VORWORT ZUR 8. AUFLAGE
Gewiß mag es als ein Wagnis empfunden werden, ein 1957 erschienenes aktuelles wirtschaftspolitisches Buch im Jahre 1964 neu aufzulegen. Vor die Frage gestellt, ob dies zweckmäßig sei, erinnern sich Autor und Verlag der Worte, die im August 1960 anläßlich der damaligen Neuauflage vorangestellt wurden: „Der aufmerksame Leser wird erkennen, wie sehr trotz der Geschäftigkeit und Hast des modernen Lebens, trotz der großen Verschiebungen in den ökonomischen Quantitäten die wirtschaftspolitische Problematik über Jahre hinweg die gleiche bleibt, auch wenn hier und da die handelnden Personen gewechselt, die Institutionen sich gewandelt haben mögen. Das Ringen um die wirtschaftspolitisch richtige Erkenntnis gehört über Jahre und Jahrzehnte hinaus zum festen Bestand einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung. Insofern kommt diesem Buch heute, wie an dem Tag des ersten Erscheinens, die gleiche Bedeutung zu.“ Dies allein rechtfertigt ein weiteres Mal das kühne Unterfangen der Neuauflage, das durch den Verkauf der letzten noch vorhandenen Exemplare notwendig geworden ist.
Am 4. 2. 1957 wurde die erste Ausgabe von Wohlstand für Alle der Öffentlichkeit übergeben. Inzwischen sind sieben Auflagen der deutschen Ausgabe verkauft. Das Interesse war dabei nicht nur im deutschen Sprachraum außerordentlich groß; auch im Ausland bestand allgemein der Wunsch, die Gedankengänge des Schöpfers der „Sozialen Marktwirtschaft“ kennenzulernen. Davon zeugen 14 fremdsprachige Ausgaben sowie eine noch größere Zahl von Übersetzungen umfangreicher Auszüge.
Eine genaue Durchsicht des Textes zeigte, daß an der Grundkonzeption und Gedankenführung nichts geändert zu werden brauchte. Manche der wirtschaftspolitischen Anregungen und Forderungen, die 1957 verfochten werden mußten, sind inzwischen befriedigt und erfüllt. Andere Probleme harren noch der Lösung, ohne daß auf diese Fragen abschließende Antworten erteilt werden konnten. Im einzelnen kommt einer vor sieben Jahren berechtigen Feststellung jetzt primär historische Bedeutung zu, während andererseits neue Aufgaben zur geistigen Durchdringung heranreifen. Für die Neuauflage wurden die in der früheren Ausgabe verwendeten Zahlen auf den neuesten Stand fortgeführt, soweit dies sinnvoll erschien. Um neben dieser Aktualisierung des Datenwerks einen Einblick in die neuesten Überlegungen des Verfassers zu geben, wurde das Schlußkapitel neu geformt. Es enthält dabei auch als bedeutsames politisches Dokument seine Regierungserklärung vom 18. Oktober 1963. Damit hat der Verfasser nunmehr als Bundeskanzler seine Vorstellungen von den Aufgaben der Gegenwart und der nahen Zukunft präzisiert, wobei hier nicht nur – nicht einmal vornehmlich – der Wirtschaftspolitiker spricht. Die Regierungserklärung ist gerade wegen der Einbettung der sozialen Marktwirtschaft in eine umfassende Betrachtungsweise bemerkenswert. Sie verdient deshalb, gerade in diesem Buch niedergelegt zu werden – lautet doch einer ihrer Kernsätze: „Als Bundeskanzler verbürge ich mich, die Politik der sozialen Marktwirtschaft konsequent fortzusetzen.“
Im Februar 1964