,

wohl der Überlebende war)

 

bei den zwei Skeletten

Aus
THE ANIMALS IN THAT COUNTRY/DIE TIERE DORTZULANDE
(1968)

Deutsch von Ulrike Draesner

The Animals in That Country

In that country the animals

have the faces of people:

 

the ceremonial

cats possessing the streets

 

the fox run

politely to earth, the huntsmen

standing around him, fixed

in their tapestry of manners

 

the bull, embroidered

with blood and given

an elegant death, trumpets, his name

stamped on him, heraldic brand

because

 

(when he rolled

on the sand, sword in his heart, the teeth

in his blue mouth were human)

 

he is really a man

 

even the wolves, holding resonant

conversations in their

forests thickened with legend.

 

In this country the animals

have the faces of

animals.

 

Their eyes

flash once in car headlights

and are gone.

 

Their deaths are not elegant.

 

They have the faces of

no-one.

Die Tiere dortzulande

Dortzulande tragen die Tiere

Menschengesichter:

 

die hoheitsvollen Katzen

nehmen die Straßen in Besitz

 

der Fuchs höflich

zu Tode gehetzt, umstellt

von Jägern, erstarrt

im Gewebe ihrer Gebräuche

 

der Stier, mit Blut

bestickt, beschenkt mit einem

eleganten Tod, trompetet, als Wappen

ihm sein Name aufgebrannt

da

 

(als er zu Boden

ging, den Dolch im Herzen, er Menschenzähne

zeigte in seinem blauen Mund)

 

er ein Mensch ist

 

wie noch die Wölfe mit ihrem

widerhallenden Gespräch tief

verwoben in den Wald der Legenden.

 

Hierzulande tragen

die Tiere

Tiergesichter.

 

Ihre Augen

blitzen auf in Scheinwerferlicht

und verlöschen.

 

Nichts an ihrem Tod ist elegant.

 

Niemandes

ist ihr Gesicht.

The Landlady

This is the lair of the landlady.

 

She is

a raw voice

loose in the rooms beneath me,

 

the continuous henyard

squabble going on below

thought in this house like

the bicker of blood through the head.

 

She is everywhere, intrusive as the smells

that bulge in under my doorsill;

she presides over my

meagre eating, generates

the light for eyestrain.

From her I rent my time:

she slams

my days like doors.

Nothing is mine

 

and when I dream images

of daring escapes through the snow

I find myself walking

always over a vast face

which is the landlady’s,

and wake up shouting.

 

She is a bulk, a knot

swollen in space. Though I have tried

to find some way around

her, my senses