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RALF KERKELINGDR. STEFAN GRAF

OHNE MAMPF
KEIN DAMPF

OPTIMALE ERNÄHRUNG
FÜR AUSDAUERSPORTLER

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INHALT

1

GRUNDLAGEN ERNÄHRUNG/SPORTERNÄHRUNG

2

LEISTUNGSEBENEN

3

HOFFNUNG UND REALITÄT

4

SPORTART- UND TRAININGSSPEZIFISCHE ERNÄHRUNG

5

MAKRONÄHRSTOFFE – DIE DREI GROSSEN UND IHRE AUFGABEN

6

DIE KLEINEN UND IHRE AUFGABEN – MIKRONÄHRSTOFFE

7

ENERGIEBEREITSTELLUNG

8

TRAININGS-, VORWETTKAMPF- UND WETTKAMPFERNÄHRUNG

9

RICHTIG TRINKEN

10

ERNÄHRUNG FÜR BESSERE REGENERATION

11

NAHRUNGSERGÄNZUNGSMITTEL (NEM) – SINNVOLL, NUTZLOS ODER GEFÄHRLICH?

12

REZEPTE FÜR AUSDAUERSPORTLER

13

GEWICHTSMANAGEMENT

14

ERNÄHRUNGSTRENDS

15

ALLERGIEN UND UNVERTRÄGLICHKEITEN

16

KOFFEIN – KAFFEE & ENERGYDRINKS

17

ERNÄHRUNG BEI VERLETZUNG

18

GENDER-ERNÄHRUNG – FRAUEN UND MÄNNER VERBRENNEN ANDERS

19

MYTHOS ODER WAHR – ERNÄHRUNGSWEISHEITEN AUF DEM PRÜFSTAND

EPILOG

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1

GRUNDLAGEN ERNÄHRUNG / SPORTERNÄHRUNG

ERNÄHRUNG BESTIMMT GESUNDHEIT, FITNESS, KÖRPERGEWICHT UND LEISTUNG

WAS SOLLTE UND KANN ERNÄHRUNG LEISTEN?

JEDER MENSCH IS(S)T ANDERS

DIE SPORTART BEEINFLUSST DIE NÄHRSTOFFGEWICHTUNG

GESCHMACK UND BEKÖMMLICHKEIT VERDIENEN GRÖSSTE BEACHTUNG

WENIG VERARBEITETES, SCHONEND ZUBEREITETES GEHÖRT AUF DEN TELLER

GRUNDUMSATZ UND SPORTLICHER MEHRBEDARF MÜSSEN GEDECKT WERDEN

»WIE DIE ERNÄHRUNG, SO DIE LEISTUNG – WIE DIE LEISTUNG, SO DIE ERNÄHRUNG!«

Diese alte Sportlerweisheit hat nichts von ihrer Gültigkeit verloren. Dabei spielt es keine Rolle, ob Sie Leistung als Erhalt Ihrer Gesundheit, als Fitnessgewinn, Erreichen Ihres Wunschgewichts oder als messbare Verbesserung Ihrer Bestzeit definieren. Nur wenn Sie Ihren Körper mit hochwertigem, auf seinen individuellen Bedarf angepasstem Treibstoff versorgen, kann er Ihre angestrebte Leistung erbringen. Umgekehrt bestimmt die Art und Höhe der Leistung, die Sie erbringen möchten, was Sie in welcher Menge zu sich nehmen sollten.

Für uns als Menschen – und als Sportler im Besonderen – bedeutet Essen und Trinken weit mehr als instinktgesteuerte Nahrungsaufnahme. Egal, welche der genannten sportlichen Ziele ich verfolge, wird die Ernährung neben dem Training die zweite tragende Säule sein, die maßgebend darüber entscheidet, wie effektiv gesetzte Reize umgesetzt werden. Vor den Überlegungen über das »Was, Wann und Wie viel?« lohnt es, sich mit einer banal anmutenden Frage zu beschäftigen: »Was muss Ernährung leisten, im Allgemeinen und im Hinblick auf meine sportlichen Ziele?«

UNSERE NAHRUNG SOLL …

Energie liefern – genug, um Leistung zu erbringen, aber nicht zu viel, um keine Gewichtsprobleme zu bekommen.

das Material für Aufbau, Erhalt und Reparatur aller Organstrukturen bereitstellen.

Mikronährstoffe für die reibungslose Funktion aller bio-chemischen Abläufe der Energie gewinnung, des Baustoffwechsels und des Immunsystems liefern.

schmecken, um unser psychisches Wohlbefinden zu fördern.

nie dogmatische Züge annehmen.

Grundsätzlich gelten diese Prinzipien für alle – vom »Normalsterblichen« bis zum Hochleistungssportler jedweder Disziplin. Die Kunst liegt in der individuellen und auf die betriebene Sportart ausgerichtete Anpassung von Gewichtung und Menge der einzelnen Nährstoffe. Wie das für Ausdauersportler funktioniert, erfahren Sie in diesem Buch, selbstverständlich mit praktischen Beispielen aus der Küche. Der Begriff »Ausdauersportler« vereint Athleten mit teils sehr unterschiedlichen Anforderungsprofilen.

So ziehen Marathonläufer, Radfahrer, Langstreckenschwimmer und Ruderer ihre Energie mit unterschiedlicher Gewichtung aus den zugeführten Nährstoffen. Es gibt also innerhalb des Ausdauersports sportartspezifische Anpassungen. Dem sollte und kann mit geeigneter Mahlzeitenkomposition Rechnung getragen werden. Wie dezidiert man das tut, hängt wiederum von den persönlichen Zielen und dem Niveau Ihres sportlichen Leistungsanspruchs ab. Davon unabhängig ist es wichtig zu beachten, dass die Findung der individuell besten Ernährung nur durch Ihre Eigenbeobachtung nach dem »Versuch-und-Irrtum-Prinzip« gelingen kann. Kein Ratgeber kann individuelle Bekömmlichkeit sowie geschmackliche Vorlieben beziehungsweise Missempfindungen beurteilen. Bei diesen Fragen ist jeder (der einzige) Experte in eigener Sache. Wir liefern Ihnen die Grundlagen dafür, ohne Ihre Mitarbeit geht’s aber nicht.

NATÜRLICHKEIT UND KUNST IM ESSEN

Manchmal schreit die Seele nach einer Tiefkühlpizza oder der Nuss-Nugat-Creme. Dann ist es kein Problem, dem hin und wieder nachzugeben: Vielleicht ist es sogar zielführend, denn die Psyche ist schließlich ein wesentlicher Motivations- und Leistungsfaktor. Zur Gewohnheit, geschweige denn zur Grundlage einer gesundheits- und sportgerechten Ernährung, sollte vorgefertigte Nahrung wegen der zahlreichen »dubiosen« Zusatzstoffe nicht werden. Oft sind deren potenzielle Gesundheitsgefahren und leistungsmindernden Effekte nicht hinreichend erforscht. Nicht minder häufig entsprechen die Nährstoff- und Energiegehalte so gar nicht dem, was man seinem Körper zur Verbesserung der Fitness, der Regulierung des Körpergewichts oder zum Finishen eines Marathons einverleiben sollte. Ein Grundsatz eint Ausdauerathleten aller Disziplinen und Leistungsklassen mit Kraft- und »Schreibtischsportlern«: Gesunde Ernährung fußt auf natürlichen, möglichst nicht oder wenig verarbeiteten Lebensmitteln, die mit schonenden Methoden nährstofferhaltend zubereitet werden. Wenn ich das wertvollste Produkt »totkoche« oder mit fetttriefender Mayonnaise schwängere, muss ich meine Erwartungen an wertvolle Inhaltstoffe deutlich zurückschrauben. Einen schonende Zubereitung erfordert keine Sternekochkünste, sondern nur ein paar einfache Regeln.

Beim Thema »Kunst im Essen« müssen Nahrungsergänzungsmittel Erwähnung finden. Das wird in einem eigenen Kapitel geschehen. Eines aber vorweg: Die Grundlage jeder gesunden Sporternährung ist eine ohne Supplemente.

»DA MIR NATÜRLICH SEHR BEWUSST IST,
DASS MEIN KÖRPER NUR MIT DEM RICHTIGEN
FUELING HÖCHSTLEISTUNG BRINGEN KANN, ACHTE
ICH AUF HOCHQUALITATIVE UND
GESUNDE LEBENSMITTEL.«

PHILIPP PFLIEGER,
DEUTSCHER SPITZENLÄUFER,
5.000 METER BIS MARATHON

GRUNDUMSATZ – OHNE SOLIDES FUNDAMENT GEHT GAR NICHTS

Bevor wir uns mit konkreter Nahrungsmittelauswahl, mit Mahlzeitenhäufigkeit und circadianer Nährstoffverteilung befassen, muss Grundsätzliches geklärt sein. Sporternährung fokussiert sich auf Strategien, die am besten die Versorgung mit allem sichern, was den erhöhten Anforderungen sportlicher Aktivität gerecht wird. Primär geht es aber immer um die Deckung des sogenannten Grundumsatzes (GU). Darunter versteht man jene Energiemenge, die der Organismus in Ruhe zur Aufrechterhaltung aller Lebensfunktionen benötigt. Die Höhe des Grundumsatzes ist neben individuellen Personendaten wie Geschlecht, Größe, Gewicht und Alter auch von der Genetik und vom Trainingszustand abhängig. Dabei spielen die Anteile von Muskel- und Fettmasse sowie die Ruhestoffwechselrate eine große Rolle. Es gibt genaue Messmethoden, mit denen man seinen eigenen GU im Labor bestimmen lassen kann. Aber wer kann das schon, wenn er kein Kaderathlet mit olympischen Ambitionen ist? Für Normalsportler haben pfiffige Wissenschaftler Formeln erarbeitet, mit denen sich der individuelle Grundumsatz mehr oder minder genau berechnen lässt.

GRUNDUMSATZ (GU) = ENERGIEMENGE, DIE PRO TAG BEI VÖLLIGER RUHE ZUR AUFRECHTERHALTUNG ALLER WICHTIGER KÖRPERFUNKTIONEN BENÖTIGT WIRD

Faustformel

GU (image) ≈ 1 kcal pro kg Köpergewicht pro Stunde = ca. 24 kcal/kg pro Tag

GU (image) ≈ 0,9 kcal pro kg Köpergewicht pro Stunde = ca. 21,6 kcal/kg pro Tag

Beispiele

image 70 kg*: 24 x 75 = 1.680 kcal GU

image 60 kg*: 21,6 x 60 = 1.296 kcal GU

Für alle die es genauer mögen: die »Harris-Benedict-Formel«

GU (image) = 66,47 + (13,7 x Gewicht in kg) + (5 x Größe in cm) – (6,8 x Alter in Jahren)

Beispiele

30-Jähriger, 1,80 m groß, 70 kg schwer

GU: 66,47 + (13,7 x 70 kg) + (5 x 180 cm) – (6,8 x 30 J) = 66,47 + 959 + 900 – 204 ≈ 1721 kcal

GU (image) = 655,1 + (9,6 x Gewicht in kg) + (1,8 x Größe in cm) – (4,7 x Alter in Jahren)

30-Jährige, 1,68 m groß, 60 kg schwer

GU: 655,1 + (9,6 x 60 kg) + (1,8 x 168 cm) – (4,7 x 30 J)= 655,1 + 576 + 302,4 – 141 ≈ 1392 kcal

Der um etwa 10 Prozent höhere Grundumsatz von Männern beruht auf dem höheren Anteil energieverbrauchender Muskulatur sowie auf hormonellen Unterschieden.

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ARBEIT AM LEISTUNGSUMSATZ

Beim Sport geht es vorwiegend um jenen Energiebereich, der über die Deckung der lebenserhaltenden Grundfunktionen hinausgeht und durch die Dauer und Intensität die körperliche Aktivität bestimmt wird.

Im Alltag lässt sich der eigene Gesamtenergiebedarf pro Tag (GEB) bei mittlerer körperlicher Alltagsaktivität (ohne spezielles Training) näherungsweise mit folgender Faustformel bestimmen:

GEB (image) ≈ Gewicht [kg] x 30 kcal

(Bsp: 70 kg = 2.100 kcal)

GEB (image) ≈ Gewicht [kg] x 27 kcal

(Bsp: 60 kg =1.620 kcal)

DON‘T BELIEVE THE HYPES – SPORTERNÄHRUNG IST KEINE ZAUBEREI

Die unzähligen neuen Ernährungshypes vermitteln mitunter den Eindruck, das Ernährungsrad werde immer wieder neu erfunden. Während die einen alles mitmachen, sind die anderen nur noch verwirrt. Ruhe bewahren! Es gibt nach wie vor »nur« drei Energielieferanten – Kohlenhydrate, Fette und Eiweiße. All die anflutenden Ernährungsmoden beruhen auf dem selben simplen Prinzip: »Verteuflung« einer Nährstoffklasse. Keine Panik – gesunde Sporternährung ist keine Zauberei. Wir zeigen Ihnen, wie das stressfrei funktioniert.

LEISTUNGSUMSATZ KALORIENVERBRAUCH PRO STUNDE
(Durchschnittswerte)

 

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Laufen
(4 min/km)

890

800

Laufen
(5 min/km)

810

730

Laufen
(6 min/km)

680

610

(Nordic)Walking
(10 min/km)

340

305

Schwimmen
(Brust/Kraul, langsam)

300

270

Schwimmen
(Brust/Kraul, schnell)

630

570

Radfahren
(15 km/h)

370

335

Radfahren
(20 km/h)

510

460

Krafttraining

460

410

Rudern
(mittlere Intensität)

520

470

Rudern
(hohe Intensität)

780

700

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2

LEISTUNGSEBENEN

WORIN UNTERSCHEIDEN SICH GESUNDHEITS-, BREITEN-, LEISTUNGS- UND HOCHLEISTUNGSSPORTLER?

ERNÄHRUNGSANPASSUNGEN AN DIE SPORTART ERGEBEN SINN

NATÜRLICHE LEBENSMITTEL HABEN IMMER PRIORITÄT

KONZENTRATE UND SUPPLEMENTE SIND EXTRAS FÜR AUSSERGEWÖHNLICHE BEDINGUNGEN

DIE PROTAGONISTEN

In diesem Buch geht es um die Ernährung von Ausdauersportlern, eine »Community«, die nicht so homogen ist, wie sie vordergründig erscheinen mag. Abgesehen von den unterschiedlichen Anteilen an Kraft- und Ausdauerleistungen, etwa beim Rudern und Laufen, spielen für eine optimale Nährstoff- und Energieversorgung das Leistungsniveau, die Zielsetzung und gegebenenfalls die Wettkampfterminierung eine maßgebende Rolle.

Oft wird in Gesundheits-, Hobby-/Breiten-, Leistungs- und Hochleistungssportler unterschieden. Jeder hat wohl seine eigene Vorstellung, welcher Kategorie er sich zugehörig fühlt, aber ist eine klare Grenzziehung nach objektiven Kriterien möglich? Selbst die Wissenschaft hat keine einheitliche Definition für die unterschiedlichen Leistungsstufen, aber sich zumindest in stiller Übereinkunft auf ausschlaggebende Parameter geeinigt.

Neben Trainingshäufigkeit, -dauer und -intensität gehört der »sportbedingte Energieumsatz«, also jene »Körner«, die ich zusätzlich zum Grundumsatz und meinen sonstigen beruflichen und Freizeitaktivitäten allein durch den Sport verheize, dazu. Und daraus wird die enge Beziehung zum Thema Ernährung ersichtlich.

Einzig für den Gesundheitssport ergibt sich die Abgrenzung einigermaßen von selbst. In diesen Bereich fallen alle Sportler, die ohne Wettkampf- und Rekordambitionen ihren Sport zum Gesundheitserhalt, zur Steigerung ihrer Fitness, der Stärkung des Immunsystems und damit zur Prophylaxe typischer Zivilisationskrankheiten betreiben. Zu den Hauptmotivationsfaktoren in diesem Bereich zählt die Regulation des Körpergewichts, meist geht es dabei um die Vermeidung oder den Abbau von Übergewicht. Aber auch für die gesunde Gewichtszunahme – ein medial unterrepräsentiertes Problem – ist Sport im Verbund mit stimmiger Ernährung als wichtiger Therapiebaustein anerkannt. Das gilt sowohl für die Gewichtszunahme nach Unfällen und körperlichen Erkrankungen als auch für die steigenden Zahl psychogener Essstörungen wie Magersucht oder Orthorexie.

Unabhängig vom Gewicht zählt zum Gesundheitssport der medizinisch-therapeutische Bereich. Herz- und Tumorsportgruppen bieten hier gute Beispiele, bei denen die enge Beziehung zwischen angepasster körperlicher Belastung und einer darauf abgestimmter Ernährung deutlich wird.

Einheitliche Definitionen der Begriffe Breiten-, Leistungs- und Hochleistungssportler gibt es hingegen nicht. Im Rahmen dieses Buches verstehen wir unter Breitensportlern Personen, die maximal sieben Stunden pro Woche Sport treiben und dadurch einen wöchentlichen Mehrverbrauch von bis zu 5.000 Kilokalorien (maximal etwa 700 pro Stunde) haben.

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Ob das Training auf zwei oder drei längere – etwa jeden zweiten Tag Joggen gehen – oder auf tägliche und dafür kürzere Einheiten aufgeteilt wird – wie beispielsweise tägliches Nordic Walking oder Schwimmen – spielt dabei keine Rolle.

Leistungssportler definieren wir als Personen, die an mindestens fünf Tagen pro Woche für jeweils zwei oder mehr Stunden intensiv Sport treiben und dabei einen zusätzlichen Kalorienumsatz von bis zu 3.000 Kilokalorien pro Trainingstag generieren.

Die Grenze zum Hochleistungssportler wird dann überschritten, wenn der sportbedingte tägliche Energieverbrauch so hoch wird, dass es zu sogenannten Zeit-Mengen-Problemen kommt. Das passiert, wenn der tägliche, über den Grundumsatz hinausgehende Energiebedarf weit über die 5.000-Kaloriengrenze steigt. Die Deckung über ausschließlich natürliche Lebensmittel würde dann nicht nur zu viel Zeit in Anspruch nehmen, sondern durch zu große Portionen, eine nicht sporttaugliche Überlastung des Verdauungsapparates und damit eine ungenügende Nährstoffaufnahme und Energiebereitstellung zur Folge haben.

In diesen – nur in diesen – hochleistungssportlichen Bereichen werden konzentrierte Nahrungs- und Nährstoffpräparate als »Problemlöser« eingesetzt. Solche Hochleistungs- beziehungsweise. Kaderathleten genießen in aller Regel eine individuell abgestimmte ernährungsmedizinische Betreuung. Wir konzentrieren uns auf die breiten- und leistungssportlichen Dimensionen, in denen die bedarfsgerechte Optimalversorgung allein über natürliche Lebensmittel, ohne Supplemente, gelingt.

SPORTLICHE LEISTUNGSEBENEN

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CA. ENERGIEVERBRAUCH BEI VERSCHIEDENEN SPORTARTEN

Sportarten

Ergieverbrauch
[kcal /Stunde]

 

 

pro kg Körpergewicht

70 kg Sportler

Laufen

 

 

(4 min/km))

12 bis 14

840 bis 980

(5 min/km)

10 bis 12

700 bis 840

(7 min/km)

8 bis 9

560 bis 630

Skilanglauf

 

 

(moderat)

9 bis 11

630 bis 770

(intensiv)

12 bis 14

840 bis 980

(Nordic)Walking

 

 

(10 min/km)

5 bis 7

350 bis 490

Radfahren

 

 

(15 km/h)

5 bis 6

350 bis 420

(20 km/h)

7 bis 9

490 bis 630

(25 km/h)

9 bis 10

630 bis 700

Schwimmen

 

 

(Kraul/Brust)

7 bis 10

490 bis 700

Rudern

 

 

(moderat)

8 bis 9

560 bis 630

(intensiv)

9 bis 11

630 bis 770

Krafttraining

 

 

 

6 bis 8

420 bis 560

Stabilisationstraining

 

 

 

4 bis 6

280 bis 420

Bei allen Verbrauchswerten handelt es sich um Zirka-Angaben ohne Berücksichtigung relevanter Faktoren wie Geländeprofil/-untergrund, Wind, Wasser-/Lufttemperatur, Höhe, Traingszustand, individueller Stoffwechsel, Muskel-Fett-Verteilung oder Ähnliches.

SPORTARTSPEZIFIK

Trotz der zum Teil deutlichen Unterschiede in den muskulären und koordinativen Beanspruchungen bei verschiedenen Ausdauersportarten empfehlen wir, keine Unterschiede in der Lebensmittelauswahl zu machen. Denn mit Ausnahme extremer Leistungen von meist professionellen Ultra-Ausdauerathleten werden sowohl der Energiebedarf als auch die Versorgung mit essenziellen Mikronährstoffen wie Vitaminen und Mineralstoffen am besten durch natürliche Lebensmittel des alltäglichen Verzehrs gedeckt. Wenn Sie also kein Tour-de-France-Fahrer oder Mehrfach-Ironman sind und nicht für das Durchschwimmen des Ärmelkanals oder ein Trans-Atlantik-Rudern trainieren, können Sie die für Ihre Sportart geeignete Nährstoffgewichtung allein über die Portionsgrößen regeln. Damit ist die Spezifik für die Ausdauersportarten eine rein quantitative. Dementsprechend sind die vorgestellten Rezeptideen und Mahlzeitenbeispiele für Läufer, Radfahrer, Schwimmer und andere Ausdauerathleten in gleicher Weise geeignet.

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3

HOFFNUNG UND REALITÄT

(SPORT-)ERNÄHRUNG IST HOCH INDIVIDUELL

ERNÄHRUNGSANPASSUNGEN WIRKEN IM VERBUND MIT ANDEREN LEBENSSTILFAKTOREN

DIE WIRKSAMKEIT VON ERNÄHRUNGSANPASSUNGEN IST PROGNOSTISCH NICHT BEZIFFERBAR

DIE FORMEL »WENIGER GEWICHT = MEHR LEISTUNG« STIMMT SO NICHT

WAS MUSS ERNÄHRUNG LEISTEN – WAS KANN SIE NICHT?

Für jede Ausdauersportart gibt es Trainingsprinzipien, die in spezialisierten Plänen ihren Niederschlag finden. Aber für das große Heer der sehr unterschiedlichen Athleten gibt es wenig Auswahl, wenn es um die Brenn- und Baustoffe geht. Vereinfacht gilt die Regel: Fette und Kohlenhydrate liefern die »Körner«, Eiweiß die Substanz. Die Kunst einer bedarfsgerechten Sporternährung liegt in der richtigen Gewichtung dieser Nährstoffe.

»LETZTENDLICH FUNKTIONIERT
JEDER KÖRPER ANDERS
UND MAN MUSS SEIN EIGENES
SÜPPCHEN KOCHEN.«

PHILIPP REITER,
DEUTSCHE AUSWAHL SKIBERGSTEIGEN

Eine gute Ernährung für Ausdauersportler aller Couleur zeichnet sich durch ihre Adaptierbarkeit an die besonderen Anforderungen der einzelnen Sportarten aus. Ob ich Oberschenkel wie ein Radprofi, Lungen wie ein Ultraläufer oder Schultern wie ein Spitzenruderer anstrebe, meine Ernährung muss die Voraussetzungen dafür bieten, dass mein Training nicht durch ungenügende Energierekrutierung ausgebremst wird und die Verarbeitung gesetzter Trainingsreize sowie effektives Regenerieren nicht an Nährstofflücken scheitern.

Wer in gesunde Ernährung investiert, möchte wissen, was er damit gewinnt. Das ist verständlich, doch schwingt da ein wenig die »Verzichtsmelodie« mit hinein, also die Befürchtung, dass persönliche Ziele nur durch Darben und geschmackliche Kompromisse erreichbar wären. Aber das muss absolut nicht sein. Denn in einer auf nachhaltigen Erfolg angelegten Sporternährung kommt individuellen Geschmacksvorlieben erhebliche Bedeutung zu. Diese gilt es, mit den eigenen Zielen abzugleichen. Was will ich? Stehen Aufwand und Erfolg in einem vernünftigen Verhältnis zueinander? Das sind die entscheidenden Fragen.

Ganz gleich, ob die persönlichen Ziele rein sportlicher Natur sind – etwa das Erreichen einer bestimmten Marathonzeit –, ob es um Fettabbau und das Wunschgewicht geht, um bessere Allgemeinfitness, oder ob die Kombination aus Sport und Ernährung vor allem krankheitstherapeutisch wirksam sein soll, die Frage nach Quantifizierung stellt sich wohl jeder: »Was lässt sich wie schnell allein über eine Optimierung meiner Ernährungsgewohnheiten erreichen – in Minuten und Sekunden, Kilogramm auf der Waage oder Cholesterinwerten im Blut?

»ICH BIN DOCH KEINE MASCHINE …«

Im Text des Songs von Tim Bendzko finden sich Passagen, die für die Ernährung von »menschelnden« Sportlern geradezu erdacht sein könnten. »Ein Mensch mit all seinen Fehlern …« heißt es da. Eine Bestätigung der evolutionsbiologischen Gewissheit, dass jeder Mensch einzigartig und wahrlich kein perfektes Produkt ist. Beide Einsichten müssen unbedingt in die Diskussion um Erwartungen und deren reale Umsetzung einfließen. Über einzelne Produkte der Sporternährungsindustrie, die konkrete, mit der Stoppuhr messbare Leistungsexplosionen versprechen, muss wohl kein Wort verloren werden. Aber auch, wer sich in der sportwissenschaftlichen Literatur umschaut, wird auf mathematische Formeln stoßen, die eine direkte Beziehung zwischen Körpergewichtsveränderungen und Verbesserung der eigenen Bestzeit herstellen.

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So unterhaltsam und motivierend die Vorstellung sein mag, mit einem Kilogramm weniger Körpergewicht 30 Sekunden schneller zu laufen: In der Praxis erweisen sich derartige Rechenmodelle als untauglich. Sie gehen alle von Standardbedingungen aus, die weder die Individualität des einzelnen Sportlers noch die Varianz der äußeren Bedingungen abbilden können. Präsentiert werden praktisch immer statistische, an großen Probandengruppen erhobene Daten, die für den Athleten als »unikates« Wesen nur sehr bedingte Aussagekraft haben.

Nicht besser ist die Situation für jene, die nicht nach Bestzeiten streben, sondern ihr durch Sport und Ernährungsoptimierung zu erreichendes Ziel als Körpergewichtsabnahme definieren – und zwar in Form von Fettschmelze bei gleichzeitigem Muskelaufbau. Slogans wie »Fünf Kilo in zehn Tagen verlieren« oder »Schlank und fit in einem Monat« sind ebenso unlauter wie irreal und absolut nicht zielführend.

Die Formel »Weniger Gewicht = mehr Leistung« stimmt so nicht. Das gilt insbesondere für den Ausdauersport, bei dem sich besonders im Lauf- und Radbereich viele Athlet(inn)en an der unteren Gewichtsgrenze bewegen und die Magersuchtrate im Vergleich zur Gesamtbevölkerung markant erhöht ist. Die sensible Gewichtsschwelle liegt am Übergang zwischen den als »unnützem Ballast« eingestuften Kilos einerseits und dem aus zu wenig Muskelsubstanz resultierenden Kraftverlust sowie einem geschwächten Immunsystem andererseits.

Es ist ein schmaler Grat zwischen ein wenig zu viel und viel zu wenig. Die Gefahren deutlichen Untergewichts (Body-Mass-Index < 18) dürfen besonders in der Kombination mit körperlicher Belastung nicht unterschätzt werden. Hier geht es nicht mehr um sportliche Leistung, sondern um die Gesundheit.

ANOTHER BRICK IN THE WALL

Es ist egal, wie man die eigenen Ziele definiert: Die Ernährung sollte nie als isoliert wirksamen Effektor angesehen werden, sondern stets als ein relevanter Mauerstein in einer beweglichen Lebensgestaltung. Vorausschauend die Wirkung einer auf die eigenen Bedürfnisse, Stoffwechsel- und psychologischen Parameter angepassten Ernährung in Zahlenwerten auszudrücken – seien es Sekunden Bestzeitverbesserung, Kilogramm auf der Waage oder gesenkte Blutfettwerte –, wäre nur mit einer sehr großen Unsicherheit möglich. Daher unterlassen wir es in diesem Buch bewusst. Um Enttäuschungen vorzubeugen, sollte aber niemand Wunderdinge von seiner Ernährungsoptimierung erwarten. Im Spitzensport kann dieser Faktor durchaus zum Zünglein an der Waage werden, das die Sekunden zwischen Gold und Silber oder »Stockerl und goldener Ananas« ausmacht. Längerfristig tragen eine gesunde Nahrungsmittelauswahl und -menge maßgeblich zur Gesundheits- und Leistungsverbesserung bei. Aber allein durch Ernährung wird keine Schnecke zum Rennpferd – muss ja auch nicht. Zum »fettfreien« Spitzenathleten braucht es neben entsprechendem Training auch die Gene. Und die Studienlage ist da eindeutig: Fitte Menschen mit ein wenig mehr Gewicht sind gesünder als (äußerlich) gertenschlanke »Couchpotatoes«.

SELBSTERKENNTNIS