Cover

WARRIOR CATS

Staffel I

In die Wildnis (Bd. 1)

Feuer und Eis (Bd. 2)

Geheimnis des Waldes (Bd. 3)

Vor dem Sturm (Bd. 4)

Gefährliche Spuren (Bd. 5)

Stunde der Finsternis (Bd. 6)

Staffel II – Die neue Prophezeiung

Mitternacht (Bd. 1)

Mondschein (Bd. 2)

Morgenröte (Bd. 3)

Sternenglanz (Bd. 4)

Dämmerung (Bd. 5)

Sonnenuntergang (Bd. 6)

Staffel III – Die Macht der drei

Der geheime Blick (Bd. 1)

Fluss der Finsternis (Bd. 2)

Verbannt (Bd. 3)

Zeit der Dunkelheit (Bd. 4)

Lange Schatten (Bd. 5)

Sonnenaufgang (Bd. 6)

Staffel IV – Zeichen der Sterne

Der vierte Schüler (Bd. 1)

Fernes Echo (Bd. 2)

Stimmen der Nacht (Bd. 3)

Spur des Mondes (Bd. 4)

Der verschollene Krieger (Bd. 5)

Die letzte Hoffnung (Bd. 6)

Staffel V – Der Ursprung der Clans

Der Sonnenpfad (Bd. 1)

Donnerschlag (Bd. 2)

Der erste Kampf (Bd. 3)

Der Leuchtende Stern (Bd. 4)

Der geteilte Wald (Bd. 5)

Der Sternenpfad (Bd. 6)

Staffel VI – Vision von Schatten

Die Mission des Schülers (Bd. 1)

Donner und Schatten (Bd. 2)

Zerrissene Wolken (Bd. 3)

Dunkelste Nacht (Bd. 4)

Fluss aus Feuer (Bd. 5)

Wütender Sturm (Bd. 6)

Staffel VII – Das gebrochene Gesetz

Verlorene Sterne (Bd. 1)

Eisiges Schweigen (Bd. 2)

Schleier aus Schatten (Bd. 3)

Finsternis im Inneren (Bd. 4)

Ort ohne Sterne (Bd. 5)

Special Adventure

Feuersterns Mission

Das Schicksal des WolkenClans

Blausterns Prophezeiung

Streifensterns Bestimmung

Gelbzahns Geheimnis

Riesensterns Rache
Brombeersterns Aufstieg

Mottenflugs Vision

Habichtschwinges Reise

Tigerherz’ Schatten

Krähenfeders Prüfung

Eichhornschweifs Hoffnung

Graustreifs Versprechen

Short Adventure

Wolkensterns Reise

Distelblatts Geschichte

Nebelsterns Omen

Taubenflugs Schicksal

Ahornschattens Vergeltung

Tigerkralles Zorn

Blattsees Wunsch

Die unerzählten Geschichten

Tüpfelblatts Herz

Rabenpfotes Abschied

Wege zum SchattenClan

Mystische Spuren

Die Welt der Clans

Das Gesetz der Krieger

Die letzten Geheimnisse

Von Helden und Verrätern

Legendäre Kämpfe

Deine Welt der Clans

Alle Abenteuer auch als E-Books bei Beltz & Gelberg

www.warriorcats.de

Erin Hunter ist ein Autorinnenteam und inspiriert von der Liebe zu Katzen und der Faszination von der Wildnis. Immer mit dem größten Respekt gegenüber der Natur in all ihren Formen, findet Erin Hunter mystische Erklärungen für das Verhalten der Tiere und erschafft magische Welten.

Das Team ist ebenfalls Autor_in von Bravelands und den Survivor Dogs.

Besonderen Dank an Kate Cary

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DIE HIERARCHIE DER KATZEN

DONNERCLAN

SCHATTENCLAN

SPRINGSCHRITT – grau getigerte Kätzin

WOLKENCLAN

WINDCLAN

FLUSSCLAN

PROLOG

Brombeerstern zitterte in dem eisigen Wind, der den Schnee vom gefrorenen Moor aufwirbelte und an seiner Schnauze brannte. Sein Körper war so kalt wie die Luft um ihn herum, aber das bemerkte er kaum. Er starrte auf den Leichnam, der im Schutz einer kleinen Schneehöhle lag. Das bin ich. Der Gedanke klang wie ein weit entferntes Jaulen. Er war wie betäubt vor Entsetzen. Ein Fieber hatte viele Tage in seinem Körper gewütet und ihn schließlich eines der neun Leben gekostet, die er als Anführer des DonnerClans vom SternenClan geschenkt bekommen hatte.

Vor der Höhle stand Häherfeder, die blinden Augen nervös auf Pfützenglanz gerichtet, neben ihm betrachtete Erlenherz hohläugig Brombeersterns Körper. Er hat miterlebt, wie ich gestorben bin. Brombeerstern sah das Zittern seines Sohns und wünschte sich, er könnte ihn trösten.

Neben Taubenflug traten Schattenpfote und Tigerstern nervös von einer Pfote auf die andere. Sie warten darauf, dass ich aufwache. Brombeerstern schaute über die trostlose, weiße Moorlandschaft vor ihm und erinnerte sich vage, dass seine Clan-Gefährten ihn hierhergebracht hatten, in der Hoffnung, die bittere Kälte würde sein Fieber heilen. Wie lange es dauern mochte, bis sein nächstes Leben begann? Wieder sah er erwartungsvoll auf seinen toten Körper und hob dann den Blick zum Himmel. Er wartete darauf, dass Sternenlicht durch die mit Schnee beladenen Wolken drang. Wird mich der SternenClan bald willkommen heißen? Werde ich mir mit meinen Vorfahren die Zunge geben, bevor ich in meinen Körper zurückkehre?

Der Wind nahm zu und ein Herzschlag nach dem anderen verstrich. Brombeersterns Schwanz zuckte. Furcht zog prickelnd durch seinen Pelz. Er war noch nie zuvor gestorben. Was würde jetzt geschehen?

»Brombeerstern ist tot. Endgültig.« Häherfeders Stimme drang durch den Sturm. Brombeerstern starrte ihn an. Nein! Ich bin hier! Ich bin bereit, zurückzukommen. Er versuchte zu sprechen, brachte aber kein Wort heraus, und Häherfeder fuhr fort: »Der SternenClan hat uns offenbar vergessen.«

In diesem Moment verschlang ihn der Schneesturm. Brombeerstern kämpfte, gegen den Wind, der an seinem Fell riss, und gegen den Schnee, der ihn blendete, in seine Nase drang und in seinen Ohren brannte. Der Boden schien unter ihm nachzugeben. Er versuchte, die Krallen in die Erde zu schlagen, doch der Sturm riss ihn mit sich, und sein Herz stockte. Ist das der Tod?

Kurz darauf stand er im DonnerClan-Lager und sah auf seinen Körper hinab, der zur Totenwache auf die Lichtung gelegt worden war. Das Lager war dunkel. Wie viel Zeit war vergangen, seit er draußen auf dem Moor gewesen war? Sie werden mich begraben. Heiße Panik flackerte in ihm auf. Ich bin nicht tot! Ich bin hier!

Eichhornschweif sprach gerade. Der Kummer raubte ihm den Atem, als er ihre von Trauer erstickte Stimme hörte. Etwas stimmte hier nicht. Wie konnte es sein, dass er seine eigene Totenwache mitansah? Hatte ihm der SternenClan alle Leben weggenommen? Habe ich sie beleidigt? Er tappte um seinen toten Körper herum. Die Blicke seiner Clan-Gefährten waren auf Eichhornschweif gerichtet, ihre Augen hohl vor Trauer. Würde der SternenClan ihn nun bald holen kommen? Hoch über dem Lager leuchteten die kalten, fernen Sterne zwischen den Zweigen.

»Möge der SternenClan deinen Pfad erleuchten, Brombeerstern.« Häherfeder neigte den Kopf vor Brombeersterns Körper. »Wir wünschen dir reichlich Beute, dazu Pfoten, so schnell wie der Wind, und einen sicheren Unterschlupf, wenn du müde bist.« Während der Heiler sprach, sah Brombeerstern, wie ein Schauder durch seinen Leichnam fuhr, und er spitzte aufgeregt die Ohren. Also würde er doch endlich ein weiteres Leben bekommen. Er wappnete sich, jeden Moment zurück in seinen alten, vertrauten Pelz gezogen zu werden, während sein Herz vor Erleichterung fast zerschmolz. Nun zuckten auch die Beine des Leichnams und bewegten sich. Dann schlug er die Augen auf.

Das bin ich nicht! Sein Körper bewegte sich ohne ihn. Wie konnte das sein? Brombeerstern beobachtete, wie er sich auf die Seite drehte und auf die Pfoten stemmte. Dann tappte er zu Eichhornschweif und neigte den Kopf. »Sei gegrüßt«, miaute der Fremde. »Es ist schön, wieder bei dir zu sein.«

Brombeerstern wurde ganz schlecht, als sich Eichhornschweif an ihn schmiegte.

»Er lebt!«, hallte Stachelfrosts Ruf durch das erschrockene Maunzen seiner Clan-Gefährten. »Der SternenClan hat uns nicht verlassen!«

Brombeerstern wich zurück. Er traute seinen Augen nicht, als er sah, wie sein Körper zwischen seinen Clan-Gefährten umherging. Irgendetwas musste furchtbar falsch gelaufen sein. Das bin ich nicht! Er musste das einer Katze sagen. Seine Gedanken rasten. Baum kann doch mit den Toten sprechen! Wie ein Blitz schlug der Gedanke in ihm ein. Vielleicht auch mit mir. Mit angstgesträubtem Fell floh Brombeerstern in den Wald. Ich muss das wieder in Ordnung bringen!

1. KAPITEL

Renn weiter! Wurzelpfote wagte nicht, sich umzudrehen.

»Warte! Du musst mir helfen! Bitte!« Brombeersterns klagendes Geheul hallte durch den Wald.

»Lass mich in Ruhe!« Mit hämmerndem Herzen stieß Wurzelpfote sich noch fester von dem gefrorenen Waldboden ab. Warum jagte der DonnerClan-Anführer hinter ihm her? Was hatte Brombeerstern auf WolkenClan-Territorium zu suchen? Und warum sah er aus wie ein Geist?

Wurzelpfotes Gedanken wirbelten, seine Pfoten donnerten über den Boden. Brombeerstern kann kein Geist sein. Er ist nicht tot! Er hat nur ein Leben an das Fieber verloren. Aber er war ein Clan-Anführer; er war zurückgekommen. Er lebte. Warum hatte Wurzelpfote dann die Bäume durch Brombeersterns schimmernden Pelz sehen können? Warum hatte er nicht nach DonnerClan gerochen? Warum waren seine Pfoten völlig geräuschlos über die harte Erde geprescht?

Da schnappte etwas Langes, Rankenartiges nach Wurzelpfotes Bein. Er stolperte, machte einen Purzelbaum und landete hart am Boden. Noch während des Aufpralls riss er seine Pfote wieder aus der Schlinge. Der Schreck über diesen Sturz verscheuchte seine Panik. Einen Moment lang lag er still da und wartete, bis er ruhig atmen konnte. Dann erst stand er auf. Ein stechender Schmerz zog durch die Pfote, die sich in der Wurzel verfangen hatte. Er musterte den Weg, den er entlanggerannt war. In der Ferne bewegte sich etwas. Brombeerstern? Er erstarrte und sein Magen zog sich zusammen. Dann sah er, dass es nur ein Farnwedel war, der sich im Wind wiegte, und entspannte sich wieder. Er hob die Pfote, über die er gestolpert war, und bewegte sie vorsichtig. Sobald der Schmerz nachließ, verlagerte Wurzelpfote das Gewicht auf die Pfote und stellte erleichtert fest, dass sein Bein nicht verletzt war.

Wieder sah er sich nach Brombeerstern um. Der Wald war völlig verlassen. Er schüttelte seinen Pelz. Hab ich mir das nur eingebildet? Dabei war er sich so sicher gewesen, den geisterhaften DonnerClan-Anführer gesehen zu haben. Da erschrak er auf einmal. War Brombeerstern etwa erneut gestorben? Wurzelpfote erzitterte. Vielleicht war das Fieber, das ihn ein Leben gekostet hatte, zurückgekehrt und hatte ihn erneut getötet? Aber warum sollte ich seinen Geist sehen? Furcht stieg in ihm auf. Bin ich etwa wie Baum? Sein Vater hatte schon immer tote Katzen sehen können. War es möglich, dass Wurzelpfote diese Gabe von ihm geerbt hatte?

Der junge Kater erschauderte. Er wollte nicht so eine merkwürdige Katze sein wie Baum. Es war schon schlimm genug, dass er Baums Sohn war und von seinen Clan-Gefährten wie das Junge eines fünfbeinigen Eichhörnchens behandelt wurde. Er wollte einfach nur wie seine Baugefährten sein – ein normaler Krieger mit einer normalen Kriegerfamilie. Verärgert hob er den Kopf. Er würde zurück auf die Lichtung gehen. Wenn das der echte Brombeerstern gewesen war, trieb er sich vielleicht noch dort herum und konnte ihm erklären, wieso er gekommen war. Und sollte sich herausstellen, dass sich Wurzelpfote den DonnerClan-Anführer nur eingebildet hatte, dann wusste er wenigstens, dass es nichts gab, wovor er Angst haben musste. Vielleicht hatte auch einfach nur der Wind die Schatten erzittern lassen, sodass sie wie ein getigerter Pelz aussahen.

Erleichtert trottete Wurzelpfote zu der Lichtung zurück. Als er sich der kleinen Waldwiese näherte, stellte er das Fell auf gegen die Kälte. Mit mutig gereckter Brust tappte er den Hang hinunter und blieb in der Mitte stehen. Er spitzte die Ohren und sah sich um, entdeckte aber keine Spur von Brombeerstern, weder von dem Krieger noch von seinem Geist. Es hing auch kein Katzengeruch in der Luft. Dafür zogen Schatten über den Boden. Wurzelpfote schüttelte den Kopf. Er hatte keinen Geist gesehen. Das war alles nur Einbildung gewesen.

Er hob den Kopf zum Himmel, wo die Sonne schon hoch über den Bäumen stand. Sein Herz schlug schneller. Er war zu spät! Tausprung erwartete ihn sicher schon zum Training. Haken schlagend jagte Wurzelpfote zwischen den Bäumen zurück zum Lager.

»Wie schön, dass du doch kommst.« Tausprung wartete vor dem Farneingang auf ihn und schnippte genervt mit dem Schwanz, als Wurzelpfote den Hang zu ihm hinuntersprang.

»Entschuldigung!«, keuchte der Schüler.

»Wir wollten doch üben, uns an Beute anzuschleichen.« Sein Mentor war verärgert.

»Das können wir doch trotzdem machen«, miaute Wurzelpfote entschuldigend.

Tausprung schnaubte nur. »Ein Krieger kommt immer pünktlich.«

»Ich bin abgelenkt worden.« Wurzelpfote senkte den Blick zu seinen Pfoten. Keine sehr überzeugende Entschuldigung, aber wie sollte er seinem Mentor erklären, dass er den Geist einer Katze gesehen zu haben glaubte, die nicht mal tot war? Er wollte auf keinen Fall, dass Tausprung ihn genauso seltsam fand wie Baum.

Der Kater peitschte mit dem Schwanz. »Sieh zu, dass das nicht wieder vorkommt«, miaute er. »Du musst noch viel lernen. Wenn du vor der Blattgrüne zum Krieger ernannt werden willst, dürfen wir keine Zeit verschwenden.«

Wurzelpfote neigte gehorsam den Kopf. Da raschelten die frostbraunen Farne, und Habichtschwinge kam aus dem Lager, gefolgt von Pflaumenweide und Nesselspritzer.

»Hallo, Tausprung.« Der zweite Anführer des WolkenClans blieb neben dem grauen Kater stehen und warf Wurzelpfote einen kurzen Blick zu. »Wie macht sich dein Schüler?«

»Nicht übel.« Tausprung bedachte Wurzelpfote mit einem scharfen Blick. Wurzelpfote erstarrte. Würde sein Mentor Habichtschwinge verraten, dass er zu spät zum Training gekommen war? »Er ist ein guter Jäger und sein Kampfgeschick macht große Fortschritte.«

Wurzelpfote war erleichtert.

»Das freut mich zu hören.« Habichtschwinge nickte. »Ich gehe mit einer Patrouille zur DonnerClan-Grenze. Die Geruchsmarkierungen beim See sind schon etwas alt.«

»Das ist ein weiter Weg«, bemerkte Tausprung.

»Ja«, bestätigte Habichtschwinge. »Aber wir müssen dafür sorgen, dass der SchattenClan und der DonnerClan diesen Teil unseres Territoriums respektieren. Es ist der einzige Zugang zum See für uns.«

Während die Krieger miteinander sprachen, überlegte Wurzelpfote fieberhaft. Der DonnerClan würde bestimmt wissen, ob Brombeerstern tot war. Vielleicht würde eine DonnerClan-Patrouille ihnen die Neuigkeit mitteilen. Dann wüsste er genau, ob er vielleicht doch Brombeersterns Geist gesehen hatte. Ich muss unbedingt mithelfen, die Grenze neu zu markieren. Er wandte sich an Tausprung. »Ich war schon eine Weile nicht mehr am See«, miaute er. Sein Mentor blinzelte überrascht, als Wurzelpfote fortfuhr: »Können wir uns der Patrouille nicht anschließen, damit du mir noch mal zeigen kannst, wo genau die Grenzmarkierungen sein müssen? Ich weiß es schon nicht mehr genau.«

Habichtschwinge spitzte die Ohren. »Nun, ihr könnt gern mitkommen.« Er sah Tausprung an. »Oder hattest du andere Pläne?«

Der Schwanz des Kriegers zuckte. »Eigentlich wollten wir üben, wie man sich an Beute anpirscht.« Neugierig musterte er Wurzelpfote. »Aber das können wir auch beim nächsten Sonnenaufgang machen.«

»Dann können wir die Patrouille begleiten?« Wurzelpfote sah seinen Mentor eifrig an.

»Klar.«

Wurzelpfote senkte den Blick. Er hatte Angst, Tausprung könnte seine Erleichterung bemerken und sich fragen, weshalb sein Schüler so an der DonnerClan-Grenze interessiert war.

Seine Pfoten schmerzten, als sie endlich den Streifen Land zwischen dem SchattenClan- und dem DonnerClan-Territorium erreicht hatten, der hinunter zum See führte. Tausprung hatte die Wanderung genutzt, um ihm den Wald genauer zu erklären. Er hatte ihm verschiedene Beutefährten gezeigt und an welchen Zeichen man erkannte, ob die Vögel rechtzeitig vor der Blattfrische mit dem Nestbau begonnen hatten. Wurzelpfote bemühte sich sehr, ihm aufmerksam zuzuhören, aber seine Gedanken kreisten die ganze Zeit um Brombeersterns Geist. Je weiter er von der sonnigen Waldwiese entfernt war, wo er die Erscheinung bemerkt zu haben meinte, desto überzeugter war er, dort etwas gesehen zu haben. Vielleicht hatte der SternenClan ihm eine Vision des DonnerClan-Anführers geschickt. Aber warum sollten die Urahnen ausgerechnet ihm so etwas übermitteln? Sie waren seit vielen Monden nicht mehr bei den Clans gewandelt. Falls sie eine Botschaft für die Katzen hätten, würde sie diese sicher einer Heilerkatze mitteilen.

»Siehst du den Baum dort?« Tausprungs Worte rissen ihn aus seinen Gedanken. Sein Mentor war stehen geblieben und deutete mit der Schnauze auf eine Esche, deren Äste hell zwischen den Eichen aufragten.

Wurzelpfote blieb stehen und folgte Tausprungs Blick, während Habichtschwinge, Nesselspritzer und Pflaumenweide weiter dem schmalen Waldstreifen folgten, der an das Territorium des DonnerClans angrenzte. »Ja, ich sehe ihn«, miaute er.

»Vögel nisten gern ungefähr auf halber Höhe darin.« Er deutete mit einem Nicken auf die Zweige. »Zwischen den Ästen finden sich viele Schlupfwinkel, und wenn die Blätter erst da sind, bietet der Baum guten Schutz. Außerdem gibt es genügend Käfer, um die Jungen zu füttern.« Tausprung tappte zum Fuß der Esche und drückte mit der Vorderpfote gegen den Stamm. »Die Rinde ist hart, aber nicht zu hart.« Er schlug seine Krallen ins Holz. »Man kann leicht hinaufklettern.«

Wurzelpfote nickte, den Blick auf seinen Mentor gerichtet. Gleichzeitig spitzte er die Ohren, um Geräusche aus dem DonnerClan-Territorium aufzufangen. Waren keine Patrouillen in der Nähe der Grenze unterwegs? Er bemühte sich, Tausprung aufmerksam zuzuhören, und war sehr erleichtert, als der graue Kater schließlich weiterging und ihren Clan-Gefährten folgte. Wurzelpfote zögerte, spähte über die Geruchslinie hinweg und kostete die Luft. Ob eine DonnerClan-Patrouille in der Nähe war?

»Hör auf zu trödeln!« Tausprung war stehen geblieben und starrte ihn ungeduldig an. »Ich dachte, du willst sehen, wo die Geruchsmarkierungen gesetzt werden müssen.«

Pflaumenweide hinterließ bereits eine Duftmarke auf ein paar verdorrten Farnwedeln, während Nesselspritzer seine Schnauze an einem hervorstehenden Ast rieb.

Tausprung deutete mit dem Kopf auf einen Brombeerstrauch, der zwischen zwei Eichen wucherte. »Du kannst den da markieren«, befahl er Wurzelpfote.

Der junge Kater eilte zu dem Busch und hinterließ seine Duftmarke, dann tappte er schnell die Grenze entlang, wo er eine bessere Sicht auf das DonnerClan-Territorium hatte. Doch weit und breit war keine Patrouille zu sehen, Wurzelpfote war enttäuscht. Vielleicht hielt der DonnerClan schon Totenwache für seinen Anführer.

Mit schmalen Augen spähte er tiefer in den Wald und wünschte inständig, eine DonnerClan-Patrouille würde auftauchen. Ein Blick auf sie würde ihm genügen, um zu wissen, ob bei ihrem Clan alles in Ordnung war. Bitte lass ihn am Leben sein. Wurzelpfotes Fell kribbelte vor Unbehagen. Bitte mach, dass ich mir den Geist nur eingebildet habe.

»Diesen Fleck kannst du auch markieren.« Pflaumenweide zeigte mit einem Schwanzschnippen auf ein Farndickicht an der Grenze.