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HOFFNUNG DER WELT

 

 

 

 

 

RAYMOND LEO KARDINAL BURKE

HOFFNUNG DER WELT

Guillaume d’Alançon im Gespräch

mit Raymond Leo Kardinal Burke

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Impressum

 

Bibliographische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek,

abrufbar unter http://dnb.ddb.de

 

Buchgestaltung und Satz: Marcel Hagmann, www.keilergrafik.de

Umschlagbild © picture alliance | AP Photo | Medichini

 

Hoffnung der Welt

Guillaume d’Alançon im Gespräch mit Raymond Leo Kardinal Burke

180 Seiten, Bad Schmiedeberg 2019

 

1. Auflage 2020

 

Originaltitel: Un Cardinal au coeur de l’Église

© 2015, Groupe Artège | Éditions Artège

10, rue Mercoeur - 75011 Paris | 9, espace Méditerranée - 66000 Perpignan

 

© Renovamen-Verlag, Bad Schmiedeberg 2020, für die deutsche Ausgabe

www.renovamen-verlag.de

 

Ins Deutsche übersetzt von Christa Nisch

Autorisiert durch Seine Eminenz Kardinal Dr. Raymond Leo Burke

 

ISBN 978-3-95621-148-5

Danksagungen

Raymond Leo Kardinal Burke dankt Pater Michael Joseph Houser für seine wertvolle Unterstützung.

 

Guillaume d’Alançon dankt Pater Marc, der ihm mit seinen Englischkenntnissen hilfreich zur Seite stand.

Inhaltsverzeichnis

 

Inhaltsverzeichnis

 

Zum Geleit

Erster Teil
Der Ruf des Herrn

Zweiter Teil
Kirche und Welt in der Krise

Dritter Teil
Eine geistige Erneuerung

Vierter Teil
Das Evangelium des Lebens verkünden

Fünfter Teil
Die Familie lieben und schützen

Sechster Teil
Alles in Christus erneuern

Zum Geleit

»Nur heroische Katholiken werden die heutigen Zeiten überleben« – so äußerte sich Pater John Hardon SJ (1914 – 2000) mehrfach und mit größtem Nachdruck in den zahllosen akademischen Vorträgen und Exerzitienansprachen, die er für größere und kleinere Gruppen von Katholiken in den Vereinigten Staaten von Amerika gehalten hat. Pater Hardon wusste, wovon er sprach. Er hatte nicht nur die alte, grundsolide Jesuitenschule durchlaufen, sondern verfügte auch aufgrund seiner vielen Tätigkeiten für den Heiligen Stuhl und einer viele Jahrzehnte umfassenden seelsorglichen Erfahrung über ein außerordentliches Maß an praktischer Menschenkenntnis. Es ist sicher kein Zufall, dass gerade dieser heiligmäßige Priester – dessen Seligsprechungsprozess eingeleitet ist – Sr. Eminenz Raymond Kardinal Burke viele Jahre in ganz besonderer Weise verbunden war. Denn in Kardinal Burke begegnet man einem Kirchenfürsten, der sich offensichtlich der Verpflichtung bewusst ist, die der Kardinalspurpur mit sich bringt: unbedingte Treue zu Christus und seiner Kirche: »usque ad effusionem sanguinis« [bis zum Blutvergießen]. Und solche Hirten sind dem Katholiken in einer Zeit, die er als Katholik nur durch Heroismus überleben kann, Halt und Orientierung.

Mit zeitlos gültigen Worten schildert die Konstitution Postquam verus ille Papst Sixtus’ V. die Erfordernisse, die jeden Kardinal gemäß der Bedeutung seines Amtes auszeichnen sollen: »Da sie also wirklich Angelpunkte (lat. cardines) sind, und die strahlendsten Lichter der Kirche, die Grundmauern des Tempels Gottes, die Stützen und Säulen des christlichen Gemeinwesens, müssen sie überreich sein an einer wirklich außerordentlichen Frömmigkeit und Wissenschaft, sowie an einer nicht gewöhnlichen und mittelmäßigen, sondern ausgezeichneten und ausnehmenden Tugend, damit sie die Stellung, die sie einnehmen, würdig und ehrenvoll auszufüllen vermögen.«i1Man wird sicher nicht fehlgehen, in Kardinal Burke, der uns in diesem Buch begegnet, einen Hirten der Kirche zu erblicken, der sich dieser Erfordernisse seines hohen Amtes nicht nur bewusst ist, sondern ihnen auch entspricht.

 Zunächst schildert der Kardinal in warmherzigem Ton seinen Werdegang: sein Aufwachsen in einem liebevollen Elternhaus, das Leben in seiner Heimatpfarre, dann später die Zeit in Schule und Klerikal-Seminar – Jahre, die ihn offensichtlich tief geprägt haben.  In der letzten Phase seiner Seminarausbildung zeigten sich bereits, wie der Kardinal anhand von Beispielen verdeutlicht, die ersten Anzeichen der tragischen Entwicklungen, von denen die Kirche in der sogenannten nachkonziliaren Zeit heimgesucht wurde und wird: all dies hat Kardinal Burke von Anfang an miterlebt und miterlitten. Unter diesen Vorzeichen trat er sein Priesteramt an, und mit den sich immer tragischer zeigenden Auswirkungen der Missdeutungen – und damit des Missbrauchs – des Zweiten Vatikanischen Konzils, deren Grundlage nach einem Wort Papst Benedikts XVI. in einer »Hermeneutik der Diskontinuität«2ii besteht, war er seitdem ununterbrochen konfrontiert.

 Der Kardinal zeichnete sich in all diesen Jahren durch eine unverbrüchliche Treue aus – sowohl im Kampf gegen innerkirchliche Missstände, als auch gegen gesellschaftliche und politische Fehlentwicklungen, die in immer verheerenderer Form sogar den Grundbestand des Humanum bedrohen, ja dieses geradezu vernichten. Konkret ist hier der konsequente Einsatz des Kardinals gegen den Kindermord im Mutterschoß – die Abtreibung – zu nennen, die vom regierenden Papst noch unlängst treffend als »grauenhaftes Verbrechen« und »sehr schwerwiegende Sünde« bezeichnet wurde.iii3 Einiges vom dem, wie der Kardinal gegen die diesen Verbrechen zugrundliegenden Ideologien und andere Formen eines säkularistischen Totalitarismus vorgegangen ist, erzählt er im vorliegenden Buch.

Ob in der Auseinandersetzung mit innerkirchlichen Problemen, ob im Umgang mit gottfernen und menschenverachtenden profanen Mächten und Gewalten: immer sehen wir bei der fesselnden Lektüre dieses Buches den Kardinal im Sinne dessen tätig, was im (überlieferten) Pontificale Romanum im Ritus einer Bischofskonsekration für den neuen Bischof erbetet wird: »Er nenne das Licht nicht Finsternis, oder die Finsternis Licht; er nenne das Böse nicht gut, das Gute nicht böse.«iv4

Jedoch würde man sich kläglich täuschen, würde man den Kardinal wegen seiner Treue zur Lehre der Kirche auch nur im Entferntesten des Mangels an seelsorglicher Sensibilität verdächtigen. Die Attitüde des Rigoristen, des Pharisäers, des Legalisten usw. liegt ihm gänzlich fern. Auch als der herausragende Kanonist, der uns hier manche Einblicke z. B. in Eheprozesse, in sein Wirken an der Curia Romana und vieles andere gewährt, ist er immer Seelsorger geblieben. Dies zeigt sich im Verhalten des Kardinals insgesamt: die Treue zur unverkürzten Glaubenslehre und die pastorale Nähe auch zu Menschen, die sich objektiv schuldig gemacht haben, bilden keinen Gegensatz, sondern eine Einheit. Gottes- und Nächstenliebe sind ebenso wenig voneinander trennbar wie Glaubenstreue und persönliche Nähe, verbunden mit Einsatz bis zum Letzten gerade zu und für diejenigen, die die Ärmsten aller Armen sind – weil sie die Freundschaft Gottes verloren haben. Nicht schroffe Ablehnung von schuldig Gewordenen oder von Menschen, die mit mancherlei Schwierigkeiten zu kämpfen haben, sondern Geduld und echte Hirtenliebe bilden, wie es mehr als eine Stelle des Buches belegt, das Leitmotiv des Kardinals – womit er in der ungebrochenen Tradition der Seelsorge steht, wie sie immer von der Kirche verstanden wurde. So warnte etwa 200 Jahre vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil Papst Klemens XIII. in seiner Enzyklika A quo die (vom 14. September 1758) alle Bischöfe vor bestimmten Fehlern, die unbedingt zu vermeiden seien: »Gereizt zu sein und von Zorn zu entbrennen soll sich die Liebe des Bischofs zur Sünde anrechnen. Einen Menschen, der sich von verderblichen Lüsten fortreißen ließ, betrachtet er nicht als Feind, sondern weist ihn zurecht als Bruder; mit Mahnung und Warnung ruft er ihn vom Irrtum zurück und bringt ihn wieder auf den rechten Weg.«v5

Dankbar kann man dem Kardinal nur sein für die vielen positiven Hinweise, wie die gegenwärtige kirchliche Krise überwunden werden kann: so seine Hinweise auf die Wichtigkeit der Ehrfurcht, mit der allein das hl. Mess­opfer gefeiert werden darf; sein Aufruf, die hl. Kommunion kniend und als Mundkommunion zu empfangen; nicht zuletzt die Herausstellung der Wichtigkeit der Verehrung des Allerheiligsten Herzens Jesu, die von Papst Pius XI. als »Inbegriff der gesamten Religion« bezeichnet wurde.vi6Beson­ders erkenntlich wird gerade der deutsche Leser dem Kardinal dafür sein, dass er das Wirken Papst Pius’ X. als Beispiel echter kirchlicher Reformtätigkeit hervorhebt, die nicht zufällig parallel zu energischen Abwehrmaßnahmen gegen den Modernismus verlief. In einer Zeit, in der in Deutschland wirkliche oder vermeintliche »Lebenswirklichkeiten« zu einer »Quelle der Offenbarung« hochstilisiert werden, tut es wohl, an die bleibend gültige lehramtliche Verurteilung des Modernismus – und damit auch des Immanentismus – durch den hl. Pius X. erinnert zu werden.vii7Denn kein Weg, der aus dem Immanentismus stammt oder zu ihm hinführt, kann jemals in Konkurrenz zu Christus treten; er allein ist »Weg, Wahrheit und Leben« (Joh. 14,6), und nur in ihm kann alles erneuert werden (»Omnia instaurare in Christo«). Wer sich, dem Beispiel des Kardinals folgend, in die Schriften des heiligen Pius X. vertieft, wird bestätigen, wie scharfsinnig – und mit welch auffallend aktuellem Bezug – dieser große Papst den Modernismus analysiert hat, und daraus die unausweichlichen Schlussfolgerungen bezüglich entstehender Irrlehren und -wege ziehen.

»Nur heroische Katholiken werden die heutigen Zeiten überleben« – so hatte Pater Hardon SJ gesagt. Ohne heroische Hirten aber kann es kaum heroische Katholiken geben. Ein solcher Hirt ist Kardinal Burke. Er zeigt uns nicht nur durch Worte, z. B. in diesem Buch, sondern auch durch Taten, was Papst Klemens XIII. in seiner oben angeführten Enzyklika allen Bischöfen der katholischen Kirche ans Herz gelegt hat:

 

Wir können weder Christen sein noch bleiben, wenn es dahin gekommen ist, daß wir die Drohungen und die Nachstellungen der Verworfenen fürchten. Vertrauend, nicht auf uns selbst, sondern auf Gott, der die Toten erweckt (2 Kor 1,9), hoch und erhaben, die menschlichen Dinge gering achtend, laßt uns zum Herrn rufen: »Du, meine Zuflucht am Tage des Unheils (Jer 17,17)!« Und laßt uns niemals müde werden, weder dem Geiste noch dem Leibe nach. Denn wir sind Gottes Mitarbeiter (1 Kor 3,9). Der Herr Jesus aber ist bei uns alle Tage bis ans Ende der Welt (Mt 28,20). Deshalb sollen uns keine Ärgernisse und keine Verfolgungen schwach werden lassen, damit wir nicht undankbar erscheinen für die Erwählung Gottes, dessen Hilfe so mächtig ist, wie seine Verheißungen wahr sind.viii8

 

Bitte gestatten Sie, liebe Leserin, lieber Leser, noch ein kurzes persönliches Wort zum Schluss – verbunden mit einer herzlichen Bitte:

Vor einigen Jahren durfte der Verfasser dieser Zeilen Sr. Eminenz kurz begegnen und ihm bei dieser Gelegenheit – soweit es einem einfachen Priester zukommt – für seine mutige Haltung danken. Der Kardinal erwiderte darauf in der ihm eigenen gütigen und schlichten Art, indem er sagte: »Beten Sie für mich.« Diese Bitte Sr. Eminenz sei hiermit auch an Sie alle weitervermittelt. Mögen viele, ja möglichst alle, die dieses Buch lesen, den Kardinal in ihren Gebeten der allerseligsten Jungfrau Maria anempfehlen! Möge unter ihrem mütterlichen Schutz dieser heroische Kardinal sein segensreiches Wirken noch viele Jahre fortsetzen – zur größeren Ehre Gottes, zur Erhöhung der katholi­schen Kirche, zum Heil der unsterblichen Seelen.

 

Würselen, am Tage des Gedächtnisses

des heiligen Märtyrers Saturninus 2019

Paolo D’Angona, Priester der Diözese Roermond

 

i Vgl. Papst Sixtus V., Konstitution Postquam verus ille vom 3. Dezember 1586; hier zit. nach: Summa Pontificia, Hg. P. Amand Reuter OMI, Abensberg 1978, Bd. 1, S. 331.

ii Ansprache von Papst Benedikt XVI. an das Kardinalskollegium und die Mitglieder der Römischen Kurie beim Weihnachtsempfang, 22.12.2005, Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 172, Bonn 2006, S. 11 – Allerdings wird mittlerweile auch von durchaus kirchentreuer Seite die mögliche Problematik des Unterfangens aufgezeigt, einer falschen Hermeneutik die ausschließliche Schuld an den späteren Fehlentwicklungen zuweisen zu wollen; vgl. (Weihbischof) Athanasius Schneider, Christus Vincit, Brooklyn 2019, S. 125.

iii Papst Franziskus in einem dem italienischen Fernsehsender TV 2000 gewährten Interview, ausgestrahlt am 20. September 2016.

iv Eigene Übersetzung nach: Pontificale Romanum, Mecheln/Mainz 1845, Pars Prima, S. 104f.: Im Gebet unmittelbar nach der Salbung des Hauptes des neuen Bischofs heißt es im lateinischen Originaltext: »Non ponat lucem tenebras, nec tenebras lucem: non dicat malum bonum, nec bonum malum.«

v Zit. nach: Reuter a. a. O., S. 380.

vi Vgl. Papst Pius XI., Enzyklika Miserentissimus Redemptor vom 8. Mai 1928, deutsch z. B. in: Anton Rohrbasser, Heilslehre der Kirche, Freiburg 1953, S. 86ff.

vii Vgl. P. Julius Beßmer SJ, Philosophie und Theologie des Modernismus, Freiburg 1912, S. 67ff. Besonders aufschlussreich im Hinblick auf das Postulat der »Lebenswirklichkeit als Offenbarungsquelle« S. 67f. (Hervorhebungen im Original): »Wer die Wahrheit als bloßes Produkt des Menschengeistes hinstellt, wer auch alle religiöse Wahrheit einzig und allein aus dem Menschen entstehen läßt, wer alle sittlichen Verpflichtungen zurückführt auf den Menschen, der erklärt die Quelle aller Wahrheit, aller Sittlichkeit, aller Religion als dem Menschen innewohnend, immanent, die Wahrheit, die Sittlichkeit, die Religion selbst als urständiges, selbstherrliches Wachstum und Besitztum des Menschen, als autochthon und autonom.«

viii Zit. nach: Reuter a. a. O., S. 384.

Erster Teil

 

Der Ruf des Herrn

Können Sie uns, Eminenz, als Einstieg in dieses Gespräch kurz die Geschichte Ihrer Berufung erzählen? Inwiefern haben Eltern und Familie bei Ihnen dazu beigetragen, dass Sie sich des Rufs des Herrn bewusst wurden? Und aus welcher Gegend stammen Sie?

 

Ich bin Amerikaner irischer Herkunft, Sohn eines Landwirts. Meine Großmutter väterlicherseits verließ ihr Anwesen in Cullen in der irischen Grafschaft Cork gegen Ende der 1880er Jahre, während mein Urgroßvater väterlicherseits sein Haus in Ballygriffin in der irischen Grafschaft Tipperary Anfang des 19. Jahrhunderts aufgab.

Die Familie meiner Mutter war bereits viel früher aus England ausgewandert. Diese Familie war protestantisch. Meine Mutter wuchs in einer amerikanischen Baptisten­gemeinde auf. Ihre eigene Mutter – von meinen vier Großeltern die einzige, die zumindest ein wenig zu kennen mir vergönnt war, obgleich sie in meinem siebten Lebensjahr verstarb – war eine fromme Christin, der meine Mutter sehr nahestand. Als meine Mutter meinen Vater heiratete, fühlte sie sich zur katholischen Kirche hingezogen, in deren Glaubenslehre sie dann durch einen außer­gewöhnlichen irischen Priester, Hochwürden Bernard McKevitt, unterrichtet wurde. Er selbst war Pfarrer der Pfarrei Mariä Himmelfahrt in Richland Center, Wisconsin, der auch mein Vater angehörte. Meine Mutter kannte den katholischen Glauben von Grund auf und so kam ihr eine entscheidende Rolle bei seiner Weitergabe an meine Brüder und Schwestern und an mich zu. Da ich in meiner Kindheit selbst Zeuge ihrer umfassenden Kenntnisse und ihrer soliden Glaubenspraxis war, staunte ich nicht wenig, als ich erfuhr, dass sie nicht immer katholisch gewesen war. Sie selbst wurde bis zu ihrem Tode nicht müde, Pater McKevitt für die Art und Weise zu loben, in der er sie auf den Eintritt in die volle Gemeinschaft mit der katholischen Kirche vorbereitet hatte. Desgleichen empfand sie immer eine tiefe Dankbarkeit für den christlichen Glauben ihrer Eltern, der sie darauf vorbereitet hatte, später in der katholischen Kirche die ganze Fülle des Glaubens zu finden.

Was meinen Vater anbelangt, so beseelte seine bodenständige irische Frömmigkeit unser Zuhause. Im Vordergrund stand bei uns die Verehrung des Heiligsten Herzens Jesu in enger Verbindung mit der eucharistischen Anbetung und der Verehrung der Allerseligsten Jungfrau, insbeson­dere unter dem Titel Unserer Lieben Frau von Lourdes. Meine Eltern liebten die Kirche und diese Liebe drückte sich vor allem in ihrer tiefen Achtung vor den Pfarrern und Kap­länen ihrer Pfarrei aus. Dass ich begann, das Mysterium des Priestertums zu verstehen, verdanke ich meinen Eltern. Besonders liebte ich unseren Pfarrer, Pater Owen Mitchell, Pater McKevitts Nachfolger, der wie dieser aus Irland stammte. Er war der erste Priester, der einen großen Einfluss auf meine Berufung ausübte, wofür ich ihm immer zu tiefem Dank verpflichtet sein werde. In unserer Pfarrgemeinde gab es außerdem eine recht große Anzahl von Ordensfrauen, die in der kirchlichen Schule unterrichteten. Meine Eltern brachten ihnen eine große Achtung entgegen. Ich kann sagen, dass ich, als ich sie kennenlernte, in den Schwestern gleichsam eine Verlängerung der Liebe meiner Eltern fand.

 

Würden Sie nicht auch sagen, dass der Katechismus holzschnittartig war, ein Sammelsurium von Lehrsätzen, die man auswendig lernen musste?

 

Keineswegs: Die zu lernenden Definitionen und Formeln sind bedeutungsreich und laden zu gründlichem Nachdenken über die Glaubenswahrheiten ein. Der Katechismus hat mir geholfen, den tiefen Sinn der Glaubensgeheimnisse zu entdecken.

Als jungem Priester war mir der Katechismus eine Anleitung, mich selbst und die anderen richtig einzuschätzen und das Zusammenleben zu lernen. Schließlich kann man ohne Kenntnis der wahren Lehre und ohne Gebetsleben weder sich noch andere einschätzen oder mit ihnen zusammenleben, und vor allem ist dies nicht möglich ohne die Liturgie, die uns formt, die unsere persönliche Identität und unsere Beziehungen zu den anderen grundlegend prägt.

Später nahm ich gewisse Zweideutigkeiten in den neuen, ab den 60er Jahren entwickelten katechetischen Pädagogiken wahr: Eine übertriebene Fokussierung auf die Person, das Individuum, die sozialen Bindungen, was dann zur Herausbildung falscher Lebensweisen führt. Die Folge davon besteht u. a. in der Beschädigung der geschlechtlichen Identität des Menschen. Die gesamte Realität kreist nunmehr um das Ich, fernab jeglicher Transzendenz, obwohl doch Wahrheit und Sinn allein im Herrn und in der Beziehung zu ihm zu finden sind. Das, was ich mit meinen Brüdern lebe, gründet auf diesem Prinzip. Nur vom Gesetz Gottes her kann ich mich selbst begreifen, den Sinn der Welt wie den Lebenssinn, und ein geordnetes Leben in der Liebe zum Nächsten führen.