Was geht, Österreich?

Inhaltsverzeichnis

Fußnoten

1) b / 2) a, b, d / 3) a, c, d / 4) c / 5) a, b, c, d / 6) a, b, c, d / 7) a, b, c / 8) a, b, c, d / 9) a, b, d / 10) –

Wir bleiben im Parkbad, mochn Party in Kabine [...]

Kabinenparty, geht scho, gemma«

Kabinenparty, Skero feat. Joyce Muniz (2009)

Ein 31-Jähriger mit abgebrochenem Studium wird der jüngste Kanzler der Geschichte. Wahlen müssen verschoben werden, weil die Kuverts nicht kleben. Eine Wurstsemmel löst einen Skandal aus. Musiker posieren als Hakenkreuz, Politiker bezeichnen Menschen als Ratten oder schicken Nachrichten auf WhatsApp an Adolf Hitler.

Du glaubst, es geht nicht mehr, da kommt Österreich daher. Über Wochen lasen sich die Nachrichten aus dem kleinen Land im Südosten von Deutschland wie Satire. Österreich, eine einzige Gag-Show. Willkommen in dem Land, das gar nix gelernt haben will, sich aber trotzdem für etwas Besseres hält. Also zumindest immer noch besser als Deutschland und die Schweiz. Eh klar.

Ich saß währenddessen in Berlin und meine Kolleg*innen fragten mich: Eva, was geht jetzt wieder mit Österreich? Meistens dachte ich mir selbst: Was hat Österreich verschissen und wie soll ich das erklären? Als an einem Freitag im Mai 2019 dann Teile des Ibiza-Videos veröffentlicht wurden, wusste man, jetzt knallt es. Alle blickten auf das kleine Land. Die rechte Regierung musste schließlich gehen. Ein Neustart für Österreich?

Jein. Ibiza hat etwas verändert, doch vieles blieb gleich. Schaut man genauer hin und will man das Land verstehen,

Ich bin am Land in Oberösterreich aufgewachsen. Mich begleitet das, was einige ernsthaft als österreichische »Leitkultur« bezeichnen, seit dem Kindergarten. Da wo ich herkomme, gilt Komasaufen als Hobby, ist Rechtssein einfach normal. Rassismus gehört genauso dazu wie das Schnitzel am Sonntag. Ich weiß, wie es ist, sich in einen Rechten zu verlieben und wenn Freunde einer deutschnationalen Burschenschaft beitreten. Es selbst miterlebt zu haben, hilft zu verstehen, was sich ändern muss. Darum erzähle ich davon.

Vom Aufwachsen am Land, wie Österreich das geworden ist, was es heute ist. Wie zur Hölle Strache nach dem Ibiza-Skandal zurückkommen konnte. Warum Wien die lebenswerteste Stadt ist und dort gleichzeitig die unfreundlichsten Menschen leben. Und warum man hier Wörter wie »Gewand« sagt, als wären wir im gottverdammten Mittelalter. Außerdem gibt es ein paar Rezepte, die man kennen sollte, um zumindest etwas Schmackhaftes zu zaubern, wenn der nächste Skandal bekannt wird. Der Irrsinn der österreichischen Politik ist so hartnäckig, dass ich mittlerweile sogar davon träume.

Eh klar, dass man ein ganzes Land nicht in einem Buch abhandeln kann. Weil es aber doch so viel zu erzählen gibt, musste eine österreichische Lösung her. Das Buch gliedert sich in ein ABC, damit neben der Causa und dem Duzen auch der Jörg Haider, die FPÖ, die Opferthese, das Schnitzel, der Kaiserschmarren, Wodkabull und das Kaffeehaus ihren Platz finden.

»Mir ist so fad!«, jammerte ich meine Mutter in den Sommerferien stundenlang an. »Dann mach doch was!«, gab sie mir jedes Mal zurück. Als wäre das so einfach gewesen – irgendwo im Nirgendwo in Oberösterreich.

Schon als Kind war ich eine begnadete Suderantin, wie man auf Österreichisch zu Jammernden sagt – ich suderte gerne. Am liebsten darüber, dass meine Eltern wenigstens einen Pool hätten bauen können. Meine Logik ging so: Durch einen Pool wäre unser Haus automatisch zum Place to be geworden, jedem wäre egal gewesen, dass es hier sonst nichts zu tun gibt, denn es hätte ja den Pool gegeben. Ich wäre wahnsinnig beliebt gewesen, voll viele neue Freund*innen hätten mich ständig besucht und meine Jugend wäre gerettet gewesen. Mit der Pubertät weitete ich meine Theorie aus: Ich warf meinen Eltern vor, aus Böswilligkeit ins oberösterreichische Nichts gezogen zu sein, um sicherzustellen, dass wir ja nichts erleben würden.

Unser Haus hatte einen blühenden Garten mit Hängematte und ich ein eigenes Zimmer. Direkt hinter uns lag ein Bauernhof mit Schweinestall und Pferdekoppel. Öffnete man abends das Fenster, hörte man die Grillen zirpen und manchmal die Schweine schreien. Des Öfteren auch die Bewohner*innen des Hofs, die sich lautstark zuriefen:

Österreich ist 83879 km2 groß. Das entspricht in etwa der japanischen Insel Hokkaido. Ein großer Teil von Österreich sind Gletscher (zumindest im Moment noch), Berge, Flüsse und Seen – also Flächen, die nicht »nutzbar« sind. Zum Wohnen, für die Landwirtschaft und Straßen stehen lediglich um die 40 Prozent des Bodens zur Verfügung. In meiner Heimatgemeinde beanspruchen die Bürger*innen weit mehr Platz als im österreichischen Bundesdurchschnitt. Das ist in vielen Gemeinden so. Gebaut wird überall, des Öfteren wird dafür Grund von Grünfläche oder landwirtschaftlichem Gebiet einfach zu Baugründen umgewidmet. Dadurch wächst der verbaute Teil des Landes schneller als die Bevölkerung.

Dieses Österreich, in dem ich aufgewachsen bin, hat wenig mit den Bildern zu tun, die man im Rest der Welt vom Land in den Alpen hat. Keine Berge mit weiß angestaubten Spitzen, keine grasgrünen Almen und auch keine türkis glitzernden Seen. Mein Dorf bestand aus einer Straße, auf der Autos und Lkws durchpreschten. Links und rechts der Fahrbahn etwa zehn einzelne Häuser. Alle mit Garten. In

Wer im Dorf aufwächst, weiß, dass die ersten Freundschaften nicht unbedingt entstehen, weil man so gut zusammenpasst, sondern weil man eben nebeneinander wohnt. Neben mir lebten fast nur ältere Jungs. So verbrachte ich viele Nachmittage ganz automatisch mit Fußballspielen. Ich war gefürchtet, da es mir an Technik und Größe fehlte und ich das mit möglichst vielen Fouls ausglich. Spielte ich mit, mussten die anderen um ihre Schienbeine bangen, und das gefiel mir.

Später brachten sie mir allerlei Nützliches bei, etwa wie man am Fußballplatz »einen Doppler Bier anschreit«. Dabei bekommt man sehr viel Bier in die Hand (also ein großes Glas, mit zwei Litern Bier gefüllt, aus dem alle trinken), steht auf und ruft einen Trinkspruch, auf den die anderen antworten. Je nach Fußballverein oder Freundeskreis wird unterschiedlich »angeschrien«. Am wichtigsten ist es, so laut wie nur irgendwie möglich zu sein – besonders als Frau. Meistens kommt ein »Prost, ihr Säcke« oder »Zickezacke« vor. Wir riefen oft: »Alkohol ist keine Lösung!«, worauf alle anderen buhten. Schließlich rief die Person, die anschrie: »Alkohol ist die Lösung!« Dabei gilt grundsätzlich, je tiefer

Dass es ein Privileg ist, nahe der Natur und in einem schönen Haus aufzuwachsen, war mir damals ziemlich wurscht. Ich fadisierte mich oft und träumte davon, in einer Großstadt zu leben. Das waren meiner Meinung nach Linz oder Wels. Meine Eltern gaben meinem Gesudere vom Pool übrigens nie nach, sondern gruben stattdessen im Garten irgendwann ein Loch für Goldfische. Wo vorher Omas betoniertes Salatbeet war, blickte man nun auf eine trübe Lacke. Sie lockte Libellen und Frösche an. Die Goldfische vermehrten sich wie wild. Das einen Meter tiefe Wasser wurde bald dunkel und algig. Ich könne ja jetzt dort baden gehen, meinten meine Eltern fortan mit einem Funkeln in den Augen, wenn ich sie mit meinen Vorwürfen nervte. Ein paarmal machte ich das auch, wenn auch mit dem Mund fest verschlossen.

Meine Mama kocht so gut wie sonst niemand. Das sage ich nicht nur, weil ich ihre Tochter bin, sondern weil es eben so ist. Bevor sie vor über 40 Jahren meinen Vater heiratete, hatte sie wenig Lust zum und auch wenig Ahnung vom Kochen. Plötzlich wurde aber von ihr erwartet, dass sie den Haushalt ernährt, inklusive zwei kleiner Kinder und aller Familienmitglieder, die sonntags zu Besuch kamen. Also rief sie ihre Mutter an und bat um Rezepte.

Bei uns wiederholt sich dieses Spiel der Generationen. Zumindest ein bisschen. Lange antwortete ich auf die ungebetenen Rezepte genervt: Nein danke, ich koche sowieso nicht! Immer öfter überkam mich dann halt aber doch die Lust auf Gerichte, die meine Mutter damals für uns kochte. Auch wenn ich nicht heiratete und auch keine Kinder zu bekochen hatte, wollte ich Topfenknödel, Schnitzel oder Kaiserschmarren essen. Also musste ich es lernen. Ich rief sie an und kroch zu Kreuze. Sie hatte geahnt, dass dieser Moment kommen würde, und zählte mir stolz die Zutaten auf. »Mischt Butter, Mehl und Milch zusammen.« Wenn ich nach den Mengenangaben fragte, antwortete sie: »Nimmst halt nach Gefühl!« Mir bringt dieser Tipp wenig, da ich beim Kochen nichts fühle.

Für dieses Buch setzen wir uns zusammen und sie diktiert

Dotter, Zucker, Wasser und Rum schaumig schlagen. Das Eiklar mit einer Prise Salz sehr steif schlagen. In einer anderen Schüssel die Walnüsse und die Brösel mit etwas (oder viel) Rum beträufeln und verrühren.

Nachdem der Kuchen abgekühlt ist und die Form entfernt wurde, einmal in der Mitte waagrecht durchschneiden. Den unteren Boden mit Rum (Juhu!) beträufeln. Anschließend mit Marillenmarmelade bestreichen sowie bereits geschlagenem Schlagobers und dann den Deckel vorsichtig wieder daraufsetzen. So sieht es aus wie eine überdimensionale Milchschnitte – nur besser, weil eben mit Rum. Oben noch mal Schlagobers darüberstreichen und Kochschokolade darüberreiben.

Am besten die Torte danach für ein paar Stunden im Kühlschrank rasten lassen. Tada, fertig ist eine Torte, mit der Sie selbst die Omas und Opas dieser Welt tief beeindrucken werden. Mahlzeit!

In Oberösterreich arbeiten alle ständig und immer. Und wenn sie von der Arbeit nach Hause kommen, sprechen sie wieder von der Arbeit. Begriffe wie Burn-out oder Work-Life-Balance wecken höchstens ein süffisantes Grinsen über den arbeitsscheuen Teil der Gesellschaft. Hat man mal Freizeit, schneidet man die Hecken, baut einen Pool, mäht den Rasen, setzt noch mehr Sträucher, lässt den Pool ein, baut ein Gartenhaus, danach eine Doppelgarage, schüttet den Pool wieder zu, setzt die Hecke um. Im nächsten Jahr geht wieder alles von vorne los.

Nichts ist so wichtig wie das Arbeiten selbst. Wer nicht hackelt (also arbeitet), gilt als faul, ja nutzlos. Arbeit ist der Grund der menschlichen Existenz. Faulheit zählt als die größte Sünde. Darum werden Pool und Garten eben so lange perfektioniert, bis sie den Bildern der Wohlfühloasen entsprechen, die man aus Entschleunigungsmagazinen kennt. Dahinter steckt natürlich das genaue Gegenteil von Entschleunigung, doch das fällt nicht weiter auf, denn zum Nachdenken bleibt eh keine Zeit. Und zum Genießen sowieso nicht.

Wenn man dann doch mal auf der Liege im Garten liegt, der saubere Pool vor sich hin plätschert, beginnt der eine Nachbar mit dem Rasenmähen und der andere mit dem

Am Land geht es darum, was man leistet. Und damit ist nicht unbedingt die Arbeit zum Geldverdienen (die ist ja wohl das Mindeste!) oder der Nutzen für die Menschheit (das können auch andere machen, man kann sich ja nicht um alles kümmern!) gemeint, sondern die Arbeit als Gegenteil von faulenzen. Das Hausbauen gilt dabei als die Königsdisziplin. Ein eigenes Haus ist am Land eh normal, es ist die Bedingung, um am sozialen Leben überhaupt teilzunehmen. Die Krönung ist es, wenn man das Haus selbst gebaut hat. Es bedeutet materielle Sicherheit, aber gleichzeitig, und das ist vielleicht wichtiger, stellt es die Versorgung mit Arbeitsmöglichkeiten für das ganze restliche Leben sicher. Denn ist das Haus erst mal fertig, beginnt die wahre Arbeit. Man muss die drei Stockwerke mit goldenen Türmchen ständig putzen. Ausbauen, umbauen und dann wieder putzen. Zum Glück gilt die Arbeit am Haus als anerkanntes Hobby. Denn für irgendwas anderes würde nun wirklich keine Zeit mehr bleiben.

Es fällt den Menschen sowieso eher schwer, zu fragen, wie es jemandem wirklich geht. Darum fragt man lieber nach der Doppelgarage. Ob die schon fertig ist? Ja, schön. Und der Pool. Ja, das Laub im Herbst ist ein Hund. So viel Arbeit dieser Pool. (Meine Eltern wussten das!) Jeden Tag müssen wir ihn säubern! Die Kinder gehen sowieso nur ins Freibad. Und dann erst das Auslassen vor dem Winter. So viel Arbeit, ich sag es dir, ein Wahnsinn! Nächsten Sommer machen wir einen Schwimmteich daraus.

Geht sich das aus? Wenn man die Österreicher*innen fragt, antworten sie immer: Ja! Also fast immer. Also meistens. Und wenn nicht, ist es eh auch wurscht. Mit dem Wort »ausgehen« meint man nicht feiern gehen oder rausgehen, sondern ob etwas machbar ist.

Man benutzt die Wendung beispielsweise, wenn man eine Kollegin fragt, ob man noch schnell eine rauchen geht vor dem Meeting. Oder ob das Geld für Urlaub auf Ibiza und einen neuen Golf reicht. Geht sich das aus? Fix geht sich das schon alles irgendwie aus!

Es gibt leider keine Übersetzung ins Hochdeutsche, die der Phrase gerecht werden würde. Darum fragen Deutsche auf die Frage gerne: Wer geht wohin? Man könnte nun sprachgeschichtlich ableiten, woher das Wort kommt und warum sich diese Fügung in Österreich entwickelt hat. Das mache ich an dieser Stelle aber nicht. Ich denke, dass der Grund in der österreichischen Mentalität liegt. Der Satz funktioniert in Deutschland rein inhaltlich nicht. Er würde nach einer konkreten Antwort fragen, wie zum Beispiel, dass es eben nicht sinnvoll ist, jetzt noch rauchen zu gehen, wenn in drei Minuten das Meeting beginnt. Oder dass das Geld sicher nicht für ein neues Auto und Urlaub in einer Villa reichen wird. Und hier ist der springende Punkt: Wer

Man will sich das Leben nicht schwieriger machen, als es ohnehin schon ist. Es wird sich alles schon irgendwie ausgehen. Das nennt sich dann der Austrian Way of Life, das carpe diem der Alpen oder veni, vidi, eh schon alles wurscht.

Österreich liebt Bälle. Mit dem Faschingsbeginn im November startet auch die Ballsaison. Bis in den Frühling finden im ganzen Land unzählige Bälle statt. Sie tragen niedliche Namen wie Zuckerbäckerball, Rauchfangkehrerball, Tirolerball, Ländle-Ball, Jägerball oder Blumenball. Die bekanntesten sind aber: der Wiener Opernball und der Akademikerball. Egal, ob Rauchfangkehrer*in, Zuckerbäcker*in, Promi oder Nazi, in Österreich gibt es garantiert für alle, die man hier haben möchte, den passenden Ball.

Einige der Bälle werden in der Hofburg gefeiert – der ehemaligen Kaiserresidenz und dem heutigen Arbeitsplatz des Bundespräsidenten. Auf den Bällen spielt man Monarchie und man tut alles dafür, die Zeit zurückzudrehen. Die Frauen müssen bodenlange Kleider tragen, die Männer Frack oder Smoking und Kummerbund. Auf den Bällen wird Walzer gespielt und Debütant*innen tanzen auf. So ein Ballabend in Wien ist in erster Linie sehr teuer. Schließlich will die Oberschicht unter sich bleiben. Neben den Tickets, die man selbstverständlich kaufen muss, müssen Roben gemietet werden, dazu kommen noch etwaige Tischreservierungen. Für ein Glas Sekt und ein Paar Würstel blättert man locker mal 20 Euro hin.

Der Opernball gilt als absoluter Höhepunkt der

Seit mehr als 60 Jahren findet der Ball nun statt. Dabei geht es nicht nur darum, das Tanzbein zu schwingen, des Öfteren wird es auch ziemlich politisch, unfreiwillig, versteht sich. Wie etwa 1987, als Atomgegner*innen zum

Richard Lugner, berühmt-berüchtigter Wiener Bauunternehmer, lädt jedes Jahr einen prominenten Gast ein. Als 2014 Kim Kardashian mit ihm den Ball besuchte, traf sie auf einen österreichischen Fernsehmoderator, der sich als ihr Mann Kanye West verkleidet hatte, einen weißen Pimp-Anzug trug und sein Gesicht schwarz angemalt hatte. Kardashian reiste, schockiert über den Rassismus, früher ab.

Fast ebenso bekannt ist der Akademikerball. Anders als sein Name vermuten lässt, feiert dieser Ball nicht die Bildung, sondern er ist eines der wichtigsten Netzwerktreffen der Rechten. Ursprünglich hieß der Ball auch Ball des Wiener Korporationsrings (WKR-Ball), was besser beschreibt, was an diesem Abend in den Hallen der Hofburg passiert. Die Burschis erscheinen in ihrer Montur, inklusive Burschenschafterkappen und Bändern (▸ Vaterland). Frauen begleiten sie in Abendrobe. Darunter auch immer wieder mal internationale Rechte wie etwa Marine Le Pen. Gemeinsam huldigt man den schlagenden Studierendenverbindungen im Land.

Als sich die prestigeträchtige Hofburg weigerte, die Veranstaltung dort weiter stattfinden zu lassen, änderte man

Österreich ist ein Schnitzel. Zumindest von oben betrachtet. Links daneben liegt der Kartoffelsalat, Deutschland. Daneben die Preiselbeermarmelade, Liechtenstein. Das Schnitzel selbst ist nicht recht groß, ja sogar ziemlich klein, und es teilt sich noch mal in neun einzelne Stücke. Die Regierenden der Bundesländer verwalteten einst wie kleine Kaiser ihre Reiche und noch heute ist der Einfluss der Landespolitik groß. Die Bundesländer unterscheiden sich nach eigener Definition extrem voneinander. Dialekt, Bräuche und Speisen sind immer besonders schön, da wo man selbst herkommt. Eh klar. Dadurch wird aus Herkunft automatisch Identität. Ich zum Beispiel spreche einen astreinen oberösterreichischen Dialekt, der bei einigen Wiener*innen automatisch ein Augenrollen erzeugt. Vorurteile gibt es mehr als genug. So hasst zum Beispiel ganz Österreich Wien. Während man in der Stadt sagt: »Wien darf nicht Österreich werden!«

Als Faustregel gilt: In Wien geht’s um ois und im Rest von Österreich um nix. Selbsterklärend. Zumindest denken das die Wiener*innen. Und davon gibt es (ihrer Meinung nach) viel zu wenige. Denn unter den Einwohner*innen der Bundeshauptstadt sind viel zu viele Zuagroaste (also Zugereiste). Damit meint man nicht unbedingt Menschen mit

Fangen wir aber beim unnötigsten aller Bundesländer an: Niederösterreich. Es ist von der Fläche her das größte Bundesland und hat trotzdem nichts zu bieten. Städte wie St. Pölten und Amstetten haben vergessen, die Hand zu heben, als die schönen Flecken Erde verteilt wurden. Einzige Ausnahme ist die Wachau. Zu dieser Region gehören einige kleine Orte an der Donau. Dort ist es nicht nur wunderschön, dort schmecken der Wein und das Speckbrot besonders gut. Das wissen natürlich alle, darum macht hier die halbe Welt Urlaub, und viel zu teuer ist es da sowieso. Darum trifft man dort auf die Schickeria des Landes. So trinkt man sein Glas Riesling eben neben den Chefredakteuren österreichischer Tageszeitungen. Die Dichte von weißen Hemden und rosa Polos ist dort besonders hoch. Ein großer Vorteil des Bundeslandes Niederösterreich ist aber, dass man dort eigentlich ganz günstig wohnen kann. Ach ja, und es besitzt sehr viele sehr gut ausgebaute Keller.

So einige werden nun zu Recht anmerken, dass ich gar nicht groß lästern dürfe. Schließlich stamme ich aus Oberösterreich. Da wo ich herkomme, wird jetzt auch nicht unbedingt die Österreichwerbung gedreht. Mein Dorf liegt zwischen dem Geburtsort von Hitler und einer großen Stahlproduktionsfirma. Auch dieses Bundesland hat

Apropos Piefke: Als fast schon Deutsche werden die Menschen aus dem Bundesland Salzburg gesehen. Nahe an der Grenze zu Deutschland, da kommt auch Mozart her, erstreckt sich eine idyllische Stadt namens Salzburg. Salzburg ist das München Österreichs. Darum mag man sich.

Östlich davon ist die Steiermark. Dort gibt es viele grüne Wiesen und endlose Äcker. Der Dialekt klingt, als würden die Steirer*innen bellen – oder eben »bölln«, wie sie selbst sagen würden. Ich datete mal einen Typen aus der Umgebung von Graz, der, wenn er besoffen war, seinen Dialekt nicht mehr verstecken konnte. Dann versuchte er, mir ins Ohr zu flüstern, bellte stattdessen: »Du bist vui schen, goiw!« (Also: »Du bist voll schön, gell?«) Halt gar nicht sexy, goiw.

Ganz im Osten erstreckt sich das Burgenland. Das vergisst man leicht mal zu erwähnen. Denn dort geht es tatsächlich um noch weniger als in Niederösterreich. Das Bundesland hat nicht mal eine Hauptstadt, denn als das kann man Eisenstadt nun wirklich nicht beschreiben. Das einzig

In Kärnten, Österreichs südlichstem Bundesland, könnte man der Dolce Vita frönen. Bei angenehmen Temperaturen den herrlichen Wein schlürfen. Oder mit dem Boot über den Wörthersee cruisen. Doch leider ist das Bundesland ständig pleite und in zahlreiche Korruptionsskandale verwickelt (▸ Causae). Hier war auch Jörg Haider einst Landeshauptmann. Dort war es auch, wo bis 2019 ein Hakenkreuz an einer Burg prangte. Hier findet auch jedes Jahr eines der größten Neonazifeste Europas statt, selbstverständlich unter dem Deckmantel der katholischen Kirche. Na ja, aber abgesehen davon ist es dort eh ganz nett.

Im Westen folgt das Bundesland Tirol. Die Hauptstadt Innsbruck ist eine kleine Stadt, die komplett von Bergen eingekesselt ist. Es gibt kein Entkommen und keinen Platz zum Denken. Bei mir führt dieses Gefühl der Enge direkt zu Panikattacken, andere empfinden das als idyllisch: Hauptsache, nichts Neues kommt rein. In Tirol gibt’s nämlich eh genug zu tun. Also Sport, im Sommer, Winter und dazwischen und sowieso immer, sodass man sich wie in einem Red-Bull-Werbespot fühlt. Ach ja, und dort war es auch, in Ischgl in der legendären Bar namens Kitzloch, wo sich beim Après-Ski das Coronavirus munter verbreitete. Ich sag ja, in Tirol gibt es kein Entkommen. Außer eben für ein Virus.

Und dann ist da noch Vorarlberg ganz im Westen und fast verdeckt vom Kartoffelsalat. Die Landschaft im »Ländle«, wie die Bewohner*innen es nennen, sieht endlich wirklich mal aus wie einer Österreichwerbung entsprungen.

Eins noch: Weil mir eine Freundin erklärte, dass sie nach Österreich fährt und dann in Südtirol war: Leute, Südtirol ist kein Teil von Österreich mehr (auch wenn die FPÖ sich das wünscht). Wir haben schließlich nicht 1918.

Ich kenne einige Bräute, die auf keinen Fall gestohlen werden wollten und auf ihrer eigenen Hochzeit dann doch plötzlich verschwunden waren. Hier sind wir bei einer sehr alten Tradition angelangt, die es früher auf allen Hochzeiten in Österreich, aber auch in manchen Regionen Süddeutschlands und der Schweiz gab und die auch heute noch stattfindet. Die Braut wird dabei auf ihrer eigenen Hochzeitsfeier mal eben gestohlen. Das klingt arg, ist es auch, aber nicht ganz so, wie man denken würde.

Meist wird sie nämlich von den besten Freund*innen oder eben Trauzeug*innen in ein Lokal oder einen Weinkeller entführt. In manchen Gegenden aber auch von Menschen, die gar nicht zur Hochzeit eingeladen sind. Einige andere Gäste dürfen bei der Entführung mitmachen und zu diesem Anlass dann auch ordentlich saufen. Die Zeche zahlt am Ende entweder der*die Entführer*in, der Bräutigam oder der Brautvater. Der Bräutigam muss seine Frischvermählte natürlich suchen und schließlich »auslösen«. Hierfür gibt es einige unterschiedlich grausame Varianten. Manchmal kommt der Bräutigam mit Schnapstrinken durch, mal muss er singen, irgendwelche beschämenden Spiele gewinnen oder zehn Gründe nennen, warum er die Braut zurückwill.