Chakras im Heilungsprozess

Hellsichtige Beobachtungen und medizinische Analysen. Wie Heiler und Ärzte zusammenarbeiten können

Dora Kunz und Dr. med. Shafica Karagulla


ISBN: 978-3-96861-056-6
1. Auflage 2020
© Deutsche Ausgabe: Aquamarin Verlag GmbH, Voglherd 1, 85567 Grafing, www.aquamarin-verlag.de

Aus dem Amerikanischen übersetzt
von Karl Friedrich Hörner
Übersetzung aus dem Amerikanischen: Karl Friedrich Hörner
Titel der Originalausgabe: The Chakras and the Human Energy Field
© Dora Kunz 1989
Published by Theosophical Pub. House, Wheaton, Ill., USA
Umschlaggestaltung: Annette Wagner

Inhalt

Vorwort

Dora Kunz

Meine Verbindung mit Dr. Shafica Karagulla begann in New York City, kurz nachdem wir uns in den Fünfzigerjahren kennengelernt hatten. Die meisten unserer gemeinsamen hellsichtigen Untersuchungen fanden in dem darauffolgenden Jahrzehnt statt, obschon wir nach ihrem Umzug nach Kalifornien, in den Sechzigerjahren, nur noch sporadisch zusammenarbeiten konnten. Dr. Karagulla war in erster Linie an der Erforschung des Krankheitsprozesses unter Berücksichtigung der Chakras interessiert, deshalb haben wir die meisten unserer Fallbeispiele unter diesen Gesichtspunkten betrachtet.

Im Laufe der mehr als zwanzig Jahre, die ins Land gegangen sind, seit wir diese Arbeit gemeinsam in Angriff nahmen, blieb das Hauptgewicht meiner Bemühungen im Therapeutischen, wobei es mir darum ging, Menschen mit schweren Krankheiten zu helfen, die unter Schmerzen litten. Diese Veränderung der Ausrichtung meiner Arbeit ergab sich allmählich, dann jedoch immer deutlicher spürbar durch die Entwicklung einer Heilweise namens »Therapeutic Touch«1 die Dolores Krieger und ich ins Leben riefen und in der Zwischenzeit Tausenden von Krankenschwestern und -pflegern vermittelten.

Im Laufe der folgenden Jahre habe ich Hunderte von Patienten behandelt, die unter einem breiten Spektrum von Krankheiten litten. Ich habe dabei also wesentlich mehr über den Krankheitsprozess gelernt, als mir zu jener Zeit bekannt war, in der die Untersuchungen mit Dr. Karagulla stattfanden. Tatsächlich hatten wir uns mit den therapeutischen Aspekten unserer Forschungen nie befasst.

Ich traf Dr. Viola Petitt Neal – die Lehrerin und engste Freundin von Shafica Karagulla –, die sich aber nicht an unserer Arbeit in New York City beteiligte. Später, als beide in Kalifornien zusammenwohnten, lernte ich sie und ihre tiefe Hingabe an spirituelle Grundsätze viel besser kennen. Sie zeigte großes Interesse an unserem Buch-Projekt und trug zu dessen Entstehung die Grundzüge der ersten drei Kapitel bei.

Bei meinen Aufenthalten in Kalifornien sprach Dr. Karagulla zu mir über die Möglichkeit, unser Forschungsmaterial zu ordnen und es zur Veröffentlichung in Form eines Buches zu überarbeiten. Bis zu ihrem Tod beteiligte sich Dr. Neal an vielen dieser Gespräche. Wir drei waren uns immer darüber einig, dass mir die Gelegenheit gegeben würde, das Manuskript durchzulesen und alle aus meiner Sicht notwendigen Korrekturen vorzunehmen. Dr. Karagulla hielt mich über den weiteren Fortgang ihrer Arbeit auf dem Laufenden und telefonierte mit mir darüber noch eine Woche vor ihrem plötzlichen und unerwarteten Tod, der uns alle sehr bestürzte.

Einige Wochen nach ihrem tödlichen Unfall fiel mir das Material, auf dem das Buch aufbauen sollte, in die Hände. Dr. Karagullas Hinterbliebene waren übereingekommen, dass ich es mit dem uneingeschränkten Recht erhalten sollte, alles zur Veröffentlichung Notwendige zu unternehmen. Ich war davon ausgegangen, dass das Manuskript ganz oder fast fertiggestellt sei, und stellte überrascht fest, dass die meisten Kapitel erst in Stichworten konzipiert waren. Mir war klar, dass noch viel Arbeit notwendig war, bevor dieses Material publiziert werden konnte, und so bat ich meine Freundin Emily Sellon, eine professionelle Lektorin, diese Aufgabe zu übernehmen. Die Folge war eine weitgehende Überarbeitung des Originalmanuskripts, soweit es von Dr. Karagulla und Dr. Neal vorgelegen hatte; dafür übernehme ich die Verantwortung. Auch der Titel wurde geändert, obgleich dies noch vor Dr. Karagullas Tod vereinbart worden war.

Man wird verstehen, dass dieses unter so schwierigen Umständen fertiggestellte Buch unterschiedliche Ansichten und Beiträge enthält. Um einen Zusammenhang herzustellen, wurden diese Beiträge von Mrs. Sellon bearbeitet und in ihre vorliegende Form zusammengefügt.

Shafica Karagulla war mir eine teure Freundin und ein Mensch seltener Qualitäten. Sie verband ärztliche und wissenschaftliche Professionalität mit einem völlig offenen Denken und regem Interesse für unerforschte Gebiete. Im Laufe unserer langjährigen Freundschaft erlahmte nie ihre Begeisterung für die Fülle der Möglichkeiten, die sich durch unsere Forschungen eröffneten. Dieses Buch wäre ohne ihr anhaltendes und wohlbedachtes Interesse nicht zustande gekommen, und unsere Bemühungen, es in eine lesbare und verständliche Form zu bringen, seien deshalb ihr gewidmet.


1 Siehe: Janet Macrae, Therapeutic Touch. Kontaktheilung – die heilende Berührung, Aquamarin, Grafing 1989 (Anm. d. Hrsg.).

Danksagungen

In tiefer Dankbarkeit sei an alle jene gedacht, die finanziell zu den Forschungen beitrugen, auf denen dieses Buch beruht: Der Eliot D. Pratt-Stiftung, die einen Drei-Jahres-Zuschuss gab, ohne den wir die Forschungen gar nicht erst hätten beginnen können; sowie Trudy Pratt und ihrem verstorbenen Gatten Eliot, die mit viel Pioniergeist unser Projekt unterstützten. Weiterhin gilt unser Dank all jenen, die die Eliot D. Pratt-Stiftung zur Förderung der Erforschung höhersinnlicher Wahrnehmung unterstützen: Rebekah Harkness und der Harkness-Stiftung, der Lester Finkelstein-Stiftung sowie Irene und dem verstorbenen Lester Finkelstein.

Dank sei auch jenen, die die Higher Sense Perception Research Foundation unterstützten: The Boston Foundation, Annabelle Markson und der verstorbene Yoland Markson; Lynn Charleson für seine anhaltende Unterstützung; Tom und Gayle den Dass; The Midway Foundation und die John E. Fetzer Stiftung.

Dank sei jenen, die großzügig ihre Zeit zur Erforschung der Gaben höhersinnlicher Wahrnehmung zur Verfügung stellten, besonders Frances Farrelly, deren großartiger Humor und gesunder Menschenverstand die Mühe wiederholter Experimente erleichterte.

Dank sei auch Eloise Doerfler, die fünf Jahre lang ihre Zeit geopfert hat, um die Forschungsergebnisse und Protokolle gewissenhaft ins Reine zu schreiben und für ihre Genauigkeit garantiert; ohne ihre Geduld und Hilfe wäre diese Aufgabe ein unmögliches Unterfangen geblieben.

Dank sei den Sekretärinnen für die Niederschrift des Materials – einer Aufgabe, die sich über viele Jahre erstreckte: Evelyn Petersen, Helen English und Maxine Friend.

Dank sei Irene Bagge, die das Manuskript durchlas und hilfreiche Tipps gab.

Dank sei schließlich zwei nahen Verwandten von Shafica Karagulla – Basim Azzam und Fahmi Karagulla –, deren großzügige finanzielle Zuwendungen die Organisation der Forschungsarbeit ermöglichten und sicherstellten, dass die persönlichen Bedürfnisse von Dr. Karagulla so erfüllt werden konnten, dass sie frei genug war, ihre Zeit der Ordnung und Zusammenstellung der Fallbeispiele zu widmen.

Einführung

 

von Shafica Karagulla, M. D.

 

Immerwährendes Flüstern, das Tag und Nacht ergeht:

Etwas Verborgenes – gehe hin und finde es!

Gehe und blicke hinter die Grenzen;

etwas Verlorenes hinter den Grenzen,

Verlorenes wartet auf dich. Mache dich auf!

Rudyard Kipling, The Explorer

 

Vor mehr als fünfzig Jahren – ich besuchte noch das Gymnasium – schrieb meine Lehrerin, Freundin, Kollegin und Mitarbeiterin in der Forschung, Viola Petitt Neal, dieses Gedicht in mein Poesie-Album, und seine Worte kamen mir im Laufe der Zeit immer wieder in den Sinn. Aber was war es – das Verborgene, das ich finden sollte?

Als Ärztin war ich fasziniert vom Arbeiten des menschlichen Geistes, vom menschlichen Bewusstsein mit seinen Myriaden von Ausdrucksformen. Als Neuropsychiaterin beschäftigte ich mich mit seinen abweichenden Ausdrucksformen in Gestalt von Halluzinationen, Illusionen, Sinnestäuschungen und der verlorenen Einsicht in das eigene Verhalten, auch mit zahlreichen Arten von Krankheiten des Gehirns, die zu Infektionen, Atrophien oder Krebs führten.

Die Forschungen von Dr. Wilder Penfield, der Gehirnregionen von Epilepsie-Patienten bei vollem Bewusstsein elektrisch reizte, vermittelten mir eine weitere Dimension des Verständnisses. Dies alles ging meiner Beschäftigung mit den höheren Ebenen der Wahrnehmung voraus, die dem menschlichen Geist offen stehen. Die Entdeckung einiger Menschen, die die Barriere der fünf Sinne durchbrochen hatten, war die nächste Herausforderung, die mich zwang, zu »gehen und hinter die Grenzen zu blicken«.

Wie konnte man solche Fähigkeiten der höheren Wahrnehmung bei denen verifizieren, die behaupteten, sie zu besitzen? Die Suche nach der Entdeckung dessen, was »verborgen« war, führte mich zu Dora Kunz und anderen besonders begabten Menschen, die mir halfen, einen Teil des Geheimnisses Mensch zu verstehen. Die Arbeit, auf der dieses Buch beruht, ging ursprünglich von der Bemühung aus, zu zeigen, dass die Information, die durch höhere Wahrnehmung gewonnen wurde, eine sinnvolle und verifizierbare Grundlage besitzt. Später erst begann ich eine Ahnung von den wirklichen Ursachen von Krankheiten zu gewinnen, die zu physischen und psychischen Dissonanzen führten, und die uns offenbaren, auf welche Weise man Schmerzen lindern und die Gesundheit wiederherstellen kann.

Von Hellsichtigen lernen wir, dass die Persönlichkeit drei Typen von Energiefeldern umfasst – das ätherische oder vitale, das astrale oder emotionale und das mentale. Sie alle umgeben und durchdringen jede Zelle des physischen Körpers. Das Wechselspiel zwischen diesen drei Feldern könnte man vergleichen mit dem, was der Musiker als einen Grundakkord bezeichnet, der aus drei Frequenzen besteht, die in Verbindung mit vier weiteren Noten eine Oktave von sieben Frequenzen ausmacht. Manche Stimmen sagen, dass jeder Mensch ein einzigartiges tonales Muster ausstrahle, das aus seinen individuellen Energiefeldern gebildet wird, die zusammenklingen. Dieser Ton wird manchmal auch als Persönlichkeitsnote bezeichnet. Ein vollkommener Klang ist ein Zeichen von Gesundheit, während Dissonanzen in den Feldern und ihren Hauptzentren auf Krankheit schließen lassen. All dies wird in den folgenden Kapiteln zur Sprache kommen.

Dieses Buch ist Ausdruck der Bemühung, eine Verbindung zwischen der medizinischen Wissenschaft und der Erforschung subtilerer Aspekte und Energien der menschlichen Persönlichkeit zu schaffen, um deren umfassende und enge gegenseitige Abhängigkeit zu zeigen.

Jede der drei Personen, die zur Vorbereitung des Materials für dieses Buch beitrugen, hat ihr eigenes Fachgebiet: Dr. Neal ist verantwortlich für den Vorschlag einer Erörterung des Aufbaus des menschlichen Wesens2 auf der Grundlage theosophischer und esoterischer Vorstellungen; Dora Kunz ist verantwortlich für die hellsichtigen Wahrnehmungen; und ich selbst für die Auswahl und Zusammenfügung des Forschungsmaterials und der medizinischen Interpretationen unserer Untersuchungsergebnisse.

 

Dr. Viola Petitt Neal studierte Physik, Chemie und Psychologie auf dem College und erhielt ihren Ph. D. (entsprechend unserem Dr. phil.; Anm. d. Ü.) von der philosophischen Fakultät der Universität London; ihr Hauptthema waren die Geheimreligionen des Nahen Ostens. Danach lehrte sie über fünfunddreißig Jahre lang, was man unter dem Oberbegriff »ewige Philosophie« zusammenfasst, sowohl im privaten Rahmen als auch an kalifornischen Colleges. Sie arbeitete mit mir beim Verfassen des Buches Breakthrough to Creativity zusammen, wenngleich ihr Name nicht auf dem Cover erscheint. Im Jahre 1978 veröffentlichte sie einen Gedichtband mit dem Titel Fragments of Experience: A Spiritual Journey, und in Through the Curtain (Neal & Karagulla, 1983) bekannte sie sich zu ihren Einsichten in mehrere Dimensionen der Realität und höhere Bewusstseinszustände.3

Dora Kunz wurde mit herausragenden hellsichtigen Fähigkeiten in eine Familie geboren, in der Mutter und Großmutter bereits ähnliche Begabungen gezeigt hatten. In ihrer Kindheit wurden die paranormalen Fähigkeiten im Rahmen ihrer Bekanntschaft mit dem britischen Hellsichtigen Charles W. Leadbeater weiter ausgebildet, der sich durch so bekannte Werke wie Die Chakras und Der sichtbare und der unsichtbare Mensch profiliert hatte. Ihre Fähigkeit, Elfen, Engel und andere Naturgeister wahrzunehmen und im Detail zu betrachten, führte zur Veröffentlichung von zwei Werken: Einer Monografie über das Reich der Engel mit dem Titel The Christmas of the Angels und zu The Real World of Fairies, ein Buch, das uns ein bezauberndes und recht unorthodoxes Bild der Naturgeister vermittelt, die einen festen Bestandteil jeder kulturellen Tradition bilden.4

Dora Kunz war die Sensitive, die ich in meinem Werk Breakthrough to Creativity »Diane« und »DVG« nannte. Sie besitzt die Gabe, nicht nur das Äther- oder Vitalfeld und seine wichtigsten Energiezentren (Chakras) wahrzunehmen, sondern auch das Astral- (Emotional-) und Mentalfeld mit deren entsprechenden Zentren. Durch ihre geduldigen Bemühungen um sorgfältige und detaillierte Beobachtung, eine geübte Deutung und den Zusammenhang mit medizinischen Vorgeschichten wurde diese natürliche Fähigkeit zu einem hohen Grad an Präzision entwickelt. Sie arbeitete mit anderen Ärzten zusammen, um schwierige oder zweifelhafte Fälle zu diagnostizieren, und in jüngeren Jahren spezialisierte sie sich auf das Lehren und Ausüben einer Heilmethode, die als »Therapeutic Touch« bekannt wurde, und die sie gemeinsam mit ihrer Kollegin, Dr. Dolores Krieger, entwickelt hatte.

Von 1975 bis 1987 war Dora Kunz Präsidentin der Theosophischen Gesellschaft in Amerika und Herausgeberin ihrer Zeitschrift The American Theosophist. Seit sie diese Aufgabe abgegeben hat, widmet sie den größten Teil ihrer Zeit dem Heilen. Aufgrund ihrer Fähigkeit, sowohl die Ursachen von Erkrankungen als auch den Heilungsprozess selbst wahrzunehmen, bereichert sie unser Verstehen der Mechanismen von Gesundheit und Krankheit um eine wesentliche Dimension.

Ich selbst bin Ärztin, mein Fachgebiet ist die Neuropsychiatrie. Meine Forschungen nach dem Studium der Psychiatrie (bei Sir David K. Henderson an der Universität Edinburgh) verlangten die eingehende Beschäftigung mit den Krankengeschichten Geisteskranker; darunter befanden sich die verschiedensten Arten von Halluzinationen, Stimmenhören, Visionen und Erlebnissen mit ungewöhnlichen Sinneswahrnehmungen. In manchen Fällen waren solche Symptome eindeutig auf Gehirnschäden zurückzuführen – zum Beispiel die generelle Paralyse beim Geisteskranken, die Alzheimersche Krankheit oder Vergiftungszustände wie nach einer Brom-Intoxikation.

Unterdessen zog das Werk von Dr. Wilder Penfield vom Neurologischen Institut der Universität Montreal, Kanada, meine Aufmerksamkeit an. Sein Buch The Cerebral Cortex of Man schilderte die Auslösung von Halluzinationen und anderen ungewöhnlichen Erfahrungen bei Epileptikern, die bei vollem Bewusstsein Gehirnoperationen unterzogen wurden. Fasziniert von seinem Werk, das die verschiedenen Funktionen der Großhirnrinde kartografisch darzustellen vermochte, reiste ich nach Kanada und hatte das Glück, über dreieinhalb Jahre lang mit Dr. Penfield zusammenarbeiten zu können. Einige der Forschungsarbeiten, die ich seinerzeit durchführte, wurden 1955 im British Medical Journal unter dem Titel »Psychical Phenomena in Temporal Lobe Epilepsy and the Psychoses« (Karagulla/Robertson) veröffentlicht. Darin zeigten wir die Ähnlichkeit der halluzinatorischen Erlebnisse bei psychischen Phänomenen der Schläfenlappen-Epilepsie und bei Schizophrenie.

Bald darauf wurde ich eingeladen, in die Vereinigten Staaten einzureisen, um meine Schizophrenie-Forschungen weiterzuführen, und wurde zur Lehrbeauftragten in Psychiatrie an der Universität New York ernannt. Nach wie vor auf der Suche nach einer Antwort auf das Rätsel der unterschiedlichen Typen von Halluzinationen bei Geisteskranken, nahm ich die Herausforderung an, mich mit einigen unorthodoxen Werken über den menschlichen Geist und seine Möglichkeiten zu befassen, die nicht zu meiner neuropsychiatrischen Ausbildung gehört hatten.

Bevor ich mich auf dieses neue Gebiet wagte, hatte ich also schon mehr als zwölf Jahre die Aspekte des – kranken oder gesunden – menschlichen Geistes erforscht, und mein Wissen als Neuropsychiaterin stammte ausschließlich aus den bekannten, akademisch-schulmedizinischen und wissenschaftlichen Quellen. Meine eigenen Interessen jedoch waren weniger orthodox. Alles, was ich las, schien auf eine weitaus komplexere Sicht des menschlichen Wesens hinauszulaufen, das die Grenzen des körperlichen Gehirns und der fünf physischen Sinne überschritt und die konservativen medizinischen Vorstellungen infrage stellte.

Also begann ich, mich selbst an die Arbeit zu machen. Ein Teil meiner damaligen Forschungen auf dem Gebiet des Paranormalen wurde 1967 in dem Buch Breakthrough to Creativity veröffentlicht, das dokumentierte Beweise für die höheren Bereiche unserer Sinneswahrnehmung vorlegte. Ich sah damals eine Notwendigkeit, die Mechanismen zu entdecken und zu analysieren, die diese höheren Dimensionen der Wahrnehmung beherrschten. Wie kommen sie zustande, und wie funktionieren sie? Es gibt nichts »Übernatürliches« im Universum, und alle Phänomene, die uns so erscheinen, sind nur Indizien unseres Unwissens in Bezug auf die Gesetzmäßigkeiten, die hinter ihnen stehen.

Die Veröffentlichung jenes Buches regte sehr viele Ärzte, Wissenschaftler und andere Personen an, mir in Zuschriften ähnliche Erlebnisse zu schildern, was mich wiederum dazu veranlasste, mithilfe besonders begabter Menschen wie Dora Kunz weitere Forschungen anzustellen. So lernte ich zumindest einen Teil der Mechanismen kennen, die sich durch solche Fähigkeiten ausdrückten.

Die Ergebnisse dieser und anderer Forschungen weisen deutlich auf die Tatsache hin, dass es über die elektrischen und Magnet-Felder hinaus, die sich um alle physischen Formen bilden, noch weitere Arten von Energien und Frequenzen gibt, die wir jedoch mit dem bis heute entwickelten wissenschaftlichen Instrumentarium noch nicht aufspüren können. Aus diesem Grund ist der entsprechend begabte Mensch vorläufig das einzige »Instrument«, das uns für solche Forschungen zur Verfügung steht, in denen die Zusammenhänge zwischen hellsichtigen Wahrnehmungen und medizinischen Diagnosen hergestellt werden. Im Fall von Dora Kunz verlangte ich hinsichtlich ihrer Beobachtungen so viele Einzelheiten, wie überhaupt erreichbar waren.

Bei unserer gemeinsamen Arbeit übernahm ich die Rolle des Forschers, und sie hatte diejenige des Beobachters inne. Zunächst stellte ich ihr durchschnittlich gesunde Versuchspersonen vor, um herauszufinden, wie und was sie wahrnahm. Nach einem Jahr konnte ich die verschiedenen Charakteristika umreißen, die es zur Feststellung des Gesundheits- oder Krankheits-Zustandes zu betrachten galt; danach folgten wir diesen Richtlinien konsequent in jedem einzelnen Fall.

Zu Beginn befassten wir uns mit den allgemeinen Kennzeichen des Ätherkörpers oder Vitalkörpers, seinen Beziehungen zu den Energiewirbeln oder Chakras innerhalb des Feldes sowie den Zusammenhängen der Chakras mit den endokrinen Drüsen und weiteren Zentren. Später untersuchten wir in gewissem Umfang auch das Emotional- und Mentalfeld und deren entsprechende Energiewirbel; aber auf diesem Gebiet der menschlichen Wesensnatur sind noch eingehendere Forschungen nötig.

Die endokrinologische Ambulanz von einer der namhaftesten New Yorker Kliniken war die Hauptquelle unserer medizinischen Materialsammlung. Dora Kunz sprach nie ein Wort zu den Patienten. Sie betrachtete diese lediglich aus einer Entfernung von einigen Metern, während sie im Hintergrund des Warteraumes für ambulante Patienten saß.

Es sollte nicht unerwähnt bleiben, dass Dora Kunz gewohnt war, körperlich gesunde oder emotional gestörte Menschen zu sehen. Hier aber betrachtete sie zum ersten Mal systematisch das Ätherfeld und die Chakras von Schwerkranken; einigen von ihnen hatte man schon Teile des Körpers oder des Drüsensystems operativ entfernt. Wir stellten fest, dass Abweichungen in den ätherischen Hauptchakras ein Anzeichen für eine Tendenz zu Krankheitsprozessen waren, und dass auch der Bereich, in dem diese sich wahrscheinlich manifestieren würden, vorauszusagen war, bereits Jahre bevor die Symptome auftauchten.

Im Laufe unserer weiteren Beobachtungen erfuhren wir, dass ein Geschehen, das in einer Dimension – z. B. auf ätherischer Ebene – seinen Ursprung zu haben schien, tatsächlich in einer noch tieferen Ebene, z. B. der emotionalen oder mentalen, wurzeln konnte. Funktionsstörungen und Tumore der Schilddrüse mögen den Anschein erwecken, vom ätherischen Kehl-Chakra herzurühren; eingehendere Untersuchungen jedoch ergaben unter Umständen, dass die Ursache im Bereich der Emotionen lag. Entsprechend scheinen physisch-körperliche Krankheiten von der ätherischen Ebene herzurühren.

Wir werden Fallbeispiele zitieren, um diesen Punkt zu illustrieren und um unsere Theorie zu untermauern, dass der Mensch eine komplexe Vernetzung miteinander verbundener Vorgänge ist, die sich aus Energien von drei oder mehr universellen Feldern speisen, die wiederum alle eine wesentliche Rolle bei Gesundheit und Krankheit spielen.

Die Hauptaufgabe der Teile Eins, Zwei und Drei dieses Buches besteht darin, einen gewissen historischen Rahmen und Zusammenhang für die Erforschung hellsichtiger Wahrnehmung sowie eine kurze Darstellung vom Aufbau des Menschen aus der Sicht der esoterischen Überlieferung zu geben. Teil Vier bringt die Erforschung solcher Aspekte der menschlichen Persönlichkeit, in denen die hellsichtige Wahrnehmung Gesundheit als einen Zustand der Harmonie und Krankheit als einen Zustand der Dissonanz betrachtet, sowie die medizinischen Angaben zur körperlichen Verfassung der Versuchspersonen. Teil Fünf befasst sich mit der Bedeutung des Bewusstseins als eines ausschlaggebenden Faktors in Gesundheit und Krankheit sowie im persönlichen Wachsen und Wandeln, und bringt ferner einen Ausblick darauf, wohin solche Untersuchungen wie die vorliegenden uns in der Zukunft führen könnten.


2 Als Dr. Karagulla vor vielen Jahren ihre Forschungsergebnisse niederschrieb, gebrauchte sie den Begriff »Mensch« im Sinn einer Artbezeichnung, also für die Bezeichnung von Angehörigen beider Geschlechter gleichermaßen. Der Mensch und die grammatikalisch maskulinen Pronomina wurden aus Gründen der Geläufigkeit übernommen, in der Hoffnung, dass unsere Leser(innen) daran keinen Anstoß nehmen.

3 Aufgrund des frühen Todes von Dr. Neal, im Jahr 1981, vor der Fertigstellung dieses Manuskripts, wurden die Abschnitte, die auf ihrem Material basieren, von Emily B. Sellon durchgesehen, damit ihre esoterische Sicht vom Aufbau des Menschen umfassender dargestellt werden konnte, die die unverzichtbare Grundlage dieses Werkes bildet.

4 Beide Werke in: Im Reich der Naturgeister, Grafing 2017

Teil I: Eine neue Sicht des Menschen

1: Das Heraufdämmern eines neuen Bewusstseins

Der Wind der Wandlung fegt in unserer Zeit in Böen über die Welt. Er weht viele alte Vorurteile hinweg und bringt die Stabilität von Institutionen und die Dauerhaftigkeit von »Wahrheiten« ins Wanken, die man lange für selbstverständlich gehalten hatte. Alle Zeichen deuten darauf hin, dass dem Menschen ein neues Zeitalter der Entdeckungen und Errungenschaften dämmert. Viele sind verstört über die Geschwindigkeit, mit der die Veränderungen anbranden, und befürchten, keine Kontrolle mehr über die nie dagewesenen Entdeckungen und Techniken zu haben, die neue Bereiche des Wissens über die Natur erschließen werden; andere heißen den Wandel willkommen. Alle aber erkennen, dass unser Weltbild sich in den vor uns liegenden Jahrzehnten dramatisch verändern wird.

Wir sind dabei, die Grenzen des Raumes oberhalb und jenseits unseres Planeten zu durchbrechen und erforschen die winzigen inneren Räume der physischen Materie. Beide Entwicklungen führen uns multidimensionell in neue Ebenen des Raum/Zeitlichen und zu Energien, wie wir sie bis dahin noch nicht gekannt haben. Es wurde zur allgemein bekannten, aber dennoch schockierenden Tatsache unseres Lebens im 20. Jahrhundert, dass das alte, wissenschaftliche Bild von einer festen, materiellen Welt einem Universum Platz machen muss, das geladen ist mit ungeheuren Energien. In den Jahren seit der ersten Kernspaltung haben wir entdeckt, dass Ordnung und Verhalten auf atomarer Ebene stabil und dauerhaft sind – was der Welt den Anschein von fester Gestalt verleiht –, aber dass die Energien in diesem Bereich sich mit unglaublichen Geschwindigkeiten bewegen. Diese neue Sicht des Universums als eines stabilen Musters, in dem und durch das sich gewaltige Energieladungen bewegen, verlangt eine Veränderung unseres Weltbildes – einen ganz anderen Begriff der Realität als den, der die Frucht der materialistischen Wissenschaft des 19. Jahrhunderts war.

Bisher konnten wir Menschen uns unseren Kriegs- und Friedensspielen in dem zuversichtlichen Glauben widmen, dass wir Veränderungen unter Kontrolle hätten und die Lebensqualität allein durch Manipulation unserer Umwelt und Umgebung steigern könnten: Die Segnungen der Wissenschaft und Technik würden eine perfekte Gesellschaft hervorbringen. Aber zu unserem Kummer mussten wir entdecken, dass es gerade die scheinbar unkontrollierbaren menschlichen Faktoren sind, die die Welt beherrschen. Allmählich erkennen wir auch, dass es gerade die subtileren Aspekte des Lebens – nicht vorauszuberechnen, schwer zu identifizieren, unmöglich zu messen – sind, die das menschliche Verhalten regieren. Wenn wir dann von der rein menschlichen Ebene weitergehen in den Bereich der alles umfassenden Natur, deren Teil wir sind, so können wir jetzt verstehen, dass das Leben eine sehr komplexe Beziehung zwischen dem Individuum und seiner Umwelt darstellt, und dass diese Umwelt nicht begrenzt ist, sondern die Erde, ja das ganze Universum, umfasst.

Die gegenseitige Abhängigkeit aller Lebewesen, derer wir in wachsendem Maß gewahr werden, hat weitreichende Konsequenzen. In unserem Zusammenhang jedoch wollen wir uns zunächst auf das Faktum konzentrieren, dass es einen ständigen Austausch von Energie zwischen dem Individuum und der Umwelt gibt, den jede Lebensform (sei sie menschlich, tierisch, pflanzlich oder chemisch) im Sinn seiner Selbstorganisation reguliert. Dieser Energie-Austausch ist so konstant und so unverzichtbar für alle lebenden Organismen, dass man ihn als einen universellen Feld-Effekt bezeichnen kann. Darauf werden wir in einiger Ausführlichkeit in dem Teil Die Felder und die Chakras zu sprechen kommen. An dieser Stelle jedoch soll angemerkt werden, dass die Selbstregulation in allen Bereichen der Natur von innen erreicht und nicht von außen bestimmt wird, und dass dies ein gewisses Maß bewusster Kontrolle voraussetzt, selbst für den Fall, dass Bewusstsein sich in diesem Zusammenhang sehr von dem unterscheidet, was wir auf menschlicher Ebene als Bewusstsein erleben. Erich Jantsch schrieb in The Self-Organizing Universe: »Wenn wir Bewusstsein als den Grad von Autonomie definieren, den ein System in den dynamischen Beziehungen mit seiner Umgebung gewinnt, dann besitzen selbst die einfachsten … Systeme, wie z. B. chemisch dissipative Strukturen, eine primitive Form von Bewusstsein.« Die alles durchdringende Rolle des Bewusstseins auf jeder Organisationsebene ist als wichtige Grundlage des hier dargestellten Werkes zu postulieren.

Die weiteren Konsequenzen aus dem hieraus hervorgehenden Paradigma sind noch nicht abzuschätzen. Was Leben ist, und was es bedeutet, ein ganzer, heiler, funktionierender, gesunder, lebendiger Organismus zu sein, wird als multidimensionaler Prozess zu verstehen sein, der ein feines, dynamisches Gleichgewicht vieler Energiesysteme und Integrationsebenen bedingt. Dieser Aufzählung wären hinzuzufügen: Viele Ebenen des Bewusstseins, selbst innerhalb des physischen Organismus, denn jedes dieser Systeme »kennt« seine eigene Funktion. Diese subtileren Daseinsebenen sind darüber hinaus jedoch universell (zumindest, soweit es diese Erde betrifft), denn die beteiligten Energien sind ebenso sehr ein Teil der Existenz wie die Schwerkraft oder der Elektromagnetismus. Kein lebendes Teilchen kann sich ihnen entziehen. Damit überschreiten wir bereits den Rahmen einer rein mechanistischen Interpretation des Begriffs Leben.

Die Vorstellung von Feldern wird heute bereits jedem Schulkind nahegebracht, dem man ein Experiment zeigt, das beweist, dass sich um einen stromdurchflossenen Leiter ein magnetisches Feld bildet. Andere physikalische Feldphänomene lassen sich ebenso leicht demonstrieren, wenngleich das Aufspüren nuklearer Felder ein feineres Instrumentarium voraussetzt. Wenn wir aber ein universelles Lebens- oder Vitalfeld postulieren – und das tun wir hier – wird es noch wesentlich schwieriger, dies auf greifbare Weise zu demonstrieren, denn es gibt noch keine wissenschaftlichen Instrumente, die in der Lage wären, das Vorhandensein eines solchen Feldes anzuzeigen. Doch »Leben« – auch wenn es vorläufig noch nicht definiert wurde – ist real, und alle Formen des Lebendigen (als offene Systeme) besitzen spezielle Charakteristika, die sie von anorganischer Materie unterscheiden. Die wichtigste dieser Eigenschaften ist die Fähigkeit, Energie (die wir Vitalität nennen) ohne ein äußeres Hilfsmittel zu ergänzen; dazu ist keine Maschine in der Lage.

Der Gedanke, dass die Erde in eine Reihe universeller Felder eingebettet ist, soll hier weitergeführt werden und sich nicht nur auf die Lebensenergie (deren Auswirkungen auf solche physisch-körperlichen Prozesse wie das Immunsystem zu messen bis heute noch nicht möglich ist), sondern auch auf Denken und Fühlen erstrecken, die wir als universelle Begleiterscheinungen des Lebens betrachten. Alle Lebewesen zeigen Unterscheidungsvermögen (Zu- und Abneigungen) und freien Willen. Das Leben ist ein Lernprozess, und der Begriff Evolution setzt ein Wachsen im angesammelten Wissen voraus.

Dieser Prozess ist im Menschen beträchtlich beschleunigt. Aber bei uns wird die Anhäufung von Wissen kritischer, denn sie zieht die praktische Nutzung des gesammelten Wissens nach sich. So wurden Selbsterkenntnis und ein Sinn für die höheren Möglichkeiten des menschlichen Geistes zu einem Muss für unser Überleben.

Aus der neuen Sicht des menschlichen Lebens, die sich allmählich entfaltet, umfassen die inneren Quellen des Menschen nicht nur seine körperlichen Aspekte, sondern auch einen Prozess zum Vitalitätsnachschub sowie ein fast unberührtes, ungenutztes Reservoir höherer Energien, die Denken und Fühlen mit dem physischen Körper harmonisieren und damit das ganze Leben bereichern können.

Welches sind solche Konsequenzen?

Wenn die Menschen immer deutlicher erkennen, dass der Körper ein Gefährt ist, das das Selbst für seine eigenen Zwecke (ob gut oder schlecht, konstruktiv oder destruktiv) benutzt, wird dieses zunehmende Selbstgewahrsein Phasen der Ruhelosigkeit auslösen wie jene, die in der heutigen Zeit über Einzelne ebenso wie über ganze Nationen hinwegrollen. Freiheit zum Selbstausdruck ist das Kriterium des modernen Lebens. Obschon manche der Resultate dieses Phänomens negativ sind, ja sogar destruktiv, zeigt es doch, dass das erwachende Selbst im Menschen bestrebt ist, komplexere Aspekte seines Wesens zu erkunden und weitere Bereiche des Erlebens kennenzulernen.

Gewisse Aspekte dieser neuen Bewegung – z. B. die ethischen Zusammenhänge jüngerer medizinischer und biochemischer Entdeckungen – sind umstritten; andere – darunter besonders jene, die mit höheren Energiefeldern zu tun haben – werden nicht allgemein akzeptiert. Sie alle sind sehr vielversprechend in Bezug auf ein wachsendes Verständnis im Menschen, aber sie bergen auch manche Gefahren. Das ganze Gebiet ist eine neue, erst noch zu erkundende Welt, in der sich nur wenige Wegweiser oder Glaubwürdigkeitskriterien anbieten. Deshalb ist Wissen von entscheidender Bedeutung, damit wir uns nicht in irrationale Überzeugungen verlaufen oder aufgrund unzureichender Indizien zweifelhafte Schlussfolgerungen akzeptieren.

Notwendig ist aus unserer Sicht eine gewissenhafte Untersuchung des Postulats, dass der Mensch ein intelligentes, bewusstes Selbst ist, das gleichzeitig auf mehreren Ebenen seiner Komplexität funktioniert – physischer, vitaler, emotionaler und mentaler – und ständig mit den universellen Energien der Natur interagiert. Darüber hinaus aber gibt es noch eine viel tiefere Ebene des Seins: Die Seele mit all ihren Charakteristika wie Intentionalität, Integration, Kreativität, Mitgefühl, Einsicht und schließlich auch spirituellem Gewahrsein.

Diese Lehre ist alles andere als neu; sie war Teil der esoterischen Tradition des Ostens wie des Westens seit zahllosen Generationen. Neu jedoch ist der Versuch, in dieser esoterischen Sicht des Menschen den gewaltigen Zuwachs zeitgenössischen Wissens zu lokalisieren und zu integrieren, um eine echte Wissenschaft vom Selbst zu entwickeln. Falls sie gelingt, kann diese Bemühung uns Perspektive, Werkzeuge und Anreiz geben, einen Quantensprung in unserem Verstehen des menschlichen Wesens und des Bereichs menschlicher Möglichkeiten zu unternehmen.

2: Über die Barriere der Sinne hinaus

Auf ihrer langen Evolutionsreise des Lebens auf diesem Planeten haben sich Formen des Lebendigen innerhalb der engen, von der Natur gesetzten Grenzen entwickelt. Wie die Raupe in ihrem Kokon, so war auch das Erleben des Menschen beschränkt auf die Reichweite seiner fünf Sinne. Als bewusster Wahrnehmender und Beobachter seiner physischen Umwelt war er sich des Vorhandenseins anderer Dimensionen der Realität, die ihn überall umgeben, weitgehend nicht gewahr. Dies gilt in besonderem Maß für den modernen Menschen.

Aber heute erkennen wir, dass die sinnlich zu erfahrende Welt weit davon entfernt ist, der einzige »reale« Erfahrungsbereich zu sein, und dass die Sinne uns lediglich Eindrücke vermitteln, die unser Gehirn und Denken gemäß ihrer eigenen, inneren Sicht interpretieren. Darüber hinaus sind die engen Grenzen der Sinneswelt in der Auflösung begriffen, seit unser Wissen sich weitete und auch die Realität der Quantenwelt und solche Informationen umfasst, die aus dem äußeren Raum auf uns einprasseln. Die Möglichkeit, unser Verstehen auf Bereiche auszudehnen, die uns aufgrund der Beschränktheit der Sinne lange Zeit verborgen waren, eröffnet uns eine sich immer weiter ausdehnende Welt – eine Welt, die alles andere als verborgen ist, da wir nun sehen, dass sie uns überall umgibt und selbst ein Teil unseres Wesens ist.

Wenn wir uns aufmachen, die Welt der subtileren Wahrnehmung zu erforschen, kommt eine Reihe von Fragen auf. Welches sind die Wahrnehmungsmechanismen der verborgenen Welt, die jenseits der Reichweite unserer Sinne liegt? Können wir die Fähigkeit dazu entwickeln, kreativ und konstruktiv von ihr Gebrauch zu machen?

In diesem Stadium unseres Suchens und Fragens befinden wir uns noch weitgehend in der Position der Blinden im Gleichnis, von denen ein jeder versuchte, einen Elefanten zu beschreiben anhand dessen, was sie von ihm zu fassen bekamen. Ähnlich wäre es in einem Dorf mit hundert Einwohnern, von denen achtundneunzig farbenblind sind und erwartungsgemäß sehr skeptisch den Darstellungen der beiden übrigen gegenüberständen, die das ganze Spektrum der Farben des Regenbogens wahrnehmen können. Vermutlich wären sie fast sicher, dass die beiden Farbenseher Visionäre seien, Märchen erzählten oder Halluzinationen haben müssten. Wenn aber im Laufe der Zeit schließlich zwanzig Prozent der Bevölkerung lernten, das ganze Farbspektrum wahrzunehmen, könnten die Übrigen in Erwägung ziehen, die Möglichkeit einzuräumen, dass es Farben gibt, auch wenn sie diese selbst noch nicht schauten. Diese Geschichte entspricht etwa der gegenwärtigen Situation der außersinnlichen Wahrnehmung.

Es gibt viele Anzeichen, die darauf schließen lassen, dass das nächste große Abenteuer für die Menschheit im Bereich des Bewusstseins stattfinden wird, und dass ein weites Feld noch unerforschter Möglichkeiten auf uns wartet. Damit mögen zahlreiche Fragen auftauchen, die noch nicht beantwortet sind. Wo sind die Grenzen des Selbst? Wo fangen Selbst und Umwelt an beziehungsweise wo hören sie auf? Können wir zuverlässige Mechanismen entwickeln, um diese subtilen Wechselbeziehungen zu entdecken?

Wie die fünf physischen Sinne uns Zugang zu einem gewissen Bereich der physischen Realität verschaffen, erlauben uns die höheren Sinne, Elemente der übersinnlichen Welt wahrzunehmen. Zur höhersinnlichen Wahrnehmung gehört das Hellsehen (»Klar-Sehen«), worunter man im Allgemeinen die Fähigkeit versteht, das Vital- und/oder das Emotionalfeld wahrzunehmen. Da solche Wahrnehmungsmöglichkeiten bisher sowohl exotisch als auch idiosynkratisch anmuteten (da sie nur wenigen zu eigen waren), haben die Wissenschaftler und Forscher von heute noch nie den Versuch angestellt, sie auf irgendeine Weise systematisch zu erforschen oder die Mechanismen zu verstehen, die die Existenz solcher Phänomene gestatten. In einer der wissenschaftlichen Vorgehensweise verschriebenen Kultur muss eine solche Nachlässigkeit den Eindruck erwecken, als gründe sie in einem fundamentalen Vorurteil oder Missverständnis.

Wissenschaftler sagten, es liege außerhalb des Bereiches ihrer jeweiligen Disziplin, Behauptungen nachzugehen, dass es möglich sei, Zustände der Materie wahrzunehmen, die subtiler sind als der grobstofflich-physische Bereich. Aus diesem Grund machte die überaus gründliche Arbeit von J. B. Rhine – auf dem Gebiet der Telepathie und des Hellsehens – auf die wissenschaftliche Gemeinde nur wenig Eindruck. Naturwissenschaftler dagegen, die sich mit der Realität der Quantenphysik befassen, erforschen Wahrscheinlichkeiten und Unwägbarkeiten, die weit entfernt sind von den sogenannten Fakten und Gegebenheiten unserer grobstofflichen Welt und sich nur anhand ihrer Auswirkungen »beobachten« lassen. Ist es denn nicht wahrscheinlich, dass wir – wenn wir unsere Erkundungen auf die subtileren Aspekte jener Welt ausdehnen – diese Dimensionen als ebenso gesetzmäßig und dem Verstehen zugänglich vorfinden wie die komplexe und unklare Welt der Quantenphysik?

Dennoch gibt es einige Forschungsarbeiten auf diesem Gebiet, bei denen der Mensch selbst als Sensor, als Sinnesorgan eingesetzt wird, zum Beispiel bei der Praxis von Heilweisen wie »Therapeutic Touch«. Sensitive, die die Interaktion von Vitalitäts-, Emotions- und Gedankenprozessen beobachten können, heben diese Interaktionen aus dem Bereich des bloß Subjektiven heraus. Doch ihre Beobachtungen divergieren in Grad, Klarheit und Verständnis. Manche von ihnen nehmen nur das Äther- oder Lebensfeld wahr, andere sowohl das Feld als auch die ätherischen Zentren (Chakras), die ein wesentliches Element in dem Grundmuster bilden, das den Menschen – sowohl als individuelle Persönlichkeit als auch als Angehöriger der Spezies Mensch – charakterisiert. Einige Hellsichtige sehen das Astral- oder Emotionalfeld, aber nicht das Ätherfeld. Solche Medien nehmen in der Regel die Chakras innerhalb des Emotionalfeldes nicht wahr, wenn sie nicht dazu ausgebildet oder von Natur aus sehr befähigt sind. Das mentale Feld und seine Zentren werden nur von jenen geschaut, die einen hoch entwickelten Typus spezialisierter Hellsichtigkeit besitzen.

Durchbrüche in diese Ebenen der Realität trafen bisher auf sehr viel Konfusion und Missverständnis. Die Folge war eine Flut von »medialer« Literatur sehr unterschiedlicher Qualität und Glaubwürdigkeit, deren Exponenten durchweg behaupten, genaue Informationen über die übersinnlichen Dimensionen des menschlichen Erlebens zu liefern. Leider akzeptieren viele Menschen – gelangweilt und unzufrieden mit der heutigen Welt und ihrem Verlust von Werten und Maßstäben – solche Darstellungen völlig kritiklos. Diese Enthusiasten stürzen sich oft in eigenes Experimentieren, ohne auf die Fallgruben achtzugeben, die ihnen bei ihrem Eindringen in einen neuen Erlebnisbereich ohne Vorwissen oder Vorbereitung leicht begegnen könnten. Wie das Vermögen zu gehen oder zu fliegen, müssen auch solche Fähigkeiten schrittweise entwickelt werden. Das erfordert Zeit, Geduld und viel mehr Anstrengungen als jene aufzuwenden bereit wären, die gierig nach neuen Sensationen dürsten. So wird das Interesse an der sogenannten psychischen Welt oft mehr ein Versuch, aus den Begrenztheiten des alltäglichen Lebens zu entfliehen, als ein ernst zu nehmendes Streben nach neuem Wissen.

Diese Situation ändert nichts an der Tatsache, dass viele Menschen in unserer Zeit unterschiedliche Grade paranormaler Begabung zeigen, unter anderem Hellsehen, Hellhören, Präkognition, Telepathie, Psychometrie, Rutengehen und Heilen. Allmählich sieht es so aus, als träten diese Fähigkeiten immer stärker hervor und würden eines Tages möglicherweise ein normaler Teil des menschlichen Bewusstseins. Wenn wir die bereits erläuterte Vorstellung akzeptieren – dass die Evolution ein Lernprozess ist –, wird uns klar, dass Lebewesen ständig neue Fähigkeiten entwickeln, um mit ihnen kreativ auf die Gegebenheiten ihrer Umwelt anzusprechen. Wenn dies so ist – sollten dann nicht alle Menschen beginnen, ihre Wahrnehmung auf übersinnliche Bereiche auszuweiten und die Fähigkeit entwickeln, umfassendere Dimensionen der Realität zu erkunden?