und damit auch einen gewissen Schutz vor peinlichen Situationen nach falschem Gebrauch von lateinbasierten Fremdwörtern, vgl. den Antibarbarus in Kap. 6.4.4.
Leider nutzen nicht alle universitären Lateinlehrbücher systematisch diese Vernetzungsmöglichkeiten. Positiv hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang Kuhlmann (2011), wo im Lernwortschatz auf deutsche, englische und romanische Entsprechungen hingewiesen wird, sowie Gläser (2012), wo zum Wortschatz jeder Lektion eine romanische Wortschatzvergleichstabelle angeboten wird, die von den Lernenenden ergänzt werden kann.
Aus diesem Grund werden in Niedersachsen angehende Deutschlehrer*innen neuerdings von Linguist*innen in Latein unterrichtet (Krischke 2005).
Dies gilt in abgeschwächter Form auch für Naturwissenschaftler*innen: vgl. Lehrbücher wie Latein für Biologen, Mediziner und Pharmazeuten (Meyer-Brook 2008) oder Latein für Biologen (Kiel 1994).
Hierzu ausführlich Wirth et al. (2007).
Der letzte Versuch in diese Richtung dürfte die Historische Lateinisch-Altromanische Grammatik von Reichenkron (1965) gewesen sein, die sich an Fachwissenschaftler*innen richtete und leider über den ganz hervorragenden Einleitungsband nicht hinauskam. Das vorliegende Buch geht im Vergleich dazu deutlich weniger ins Detail. Eine lateinisch-romanische Materialsammlung mit sehr schönen Übersichten bieten Nagel u. a. (1997: Latein – Brücke zu den romanischen Sprachen). Zielgruppe dieses Buches sind allerdings Gymnasiallehrer*innen und Oberstufenschüler*innen, weshalb hier der Übungsaspekt überwiegt und wissenschaftliche Theorien fehlen. Außerdem ist die Darstellung einzelsprachlich und nicht gesamtromanisch ausgerichtet, d. h. es gibt separate Kapitel zu Latein > Italienisch, Latein > Spanisch etc. Unterschiedlichste Medien für den altsprachlichen Unterricht, die häufig auch die Romania tangieren, findet man in der Mediensammlung des Berliner Latinisten Stefan Kipf: www.geisteswissenschaften.fu-berlin.de/we02/forschung/forschungsprojekte/didakmed. html
Aus dieser Publikation wird zur besseren wissenschaftsgeschichtlichen Transparenz mit doppelter Jahreszahl zitiert, nämlich der Jahreszahl der genannten Neuerscheinung und der Jahreszahl der Entstehung des jeweiligen Urtextes (z. B. Coseriu 2008/1952).
Leider spielen diese Inhalte auch in universitären Latinumskursen zwangsläufig nur eine Nebenrolle. Die Masse der angesetzten Zeit wird dafür benötigt, die recht komplexe lateinische Morphologie und das geforderte Maß an Übersetzungskompetenz zu vermitteln.
Wörtlich: ‚Ergreifung von Wohlwollen’. So nennt man in der antiken Rhetorik Redeteile, die eingefügt werden, um das Wohlwollen der Zuhörer*innen zu gewinnen. Meist geht es um prophylaktische Entschuldigungen, die darauf abzielen, dass das Auditorium nicht mehr erwartet, als der Redner zu leisten in der Lage ist.
Zur Vielzahl der lat. Varietäten vgl. v. a. Müller (2001), zur Unterscheidung von Sprachnorm und Sprachsystem Weddigen (2014:19).
Die Unterscheidung „diatopisch vs. diastratisch“ geht bereits auf Leif Flydal zurück, ebenso wie der Begriff „architecture de la langue“: Remarques sur certains rapports entre le style et l’état de langue. In: Norsk Tidsskrift for Sprogvidenksap 16 (1951) 240-257. Architekturbegriff und Diasystematik wurden aber erst allgemein bekannt, nachdem Coseriu die diaphasische Varietät hinzu gefügt hatte (Sistema, norma y habla; Montevideo 1952). Hierzu näher Müller (2001:262f). Einen aktuellen Überblick über die Variation im Lateinischen bietet Seidl (2003).
Einen schönen Überblick über die Romanisierung und die mit ihr verbundenen Sprachkontaktsituationen, die zur Ausgliederung der romanischen Sprachen führten, findet man bei Kaiser (2014:244-280).
Devoto (1968) unterscheidet beispielsweise nach der archaischen Epoche die Epoche des Plautus, die Epoche Ciceros, die Epoche von Augustus zu Quintilian, dann das Silberne Latein und schließlich das Lateinische des Mittelalters und der Neuzeit.
Meiser (1998:2) bezeichnet diese Epoche als „Frühlatein“ (mit derselben Zeitspanne) und fasst Frühlatein und das darauffolgende Altlatein unter „archaischem Latein“ zusammen. Devoto hingegen lässt das Archaische Latein schon mit dem Jahr 300 v. Chr. enden (1968:71). Willms (2013:223) übernimmt Meisers Periodisierung.
Zu den Sprachen, die vor dem archaischen Latein auf der italienischen Halbinsel existierten, vgl. besonders Devoto (1968:9-70).
Baldi (1999:125, FN 2) und Kramer (als Anmerkung des Übersetzers in Palmer 2000:63f) votieren für die Fälschungsthese, Steinbauer (2003:504) hält sie für widerlegt.
Vgl. zur Spange und ihrer sprachlichen Einordnung auch Meiser (1998:3f) und Kieckers (1960:7ff). In den Transkriptionen wird der Reibelaut mal als <VH> (Meiser), mal als <FH> und mal als <F> wiedergegeben.
Einige alte Reduplikationsformen blieben jedoch dem Klassischen Latein erhalten, z. B. pellere/pepuli (,treiben/ich habe getrieben’) und fallere/fefelli (‚täuschen/ich habe getäuscht’).
Der griechische Laut /θ/, der mit der lateinischen Buchstabenkombination <th> wiedergegeben wird, ist also eigentlich ein Reibelaut und kein Verschlusslaut (die Aussprache erinnert an span. Zaragoza oder engl. thing). Daher wird er graphematisch im Griechischen mit <θ> („Theta“) dargestellt, der Verschlusslaut /t/ hingegen mit <τ> („Tau“). Zur Datierung der lautlichen Innovationen in vorliterarischer Zeit vgl. Seidl (2003:516ff).
Ob man eine im 3. Jahrtausend stattgefundene Aufspaltung in einen westlichen und einen östlichen Zweig der indogermanischen Sprachen annehmen soll, ist umstritten (vgl. Steinbauer 2003:504). Befürworter dieser These bezeichnen nach dem jeweiligen Ausdruck für die Zahl ‚Hundert’ den west-idg. Zweig als Kentum-Sprachen, den ost-idg. Zweig als Satem-Sprachen (Baldi 1999:38).
Die wichtigsten Inschriften finden sich transkribiert, übersetzt und kommentiert in Meiser (1998:3ff). Die Duenos-Inschrift ist in Baldi 1999:198f als Foto und Skizze abgebildet, in Devoto (1968:79) als Skizze; weitere Inschriften und Abbildungen in Baldi (1999:125f, 196ff) und Diehl (1964). Die meisten lateinischen Inschriften sind gesammelt im Corpus Inscriptionum Latinarum (CIL), das 1853 von Theodor Mommsen gegründet wurde und heute von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften betreut wird.
Ein deutlich detaillierterer Stammbaum findet sich in Baldi (1999:22).
Ich verwende wegen ihrer Verbreitung in der Fachliteratur (z. B. zu den Strata des Lateinischen Willms 2013:211ff) hier kritiklos die Begriffe Substrat, Adstrat und Superstrat. Die sprachliche Realität ist aber deutlich komplexer, als dies die Strata-Theorie vermuten lässt (vgl. hierzu S. 60 und vor allem Krefeld 2003).
Poccetti et al. (2005:256) gehen nach Sekundärquellen davon aus, dass das szenisch-literarische Schaffen in Rom schon um die Mitte des 4. Jh.v. Chr. begonnen hat.
Die Bürger Karthagos wurden entweder nach ihrer Stadt Carthaginienses oder aber nach den phönizischen (Phoenices) Stadtgründern Poeni (‚Punier’) genannt. Hiervon leitet sich das Adjektiv punicus ab.
Der Stadtstaat Karthago (heute Tunis) wurde um 800 v. Chr. von phönizischen Kolonisten, die ihrerseits aus dem heutigen Libanon stammten, an der nordafrikanischen Mittelmeerküste gegründet. Karthago entwickelte sich schnell zur größten Seemacht seiner Zeit und dehnte sich entsprechend nach Norden und Westen aus.
Mit „Periode“ bezeichnen Klassische Philologen auch komplexe, aus mehreren Haupt- oder Nebensätzen bestehende Satzgebilde.
Politische Dreierspitze – tres viri für ‚drei Männer’ (Genitiv: trium virorum) – anstelle des zuvor üblichen Kollegialitätsprinzips mit zwei Consuln.
Gelegentlich wird Cicero auch ein Rhetorik-Lehrbuch zugeschrieben, von dem wir den Autor nicht kennen, wohl aber den Adressaten Herennius. Diese in romanistischen Kontexten häufig zitierte sog. Rhetorica ad Herennium ist wohl zwischen 87 und 82 v. Chr. entstanden, passt aber sprachlich überhaupt nicht zu Cicero (Bieler 1980:95).
z. B. in Dangel (1995:36ff).
Hadrian hatte nach Trajans Vorbild durch geschicktes Adoptieren geeigneter Kandidaten die Kaiserfolge bis hin zu Mark Aurel im Voraus festgelegt.
Citerior ist ein Komparativ zum vorklassischen Adjektiv citer ‚diesseitig’, bedeutet also ‚näher liegend’, was geographisch von Rom aus zu verstehen ist. Citer wiederum geht auf die Präposition cis ‚diesseits’ zurück, die Romanisten z. B. aus dem Ausdruck Gallia cisalpina (‚das diesseits der Alpen gelegene Gallien’, also Norditalien) kennen. Im Unterschied dazu heißt das jenseits der Alpen gelegene Gallien, also das heutige Frankreich, Gallia transalpina, zusammengesetzt aus der Präposition trans (‚über … hinaus, jenseits’) und dem Adjektiv alpinus (‚zu den Alpen gehörig’).
Ulterior ist ein Komparativ zum seltenen Adjektiv ulter (‚entfernt’), bezeichnet hier also den von Rom weiter weg gelegenen Teil der Hispania. Von ulter selbst tritt nur die ablativische Form ultra häufiger auf, die im Lateinischen auch als Adverb bzw. Präposition (‚weiter, länger; über … hinaus’) geläufig ist und sich heute vor allem in Italien und Deutschland für die Bezeichnung bestimmter Fußballfangruppen eingebürgert hat, die ihrem Hobby über das gewöhnliche Maß hinaus nachgehen, nämlich gewaltbereit (it. gli Ultra, dt. die Ultras).
Das französische Toponym Narbonne geht strenggenommen auf den lat. Akkusativ Narbonem zurück.
Zu dieser Bezeichnung s. o. Fußnote 23.
Um den Kontext plastischer vor Augen und Ohren zu haben: Ein aktueller Kurzfilm, Elja – 376 A.D. (Deutschland 2017, Regie: Willi Kubica; Drehbuch: Janosch Kosack), Abschlussarbeit an der Filmakademie Baden-Württemberg, behandelt die Situation des Aufeinandertreffens römischer Soldaten mit mehr oder weniger romanisierten germanischen Volksstämmen, die sich auf der Flucht vor den Hunnen befinden und nur über sehr begrenzte Lateinkompetenzen verfügen. Die Soldaten in diesem Film sprechen Vulgärlatein – die Redepassagen wurden von meiner Kollegin Amina Kropp und mir selbst aus dem deutschen Drehbuch ins Vulgärlatein übertragen. Vgl. www.elja-derfilm.de/de/home/
Die Grenzziehung mit dem Tode Mark Aurels (180) ist also etwas willkürlich. Genausogut hätte man einfach das Jahr 200 ansetzen können, um eine runde Zahl zu haben, oder aber 212, das Jahr der Constitutio Antoniniana (s. Zeittafel S. 297f).
Poccetti et al. haben die Karte entnommen aus Grant, Michael: Ancient History Atlas (Cartography by Arthur Banks), London: Weidenfeld and Nicolson, 41989.
Zu den sprachlichen Eigenheiten des Merowingerlateins vgl. Calboli (1987).
Banniard (2003:551) spricht deshalb für die Merowingerphase in Frankreich noch von einem „monolinguisme complexe“ (gesprochenes vs. geschriebenes Latein) und setzt die Diglossiesituation zwischen Latein und Protofranzösisch erst mit Ende des 8. Jh. an.
Ausführlich zur Diglossie im romanischen Mittelalter: Böhmer (2010:272ff). Wright (1982) setzt den Beginn der Diglossie-Situation deutlich später an, nämlich im 11. Jh. (vgl. FN 39).
Die Werte für den Ausbaugrad sind rein symbolisch, weshalb auch keine Einheiten aufgetragen wurden. Zudem ist zu beachten, dass der Ausbaugrad bzw. die Kompetenz für das Lateinische nach der Karolingischen Reform zwar wieder ansteigt, dass dieses Ansteigen aber nur noch einen Bruchteil der Bevölkerung betrifft. Ein ähnliches Schema findet sich in Raible (1996:121).
Krefeld (1988:749) führt einige Linguisten auf, die wie er davon ausgehen, dass ab dem 6. Jh. eine Diglossiesituation Latein vs. romanische Volkssprachen vorliegt. Steinbauer wählt als Grenze zwischen Spät- und Mittellatein das Jahr 600 n. Chr. (2003:513), Meiser (1998:2) und Coseriu (2008/1961:127) setzen 700 an, Lehmann 650 (Web-Materialien).
Vgl. z. B. Schrijnen (1932), Schrijnen/Mohrmann (1936/37) und Mohrmann (1961).
Zu den Varianten der Enddatierung s. Kapitel 2.1.6 zum Neulatein.
Im Unterschied zu „Bilinguismus/Bilingualismus“ (beide Ausdrücke sind üblich), der sich auf die Zweisprachigkeit eines Individuums bezieht, charakterisiert der Begriff „Diglossie“ seit Ferguson (1959) und Fishman (1967) eine Zweisprachigkeit von Sprechergruppen bzw. Regionen, in der den beiden dort auftretenden Varietäten bzw. Sprachen unterschiedliche Funktionen zukommen. Häufig sind die Kompetenzen in den beiden Diglossie-Sprachen auch sehr unterschiedlich in der Bevölkerung verteilt.
Die Grenze 1000 ist natürlich symbolisch – wir wissen ja, dass die volkssprachliche Verschriftung in den romanischen Gebieten unterschiedlich schnell voranging (Lehmann – Webmaterialien – setzt z. B. 1050 als Grenze an).
Roger Wright (1982) bestreitet für diese frühe Phase die Existenz einer echten Diglossie-Situation. Seiner Ansicht nach verschriftete man damals die gesprochene Volkssprache zwar nach den Regeln der lateinischen Phonem-Graphem-Korrespondenzen, hatte aber nicht das Bewusstsein, eine andere Sprache zu schreiben als zu sprechen. Dies änderte sich nach Wright erst im späten 11. Jh., als auch in Spanien die Karolingische Reform umgesetzt und damit das Lateinische klar von der romanischen Volkssprache abgegrenzt wurde (Dworkin 2018:8).
Zur mündlichen Kommunikation im Mittelalter vgl. Haye (2005).
Zu mehrsprachigen Texten in der ersten Phase der Verschriftlichung der romanischen Sprachen vgl. Selig (2006). Eine Korpusanalyse zu Predigten des 15. Jh., in denen zwischen Mittellatein und Altitlalienisch bzw. Altspanisch oder aber auch Frühneuhochdeutsch gewechselt wird, bietet Kämmerer (2006). Speziell zur deutsch-lateinischen Mehrsprachigkeit im Mittelalter vgl. Ehlen (2011).
Text nach Berschin/Felixberger/Goebl (2008:183), Übersetzung JML.
Zur Bedeutung der Listen vgl. Koch (1995).
Zum Ablauf von Interkomprehensionsprozessen vgl. Müller-Lancé (2019a).
Haye (2005:9ff) weist allerdings darauf hin, dass gerade bei den Dokumentierungen prominenter Fälle lateinischer Inkompetenz (z. B. im 10. Jh. bei Papst Johannes XII) häufig verunglimpfende Manipulationen der Historiographen vorliegen.
Eine bequem zugängliche Sammlung neulateinischer Drucke der Universitätsbibliothek Mannheim aus der frühen Neuzeit findet sich auf der Website des Projekts CAMENA (Corpus Automatum Multiplex Electorum Neolatinitatis Auctorum): www.uni-mannheim.de/mateo/camenahtdocs/camena.html.
Letzte Auflage: 2004. Eine Kurzfassung des ital.-latein. Wörterbuchs findet sich unter www.vatican.va/roman_curia/institutions_connected/latinitas/documents/rc_latinitas_20040601_lexicon_it.html.
https://www.radiobremen.de/bremenzwei/rubriken/latein/latein- startseite100.html (zuletzt aufgesucht im Dez. 2019).
Nur die Entstehung dieser Wörter ist „gelehrt“, nicht etwa ihr heutiger Gebrauch.
Belege nach Geckeler/Dietrich (2012:229).
Datierungen nach Bloch/Wartburg (1986).
Hierzu sehr übersichtlich Walter (1988:242ff).
Hierzu ausführlich Bollée/Neumann-Holzschuh (2013:65f).
Der Begriff „Relatinisierung“ taucht mit vielen Beispielen bereits bei Coseriu (2008/1961:185ff) auf. Zur gegenseitigen Beeinflussung von romanischer Nähesprache und lateinischer Distanzsprache im Rahmen der Relatinisierung vgl. Raible (1996).
Die terminologische Unterscheidung „primäre vs. sekundäre vs. tertiäre Dialekte“ geht auf Coseriu (1980:51f) zurück.
Bis heute gilt die Sprachenlandschaft Italiens als die zugleich heterogenste und lebendigste Sammlung von Dialekten innerhalb der Romania; vgl. schöne Übersichten hierzu in Haase (2007:145ff).
Poccetti et al. (2005:64f) betonen beispielsweise die sabinischen und etruskischen Elemente im archaischen Latein und bezeichnen Rom als „pluriethnischen Schmelztiegel“.
Hierzu Berschin/Felixberger/Goebl (2008:204). Cerquiglini (1991:116f) vertritt aufgrund der Datenlage die Extremthese, dass das frühe Franzische eine Erfindung der Sprachwissenschaftler sei.
Zur Funktion der bewusst eingesetzten volkssprachlichen Elemente bei Horaz vgl. Müller-Lancé (1992). Lüdtke (2005:60ff) stellt in Frage, ob man zu diesem frühen Zeitpunkt überhaupt schon von „Vulgarismen“ im Gegensatz zum Standardlatein sprechen kann – immerhin haben sich die „klassischen“ Autoren ja selbst noch nicht als klassisch empfunden.
Ich unterscheide zwischen „Bedarfslehnwörtern“, die keine muttersprachliche Entsprechung haben und üblicherweise zusammen mit der entsprechenden technisch-kulturellen Neuerung importiert werden, und „Luxuslehnwörtern“ die strenggenommen überflüssig sind, da es bereits eine muttersprachliche Entsprechung gibt. Dessert für Nachtisch und Comedian für Komiker sind im Deutschen also Luxuslehnwörter, Walkman oder Smartphone hingegen sind Bedarfslehnwörter.
Die Grenze zwischen dem lateinischsprachigen und dem griechischsprachigen Teil des Römischen Reiches verlief nördlich des Mittelmeeres entlang der auf der Grundlage von Inschriften erstellten sog. Jireček-Linie (benannt nach ihrem Entdecker, einem tschechischen Historiker) auf dem Balkan, und zwar von West nach Ost auf der Höhe von Shkodër durch Albanien über Sofia in Bulgarien bis hin zur Donau, deren Lauf sie dann bis zum Schwarzen Meer folgte. Im südlichen Mittelmeerraum begann der lateinischsprachige Bereich westlich von Ägypten (Tagliavini 1998:132f und Seidl 2003:522).
Zum Einfluss des Griechischen auf das Klassische Latein vgl. Rosén (1999:21ff).
Zu keltisch-lateinischem Bilingualismus und Dokumenten der Sprachmischung vgl. Adams (2003:184ff).
Begünstigt wird dies durch das antike Stilprinzip der „imitatio“ – d. h. des Nachahmens als vorbildhaft empfundener Autoren (Seidl 2003:527).
So berichtet z. B. Aulus Gellius in Noctes Atticae 19, 9, 2 über den span. Rhetor Antonius Iulianus, dass er Hispano ore (‚mit spanischem Mund’) gesprochen habe und dafür von den Gebildeten verspottet wird; in der Historia Augusta heißt es zu Hadrian (3,1) er sei agrestius pronuntians, und bei Seneca d. Ä. (controversiae 1 praef. 16) wird die Aussprache eines Spaniers gleichfalls als agrestem (,ländlich, bäuerlich’) bezeichnet (diese Hinweise danke ich meinem ehemaligen Mannheimer Kollegen Kai Brodersen).
Der komplette Text der Ansage (der lateinische Text folgt unmittelbar auf die Begrüßung der Gläubigen auf Italienisch, Spanisch, Französisch, Deutsch und Englisch): Annuntio vobis gaudium magnum; habemus Papam: Eminentissimum ac Reverendissimum Dominum, Dominum Josephum Sanctae Romanae Ecclesiae Cardinalem Ratzinger qui sibi nomen imposuit Benedictum XVI (www.youtube.com/watch?v=_Z7HEmDguHw).
z. B. Goscinny/Uderzo (1965): Astérix et Cléopâtre. Paris: Dargaud.
Lateinische Sprachproben von Papst Benedikt XVI finden sich auf www.youtube.com/watch?v=Fxk7tCzdn1M; www.youtube.com/watch?v=LTFCxgBSpEE.
Eine Substratsprache existiert vor der zum Standard werdenden Einwanderersprache (letztere ist das eigentliche „Stratum“ – dieser Terminus taucht aber bei Ascoli nicht auf) im Sprachgebiet, eine Superstratsprache kommt nach dieser Einwanderersprache ins Land. In der Phase der Koexistenz spricht man in beiden Fällen von „Adstratsprachen“. Erst wenn die Sprachen untergegangen sind, bezeichnet man sie als „Sub-„ und „Superstratsprachen“. Bleiben die fraglichen Sprachen neben der Standardsprache im Gebiet erhalten, dann spricht man von dauerhaften „Adstratsprachen“.
Vgl. Kap. 4.2.
Koch/Oesterreicher stützen sich dabei auf Coseriu (1980:50), der von einem orientierten Verhältnis „Dialekt => Sprachniveau => Sprachstil“ ausging.
Legt man die bis heute üblichen Ernährungsgewohnheiten von Soldaten zugrunde, so ist die These sicher nicht allzu gewagt, dass das keltische Wort cerevesia (‚Bier’) auch über den sermo castrensis ins Spanische (cerveza) gelangt ist.
Solche punktuelle Informationen zur Antike findet man am schnellsten und zuverlässigsten in Ziegler, Konrat; Sontheimer, Walter (1979): Der Kleine Pauly. Lexikon der Antike in fünf Bänden. München: dtv. Ausführlichst zur sozialen Variation im Lateinischen vgl. Adams (2013).
Patrizier und Plebejer bildeten gemeinsam das wahlberechtigte ‚Staatsvolk’ populus, das noch heute auf den Kanaldeckeln der Stadt Rom in Form des 2500 Jahre alten Akronyms SPQR auftaucht (Senatus Populusque Romanus – ‚der Senat und das römische Volk’). Ab der späten Republik hatten auch Plebejer Zugang zu den Staatsämtern.
Alle Beispiele aus Horaz Satiren, Buch I. Weitere Beispiele finden sich in unserem Ergänzungsband. Zu vulgärem Wortschatz in den romanischen Sprachen vgl. Gauger (2012).
Die Unterscheidung zwischen Aggregation und Integration geht auf die von Wolfgang Raible (1992) eingeführte Dimension „Junktion“ zurück. Kurz gesagt meint „Aggregation“ das spontane Aneinanderhängen sprachlicher Elemente, während bei der „Integration“ eine Sachverhaltsdarstellung in eine andere integriert bzw. von ihr abhängig gemacht wird. Eine Kurzbeschreibung von Raibles Dimension findet sich in Kap. 5.2.2 sowie in Müller-Lancé (1994:83ff).
Nach unserem heutigen Wissensstand wurde die phonologische Unterscheidung der Vokalquantitäten schon im 1. Jh. n. Chr. aufgegeben (Seidl 2003:520), weshalb sie in diesem Beispiel auch nicht mehr markiert ist.
Einige linguistische Einführungen tun dies bereits, so z. B. Blasco Ferrer (1994:208ff).
Wörtlich übersetzt entspräche der NCI im Deutschen *,Claudius wird gesagt einen Sohn zu haben'.
Im Unterschied zum erhabenen (genus grande/sublime) und mittleren Stil (genus medium).
Hierzu Coseriu (2008/1952:40ff, 2008/1961:147ff, 2008/2001:352ff), Sofer (1963), Lloyd (1979) und zuletzt Kiesler (2018:9ff). Etwas aus dem aktuellen Forschungstrend heraus fällt Willms (2014:230), der Vulgärlatein klar diastratisch definiert, aber einräumt, dass es „weder räumlich noch zeitlich einheitlich“ sei. Auch Adams (2013:3-11) betont die große soziale und damit diastratische Variation des Lateinischen, meidet aber den Begriff ‚Vulgärlatein’ und räumt zusätzlich gesprochensprachliche Besonderheiten wie pane für panem oder pos tempus für post tempus ein, die nicht diastratisch markiert seien (2013:11f).
International hat sich in den letzten 30 Jahren eine größere Gruppe von Linguisten zusammengefunden, die sich vorrangig mit Fragen des Vulgär- und Spätlateinischen befassen. Die Kongressakten dieser Tagungen unter dem Motto „latin vulgaire – latin tardif“ geben den besten Überblick über die aktuelle Vulgärlateinforschung. Bisher erschienen sind Tagungsbände mit folgenden Herausgebern: J. Herman (Bd. 1, 1987), G. Calboli (Bd. 2, 1990), M. Iliescu u. W. Marxgut (Bd. 3, 1992), L. Callebat (Bd. 4, 1995), H. Petersmann u. R. Kettemann (Bd. 5, 1999), H. Solin et al. (Bd. 6, 2003), C. Arias Abellán (Bd. 7, 2006), R. Wright (Bd. 8, 2008), F. Biville et al. (Bd. 9, 2012), P. Molinelli et al. (Bd. 10, 2014), A. García Leal u. C.E. Prieto Entrialgo (Bd. 11, 2018).
Es geht bei diesen Formen um die Menge der types (Formtypen), nicht um die Menge der tokens (Belege für einen type).
Dem Verfasser ist dies am eigenen Leibe widerfahren, als er für sein Dissertationsprojekt „volkssprachliche“ Varianten absoluter Konstruktionen im Lateinischen suchte, also beispielsweise Accusativi oder Nominativi Absoluti (vgl. Müller-Lancé 1994).
Die Projektleitung von anglistischer Seite hatte Sabine Doff, Universität Bremen, von latinistischer Seite Stefan Kipf, FU Berlin (vgl. Doff/Kipf 2007, 2013, Kipf 2008 und Doff/Lenz 2011 sowie konkrete Unterrichtsmaterialien bei Hille-Coates 2013). In Baden-Württemberg existiert zur Verbindung von Latein und Englisch schon etwas länger das sog. Biberacher Modell, das aber primär darauf hinaus läuft, durch Verschiebungen in der Stundentafel das parallele Unterrichten von Englisch und Latein ab Klasse 5 des Gymnasiums zu ermöglichen und weniger auf die didaktische Verzahnung der beiden Fächer abzielt (vgl. Falk 2002 und Reinhart 2004). In Rheinland-Pfalz heißt das entsprechende Projekt „Latein Plus“ (vgl. Sundermann 2013).
Klar gesehen hat dies allerdings bereits Coseriu (2008/1952:302ff). Ein klein wenig hat sich also die Vulgärlateinforschung auf die Position ihres umstrittenen enfant terrible, Witold Mańczak, zubewegt, der seit Jahrzehnten beharrlich die These vertritt, das Vulgärlatein stamme direkt vom Klassischen Latein ab (z. B. in Mańczak 1987 und 1995).
Nach Selinker steht die individuelle Lernervarietät (interlanguage) einer Sprache X am Anfang des Erwerbs noch recht nahe an der Muttersprache des Lerners, nähert sich aber im Laufe des Spracherwerbsprozesses immer mehr der Zielsprache an. Vgl. Selinker (1972).
Vgl. hierzu Zimmermann (2004, 1992).
Coseriu (2008/1961:258ff und 306ff) ging sogar soweit, in diesem Zusammenhang von „Kreolisierung“ des Lateinischen zu sprechen – der Begriff „interlanguage“ stand ihm allerdings noch nicht zur Verfügung.
Die Informationen basieren im Wesentlichen auf Iliescu/Slusanski (1991), Väänänen (1981). Rohlfs (1969) und Tagliavini (1998:158ff). Eine ausführliche Liste von Quellen findet sich auch bei Coseriu (2008/1952:54ff).
Es erinnert an den Zentauren Chiron, der der Legende nach Begründer der Tiermedizin war.
Nach Iliescu/Slusanski (1991:298f).
Eine schöne Zusammenstellung der wichtigsten Charakteristika des Vulgärlateins bietet auch Kaiser (2014:98-162).
„Deponens“ = passivisches Verb mit aktivischer Bedeutung.
ferre hat unregelmäßige Präsensformen und außerdem einen stark abweichenden Perfekt- (tuli) und Supinstamm (latum) – vgl. Kap. 4.5.
Raible hat hierfür den Begriff „Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen“ geprägt und verdeutlicht dies am Beispiel des Übergangs vom Merowingerlatein zu den romanischen Sprachen (Raible 1996:120ff).
Griechische Majuskeln und Minuskeln mit ihren Bezeichnungen: Α α (Alpha), Β β (Beta), Γ γ (Gamma), Δ δ (Delta), Ε ε (Epsilon), Ζ ζ (Zeta), Η η (Eta), Θ θ (Theta), Ι ι (Iota), Κ κ (Kappa), Λ λ (Lambda), Μ μ (My), Ν ν (Ny), Ξ ξ (Xi), Ο ο (Omikron), Π π (Pi), Ρ ρ (Rho), Σ σ ς (Sigma; das dritte Zeichen wird nur im Auslaut verwendet), Τ τ (Tau), Υ υ (Ypsilon), Φ φ (Phi), Χ χ (Chi), Ψ ψ (Psi), Ω ω (Omega). Das Phonem /h/ wird durch ein hochgestelltes diakritisches Zeichen, den sog. spiritus asper, über bzw. vor dem Anlautvokalzeichen markiert (z. B. <′Ελλάς> für Hellas ‚Griechenland’). Zur Entwicklung der lat. Buchstaben aus den phönizischen über die griechischen Buchstaben vgl. die Übersicht in Baldi (1999:120). Zu beachten ist, dass die Formen der lateinischen und griechischen Majuskeln sich zwar oft ähneln, dass sie aber u. U. unterschiedliche Phoneme repräsentieren. So steht z. B. griech. <P> für /r/ und griechisches <H> für /ɛ/. Hier kommt lästigerweise noch hinzu, dass ausgerechnet das Zeichen, das im Griechischen für das geschlossene E steht, also Epsilon („ɛ“), von der International Phonetic Association als Transkriptionszeichen für das offene E ausgewählt wurde.
Zur Orthographieentwicklung der romanischen Sprachen auf der Basis des lateinischen Alphabets vgl. Meisenburg 1996, Weißkopf 1994, Schmid 1992, Beinke/Rogge 1990 und Carnagliotti 1988.
Französische Latinisten übertragen in der Regel die Endbetonung ihrer Muttersprache auf die lateinischen Wörter und betonen entsprechend *regeré und *responderé.
Vgl. auch den Eigennamen Noumasioi (> Numerio) auf der Fibula Praenestina (Kap. 2.1.1).
Dies ist die communis opinio der latinistischen Forschung, wie sie neben den o. g. Quellen auch in Rix (1993:11-15) und Adams (2013:71-89) vertreten wird. Schönbergers jüngst vorgebrachte Gegenthese, die Digraphen <ae> und <oe> seien immer monophthongisch ausgesprochen worden (Schönberger 2016, 2016a), ist bisher eine Einzelmeinung, der entsprechend scharf von Blänsdorf (2016, 2017) widersprochen wurde; ein schönes Beispiel einer Gelehrtendebatte, präsentiert in der Altphilologenzeitschrift Forum Classicum.
Bis ins 3. Jh. v. Chr. überwog noch die Schreibung <ai> und wohl auch die entsprechende Lautung [a͡i] Meiser 1998:58).
Die Tatsache, dass das lateinische Caesar im Deutschen als Lehnwort mit <ai> transkribiert wurde (also: Kaiser), ist eines der Argumente dafür, dass lateinisch <ae> zum Zeitpunkt der Entlehnung (vermutlich im 1. Jh. n. Chr.) noch als Diphthong gesprochen wurde (Rix 1993:13f).
Unbedingt beachten: Im Deutschen schreibt sich der Diphthong mit zweimal <h>, im Französischen la diphtongue nur mit einem <h> und im Spanischen el diptongo ganz ohne <h>, ebenso wie im Italienischen il dittòngo.
Meiser (1998:52) führt auch /kw/ und /gw/ als Phoneme auf, räumt aber ein, dass deren phonologischer Status umstritten ist. Bei Rubenbauer et al. (1995:7f) werden als phonetische Varianten zusätzlich die aspirierten Versionen der Verschlusslaute aufgeführt, also [ph], [th] und [kh]. Diese drangen aber erst unter griechischem Einfluss ins Latein ein (z. B. über Lehnwörter wie theatrum [the′atrum] ‚Theater’ und schola [′skhola] ‚Schule’), färbten dann auf urlateinische Wörter ab (z. B. das auf altlat. polcer zurückgehende pulcher [′pulkh er] ‚schön’ und das vom altlateinischen Ruf „triumpe!“ abgeleitete triumphus [tri′umphus] ‚Triumphzug’), konnten aber keinen Phonemstatus mehr erlangen.
Häufig wird altlateinisches <qu> in klassischer Schreibung durch <c> ersetzt; z. B. quottidianus > cotidianus (‚täglich’). Die französische Graphie orientiert sich häufig an der ursprünglicheren Form (z. B. quotidien), ist also auch in Bezug auf das Lateinische archaisierend (vgl. Müller 2001:167 FN).
„Tiefe“ Schriftsysteme besitzen hingegen das Englische und das Französische. Hier spielen Etymologie und, vor allem beim Französischen, Grammatik eine wichtige Rolle für die Schreibung (vgl. hierzu Meisenburg 1996).
Also auch vor den ‚hellen’ Vokalen /e/ und /i/. Belegt wird dies dadurch, dass im Griechischen das lateinische <c> vor /e/ und /i/ mit Kappa transkribiert wurde, also dem griechischen Schriftzeichen für /k/, obwohl alternativ mit <τσ> auch eine griechische Zeichenkombination für die palatalisierte Affrikata /ts/ zur Verfügung gestanden hätte. Aus lat. Cicero wurde also griechisch Κικέρων (Rix 1993:7).
Hier liegt kein Tippfehler vor: Gemeint ist das elektrisch geladene Teilchen.
Die stimmlose Realisierung des intervokalischen <s> des Neuspanischen ist aber nicht etwa eine direkte Fortsetzung der Verhältnisse des Klassischen Lateins. Im Altspanischen wurde nämlich intervokalisches <s> stimmhaft realisiert, also z. B. in casa: /ˈkaza/ (vgl. Cano Aguilar 2002:103). Zu den historischen Quellen unseres Wissens über die Aussprache des Altspanischen vgl. Dworkin (2018:17ff).
Bei der Artikulation der betonten Silbe wird der Luftdruck erhöht.
Zum Zusammenhang von Akzent, Rhythmus und Wortfolge vgl. Devoto (1968:184ff).
Das Adverb paene ‚beinahe, fast’ taucht auch in anderen Zusammensetzungen auf, die sich bis in die romanischen Sprachen erhalten haben, z. B. paene + insula (‚Insel’) > lat. paeninsula (‚Halbinsel’) > frz. péninsule, sp. península, it. penisola.
In caedĕre ist die erste Silbe wegen des Diphthongs naturlang. Diese Naturlänge behält sie auch in der Ableitung -cidĕre.
Ein „Enklitikon“ (von griech. enklínein – sich anlehnen) ist ein Wort, das sich an ein vorangehendes Wort anhängt und mit diesem eine Betonungseinheit bildet.
‚Der großsprecherische Soldat’.
Der Name ist ein Gräzismus und, wie oft bei Plautus, sprechend: Er setzt sich zusammen aus gr. pýrgos ‚Turm’, pólis ‚Stadt’ und níke ‚Sieg’. Der Held heißt also gewissermaßen ‚Turm- und Stadtbezwinger’.
Die neueste umfassende Übersicht über die Entwicklung der Vokallängen vom Lateinischen zu den romanischen Sprachen bietet Loporcaro (2015).
Rix (1993:12f) und ebenso Müller (2001:33) und Adams (2013:72) belegen das mit einem vom Grammatiker Varro zitierten Beispiel aus den Satiren des Lucilius, wo ein Ziegenzüchter namens Caecilius sich um das Amt des praetor urbanus bewarb. Der Erzähler äußert sodann die Sorge, dass Cecilius zu einem pretor rusticus werden könne. Es wird also graphisch (und vermutlich auch phonisch) mit dem Gegensatzpaar „<ae>/städtisch“ vs. „<e>/ländlich“ gespielt.
Der Titel der marianischen Antiphon Regina Caeli (‚Königin des Himmels’), die v. a. während der Osterzeit gesungen wird, ist aus dem Mittellatein auch als Regina Coeli überliefert.
It. tavola hingegen geht auf die klassische Form lat. tabula zurück.
Ebenfalls üblich ist der Terminus „prosthetisch“ bzw. „Prosthese“. Im Französischen kursiert auch die Bezeichnung „voyelle épenthétique“ (vgl. Seidl 2003:520).
Im Ital. und Rum. fehlt die Prothese zumeist, vgl. it. statua/scuola und rum. statuie/şcoală.
Die hier ausgewählte rätoromanische Form entstammt dem neuen bündnerromanischen Standard, dem sog. „Rumantsch Grischun“.
Als „Palatalisierung“ bezeichnet man die Verlagerung des Artikulationsorts eines Lautes vom weichen Hintergaumen (Velum) zum harten Vordergaumen (Palatum). Es handelt sich hierbei um eine sog. „sekundäre Artikulation“, weil ein Folgelaut dazu führt, dass der erste Laut sich in seiner Artikulation ändert. So unterscheidet sich z. B. die phonische Realisierung des /k/ in dt. Kuh von der in dt. Kiel. Das palatale /i/ führt – im Gegensatz zum velaren /u/ – dazu, dass das /k/ mouilliert bzw. jotiert wird, d. h. es entsteht ein palataler Reibelaut in stimmhafter (/j/ wie in dt. Björn) oder stimmloser Variante (/ç/ wie in dt. ich); vgl. Glück 2010 „Palatalisierung“.
Das /tʃ/ in engl. Charles entspricht der phonischen Realisierung im Altfranzösischen. Bis zum Neufranzösischen setzte sich die Assibilierung so weit fort, dass im Anlaut nur noch der Sibilant /ʃ/ übrig blieb.
Als „Sonorisierung“ bezeichnet man den Lautwandel, bei dem ein stimmloser Laut zu einem stimmhaften Laut (frz. sonore) wird, also z. B. /p/ > /b/, /t/ > /d/ oder /k/ > /g/.
Diese Inkonsistenz des an sich recht systematischen spanischen Orthographiesystems führt auch bei Muttersprachlern häufig zu Fehlern. So verwechselte ein befreundeter spanischer Kollege in einem Brief an mich einmal haber (Hilfsverb ‚haben’) und a ver (‚mal sehn’). Wer über solche Homophon-Verwechslungen lächelt, sollte sich jedoch vor Augen führen, wie häufig im Deutschen die Schreibungen der syntaktisch eindeutigen Formen das und dass verwechselt werden.
vetulus ist ein deminutivisches Adjektiv. Die Standardform vetus war unregelmäßig, weshalb ihr im Vulgärlatein die regelmäßigere Deminutivform vorgezogen wurde (s. Kap. 6.2).
Im schwäbischen Volskmund sagt man nicht ganz zu Unrecht „Latein butzt de Kopf aus“, setzt den Lateinunterricht also mit einer Art pädagogischer Gehirnwäsche gleich. Vgl. zur Logik im Sprachunterricht Wirth et al. (2007:17).
Dies führt dazu, dass im deutschen Schulsystem häufig die falschen Schüler Latein lernen, nämlich gerade die weniger sprachbegabten, die das Lateinische später kaum noch brauchen, da sie ihr Berufsleben möglichst fremdsprachenfrei gestalten.
Zum Programm „Englisch und Latein in Kooperation“ vgl. S. 73f.
Aus diesem Grund gehören die lateinisch-romanischen Lehnwörter im Englischen historisch betrachtet eher dem Bildungswortschatz an. Der hochfrequente Kernwortschatz hingegen ist germanisch geprägt. Besonders plastisch wird dies am kulinarischen Wortschatz deutlich: Solange die Tiere auf der Weide stehen, tragen sie germanische Bezeichungen wie sheep (‚Schaf’) und cow (‚Kuh’) bzw. ox (‚Ochse’). Landen sie aber gut zubereitet auf dem Teller, so wird die Bezeichnung französisch, z. B. engl. mutton < fr. mouton, oder indirekt sogar lateinisch wie im Falle von engl. beef < fr. boeuf < lat. bovem. Zum Weiterleben lateinischer Lexeme im Englischen vgl. Solodow 2010.
Im Unterschied zu den isolierenden Sprachen, wo es keine Endungen gibt, und den agglutinierenden Sprachen, wo jede Endung für genau eine bestimmte Information steht.
Korrekt heißt die Wortart im Singular „die Partikel“, ihr Plural ist „die Partikeln“. Also nicht zu verwechseln mit dem aus den Naturwissenschaften bekannten Neutrum „das Partikel“, dessen Plural „die Partikel“ lautet.
Dies liegt daran, dass die meisten Präfixe formal identisch mit frei auftretenden Präpositionen sind, z. B. deducĕre ‚ableiten’ vs. de monte ‚vom Berg herab’.
Vgl. zusätzlich das sehr übersichtliche Wortbildungskapitel in Throm (1995:102ff).
Man kann sich streiten, ob das /t/ bzw. /s/ schon zum Suffix gehört, oder noch zum Stamm des PPP. In letzterem Falle wäre das Suffix also nur -or/-rix. In der Wirkung ist dies aber egal, weil alle PPP’s am Ende des Stammes ein /t/ oder /s/ aufweisen.
Bei der weiblichen Form ist das lateinische /t/ deshalb nicht sonorisiert worden, weil es nicht intervokalisch ist.
Das französische Substantiv audace stammt vom lat. Substantiv audacia (‚Kühnheit’), das entsprechende Adjektiv audacieux von der lat. Derivation audaciosus.
z. B. vir/mulier doctē loquitur: ‚ein Mann/eine Frau spricht gelehrt’.
Vgl. dt. Schuhmacher, Häuslebauer. Bei den deutschen Verben ist durch einige Neuerungen der teilweise wieder zurückgenommenen Rechtschreibreform der Kompositionscharakter etwas weniger deutlich geworden: vgl. Eis laufen (statt eislaufen), Rad fahren (statt radfahren) etc.
Bei fex handelt es sich um ein gebundenes, vom Verbalstamm fac-ĕre hergeleitetes Nominalmorphem, das immer nachgestellt ist. Aufgrund seiner Herkunft und seines vollen eigenen Bedeutungsgehalts gilt es nicht als Suffix.
Die meisten der hier aufgeführten Partikeln sind Präpositionen, können also auch frei stehen. Einige Partikeln treten aber nur in gebundener Form auf, sind also reine Affixe und daher durch Bindestrich markiert, z. B. dis- und se- (nicht zu verwechseln mit der Pronominalform se). Streng linguistisch gesehen handelt es sich hierbei also um Derivationen.
Man spricht hier auch vom „in privativum“. Es hat also nichts mit der Präposition in zu tun.
Aus Platzgründen können in der Spalte „roman. Fortsetzer/Fremdwort“ immer nur ein oder zwei exemplarische Belege aufgeführt werden. Diese Fortsetzungen sind z.T. nur indirekter Natur, setzen also noch Zwischenschritte voraus.
Das lateinische Wort casus wird nach der u-Deklination dekliniert. Nominativ und Akkusativ Plural enden in dieser Deklinationsklasse auf -us (s. u.). Im Deutschen wird die entsprechende Form übernommen, weshalb es im Plural normgerecht die Kasus heißt und nicht etwa die *Kasi.
Eine eigene Form für den Vokativ gibt es nur im Singular der o-Deklination (z. B. Marce für Marcus. Nomina auf -eius, -eus,-ius lauten im Vokativ auf -ī aus, z. B. Horatī für Horatius. Vgl. die angeblich letzten Worte Caesars bei seiner Ermordung: „Tu quoque Brute, mi fili?“ ‚Auch du, mein Sohn Brutus?’).
Bei Personen steht für diesen Bedeutungsgehalt in der Regel nicht der reine Ablativ, sondern der Ablativ mit der Präposition cum (‚mit’).