Aus dem Amerikanischen von Doris Attwood

Impressum

Die amerikanische Originalausgabe

Je Suis à Toi (Monsters in the Dark – Volume 4)

erschien 2016 im Verlag Pepper Winters.

Copyright © 2016 by Pepper Winters

Copyright © dieser Ausgabe 2020 by Festa Verlag, Leipzig

Lektorat: Katrin Hoppe

Titelbild: Adobe Stock – honored

Titelgestaltung: Ari – www.coveritdesigns.net

Alle Rechte vorbehalten

eISBN 978-3-86552-836-0

www.Festa-Verlag.de

Prolog

TESS

Perfektion gibt es.

Perfektion bedeutete nicht, dass ich in einer Welt lebte, in der ich niemals krank wurde, mich niemals mit dem Mann stritt, den ich liebte, niemals unglücklich war oder mich nie wie ein trotziges Kleinkind aufführte, wenn es mal wieder nicht nach meinem Kopf ging.

Perfektion bedeutete, dass all das …

Das Unsinnige

Der Krach

Die hässlichen Seiten des Lebens

… keine Rolle spielte.

Manche Menschen fristen ihr ganzes Dasein, ohne jemals die Bestimmung zu finden, die sie verdienen. Und mit Bestimmung meine ich nicht den Tod. Ich meine ihren Partner fürs Leben, ihren Seelenverwandten und besten Freund.

Q war meine Bestimmung. Mein Ziel.

Und ebenso war er auch mein Weg.

Meine Prüfung.

Er war ich.

Nach allem, was ich durchgemacht hatte – nach allem, was ich getan hatte –, war das Leben endlich genau so, wie es sein sollte.

Ich war frei, zu sein, wer ich war, ohne Verurteilung, ohne Kommentare, ohne dass jemand versuchte, mich zu ändern.

Frei.

Mit ihm.

Meinem Meister.

Bis er die Regeln änderte und ich verlor.

KAPITEL 1

TESS

»Ich will, dass morgen alles perfekt läuft, Suzette.«

Qs gerettete Sklavin/Hausmädchen (und meine beste Freundin) wirbelte durch die überdimensionierte Küche und stemmte die Hände in die Hüften. »Zweifelst du etwa an meinen organisatorischen Fähigkeiten?«

Ich unterdrückte ein Grinsen. »Hab ich das gesagt?«

»Du hast es angedeutet.«

Ich legte eine Hand aufs Herz und erwiderte in dramatischem Ton: »So etwas würde mir niemals über die Lippen kommen. Ich habe inzwischen gelernt, deinen Zorn nicht heraufzubeschwören.«

Suzette lachte los und schnappte sich einen Teigschaber von der Arbeitsfläche. »Verdammt richtig. Vergiss das niemals.«

Wir blickten einander voller Verbundenheit und Eintracht an. Als ich damals hierhergekommen war – gefesselt und markiert wie ein Hund –, hatte Suzette mich zunächst verwirrt und mir ein wenig Angst eingejagt. Jetzt aber wäre mein Leben ohne sie nicht mehr vollständig.

Q hatte mich akzeptiert, ein unerwünschtes Präsent, und mir damit nicht nur sich selbst geschenkt, sondern auch seine ganze Existenz – einschließlich seiner Freunde. Er hatte mir eine Familie geschenkt, während meine eigene Familie nichts mit mir zu tun haben wollte.

Suzette legte den Teigschaber zurück auf die mit Mehl bestäubte Arbeitsfläche. »Wenn du noch mal an mir zweifelst, muss ich Qs Kleiderschrank durchwühlen und nach irgendetwas Unaussprechlichem suchen, mit dem ich dir den Hintern versohlen kann.«

Ich kicherte. »Viel Glück.«

Sie klatschte sich schallend eine Hand auf den Po. »Wer weiß? Vielleicht habe ich ja eine bessere Technik als er.«

Ich rollte mit den Augen. »Niemand ist besser als Q.«

»Soso.« Sie schnaubte theatralisch. »Du bist einfach besessen von ihm. Er kann mit dir machen, was immer er will – du lächelst ihn trotzdem weiter an und nickst zu allem eifrig wie ein verdammter Wackeldackel.«

Unser Lachen verwandelte sich in überdrehtes Kichern.

Sie kannte mich einfach zu gut.

Suzette versuchte immer, stark und entschlossen zu wirken, aber ich kannte die Wahrheit. Ich konnte hinter ihre mutige Fassade blicken. Sie war immer noch von ihrer Vergangenheit gezeichnet, aber dank Q war sie inzwischen so weit geheilt, dass sie trotz aller Traurigkeit ihr Lächeln wiedergefunden hatte. Außerdem hatte sie Franco, der sie nachts wärmte und sämtliche Albträume vertrieb, unter denen sie auch nach all den Jahren immer noch litt.

In dieser Hinsicht waren wir uns sehr ähnlich.

Q hatte uns beide gerettet.

Uns beide hatte der Mann ins Leben zurückgeholt, der sich Sperlinge auf die Brust hatte tätowieren lassen und so wild, gierig und wütend liebte, dass er auf andere oft unerträglich grob und viel zu intensiv wirkte.

Für mich aber war er einfach nur perfekt.

»Mach sie nicht wütend, Tess. Du weißt ja, was sonst passiert.« Franco lachte. Er saß auf einem Hocker an der Frühstückstheke und reinigte seine Pistole, die er immer bei sich trug, um mich und meinen Meister zu beschützen.

Suzette und Franco mochten unsere Angestellten sein, aber sie gehörten auch zur Familie. Und der Familie konnte man bei etwas so Delikatem nicht vertrauen.

Ich ignorierte die beiden und schlenderte barfuß in die große Vorratskammer, in der Madame Sucre geschäftig alles für das Picknick unserer morgigen Reise zusammensuchte. »Mrs. S, sagen Sie Franco und Suzette bitte, dass ich sie eigenhändig umbringen werde, falls sie noch mehr solcher dämlichen Ideen haben wie damals für unsere Hochzeit.«

Bei der Erinnerung daran, wie sie mein Hochzeitskleid zerrissen und die sexy Dessous darunter enthüllt hatten, begannen meine Wangen zu glühen. Ich würde diesen Tag niemals vergessen.

Aus verschiedenen Gründen.

»Sie wissen es besser«, versicherte mir Madame Sucre mit einem Lächeln, watschelte wieder an mir vorbei und hievte einen Armvoll Zucker und Haferflocken auf die Arbeitsplatte aus Quarz. »Genauso wie Sie es besser wissen und nicht versuchen sollten, jedes einzelne Detail zu kontrollieren.« Sie tätschelte mir die Hand und fügte hinzu: »Außerdem stecken wir bei diesem Geheimnis alle unter einer Decke. Wenn maître das wüsste …«

»Er darf nichts davon erfahren.« Ich löste mich von ihr und verschränkte die Arme. »Ich will, dass dieses lange Wochenende allein für ihn ist. Er soll nicht zu viel darüber nachgrübeln.«

»Und bisher ist dir das auch hervorragend gelungen.« Franco sprang von seinem Hocker auf und steckte die gereinigte Waffe zurück ins Holster. »Er hat nicht die leiseste Ahnung. Morgen lässt du dir irgendwas einfallen, weswegen du unbedingt ein Picknick brauchst, und ich programmiere das Navi mit den entsprechenden Koordinaten. Ich bin zwar immer noch dagegen, euch ohne Personenschutz und ganz allein fahren zu lassen, aber ich kenne seinen Fahrstil und weiß, dass sowieso niemand an ihm dranbleiben kann. Wir anderen nehmen den Helikopter und treffen euch dann dort.«

Suzette ging zu ihm, ein bewunderndes Lächeln auf den Lippen. »Vielleicht können ja auch wir diese Art Urlaub ein bisschen genießen.«

Ich wandte den Blick ab und schenkte ihnen einen Moment Privatsphäre. Sie stellten ihre Zuneigung füreinander nicht oft zur Schau, aber es gefiel mir, wenn sie vergaßen, dass sie nicht allein waren. Ich liebte es, dabei zuzusehen, wie Franco weicher wurde und Suzette zu strahlen begann. Es war beinahe so, als würde ihr zögerlicher Mut durch Francos beschützende Kraft erst richtig erblühen, während sie einander voller Liebe in die Augen schauten.

Ich beschloss, dass dies der perfekte Zeitpunkt war zu gehen, und winkte ihnen zu. »Na schön, ich vertraue euch. Wir sehen uns dann später.« Ich ließ die beiden Turteltauben und meine Lieblingsköchin zurück, beschleunigte meinen Schritt und eilte die Stufen des Turms zu Qs Schlafzimmer hinauf.

Meinem Schlafzimmer.

Unserem Schlafzimmer.

Selbst nach drei Jahren fiel es mir noch schwer, es auszusprechen.

Dieses Château gehörte mir.

Qs Vermögen gehörte mir.

An jenem Tag, an dem er es sich erlaubt hatte, mich voll und ganz in Besitz zu nehmen, hatte er mir nicht nur sein Herz geschenkt, sondern auch sein ganzes Reich. Sein Zuhause.

Ich zog das Band aus meinem Haar, huschte über den Teppich, schüttelte meine blonden Locken und warf einen Blick auf das Foto, das uns in unseren wunderschönen Hochzeitsoutfits zeigte. Wir nahmen die Kamera überhaupt nicht wahr und hatten nur Augen füreinander.

Wenn irgendjemand versucht hätte, mich davon zu überzeugen, dass Q nicht fähig war zu lieben – dass er nichts weiter als ein Monster mit tiefen, düsteren Trieben war und mich eines Tages so sehr verletzen würde, dass es meine Schmerzgrenze bei Weitem überstieg –, dann hätte ich ihm schallend in sein ungläubiges Gesicht gelacht.

Die Art, wie Q mich auf diesem Foto anschaute, strafte alle Schwarzseher und Skeptiker Lügen.

Unsere Liebe war einzigartig.

Und ich würde sie niemals, niemals als selbstverständlich betrachten.

»Du hast mir so viel gegeben, maître.« Ich streichelte seine Wange auf dem Bild und flüsterte: »Und dieses Wochenende will ich dir alles geben, was ich dir geben kann. Angefangen damit, dass ich dir die Traurigkeit nehme, die ich hin und wieder in deinen Augen aufblitzen sehe.«

Ich wusste nicht, was der Grund dafür war.

Ich wusste nicht, ob ich der Grund dafür war.

Aber ich wusste, dass ich alles in meiner Macht Stehende tun würde, um sie auszulöschen.

Ich öffnete den Reißverschluss meines marineblauen Kleides und ließ das Häuflein Stoff auf den Teppich gleiten, auf dem Q mich zum ersten Mal gefesselt hatte. In jener Nacht war er betrunken zu mir gekommen – nachdem die Polizei ihn verhört hatte – und hatte mir gezeigt, was ich wirklich brauchte. Es war eine meiner allerliebsten Erinnerungen.

Ich ging in meiner schwarzen Unterwäsche zu dem großen Bogenfenster hinüber und schaute hinaus. Meine Haut kribbelte bei dem Gedanken an jene Nacht.

Die lange Einfahrt schlängelte sich zwischen den perfekt beschnittenen Bäumen hindurch zu dem Pförtnerhäuschen, das sich dahinter versteckte. Schnee glitzerte auf den kahlen Zweigen, aber die feine weiße Schicht auf dem Springbrunnen und dem Gras taute bereits in der Nachmittagssonne.

Winter.

Qs liebste Jahreszeit. Wenn alles starb, nur um wiedergeboren zu werden, frisch und hell und neu. Wenn er jetzt hier gewesen wäre, hätte ich ihm gezeigt, dass er mich genauso verwandelt hatte, wie die Jahreszeiten die Welt verwandelten. Er würde jedoch erst in ein paar Stunden nach Hause kommen. Er arbeitete zu viel – nicht nur was seine Immobiliengeschäfte betraf, sondern auch wenn es um unsere Wohltätigkeitsorganisationen ging.

Mein Blick schweifte nach links zu dem neuen Wohnhaus, das Anfang letzten Jahres erbaut worden war.

Wir retteten immer noch Frauen, ließen noch immer viel Geld in unsere Unternehmen fließen – wohltätige wie gewinnbringende – und teilten unser Zuhause weiter mit dem Gespenst des sexuellen Missbrauchs.

Nur dass die Frauen, für deren Heilung wir kämpften, nun nicht mehr allein leben mussten. Denjenigen, die es nicht verkrafteten, ihre Familie schon so kurz nach ihrer Rettung wiederzusehen, erlaubten wir es, so lange, wie sie wollten, in einem eigenen speziellen Flügel des Châteaus zu wohnen. Die anderen, die kein so tiefes emotionales Trauma erlitten hatten, quartierten wir in der Villa nebenan ein, in der mehrere Familien gemeinsam leben und sich erholen konnten.

Sobald Q eine weitere Überlebende fand, war ich dafür verantwortlich, ihre Eltern oder Angehörigen aufzuspüren und sie zu ermutigen, zu uns zu kommen und für ihre Tochter, Frau oder Schwester da zu sein.

Viele von ihnen versuchten, uns für unsere Ausgaben finanziell zu entschädigen. Natürlich nahmen wir keinen einzigen Cent an.

Uns war es Bezahlung genug, miterleben zu dürfen, wie eine missbrauchte Frau wieder zu lachen oder zu lächeln lernte. Unsere Belohnung erhielten wir, wenn sie diesen Zufluchtsort schließlich verließen und in eine Welt zurückkehrten, die sie beinahe zerstört hätte.

Q hatte so viele Menschen gerettet.

Und im Gegenzug hatte ich ihn gerettet.

Aber jetzt verbarg er irgendetwas vor mir.

Am Ende dieses langen Wochenendes würde ich wissen, was es war – und wie ich ihn heilen konnte.

Ich meine … Wofür waren Geburtstagsfeiern schließlich da, wenn nicht dafür, das Geburtstagskind zu verhören und in seine Gedanken einzudringen?

Ich nahm das Foto, drückte einen Kuss auf Qs hübsches Gesicht und hauchte: »Alles Gute zum Geburtstag, maître. Mach dich bereit, mich in deinen wunderschönen Geist einzulassen, weil ich nicht eher ruhen werde, bis du dich mir anvertraut hast.«

KAPITEL 2

Q

Ich war daran gewöhnt umherzuschleichen.

Ich hatte es schon als Kind getan, und ich tat es auch als Erwachsener. Zum einen, weil es mir gefiel, unsichtbar zu sein – um andere heimlich zu belauschen und mich ihnen zu nähern, wenn sie es nicht erwarteten, oder um all die Mistkerle zu verfolgen, die Frauen zu ihrem Vergnügen quälten –, aber hauptsächlich, weil es meinem Wesen entsprach.

Ich konnte Angewohnheiten schließlich nicht ändern, die zu einem Teil von mir geworden waren.

Ich bewegte mich lautlos.

Ich wusste nicht, wie ich es sonst tun sollte.

Heute Nacht drang ich jedoch nicht in das Versteck eines Feindes ein. Ich kehrte zu der Frau zurück, die ich liebte, schlich auf Zehenspitzen durch unser Schlafzimmer wie ein verdammter Verbrecher auf der Flucht.

Es fiel mir Tag für Tag schwerer, ihr aus dem Weg zu gehen.

Sie wusste, dass mich irgendetwas belastete, hatte jedoch noch nicht den Mut aufgebracht, mich direkt danach zu fragen. Aber das würde sie. Es war nur noch eine Frage der Zeit.

Doch diese Zeit war heute Nacht noch nicht gekommen. Nicht nach dem langen Tag, der hinter mir lag.

Meine Augen gewöhnten sich allmählich an die Dunkelheit. Nur ein schmaler Strahl des Mondlichts fiel durch die nicht ganz zugezogenen Vorhänge herein.

Meine Ehefrau – dieses Wort würde ich niemals leid werden – lag zusammengerollt unter den Decken unseres riesigen Ehebetts.

Ich seufzte schwer beim Anblick der blonden Locken, die sich über das Kopfkissen ergossen – wie oft hatte ich meine Faust in sie gekrallt oder sie gestreichelt? Jeder einzelne Teil von ihr forderte jeden einzelnen Teil von mir heraus, ständig.

Ihre Haut schimmerte beinahe durchsichtig in der Dunkelheit und ich betrachtete besorgt ihre in Falten liegende Stirn. Selbst im Schlaf ließ mich ihre Körpersprache wissen, dass sie stinksauer auf mich war.

Und sie hatte jedes Recht dazu.

Als ich an jenem Morgen ins Büro gefahren war, hatte ich ihr versprochen, pünktlich zum Abendessen zurück zu sein. Normalerweise konnte ich meine Versprechen halten.

Heute jedoch nicht.

Frederick hatte mich noch mehr als sonst genervt und war unzählige Berichte und Jahresabschlussbilanzen en détail mit mir durchgegangen, als wäre ich dazu nicht selbst in der Lage.

Ich hatte ihn zum Geschäftsführer ernannt, um mehr Zeit mit Tess und unseren Wohltätigkeitsorganisationen verbringen zu können, also warum hatte er ausgerechnet heute darauf bestanden, dass ich so lange im Büro blieb?

Ich öffnete die Schnürsenkel und schlüpfte lautlos aus meinen Anzugschuhen.

Ich war kein Tollpatsch.

Ich machte kein einziges Geräusch, als ich mich auszog und mich Richtung Bett vortastete. Tess würde niemals erfahren, wann ich nach Hause gekommen war oder wie lange ich neben ihr gelegen hatte.

Alles, was sie wissen musste, war, dass ich am Morgen bei ihr sein würde.

Vielleicht würden wir uns dann ja unterhalten.

Ich schluckte ein Stöhnen hinunter, schlüpfte unter die kühle Baumwolldecke und blieb ganz still liegen, um zu testen, wie tief sie wirklich schlief.

Mein Herzschlag hämmerte in meinen Ohren, während ich wartete …

Doch ihre Atmung veränderte sich nicht und kein Rascheln deutete darauf hin, dass sie aufgewacht war, also rückte ich näher an sie heran, legte meinen Arm um ihre Hüften und zog ihren Rücken an meinen Bauch.

Manchmal weckte ich sie so auf. Biss in ihren Hals, berührte ihre Feuchtigkeit und ließ ihr keine andere Wahl, als mich zu empfangen.

Aber nicht heute Nacht.

Heute Nacht war ich müde und nicht in der Stimmung für Spielchen.

Alles, was ich wollte, war, mit meiner esclave in den Armen einzuschlafen und mich in schönen Träumen zu verlieren.

Ich wollte nicht mehr traurig sein.

Ich wollte nicht mehr vor meinen Gedanken fliehen.

Ich sollte glücklich sein.

Ich war glücklich.

Ich hatte alles, was ich mir jemals hätte wünschen können.

Nicht alles.

Ich biss die Zähne zusammen, unterdrückte die an mir zehrende Frustration und zwang mich einzuschlafen.

KAPITEL 3

TESS

»Suzette, hör auf! Ich komme schon zurecht.«

Suzette funkelte mich böse an und setzte den Picknickkorb wieder auf ihre Hüfte, als wäre er ein Kind und kein überquellendes Füllhorn voller Köstlichkeiten, wie sie nur Madame Sucre zubereiten konnte. »Sei nicht so stur. Ich will dir doch nur helfen. Also lass mich helfen.«

Ich verdrehte die Augen, während wir den hinteren Teil des Hauses durchquerten und an dem Swimmingpool vorbeigingen, von dessen Existenz ich erst nach meiner Rückkehr zu Q erfahren hatte. Schließlich betraten wir die gigantische Garage mit Qs schier unbezahlbarem Fuhrpark.

Er hasste diese Autos, weil sie einst seinem Vater gehört hatten. Ich verstand, warum er so empfand, aber auch das Château war einst im Besitz seines Vaters gewesen. Nachdem Q jedoch seinen Platz als Familienoberhaupt eingenommen hatte, hatte er die groteske, widerwärtige Art, in der sein Vater das Gebäude genutzt hatte, für immer verbannt und es in etwas Reines, Wundervolles verwandelt.

Dasselbe galt für diese Fahrzeuge. Sie waren nicht lebendig. Sie hatten keine Seele. Sie konnten sich nicht aussuchen, ob sie einem freundlichen Besitzer oder einem dreckigen Mistkerl gehörten. Q war von beidem ein bisschen.

Ich schnappte mir den Schlüssel für die »Wie auch immer«-Sonderedition eines Aston Martin, damit Suzette und ich das Essen im Kofferraum verstauen konnten. Nachdem alles sicher an seinem Platz war, knallte ich die Kofferraumklappe mit einem dumpfen Schlag wieder zu.

Ich rieb mir die Hände. »Fehlen nur noch das Gepäck und die Hauptperson, dann sind wir startklar.«

»Wird er nicht sauer sein, weil du ihm nichts davon erzählt hast? Und weil alle außer ihm davon wissen?«

»Nein. Eine Überraschung wird ihm guttun.«

»Bei der letzten Überraschung hat er ein Blutbad angerichtet, um dich zu finden.«

Ich grinste höhnisch. »Ja, schon, aber das hier ist ja auch keine unschöne Überraschung.«

»Definiere unschön.« Suzette rümpfte die Nase. »Q muss immer die volle Kontrolle haben. Er hasst es nicht nur, seinen Geburtstag zu feiern, er tut sich auch mit von anderen organisierten Feierlichkeiten schwer. Aber genau das planst du – und erwartest auch noch, dass er dir dankbar dafür ist.«

Ich hakte mich bei ihr ein. Wir verließen die Garage und kehrten in das noch immer vollkommen stille Château zurück. Der Morgen hatte gerade zu dämmern begonnen und unsere Pyjamas aus Seide und Flanell waren das Einzige, was durch das Haus raschelte, in dem alle anderen noch schliefen.

»Er wird mir dankbar sein.«

Suzette schnaubte spöttisch. »Dankbar dafür, dass du ihm einen Grund lieferst, dich auszupeitschen, meinst du wohl.«

»Oh, das kommt erst später.«

Sie blickte mich stirnrunzelnd an. »Ich weiß viel zu viel über euer Sexleben.«

Ich lachte herzlich. Als wir durch den Flur in die Hauptdiele traten, konterte ich: »Und ich weiß viel zu viel darüber, wie besessen Franco von dir ist und wie sehr du dir wünschst, er wäre ein bisschen gröber mit dir, auch wenn du nicht weißt, wie du es ihm sagen sollst.«

Sie riss die Augen auf. »Halt den Mund!«

Ich drückte ihr einen Schmatzer auf die Wange und ließ sie los. »Wie wär’s, wenn du endlich mal den Mund aufmachst? Dann kriegen wir dieses Wochenende vielleicht beide, was wir wollen.«

Ich ließ sie mit heruntergeklappter Kinnlade stehen und rannte die Treppe hinauf, bevor sie etwas erwidern konnte, um meinen Meister zu wecken und seinen Zorn über mich ergehen zu lassen, sobald ich ihm meinen Plan offenbarte.

Mein Plan, Q wach zu küssen, gefolgt von einem morgendlichen Quickie, wurde jäh zerstört, als ich unser Schlafzimmer betrat und sah, dass er bereits aus dem Bad kam. Dampfschwaden stiegen von seiner Haut auf und Wassertropfen rannen über seine Brust und wurden von dem Handtuch aufgesaugt, das um seine sexy Taille geschlungen war.

Ich lebte nun schon seit Jahren mit diesem Mann zusammen, aber ich wurde es niemals leid, Q nackt zu sehen.

Seine mit Vögeln und Stürmen tätowierte Haut. Seine Muskeln, die nicht nur eitle Show waren, sondern Talismane eines Lebens, in dem er einen täglichen Kampf ausfocht. Er war verflucht noch mal atemberaubend.

Ich zitterte, als seine Augen meine trafen.

»Wo zur Hölle hast du gesteckt?« Sein Blick huschte über meinen spärlich bekleideten Körper. Draußen mochte es vielleicht kalt und die Landschaft von einer Schneedecke verhüllt sein, aber in sämtlichen Zimmern des Châteaus war es mollig warm. Dank Q, der stets penibel darauf achtete, dass sich unsere »Gäste« nach jahrelangen Qualen so wohl wie möglich fühlten, brauchte ich nie einen Pullover oder einen Morgenmantel.

»Das geht dich gar nichts an.«

Ein erregender Schauer kribbelte über meine Wirbelsäule, als er langsam und lautlos auf mich zukam. »Ich glaube, du weißt sehr genau, dass mich das sehr wohl etwas angeht, esclave

Jede einzelne Zelle meines Körpers flehte mich an, unserem stummen Kodex der Lust zu folgen und vor ihm auf die Knie zu fallen. So lange hatte Q sich dagegen gewehrt, dass ich mich vor ihm verneigte, und mir versichert, dass er diese Geste der Unterwerfung nicht brauche. Aber jetzt war sie alles, was nötig war, um seine Mauern einzureißen und das Monster in ihm zu befreien.

Doch an diesem Morgen brannte in seinen grünen Augen ein anderes Feuer der Leidenschaft. Ein süßeres, schlichteres Verlangen.

Ich schnappte nach Luft, als er sanft die Arme um mich schlang. Sein feuchter, heißer Körper schien mit meinem zu verschmelzen und ich weidete mich in seiner Umarmung. »Ich hasse es, aufzuwachen und feststellen zu müssen, dass du nicht neben mir liegst.«

Ich küsste ihn auf die Brust und flüsterte: »Wirst du jetzt etwa sentimental?«

»Du weißt doch, dass ich der kitschigste Typ der Welt bin, wenn es um dich geht.«

Ich lachte leise, weil ich wusste, dass er die Wahrheit sagte. Für die Welt dort draußen war Q gefährlich und bösartig – ein Mann, den man lieber nicht wütend machte. Doch in unserem innersten Heiligtum war Q mein Beschützer, Prinz und Liebhaber in einem.

»Ich musste weg … aber nur weil ich eine Überraschung für dich habe.«

Er entließ mich aus seiner Umarmung und blickte mich stirnrunzelnd an. »Eine Überraschung?« Er fuhr sich mit einer Hand durch sein dunkles Haar und ging zur Kommode hinüber. »Du weißt doch, dass ich Überraschungen hasse. Ne me donne pas une raison de te le rappeler. J’ai des projets pour nous ce soir et l’abstinence ne fera que les rendre beaucoup plus agréables.« Gib mir keinen Grund, dich daran erinnern zu müssen. Ich habe für den heutigen Abend Pläne für uns, und Enthaltsamkeit wird sie nur umso süßer machen.

»Pläne? Was für Pläne?«

Kommen sie meinen eigenen in die Quere?

Er streifte ein schwarzes Hemd über und drehte sich zu mir um, während er es zuknöpfte.

Ich beklagte innerlich die Verhüllung seiner tätowierten Brust.

»Da du mir nichts von deiner Überraschung erzählen willst, werde ich dir auch nichts verraten.« Seine Augen leuchteten und ein angespanntes Grinsen umspielte seine Lippen. »Wie fühlt es sich an, nicht das zu bekommen, was man will?«

»Ungefähr genauso, wie wenn du mir einen Orgasmus verweigerst, bis ich dich verzweifelt darum anflehe.«

Er schnaubte höhnisch, kehrte mir wieder den Rücken zu und griff nach einer Anzughose. »Tja, offensichtlich hat diese Lektion nicht gefruchtet.«

Lachend schlang ich die Arme um seine Taille und atmete den Duft von Zitrus und Sandelholz seiner frisch gewaschenen Kleidung ein. »Du erfährst es noch früh genug.« Ich küsste ihn zwischen die Schulterblätter und wünschte mir, ich könnte die Verspannung lösen, die ich darin spürte.

Seit Monaten versteckte er etwas vor mir.

Dieses Wochenende wollte ich nicht nur seinen Geburtstag mit ihm feiern, sondern auch den Käfig zerstören, den er um sich errichtet hatte. Ich wollte herausfinden, was er mir schon die ganze Zeit verschwieg. Er hatte mich so oft gewarnt, dass ich mit der Dunkelheit in ihm nicht würde umgehen können. Ich wusste, dass er sich noch immer weigerte, sich wirklich und wahrhaftig gehen zu lassen.

Früher hatte es mich immer bedrückt – zu wissen, dass er bei mir niemals wirklich frei sein konnte. Aber jetzt nicht mehr. Weil ich erkannte, was es wirklich bedeutete. Seine Dämonen im Zaum zu halten war Qs Art, mich zu beschützen. Er gab mir gerade genug, um uns beide zu befriedigen. Aber nicht genug, um das zu zerstören, was uns so viel bedeutete.

Aber diesmal … ging es um etwas anderes.

Um ein Geheimnis, das er Tag und Nacht vor mir verbarg. Er weigerte sich, es mit mir zu teilen, selbst wenn er mich in meinem verwundbarsten, bloßesten Zustand vor sich hatte und ich unter seiner Berührung zitterte, offen für alles, was er vorschlug.

Q drehte sich in meinen Armen zu mir herum und gab mir einen Kuss auf den Kopf. »Was werde ich noch früh genug erfahren?«

»Siehst du dann.«

»Sehe ich wann?«

»Ich sag’s dir nicht … Aber ich gebe dir einen Tipp.«

Seine Miene verfinsterte sich. »Ich mag keine Geheimnisse, Tess.«

»Das ist kein Geheimnis. Außerdem wirst du es sowieso demnächst herausfinden.« Ich tanzte aus seinen Armen und verschwand im Badezimmer. »Oh, und du solltest packen. Alles, was du für drei Tage brauchst.«

Sein Kiefer spannte sich an, doch bevor er mich anknurren und nach Antworten verlangen konnte, knallte ich ihm die Badezimmertür vor der Nase zu.

KAPITEL 4

Q

Was zur Hölle hatte sie vor?

Sie wusste, dass ich Geheimnisse hasste.

Sie wusste, dass mich Überraschungen nur abtörnten und wütend machten. Überraschungen waren in meiner Welt niemals etwas Gutes. Und sie hatte mir bereits genügend für ein ganzes Leben beschert. Zuerst indem sie mich gezwungen hatte, die Dunkelheit in mir zu akzeptieren – und dann, als sie mir gestohlen worden war, während sie unter meinem Schutz stand.

Ich hatte Furchtbares getan.

Ich hatte Menschen getötet.

Ich hatte ihr und mir selbst wehgetan.

Alles nur wegen verfluchter Geheimnisse und Überraschungen.

Ich ballte die Fäuste und donnerte gegen die Badezimmertür. »Ouvre la porte, Tess! Maintenant!« Mach die Tür auf. Sofort!

Meine Atmung ging immer schneller und abgehackter, während hinter der verschlossenen Tür die Dusche weiterrauschte und das Prasseln des Wassers von den gefliesten Wänden widerhallte.

Ich hämmerte erneut mit voller Wucht dagegen. »Antworte mir, esclave! Sag mir, was du vorhast, sonst …«

»Äh, Sir?«

»Was?«, brüllte ich und wirbelte zu dem ungebetenen Gast herum. Besuchern war der Zutritt zu diesem Teil des Hauses nicht gestattet. Nicht einmal, um zu putzen. Die Apparaturen und Spielzeuge, die Tess und ich benutzten, waren nur für unsere eigenen Augen bestimmt.

Die Menschen hier wussten, was ich brauchte. Unsere Angestellten und Freunde verstanden, wie abgefuckt ich war. Doch etwas zu wissen und es mit eigenen Augen zu sehen, waren zwei vollkommen verschiedene Dinge.

Ich erschauderte, während die Bestie in mir scharrte und die Krallen wetzte. Tess hatte mich gezwungen, sie allein zu lassen. Sie hatte sich verbarrikadiert, damit ich nicht über sie herfallen und ein Geständnis aus ihr herausfoltern konnte.

Scheiße.

Mein Schwanz zuckte bei der Vorstellung, ihr wehzutun.

Das Widerliche, Kranke ließ mich niemals los. Ich hatte ihr schon so viel angetan. Ich hatte sie gebrandmarkt. Ich hatte sie gebissen. Ich hatte sie ausgepeitscht, bis sie blutete, und sie dann gefickt.

Aber jetzt hatte sie mich verlassen – und das Monster heulte den verdammten Mond an und lechzte nach der Enthüllung ihrer Geheimnisse.

Franco betrat zögerlich das Zimmer. »Tess meinte, der Wagen sei bereit.« Er rieb sich den Nacken. Der Kerl war zwar ein wenig größer als ich, aber er wusste, wozu ich fähig war. Er hatte gesehen, wie ich einem Vergewaltiger das Herz aus der Brust gerissen hatte, nur weil meine esclave mich darum gebeten hatte.

»Welcher Wagen? Pourquoi?« Warum? Ich zeigte auf die Tür und versetzte ihr dann den nächsten Schlag. »Weißt du, was? Ich würde es lieber von ihr hören.« Ich hoffte, dass sie verstand, warum mich ihre albernen Spielchen so wütend machten. Sobald ich wieder an sie herankam, würde sie es bedauern, jemals etwas vor mir geheim gehalten zu haben.

Franco blickte auf die verschlossene Badezimmertür, ein leises Lächeln auf dem Gesicht. »Scheiße, sie weiß wirklich, wie es in Ihnen aussieht.«

Meine Nasenflügel blähten sich auf und mein Herz raste in teuflischem Rhythmus. »Was weiß sie?«

»Dass Sie die Nachricht nicht ruhig und entspannt aufnehmen würden.«

Ich unterdrückte meinen Jähzorn. »Wenn man mich über etwas im Dunkeln lässt, macht mich das nicht unbedingt ruhiger.«

Im Augenblick lief alles so gut. Ich hatte Tess. Meine Arbeit. Meine Wohltätigkeitsorganisationen. Ja, ich war frustriert und wünschte mir gewisse Dinge, die sich einfach nicht erfüllen wollten. Und ja, verdammt, ich hatte meine wahre Natur immer mehr verleugnet, seit Tess meine Frau geworden war und ich ein noch größeres Bedürfnis verspürte, sie zu beschützen – auch vor mir selbst. Aber all das spielte keine Rolle, weil ich sie hatte. Weil ich sie verdient hatte. Oder etwa nicht?

Unsere Ehe war gut.

Unser Sexleben war fantastisch.

Aber irgendetwas … fehlte.

Nein, es fehlt nichts.

Es hat sich nur etwas verändert.

»Scheiße!«, brüllte ich, trat gegen die Tür und wünschte mir, ich hätte eine Axt, um aus ihr Kleinholz zu machen. Meine Aufmerksamkeit wanderte von Franco und seinen verfluchten kryptischen Bemerkungen zum ununterbrochenen Rauschen des Wassers, das nur wenige Meter entfernt in der Dusche über meine nackte Frau strömte.

Gottverdammt seien die Tür und die zusätzlichen Schlösser und Sicherheitsvorkehrungen, die ich hatte einbauen lassen. Seit Tess im Badezimmer in meinem Büro unter Drogen gesetzt und entführt worden war, verband mich eine Hassliebe mit diesen Räumen. Ich liebte sie, weil ich Tess zum allerersten Mal in einer Dusche genommen hatte. Und ich hasste sie, weil eine Badewanne das Letzte gewesen war, was ich gesehen hatte, bevor ich zu einem Kreuzzug aufgebrochen war, bei dem ich unzählige Menschen abgeschlachtet und meine verdammte Seele mit noch mehr Blut besudelt hatte.

»Äh, Sir. Telefon für Sie.«

»Quoi?!« Was?!

Franco stapfte in seinen schweren Stiefeln auf mich zu und drückte mir sein Smartphone in die Hand. »Es ist Frederick. Tess meinte, wenn Sie sich weigern, mir zuzuhören, dann hören Sie vielleicht wenigstens ihm zu.«

Ich stöhnte und fuhr mir mit der freien Hand durchs Haar.

Ich hatte es ein wenig wachsen lassen. Vor allem, weil Tess die bezaubernde Angewohnheit hatte, sich darin festzukrallen, wenn ich sie nicht fesselte, und meine Haarsträhnen als Haltegriffe zu benutzen, während ich ihre Muschi leckte, bis sie vor Lust schrie.

Sie hatte mich als Tyrannen bezeichnet. Als Bestie.

Sie hatte recht.

Und sie liebte es. So wie ich es liebte, ihr das zu geben.

Ich kniff die Augen zusammen und Franco bedeutete mir mit einer Geste, dass ich mir das Handy ans Ohr halten sollte.

Widerwillig tat ich es.

In dem Moment, als das kühle Gerät meine Haut berührte, befahl mir mein Geschäftspartner und nervtötender bester Freund: »Lass deine arme Frau in Ruhe, Q.«

»Halt die Klappe. Du hast doch überhaupt keine Ahnung, was hier los ist, und es geht dich auch verdammt noch mal nicht das Gerings…«

»Falsch. Es geht mich was an. Ich habe Tess wochenlang dabei geholfen, alles zu arrangieren.«

»Was?!«, schrie ich das weiche Schlafzimmermobiliar an. Franco besaß immerhin den Anstand, mir noch einmal zuzunicken und dann zu verschwinden. Sobald er weg war, tigerte ich wutentbrannt auf dem Teppich hin und her, während ich immer mehr das Gefühl bekam, die Kontrolle zu verlieren und keine Macht mehr über das ungezähmte Monster in mir zu besitzen.

Das Monster, das sich verzweifelt nach Tess’ Blut sehnte, obwohl es sich gleichzeitig nach ihrer Liebe verzehrte.

»In zwei Tagen ist dein Geburtstag, Q. Du feierst ihn nie. Tess wollte einfach etwas ganz Besonderes für dich tun. Dich für eine Weile von deiner Arbeit und dem Leben losreißen.« Frederick hielt inne, bevor er mit scharfem, bellendem Tonfall fortfuhr: »Und du wirst nachgeben. Du wirst sie nicht dazu zwingen, ihre Pläne über den Haufen zu werfen. Verstanden?«

»Ich wollte nie, dass sie das tut.«

»Das weiß ich. Und genau darum hat sie es für dich getan. Sie liebt dich, du dämlicher Mistkerl. Lass sie es dir zeigen und spiel einfach mit, als wüsstest du es zu schätzen, welche Mühe sie sich gegeben hat, anstatt sie deswegen umbringen zu wollen.«

Ich blickte schmollend zu den Sexgurten und Riemen hinauf, die über mir an den Deckenbalken angebracht waren. Nachdem ich sie zum letzten Mal benutzt hatte, schlief Tess zwölf Stunden lang durch, um sich von unseren Eskapaden zu erholen. »Wenn ich damit einverstanden sein soll, dann sag mir, was sie vorhat. Sag es mir. Sonst werde ich nicht einwilligen.«

Was, wenn sie irgendein verrücktes Sexspiel arrangiert hatte, um mir zu geben, was immer ich ihrer Meinung nach brauchte? Was, wenn sie mich zu weit trieb, ich komplett die Kontrolle verlor und vollkommen durchdrehte?

Ich liebte sie, verdammt noch mal. Aber ich hatte den Käfig in mir noch nie ganz aufgeschlossen, weil ich meiner wahren Natur nicht hundertprozentig vertraute. Ein anderer Teil von mir war jedoch nur allzu menschlich. Und es war Tess, die dafür sorgte, dass ich menschlich blieb, während sie mich gleichzeitig zerstörte.

Ich schenkte ihr Schmerzen, weil sie sich genauso sehr danach sehnte wie ich. Aber allein die Tatsache, dass sie am Leben war und das Bett mit mir teilte, verursachte mir mehr Schmerzen, als ich jemals zuvor erlitten hatte.

»Nein, es geht dabei um Vertrauen.« Frederick seufzte laut. »Vertraue ihr. Vertraue uns. Steig in den Wagen, folge dem Navi, sei nett zu ihr, lächle und tue so, als würdest du dich blendend amüsieren. Und heute Abend treffen wir uns alle und du amüsierst dich zur Abwechslung mal wirklich

»Mich amüsieren? Wie soll ich mich amüsieren, wenn ich nicht weiß, was auf mich zukommt?«

»Du weißt, wie deine Frau tickt. Das genügt.« Er lachte. »Und jetzt geh und steig in den Wagen, Q. Ich will nicht vorbeikommen und dich mit Gewalt dazu zwingen müssen.«

»Das würdest du nicht wagen, verdammt.«

»Das werden wir ja sehen.« Er legte auf.

Ich fletschte die Zähne und schleuderte das Handy quer durchs Zimmer. Es prallte von der Wand ab und landete sicher auf dem dicken weißen Teppich vor dem Kamin.

Stille legte sich über den Raum.

Auch im Bad war es plötzlich ruhig.

Ich stürmte auf die Tür zu und drückte die Stirn auf das kalte Holz. Ich atmete keuchend ein und zwang mich, mein Temperament zu zügeln. »Je suis désolé.« Es tut mir leid. »Du kannst jetzt rauskommen, esclave. Ich habe mich wieder beruhigt.«

Auf der anderen Seite der Tür war ein Kratzen zu hören, aber der Türknauf drehte sich nicht. Die süßeste aller Stimmen – die Stimme, deren ich niemals überdrüssig werden würde – raunte mir zu: »Geh packen und steig in den Wagen, Q. Ich bin gleich unten. Diese Überraschung wird dir gefallen. Vertrau mir.«

Ihr vertrauen.

Jahrelang hatte ich genau das getan.

Ich hatte neben ihr gearbeitet, neben ihr geschlafen und war öfter in sie eingedrungen, als ich zählen konnte – in mehr Stellungen, als gesetzlich erlaubt sein sollten.

Wenn das alles war, worum sie mich bat – von mir aus.

Ich konnte ihr vertrauen.

Und ich würde ihr verflucht noch mal gehorchen.