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Über dieses Buch

»Andalusische Irrtümer« ist, ein wenig plakativ ausgedrückt, ein Corona-Antidot und beinhaltet eine kleine »Reisewarnung« gleich mit, eine, die freilich nicht von der Bundesregierung kommt, sondern rein hypothetisch ist und dazu angetan sein könnte, ein wenig den Blick zu schärfen. Dass ein Urlaub nicht per se gelingen oder schön werden muss, nur weil man sich so intensiv darauf gefreut hat, ist in seiner semantischen Reichweite trivial. Jeder weiß, dass die gesteckte Erwartung mit den Realitäten »vor Ort« sehr banal kollidieren kann. Im vorliegenden Fall ist es nicht anders: Sieht man von individuellen Empfindlichkeiten ab, so fällt auf, dass dem Erzähler das Pech förmlich an den Schuhen zu kleben scheint und dass er die ihm widerfahrenden Unpässlichkeiten ganz persönlich nimmt. Sein Ingrimm sucht sich ein Ventil, und jede Gelegenheit ist ihm Anlass, Dampf abzulassen. Sieben Tage Andalusien und eine Anhäufung negativer Erfahrungen in dieser Zeit reichen aus, an Belastungsgrenzen zu gehen. In der Fremde stößt der Mann auf Abgründe, die vor allem in ihm selbst ruhten, Abgründe, von denen er bis zu seiner Reise keine Ahnung zu haben schien.

»… dass wir es mit einem Magier der Miniatur und obsessiven Stilisten zu tun haben, der einen Text erst aus der Hand lässt, wenn sich das Bedeutungsschwere federleicht und heiter liest.« (Andreas Nentwich in Süddeutsche Zeitung vom 28./29. März 1998)

Der Autor

Thomas Laux ist seit den 1980er Jahren Literaturkritiker und Übersetzer aus dem Französischen. Publikationen zu Jean-Paul Sartre, Emmanuel Bove und Raymond Guérin, Übersetzungen ins Deutsche insbesondere aus dem Werk Emmanuel Boves (11 Einzeltitel). Bisweilen tritt er, wie im vorliegenden Falle, als dilettierender Prosa-Autor in Erscheinung. Thomas Laux lebt in Düsseldorf.

Thomas Laux

Andalusische Irrtümer

Ein Anti-Reisebericht

 

 

 

 

Edition diá

Inhalt

Vorwort

6: Córdoba

5: Grazalema

3: Dos Hermanos

4: Sanlúcar und Chipiona

2: Sevilla

1: Ronda

7: Málaga

Impressum

 

»Die Eigenart des Schmerzes besteht darin,
dass er sich vor Wiederholungen nicht schämt.«

E. M. Cioran

Vorbemerkung

»Andalusische Irrtümer« ist, ein wenig plakativ ausgedrückt, ein Corona-Antidot und beinhaltet eine kleine »Reisewarnung« gleich mit, eine, die freilich nicht von der Bundesregierung kommt, sondern rein hypothetisch ist und dazu angetan sein könnte, ein wenig den Blick zu schärfen. Dass ein Urlaub nicht per se gelingen oder schön werden muss, nur weil man sich so intensiv darauf gefreut hat, ist in seiner semantischen Reichweite trivial. Jeder weiß, dass die gesteckte Erwartung mit den Realitäten »vor Ort« sehr banal kollidieren kann. Im vorliegenden Fall ist es nicht anders: Sieht man von individuellen Empfindlichkeiten ab, so fällt auf, dass dem Erzähler das Pech förmlich an den Schuhen zu kleben scheint und dass er die ihm widerfahrenden Unpässlichkeiten ganz persönlich nimmt. Sein Ingrimm sucht sich ein Ventil, und jede Gelegenheit ist ihm Anlass, Dampf abzulassen. Sieben Tage Andalusien und eine Anhäufung negativer Erfahrungen in dieser Zeit reichen aus, an Belastungsgrenzen zu gehen. In der Fremde stößt der Mann auf Abgründe, die vor allem in ihm selbst ruhten, Abgründe, von denen er bis zu seiner Reise keine Ahnung zu haben schien.

Das klingt ein bisschen gravitätisch, doch in Wahrheit ist es vor allem komisch. Kann ein Kulturschock – und das mitten in Europa – tatsächlich so tiefgreifend sein? Die andere Frage, die, ob der Leser sich am Schicksal eines armen gebeutelten Pauschalurlaubers delektieren darf, ist hingegen schnell beantwortet: Ja, unbedingt! Erst recht in diesen C-Zeiten. Für alle unfreiwillig Daheimgebliebenen dieses einmaligen Sommers 2020, für alle, die zum Beispiel den Spanienurlaub schon gebucht hatten und nun unverschuldet zu Hause bleiben müssen, bietet der Text eine Ahnung davon, was einem vielleicht erspart geblieben wäre: Erfahrungen, die buchstäblich kein Mensch braucht. Und es stimmt ja, man braucht so vieles nicht (mehr) in dieser seltsamen Zeit.

Der Text unterläuft eine Chronologie der Abläufe ganz bewusst; es soll nicht auf einen fatalen, dramaturgisch relevanten Showdown hinauslaufen (obwohl der sich letztlich nicht ganz vermeiden lässt). Wo genau der schlimmste Moment der Tour liegt, spielt im Grunde keine Rolle. Es gibt da den einen Moment, in dem unser Held sich nach Lektüre sehnt, weil er tagelang nicht dazu gekommen ist; es drängt ihn, es macht ihn verrückt, weil er weiß: Das genau ist es, was ihm helfen könnte. Es ist ein lichter, geradezu existenzieller Moment – zu ahnen, gar zu wissen, dass das, was einen in den schlimmsten Fällen rettet, ein Moment der Lektüre ist.

6: Córdoba